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Die PZR - Neues aus der Praxis
Die PZR - Neues aus der Praxis
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26 Praxismarketing<br />
Gruselarzt &<br />
Schockerpraxis –<br />
Teil 1<br />
© freepik / wayhomestudio<br />
Warum soll ich mir einen Experten in die Praxis holen, der sich meine Praxis und die Abläufe<br />
anschaut? Diese Frage kriege ich von vielen Ärzten gestellt und zwar berechtigt: Jede Praxis<br />
ist der Meinung, nach höchsten Standards zu arbeiten. Ich möchte euch daher heute zu einem<br />
Praxisbesuch mitnehmen, den ich als Patient absolviert habe und wonach für mich feststand,<br />
dass ich Praxen helfen möchte und kein Patient das erleben muss, was ich erlebt habe.<br />
Text Susanne Axmann<br />
Aber Vorsicht! Ich entführe euch in dieser Serie in Szenarien, die euch<br />
schaudern lassen, die euch anekeln werden, die ihr selbst nie in einer<br />
Arztpraxis erleben wollt und die doch jeden Tag in Deutschland passieren.<br />
Ihr fragt euch, wo sich das Grauen in der Praxis versteckt und welche<br />
Formen es annehmen kann? – Ich zeige es euch.<br />
Ich betrete um 10 Uhr morgens als Neupatient die Praxis. Die Dame<br />
an der Rezeption wirkt gestresst und müde. So wie sie aussieht, ist sie<br />
gerade erst aus dem Bett gefallen: Die eine Seite der Haare steht in alle<br />
Himmelsrichtungen ab, die andere schmiegt sich liebevoll an den Kopf.<br />
Die Wimperntusche zaubert dunkle Augenringe in das müde Gesicht<br />
und Sie kaut gedankenverloren an einem Kugelschreiber. Als sie mich<br />
registriert, schaut sie mich fragend an:“ Ham' sie 'nen Termin?“<br />
Ich bin ein fröhlicher Mensch und strahle sie mit einem „Guten Morgen“<br />
an. Ebenfalls erkläre ich ihr, dass ich neu bin und einen Termin zur Kontrolle<br />
habe. Immer noch fröhlich reiche ich der Dame meine Versichertenkarte,<br />
um die sie mich grummelig bittet. Daraufhin werde ich ins Wartezimmer<br />
gesetzt. In der Hand ein Klemmbrett mit dem Anamnesebogen und dem<br />
Kugelschreiber, den die Dame an der Rezeption schon mit ihren Zähnen<br />
markiert hat. Wobei ich anmerken muss, dass es ein wenig schwierig ist, einen<br />
Stift zu benutzen, wenn man die Hälfte von ihm nicht anfassen möchte.<br />
Den Anamnesebogen soll ich bitte ausfüllen. Das Klemmbrett hat schon<br />
eindeutig bessere Tage gesehen, worauf ich schließe, weil es fast auseinanderfällt.<br />
Im Wartezimmer bin ich alleine, habe also freie Platzwahl.<br />
Auch das ist schwierig, da auf den Sitzflächen der Stühle Filzstift-Kunstwerke<br />
von Kindern sind. Ich setze mich auf einen Stuhl und hoffe einfach,<br />
dass genau dieses Kunstwerk nicht abfärbt. Auf einem Tischchen<br />
liegen Zeitschriften und Infoflyer aus. Dazwischen liegt ein verlorenes<br />
Taschentuch, das entweder achtlos liegen gelassen wurde oder aus<br />
einer Hosentasche gefallen ist. An der Heizung klebt eine undefinierbare<br />
Masse, hoffentlich nur ein altes Kaugummi, rein nach Optik könnte es<br />
auch noch was anderes sein.<br />
Ihr könnt euch denken: Schon der Beginn meiner Beziehung zu der<br />
Praxis ist super verlaufen. Ich wurde mit offenen Armen empfangen,<br />
wurde umsorgt und fand mich in einer heimeligen und doch auch arztmäßig<br />
sauberen Umgebung wieder. – Nein, im Ernst: Das ist gehörig in<br />
die Hose gegangen.<br />
Es fängt schon bei der Begrüßung an. Eine freundliche, aufgeschlossene<br />
Begrüßung bricht das Eis. Lasst den Patienten nicht merken,<br />
dass ihr gestresst seid. Wenn ihr das als schwierig empfindet, probiert<br />
es mal mit einem Lächeln, denn das überstrahlt allen Stress für einen<br />
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