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stahl + eisen 01/2021 (Leseprobe)

INNOVATIONEN UND STAHL // WEITERE THEMEN: u.a. Erste Direktreduktionsanlage mit Einschmelzer, Effiziente Wartung des Lichtbogenofens, China-Kolumne: Modernisierungsoffensive, aus Wissenschaft + Technik: Richtmaschine lässt Planheitswerte bei allen Produkten deutlich steigen, Lieferketten - vom Härtetest zu neuen Allianzen, Nachhaltige Sicherheit mit Treppen aus Stahl

INNOVATIONEN UND STAHL // WEITERE THEMEN: u.a. Erste Direktreduktionsanlage mit Einschmelzer, Effiziente Wartung des Lichtbogenofens, China-Kolumne: Modernisierungsoffensive, aus Wissenschaft + Technik: Richtmaschine lässt Planheitswerte bei allen Produkten deutlich steigen, Lieferketten - vom Härtetest zu neuen Allianzen, Nachhaltige Sicherheit mit Treppen aus Stahl

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Nr. 1/2 | Januar/Februar <strong>2021</strong><br />

Magazin für die Herstellung und Verarbeitung von Eisen + Stahl<br />

Wertschöpfungsketten<br />

Digitale Lösungen<br />

Simulation von Stählen<br />

Vorhersage mechanischer Eigenschaften<br />

Innovationen<br />

und Stahl<br />

Schlaglichter auf Erzeugung und Anwendung


EINFACH VIELSEITIG.<br />

Unsere Ventiltechnik ist genauso vielfältig wie Ihre Applikationen.<br />

Wir bieten kundenspezifische Lösungen mit Fokus auf den<br />

jeweiligen Einsatzfall und die Funktionalität der Gesamtanlage.<br />

So wird aus unserem Herzstück VENTIL eine kompakte Einheit<br />

bis hin zur energetisch effizienten Gesamtanlage.<br />

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Liebe Leserinnen & Leser,<br />

Im PS des Editorials<br />

verweise ich auf<br />

die wöchentlichen<br />

Stahl<strong>eisen</strong>News.<br />

Sie wollen unsere<br />

Branchen-Infos<br />

auch in den Social<br />

Media? Auf Twitter<br />

finden Sie uns als<br />

@<strong>stahl</strong><strong>eisen</strong>_de.<br />

auf den ersten Blick kennen meine Kollegen in der Tages- und<br />

Wirtschaftspresse weiterhin nur ein Thema. Positive, andere<br />

Meldungen fliegen da leicht unter dem Radar, auch wenn sie mehr<br />

Aufmerksamkeit verdient hätten. Beispiele aus unserer Branche gefällig?<br />

Aufgrund der hohen Nachfrage nach Lang<strong>stahl</strong> hat Voestalpine den<br />

zweiten Hochofen am Standort Donawitz wieder hochgefahren; damit sind<br />

alle fünf Hochöfen in Österreich wieder in Betrieb. Noch erfreulicher sind die<br />

Nachrichten aus dem Ruhrgebiet. Die hohe Nachfrage nach Stahl hilft thyssenkrupp zu<br />

operativem Gewinn im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2020/<strong>2021</strong>, weshalb der<br />

Konzern seine Prognose erhöht hat – in der Folge stieg der Aktienkurs gleich mal um mehr als<br />

fünf Prozent. Außerdem investiert Deutschlands Erzeuger Nummer 1 wieder massiv an den<br />

Standorten in Duisburg und Bochum. Es handelt sich dabei um sein größtes Investitionspaket für<br />

Stahl seit 2003.<br />

Inhaltlich möchte ich Ihre Aufmerksamkeit u.a. auf unsere Titelstrecke lenken, in der wir<br />

verschiedene Schlaglichter rund um Innovationen in der Stahlerzeugung und Bearbeitung sowie<br />

Anwendung werfen. Auch hier ist thyssenkrupp Steel Europe vertreten, und zwar mit einem<br />

Beitrag über die erste Direktreduktionsanlage mit Einschmelzer und die Route zur<br />

Dekarbonisierung. Weitere Beiträge befassen sich u.a. mit ultradünner Produktion in maximaler<br />

Breite, einer hochdynamischen Servopresse ohne Zahnräder und Stahlkonzepte für höchste<br />

Hyperloop-Geschwindigkeiten.<br />

In den weiteren Rubriken finden Sie außerdem einen vierseitigen Marktüberblick zu Italien<br />

unseres Redakteurs Niklas Reiprich,einen lebenswerten englischsprachigen Fachbeitrag über<br />

„Multi-scale simulation of Steels“ und das Interview zur Umstellung der Stahl-Akademie auf<br />

Online-Seminare.<br />

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.<br />

Torsten Paßmann, Chefredakteur<br />

Quelle: Christian Talla (www.talla.hamburg)<br />

PS: Seit kurzem erscheint unser Newsletter Stahl<strong>eisen</strong>-News übrigens Dienstags. Zahlreiche Leser hatten sich<br />

die Verschiebung gewünscht, damit sie nach dem üblichen „Montagstrubel“ den kopf frei haben für die<br />

wichtigsten Infos aus der Branche. Auf <strong>stahl</strong><strong>eisen</strong>.de können Sie sich anmelden.<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 3


Magazin für die Herstellung und Verarbeitung von Eisen + Stahl<br />

Digitale Lösungen<br />

Vorhersage mechanischer Eigenschaften<br />

Schlaglichter auf Erzeugung und Anwendung<br />

Nr. 1/2 | Januar-Februar 2020<br />

STAHL<br />

EISEN<br />

Inhalt 1/2 | <strong>2021</strong><br />

Cover:<br />

Stahl ist die Grundlage<br />

der Moderne.<br />

Wertschöpfungsketten<br />

Simulation von Stählen<br />

Innovationen<br />

und Stahl<br />

Quelle: Tata Steel<br />

NEWS<br />

TERMINE<br />

6 Wirtschaft + Industrie<br />

u.a. mit thyssenkrupp Steel Europe, Swiss Steel Group<br />

und GMH<br />

10 Klima + Umwelt<br />

u.a. mit ArcelorMittal, SSAB und einer BMU-Förderrichtlinie<br />

12 Additive Fertigung<br />

u.a. mit Trumpf, Forward AM und der MAMC<br />

TITELTHEMA: INNOVATIONEN<br />

16 Erste Direktreduktionsanlage mit<br />

Einschmelzer<br />

Deutschlands größter Stahlerzeuger skizziert den<br />

Status quo von „tk H2 Steel“ und den Weg zur Dekarbonisierung<br />

16<br />

Erste<br />

Direktreduktionsanlage mit<br />

Einschmelzer<br />

Status quo von „tk H2Steel“ und der Weg zur Dekarbonisierung<br />

18 Stahlkonzepte für höchste<br />

Geschwindigkeiten<br />

Die Erzeuger Tata Steel und Posco kooperieren bei der<br />

Entwicklung von Hyperloops<br />

19 Ultradünne Produktion in maximaler<br />

Breite<br />

Die kommende ESP-Anlage für U.S. Steel wird die<br />

erste ihrer Art in den USA sein<br />

20 Effiziente Wartung des Lichtbogenofens<br />

Ferngesteuertes Spritzen von Feuerfestmassen<br />

24 Höhere Wettbewerbsfähigkeit dank<br />

besser sortiertem Metallschrott<br />

Internationale Projektgruppe aus Forschung und Industrie<br />

will die Effizienz beim Recycling steigern<br />

POLITIK<br />

MÄRKTE<br />

26 Konträre Haltungen bei den Verbänden<br />

Wie sinnvoll sind die Schutzmaßnahmen für Stahl?<br />

28 Wo steht die italienische Stahl- und<br />

Anlagenbranche?<br />

Ein Blick auf Europas zweitgrößten Industriestandort<br />

32 Absatzeinbruch setzt Automobilbranche<br />

massiv unter Druck<br />

18% der mittelständischen Automobilzulieferer<br />

gefährdet<br />

70<br />

Nachhaltige Sicherheit mit<br />

Treppen aus Stahl<br />

Fluchtwege aus Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei überzeugen<br />

auch durch ihre Optik<br />

34 Digitale Abbildung der Wertschöpfungskette<br />

und Online-Zertifizierung in Echtzeit<br />

Maßgeschneiderte Produkte lassen sich mit intelligenten,<br />

online-basierten Lösungen besser schützen<br />

36 Lieferketten – vom Härtetest zu neuen<br />

Allianzen<br />

Herausforderungen bei den Wertschöpfungsketten<br />

sind auch ein Thema der Metav digital<br />

4 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


38 „Ein noch höherer Mehrwert mit erweiterten<br />

digitalen Formaten“<br />

Interview mit Gerrit Nawracala von der Messe<br />

Düsseldorf<br />

40 Modernisierungsoffensive<br />

China-Kolumne von Fabian Grummes<br />

41 Stagnation der deutschen Wirtschaft<br />

im Schlussquartal 2020<br />

Aktuelle Meldung aus dem BMWi<br />

WISSENSCHAFT<br />

TECHNIK<br />

47 Multi-scale simulation of Steels<br />

Advanced microstructural modelling to incorporate<br />

microstructure parameters<br />

28<br />

Wo steht die italienische Stahlund<br />

Anlagenbranche?<br />

Interview mit den Partnern des Projektes „ProLMD“<br />

53 Richtmaschine lässt Planheitswerte bei<br />

allen Produkten deutlich steigen<br />

Anwenderbericht skizziert die Erfahrungen eines<br />

Stahl-Service-Centers<br />

RECHT<br />

FINANZEN<br />

58 Neuregelung zur Frauenquote für<br />

Vorstände und Aufsichtsräte<br />

Das Gesetz wird praktischen Konsequenzen wird<br />

das Gesetz haben<br />

60 Frauenquote als Einstiegsdroge<br />

Standpunkt von Birgit Kelle, Publizistin<br />

61 Vollstreckungsschutz gegen das Finanzamt<br />

Rechts-Tipp von Prof. Dr. Gunter M. Hoffmann<br />

BERUF<br />

KARRIERE<br />

62 Sich trennen ohne vermeidbare Wunden<br />

Zur Wahrung des Betriebsfriedens können externe<br />

Berater eine Lösung sein<br />

64 „Unsere Online-Formate finden weltweite<br />

Resonanz“<br />

Interview mit Peter Schmieding von der Stahl-<br />

Akademie<br />

STYLE<br />

STORY<br />

Multi-Scale Simulation of Steels<br />

47 Advanced microstructural modelling to<br />

incorporate microstructure parameters<br />

70 Nachhaltige Sicherheit mit Treppen<br />

aus Stahl<br />

Fluchtwege aus Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei überzeugen<br />

zusätzlich durch ihre Optik<br />

IMMER<br />

EWIG<br />

3 Editorial<br />

9 Termine<br />

42 Länder + Anlagen<br />

66 VDEh-Personalia<br />

72 Vorschau + Impressum<br />

74 People<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 5


NEWS<br />

TERMINE<br />

Wirtschaft<br />

Industrie<br />

Luftaufnahme Standort<br />

Duisburg, thyssenkrupp Steel<br />

Europe AG<br />

Größtes Stahl-Investitionspaket<br />

für thyssenkrupp seit 2003<br />

Mit dem Neubau von Kernaggregaten an<br />

den Standorten Duisburg und Bochum<br />

zielt thyssenkrupp auf den Ausbau von<br />

Premium-Stählen und die Stärkung der<br />

Wettbewerbsfähigkeit. Geplant ist der<br />

Umbau der Duisburger Gießwalzanlage<br />

in eine neue Stranggießanlage mit einem<br />

dahinter geschalteten, in wesentlichen<br />

Komponenten neuen Warmbandwerk.<br />

Zur Optimierung der Brammenfertigung<br />

wird, ebenfalls in Duisburg, zudem die<br />

bestehende Stranggießanlage 3 neu gebaut.<br />

Auch am Standort Bochum sind<br />

Investitionen vorgesehen: Geplant ist ein<br />

neues Doppelreversiergerüst und eine<br />

Glüh- und Isolierlinie. Beides stärkt Bochum<br />

als Kompetenzzentrum bei Stählen<br />

für die Elektromobilität. Die gesamte<br />

Investitionssumme beläuft sich auf einen<br />

hohen dreistelligen Millionenbetrag. Alle<br />

Projekte sollen bis Ende 2024 realisiert<br />

werden. Mit dem Maßnahmenbündel<br />

setzt thyssenkrupp die hauseigene<br />

„Stahlstrategie 20-30“ weiter um. Für den<br />

in der jüngeren Vergangenheit heftig von<br />

Krisen geschüttelten Ruhrgebietskonzern<br />

handelt es sich dabei um größte Investitionspaket<br />

im Stahl seit dem Bau der Kokerei<br />

Schwelgern im Jahr 2003.<br />

Frank Koch wird neuer CEO der Swiss Steel Group<br />

Frank Koch<br />

Demontieren, reparieren, wieder montieren<br />

– darum ging es in den letzten Wochen<br />

des vergangenen und den ersten des<br />

neuen Jahres bei Feralpi Stahl. Dafür ruhte<br />

das Stahlwerk vom 21. Dezember bis<br />

25. Januar, das Drahtwerk bis 3. Januar<br />

und das Walzwerk bis 18. Januar. Es wurden<br />

beispielsweise Absaugleitungen erneuert,<br />

die Schrottplatzwand saniert, die<br />

Schlackenbeete für Ofen- und Pfannenschlacke<br />

rekonstruiert, Rekuperationsrohre<br />

für die Luftvorwärmung an den<br />

Pfannenfeuern installiert, die Pfannenfeuer<br />

selbst einer Revision unterzogen<br />

und Seilrollen gewechselt. Im Schmelzhaus<br />

ist ein neuer Schrotteinsatzkran<br />

Spätestens ab dem 1. Januar 2022 soll Frank Koch<br />

die Swiss Steel Group leiten. Der Verwaltungsrat<br />

des Schweizer Stahlkonzerns hat den Manager vor<br />

kurzem zum künftigen CEO ernannt. Koch (48)<br />

begann seine berufliche Laufbahn 1991 mit einer<br />

Ausbildung zum Industriekaufmann in der Stahlsparte<br />

von thyssenkrupp. Beim Einsatz in verschiedenen<br />

Stationen des Industriekonzerns war er erstmals<br />

für die zur Swiss Steel Group gehörenden<br />

Deutsche Edel<strong>stahl</strong>werke (DEW) tätig, bevor er<br />

2004 bis 2006 für Strategie und Vertrieb beim italienischen<br />

Anlagenbauer Danieli verantwortlich<br />

zeichnete. Diesen Bereich verantwortete er dann<br />

auch bei der DEW, zu welcher er 2006 zurückkehrte.<br />

Zuletzt stand Koch an der Spitze der Georgsmarienhütte<br />

Holding, von wo aus er nun zur Swiss<br />

Steel Group wechselt. Dort folgt er auf Clemens<br />

Iller, der sich laut einer Pressemeldung des Konzerns<br />

dazu entschieden hat, das Unternehmen zu<br />

verlassen. Er werde jedoch bis auf Weiteres beratend<br />

zur Verfügung stehen, „um einen nahtlosen<br />

Übergang an seinen Nachfolger sicherzustellen“.<br />

Feralpi Stahl beendet Großreparatur und investiert<br />

hinzugekommen, am Ende der Walzstraße<br />

geht die Drahtbindezone nach zwei<br />

Jahren Projekt- und Bauzeit an den Start,<br />

und im Drahtwerk wird die neue Versaline-Anlage<br />

zur Herstellung von Listenmatten<br />

in Betrieb genommen.<br />

Quellen: thyssenkrupp Steel Europe; Swiss Steel Group<br />

6 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


EJP expandiert in der internationalen Drahtindustrie<br />

Die EJP Maschinen GmbH mit Sitz in Baesweiler bei Aachen hat im Dezember 2020<br />

eine substanzielle Beteiligung an der Italmec Sp. Z o.o. aus dem polnischen Kattowit<br />

übernommen. So komplettiert die EJP Gruppe mit Drahtziehmaschinen für<br />

kohlenstoffhaltige Drähte ihr Produktspektrum und liefert vollständige Produktionslinien<br />

für die gesamte Prozesskette vom Walzdraht bis zum fertigen Coil aus<br />

einer Hand. Bereits im Frühjahr 2020 hatte EJP gemeinsam mit Lothar Köppen die<br />

EJP WIRE Technology gegründet, die Maschinen und die dazugehörige Prozesstechnologie<br />

für die Vorbehandlung von Draht liefert. Gleichzeitig war EJP mit dem polnischen<br />

Maschinenbauunternehmen Italmec eine Kooperation für die Vermarktung<br />

von Drahtziehlinien eingegangen. Die EJP Maschinen GmbH stellt nach wie<br />

vor Maschinen für die Herstellung von Stangen, Rohren und Profilen her.<br />

Geradeausziehmaschine von EJP Italmec für hochgekohlte Drähte<br />

Tragende Rolle für Dillinger bei Tageszeitung Le Monde<br />

Der Sitz von Le Monde, in dem auch 1 000 Grobblech<br />

von Dillinger stecken, steht in der Nähe des Pariser<br />

Bahnhofs Austerlitz.<br />

Mit der offiziellen Eröffnung des neuen<br />

Hauptsitzes der französischen Tageszeitung<br />

Le Monde erhielt Paris ein<br />

neues architektonisches Highlight.<br />

Eine Stahlkonstruktion, ähnlich einer<br />

Fußgängerbrücke, an der Metall- und<br />

Betonböden aufgehängt werden. Die<br />

verglaste Brücke des 7-stöckigen Bauwerks<br />

ist 137 Meter lang und 37 Meter<br />

hoch und verbindet Natur mit<br />

Technologie: einerseits Grünanlagen,<br />

andererseits die über die gesamte<br />

Fläche verteilte LED-Beleuchtung,<br />

ähnlich den sich am Himmel bewegenden<br />

Sternen. Die Fassade des Gebäudes<br />

ist mit einer Matrix aus Glaspixeln<br />

verkleidet, welche verschiedene<br />

Effekte – mal transparent, mal<br />

undurchsichtig – ergeben. Das Dach<br />

ist mit Photovoltaikmodulen und einer<br />

Regenwasserauffanganlage ausgestattet.<br />

Stahl von Dillinger spielt dabei<br />

eine „tragende Rolle“: 1 000 Tonnen<br />

Dillinger Grobblech stecken in der<br />

Stahlkonstruktion des außergewöhnlichen<br />

Projekts. Sowohl Dillinger als<br />

auch die Tochtergesellschaft Dillinger<br />

France stellten die bei diesem Neubauprojekt<br />

eingesetzten Bleche her.<br />

Notwendig wurde die Brückenkonstruktion<br />

durch die städtebauliche Auflage,<br />

eine nicht bebaubare Fläche in<br />

der Mitte des Grundstücks zu überspannen.<br />

GMH-Gruppe verstärkt sich mit Windhoff<br />

und Kranbau Köthen<br />

Nach ihrer Neuausrichtung als separat gehaltene Unternehmen<br />

der Familie Großmann sind Kranbau Köthen und Windhoff<br />

Bahn- und Anlagentechnik seit Mitte Januar wieder in die GMH-<br />

Gruppe integriert. Diese Geschäftsfelderweiterung in die Bereiche<br />

Maschinen- und Anlagenbau stärke die Unternehmensgruppe<br />

ihre Substanz und Ertragskraft, heißt es in einer Unternehmensmeldung.<br />

Kranbau Köthen ist spezialisiert auf Sonder-,<br />

Prozess- und Automatikkrane (von rund 50 Tonnen bis 650 Tonnen)<br />

und liefert Planung, Engineering, Fertigung, Montage und<br />

Service aus einer Hand. Windhoff Bahn- und Anlagentechnik<br />

GmbH bietet Lösungen in den Bereichen Schienenfahrzeugtechnik,<br />

Bahn- und Rangiertechnik für Bau- und Instandhaltung der<br />

Schieneninfrastruktur. Im Jahr 2<strong>01</strong>9 erzielten die beiden Unternehmen<br />

mit rund 250 bzw. 280 Mitarbeitern einen Umsatz von<br />

rund 50 respektive 70 Mio. Euro.<br />

Quellen: EJP Italmec; Dillinger<br />

Salzgitter-Konzern beliefert Pipelineprojekt in Katar<br />

Der Salzgitter-Konzern hat einen Großauftrag für rund 160 000 Tonnen längsnahtgeschweißter Großrohre und Rohrbögen für ein<br />

bedeutendes Pipeline- Projekt in Katar erhalten. Der Auftrag wurde an die internationale Handelstochter der Salzgitter AG, die Salzgitter<br />

Mannesmann International GmbH, erteilt. Das Unternehmen ist neben der Überwachung der Lieferkette auch für alle Projektkoordinierungs-<br />

und Ausführungsschritte gesamtheitlich verantwortlich. Die Großrohre werden von Europipe, Mülheim, einem<br />

Joint Venture der Salzgitter AG mit der AG der Dillinger Hüttenwerke, erzeugt. Die Rohrbögen werden im Mülheimer Rohrbiegewerk<br />

von Salzgitter Mannesmann Grobblech hergestellt.<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 7


NEWS<br />

TERMINE<br />

Klima<br />

Umwelt<br />

Im ArcelorMittal-Hochofen in<br />

Eisenhüttenstadt soll künftig<br />

Erdgas eingesetzt werden<br />

ArcelorMittal und VNG kooperieren für<br />

nachhaltige Produktion<br />

Der Stahlerzeuger ArcelorMittal und der Erdgaslieferant VNG<br />

wollen künftig zusammenarbeiten, um die Produktion von<br />

Stahlerzeugnissen am Standort Eisenhüttenstadt nachhaltiger<br />

zu gestalten. Dafür sei zunächst geplant, den CO 2 -Ausstoß der<br />

Stahlherstellung an dem Standort ab diesem Jahr um etwa<br />

fünf Prozent zu verringern, so ArcelorMittal in einer Pressemeldung.<br />

Gelingen soll dies durch eine Umstellung des Hochofens<br />

auf den Einsatz von Erdgas. Das reduziere den Kohlebedarf<br />

und trage außerdem – neben der Senkung der CO 2 -Emissionen<br />

– zu niedrigeren Energiekosten bei. Die Umrüstung des<br />

Ofens, die Unternehmensangaben zufolge rund vier Millionen<br />

Euro kostet, will ArcelorMittal Eisenhüttenstadt bis Mitte des<br />

Jahres abschließen. Im Rahmen der Klimastrategie des Konzerns<br />

beabsichtigt der brandenburgische Stahlhersteller –<br />

ebenfalls gemeinsam mit VNG – in einem späteren Schritt die<br />

Beimischung von CO 2 -neutralem Wasserstoff. Vorerst müsse<br />

dieser aber in ausreichender Menge und zu wirtschaftlichen<br />

Kosten zur Verfügung stehen.<br />

BMU-Förderrichtlinie „Dekarbonisierung in<br />

der Industrie“ in Kraft getreten<br />

Zum Jahresbeginn ist die neue Förderrichtlinie „Dekarbonisierung<br />

in der Industrie“ in Kraft getreten. Das Förderprogramm<br />

des Bundesumweltministeriums soll energieintensiven Branchen<br />

– darunter Stahl, Kalk, Chemie und Nicht<strong>eisen</strong>metalle –<br />

dabei helfen, schwer vermeidbare, prozessbedingte Treibhausgasemissionen<br />

durch den Einsatz innovativer Klimaschutztechnologien<br />

weitgehend und dauerhaft zu reduzieren. Bis 2024<br />

stehen für das Programm insgesamt rund zwei Milliarden Euro<br />

zur Verfügung. Das Ziel sei eine „starke, wettbewerbsfähige<br />

Industrie, die ohne fossile Energie und Rohstoffe“ auskomme,<br />

denn Klimaschutz sei ein „Innovationstreiber für die Wirtschaft“,<br />

mache „den Industriestandort Deutschland zukunftsfähig“<br />

und sichere „hochqualifizierte Arbeitsplätze“, so Bundesumweltministerin<br />

Svenja Schulze. Ansprechpartner für das<br />

BMU-Förderprogramm ist das Kompetenzzentrum Klimaschutz<br />

in energieintensiven Industrien (KEI) in Zusammenarbeit mit<br />

dem Umweltbundesamt (UBA). Veröffentlicht wurde die Richtlinie<br />

Mitte Januar im Bundesanzeiger.<br />

Quellen: Bernd Geller<br />

10 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


CO 2 -Emissionen 2020 stark rückläufig<br />

Infolge der Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus sind<br />

die Treibhausgasemissionen Deutschlands im Jahr 2020 erheblich<br />

zurückgegangen. Sie lagen um 42,3 Prozent unter den<br />

Emissionen des Referenzjahres 1990. Der Treibausgasausstoß<br />

sank somit unter die Marke des Klimaschutzziels für 2020 von<br />

40 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt der Thinktank „Agora<br />

Energiewende“ in seinem Jahresrückblick. Den Abschätzungen<br />

zufolge reduzierte Deutschland seine Treibhausgasemissionen<br />

um über 80 Millionen Tonnen CO 2 auf rund 722 Millionen Tonnen.<br />

Zwei Drittel dieser Minderung sind Corona-Effekte, ohne<br />

sie hätte der Rückgang bei etwa 25 Millionen Tonnen gelegen.<br />

Haupttreiber der Entwicklung waren laut Agora Energiewende<br />

die durch die Rezession bedingten Rückgänge bei Energieverbrauch,<br />

Industrieproduktion und Verkehr, relativ hohe CO 2 -Preise<br />

in Kombination mit niedrigen Gaspr<strong>eisen</strong>, sowie ein milder<br />

Winter mit geringem Heizenergieverbrauch.<br />

Wasserelektrolyse von thyssenkrupp: Großauftrag<br />

in Kanada<br />

Für seinen Produktbereich „Green Hydrogen“ hat thyssenkrupp<br />

Uhde Chlorine Engineers einen Großauftrag des kanadischen<br />

Wasserkraftversorgers Hydro-Québec erhalten. Eine der „weltweit<br />

ersten und größten“ Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff<br />

soll installiert werden. Bei der Anlage handelt es sich<br />

um eine sogenannte Wasserelektrolyse, die Wasser mittels elektrischen<br />

Stroms in seine Bestandteile Wasser- und Sauerstoff zerlegt.<br />

Weil sie die bisher einzige skalierte Technologie zur Produktion<br />

grünen (mit erneuerbaren Energien erzeugten) Wasserstoffs<br />

ist, gilt sie als Schlüsseltechnologie zur Dekarbonisierung<br />

des Industriesektors. Das Exemplar für Hydro-Québec umfasst<br />

eine Kapazität von 88 Megawatt und soll nach Betriebsbeginn<br />

jährlich 11 100 Tonnen des Energieträgers produzieren. Der Bau<br />

der Wasserelektrolyse erfolgt am Standort Varennes, wo die Anlage<br />

Ende 2023 in Betrieb gehen soll. Hierzulande planen thyssenkrupp<br />

Steel, Uhde Chlorine Engineers sowie das Energieunternehmen<br />

Steag den Bau und Betrieb einer Wasserelektrolyse<br />

in Duisburg-Walsum. Derzeit untersuchen die Unternehmen,<br />

wie das benachbarte Stahlwerk von thyssenkrupp Steel Europe<br />

mit grünem Wasserstoff und Sauerstoff versorgt werden kann.<br />

Montage eines Wasserelektrolyse-Moduls zur Herstellung von<br />

grünem Wasserstoff<br />

Design-S Award für Gebäude mit organisch<br />

beschichtetem SSAB-Stahl<br />

Quellen: thyssenkrupp Steel Europe<br />

Aufgrund seiner Ästhetik, Nachhaltigkeit und Langlebigkeit hat<br />

Architekt Thomas Sandell organisch beschichteten GreenCoat-<br />

Stahl für die Fassade und das Dach seines ausgezeichneten Entwurfs<br />

gewählt.<br />

In der Kategorie Architektur hat das in Schweden viel beachtete<br />

„Fisksätra Folket Hus“den angesehenen Swedish Design Award<br />

„Design-S 2020“ erhalten. Gestaltet wurde das Kulturzentrum<br />

von dem Architekturbüro sandellsandberg in Stockholm, das<br />

beid er Gestaltung auf nachhaltigen, organisch beschichteten<br />

GreenCoat-Stahl von SSAB setzte. Das Gebäude hat eine auffällige,<br />

zeltförmige Konstruktion, bei der die Wände und das Dach<br />

aus Stahl in sinusförmigen Profilen gebaut sind. Der warme<br />

Farbton Silver Fir Green wurde gewählt, um einen ausgezeichneten<br />

Kontrast zu den orangefarbigen Backsteingebäuden der Umgebung<br />

zu bilden. Der schwedische Stararchitekt Thomas Sandell<br />

hat sich für GreenCoat Pro BT wegen dessem Fähigkeit entschieden,<br />

ein auffälliges Erscheinungsbild zu gestalten sowie<br />

seiner Umformbarkeit, einfachen Montage und seiner UV- und<br />

Korrosionsbeständigkeit. Hinzu kommt die Nachhaltigkeitskomponente<br />

des Stahls: „Da das Gebäude temporär sein soll, war es<br />

wichtig, ein umweltfreundliches Material zu nehmen, das auch<br />

wiederverwendet werden kann“, erklärt Sandell.<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 11


NEWS<br />

TERMINE<br />

Additive Fertigung<br />

Unter anderem mittels<br />

„Laser Metal Fusion“<br />

arbeitet das Joint Venture<br />

„Trumpf-SISMA“,<br />

das Trumpf nun komplett<br />

übernehmen will.<br />

Trumpf will AM-Sparte stärken<br />

Das Unternehmen Trumpf plant, seinen Geschäftsbereich Additive<br />

Manufacturing (AM) zu stärken. Nach eigenen Angaben befindet<br />

sich der Werkzeugmaschinenhersteller „in fortgeschrittenen<br />

Gesprächen“ mit seinem italienischen Partner SISMA. Gegenstand<br />

der Verhandlung ist eine Komplettübernahme des gemeinsamen<br />

Joint Ventures „Trumpf-SISMA“, an dem Trumpf derzeit<br />

55 Prozent der Anteile trägt. Der Betrieb wurde 2<strong>01</strong>4 gegründet<br />

und hat seinen Sitz im norditalienischen Schio. Dort arbeiten<br />

rund 60 Mitarbeiter in Entwicklung und Produktion von Metall-3D-Druck-Maschinen<br />

mittels der Technologie „Laser Metal<br />

Fusion“. Darüber hinaus beabsichtigt Trumpf, die AM-Aktivitäten<br />

von SISMA in der Industrie und Medizin weiterzuführen.<br />

3D-Druck-Software nutzt künstliche Intelligenz<br />

für Bauteil-Nesting<br />

Die neue Nesting-Funktion der Software 4D_Additive von Core-<br />

Technologie bedient sich erstmals der künstlichen Intelligenz<br />

(KI) zur Automatisierung intelligenten Verhaltens und maschinellen<br />

Lernens. So bilde die neue Technologie bestimmte Entscheidungsstrukturen<br />

des Menschen nach, heißt es seitens der<br />

Entwickler. Der Computer bearbeite aufgrund der Programmierung<br />

dann eigenständig aufwändige Aufgaben im Bereich der<br />

Bauteil-Anordnung. CoreTechnologie zufolge ist das Nesting-<br />

Modul mit einer „Pack und Optimize“-Strategie in der Lage,<br />

sowohl für eine maximale Füllung des Bauraums als auch eine<br />

gleichmäßige Verteilung der zu druckenden Masse zu sorgen.<br />

In der Folge ermögliche es eine möglichst konstante Slice-Fläche.<br />

„Hierbei nutzt das fortschrittliche Programm die KI-Technologie<br />

und ahmt das Verhalten eines erfahrenen Anwenders<br />

nach, indem nach der Vorpositionierung gezielt leere Stellen<br />

im Bauraum automatisch gefüllt werden“, erklärt das Unternehmen<br />

seine neue Lösung. Das habe den Vorteil, dass auch<br />

nicht maximal bestückte Bauräume gleichmäßig ohne sogenannte<br />

Wärme-Nester bestückt werden. Über das intelligente<br />

Nesting hinaus stehen weitere Funktionen zur Optimierung<br />

der Wärmeverteilung zur Verfügung: Unter anderem integriert<br />

die neue Software eine Analyse zur Ermittlung sogenannter<br />

„massiver Zonen“, die problematische Bereiche mit viel Materialvolumen<br />

grafisch darstellt. Für die Aufbereitung von 3D-<br />

Druckdaten verfügt das Tool 4D_Additive über CAD-Daten-<br />

Schnittstellen aller B-Rep-Nativ- und Standardformate sowie die<br />

gängigen 3D_Printing-Formate wie STL und 3mf.<br />

Das 3D-Printing-Tool 4D_Additive nutzt erstmals Algorithmen der<br />

künstlichen Intelligenz, um die Druckergebnisse zu optimieren.<br />

Quellen: Trumpf; CoreTechnologie<br />

12 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


MAMC <strong>2021</strong> findet im November statt<br />

Vom 3. bis 5. November findet in der<br />

Wirtschaftskammer Österreich in Wien<br />

die Neuauflage der Metal Additive Manufacturing<br />

Conference (MAMC) <strong>2021</strong> statt.<br />

Darin lädt ASMET, die österreichische<br />

Gesellschaft für Metallurgie und Materialien,<br />

Entscheider, Ingenieure, Entwickler,<br />

Industrie-Experten, Wissenschaftler und<br />

Studenten dazu ein, exklusive Einblicke<br />

in die additive Verarbeitung von Metallen<br />

zu erhalten. Behandelt werden etwa<br />

der grundlegende Themenbereich Pulver,<br />

Systeme und Ausrüstung . Ein weiterer<br />

Fokus liegt auf den konkreten Prozessen<br />

Laser Melting, Electro Beam Melting und<br />

Direct Energy Deposition sowie dem<br />

Qualitätsmanagement und der Nachbearbeitung.<br />

Aktuelle Forschungsfragen<br />

runden das inhaltliche Spektrum ab.<br />

Forward AM launcht neues Edel<strong>stahl</strong>-Filament<br />

Unter seiner Marke Forward AM hat das Unternehmen<br />

BASF das neue Filament Ultrafuse 17-4 PH für den Metall-3D-Druck<br />

eingeführt. Geeignet ist es nach eigenen Angaben<br />

für die Technologie Fused Filament Fabrication (FFF).<br />

Nach dem anschließenden Entbinderungs- und Sinterungsprozess<br />

bestehe das fertige Bauteil aus 17-4 Edel<strong>stahl</strong>, der<br />

sich aufgrund seiner hohen mechanischen Festigkeit und<br />

Härte für eine Vielzahl von Anwendungen – beispielsweise<br />

für den Werkzeug- und Vorrichtungsbau – eignet.<br />

Impression des neuen Edel<strong>stahl</strong>-Filaments 17-4 PH von<br />

Forward AM.<br />

Erfolgreiche Finanzierungsrunde für Uniformity Labs<br />

Das Unternehmen Uniformity Labs, ein kalifornischer Hersteller<br />

von Material- und Softwarelösungen für den industriellen<br />

3D-Druckmarkt, hat eine Finanzierungsrunde über 38,35 Millionen<br />

US-Dollar abgeschlossen. Der Erlös soll vor allem in den<br />

Ausbau der Produktionskapazitäten und die Entwicklung weiterer<br />

Spezialmaterialien fließen. Darüber hinaus soll er dazu<br />

beitragen, das Führungsteam zu verstärken – insbesondere in<br />

den Bereichen Marketing und Vertrieb. Noch im Laufe des Jahres<br />

werde der Prozess „deutlich an Fahrt aufnehmen“, heißt es<br />

seitens Uniformity Labs. Die Investition entstammt einem<br />

Fonds, der von Orion Resource Partners verwaltet wird. Dabei<br />

handelt es sich um einen der weltweit führenden Investoren in<br />

den Bereichen Bergbau, Metallverarbeitung und Metallrohstoffhandel<br />

mit einem Gesamtvermögen von rund 6,3 Milliarden<br />

US-Dollar.<br />

Protolabs übernimmt Handelsplattform 3D Hubs<br />

Quelle: Forward AM<br />

Das Unternehmen Protolabs hat eine endgültige Vereinbarung<br />

zur Übernahme der Online-Handelsplattform 3D Hubs geschlossen.<br />

Die Transaktion in Höhe von 280 Millionen Euro<br />

stellt Protolabs nun ein Netzwerk von rund 240 Fertigungspartnern<br />

zur Verfügung, die – so das Unternehmen – ein „breites<br />

Spektrum an Möglichkeiten außerhalb des derzeitigen Leistungsumfangs“<br />

erfüllen. Das 2<strong>01</strong>3 in Amsterdam gegründete<br />

Unternehmen 3D Hubs hat über seine digitale Plattform die<br />

Produktion von über sechs Millionen kundenspezifischen Teilen<br />

und Produkten ermöglicht. Dabei erhalten die Nutzer nach<br />

eigenen Angaben eine sofortige Preiskalkaltion sowie Feedback<br />

zum Design. Anschließend würden eingehende Bestellungen<br />

durch sorgfältig geprüfte Fertigungspartner in über 20 Ländern<br />

weltweit ausgeführt, „die enorme Fertigungskapazitäten und<br />

eine breite Palette von Fertigungsmöglichkeiten zu wettbewerbsfähigen<br />

Pr<strong>eisen</strong> bieten“.<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 13


TITELTHEMA: INNOVATIONEN<br />

Überblick<br />

Innovationen im<br />

Viele Errungenschaften der Moderne<br />

sind erst durch Stahl möglich geworden.<br />

Aber auch die Branche entwickelt sich<br />

permanent weiter.<br />

14 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


und mit Stahl<br />

Die Titelstrecke beleuchtet verschiedene Aspekte rund um den Werkstoff,<br />

ohne den keine Zukunft möglich ist. Dazu gehören Schlaglichter auf die Dekarbonisierung<br />

der Stahlerzeugung, ultradünne Produktion bei maximaler Walzbandbreite,<br />

Umformung mit einer neuen Servorpresse und ein Transportmittel mit Höchstgeschwindigkeit.<br />

Quelle: Tata Steel<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 15


TITELTHEMA: INNOVATIONEN<br />

Transformtation<br />

Als thyssenkrupp mit dem Konzept für Elektro-Roh<strong>eisen</strong> aus dem Hochofen 2.0 an die Öffentlichkeit ging, waren auch Bundeswirtschaftsminister<br />

Peter Altmaier und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet vor Ort.<br />

Erste Direktreduktionsanlage mit<br />

Einschmelzer<br />

Deutschlands größter Stahlerzeuger skizziert den Statusquo von „tk H2 Steel“ und den<br />

Weg zur Dekarbonisierung<br />

DARUM GEHT’S: Der Stahlbereich steht<br />

heute für rund zwei Prozent der CO 2 ­<br />

Emissionen in Deutschland. Als größter<br />

hiesiger Stahlerzeuger kann thyssenkrupp<br />

damit einen spürbaren Beitrag<br />

zur Dekarbonisierung des Landes leisten.<br />

Bis 2030 sollen die Emissionen um<br />

30 % gesenkt werden und bis 2050 soll<br />

das Unternehmen ein klimaneutral sein.<br />

Ab 2026 will das Unternehmen Eisenschwamm<br />

elektrisch einschmelzen.<br />

Die Stahlherstellung über Eisenerz ist<br />

bisher eng verbunden mit dem Einsatz<br />

von Kohlenstoff. Die seit Jahrhunderten<br />

bestehende Hochofenroute steht<br />

für rund 80% der weltweiten Stahlproduktion.<br />

Dabei entstehen große Mengen CO 2 .<br />

Durch den Einsatz von Wasserstoff kann<br />

Kohlenstoff ersetzt werden. Bereits heute<br />

erprobt thyssenkrupp den Einsatz von Wasserstoff<br />

in einem bestehenden Hochofen in<br />

Duisburg. So können kurzfristig im bestehenden<br />

Anlagenpark erste CO 2 Einsparungen<br />

erreicht werden. Um vollständig klimaneutral<br />

zu werden, ist jedoch ein vollständiger<br />

Technologiewandel notwendig. Die Stahlproduktion<br />

muss neu gedacht werden.<br />

tkH2Steel als innovativer und<br />

kostengünstiger Weg<br />

thyssenkrupp Steel setzt auf den Umstieg<br />

auf Direktreduktionsanlagen. In diesen<br />

können Erdgas oder Wasserstoff als Reduktionsmittel<br />

eingesetzt werden, um aus Eisenerz<br />

Eisenschwamm zu gewinnen. Kohle<br />

ist dann nicht mehr nötig. Bereits der<br />

Einsatz von Erdgas reduziert die CO 2 -<br />

Emissionen deutlich, Wasserstoff senkt sie<br />

gegen Null. Die erste Direktreduktionsanlage<br />

soll 2024 in Duisburg in den Betrieb<br />

gehen und rund 1,2 Millionen Tonnen Eisenschwamm<br />

produzieren. Dabei handelt<br />

es sich um ein festes Produkt. Um den Eisenschwamm<br />

im Stahlwerk weiterzuverarbeiten,<br />

muss er zunächst eingeschmolzen<br />

werden. Anfangs wird dies im Hochofen<br />

geschehen. Ab 2026 wird thyssenkrupp<br />

dafür stattdessen ein völlig neues, strombetriebenes<br />

und innovatives Schmelzaggregat<br />

einsetzen und so den ersten Hochofen<br />

vollständig ersetzen. Das Gute: die Vorteile<br />

des integrierten Standortes bleiben erhalten.<br />

Zudem ermöglicht dieser Weg die geringsten<br />

Transformationskosten und den<br />

Beibehalt des vollständigen Produktportfolios.<br />

Standortvorteil Duisburg –<br />

Sicherung von Arbeitsplätzen<br />

Duisburg als größter europäischer Stahlstandort<br />

kann dabei auch zukünftig seine<br />

Vorteile ausspielen. Neben den bestehenden<br />

logistischen Anbindungen durch die<br />

Nähe zum Rhein und die direkten Anschlüsse<br />

an Straßen und Schienennetz<br />

kann das Stahlwerk Duisburg mit wenig<br />

Aufwand an wichtige Gasnetze angeschlossen<br />

werden – und damit perspektivisch<br />

auch Wasserstoffnetze. Die neuen Direktreduktionsanlagen<br />

und Schmelzaggregate<br />

werden sich nahtlos in das bestehende<br />

Produktionsnetzwerk einfügen, sodass die<br />

Vorteile kurzer Wege zu Stahl und Walzwerken<br />

bestehen bleiben. Das sichert Arbeitsplätze<br />

am Stahlstandort Duisburg.<br />

Klimaneutraler Wasserstoff als<br />

entscheidender Faktor<br />

Wichtige Voraussetzung für die klimaneutrale<br />

Stahlindustrie ist die Verfügbarkeit<br />

von grünem Wasserstoff, der für die Transformation<br />

der Stahlproduktion ohne Alternative<br />

ist. Beim Stahl ist der Einsatz des<br />

Wasserstoffs zudem enorm effektiv: eine<br />

Tonne grüner Wasserstoff vermeidet<br />

Quelle: thyssenkrupp Steel Europe<br />

16 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


25 Tonnen CO 2 . Gleichzeitig werden sehr<br />

große Mengen zu wettbewerbsfähigen Pr<strong>eisen</strong><br />

benötigt, weshalb die politischen und<br />

regulatorischen Rahmenbedingungen eine<br />

wichtige Rolle spielen: Neben dem Auf und<br />

Ausbau der inländischen Wasserstoffkapazitäten<br />

sind internationale Partnerschaften<br />

unabdingbar. Daneben müssen Transportinfrastrukturen<br />

durch Pipelines und<br />

Schiffsrouten ausgebaut werden.<br />

Rahmenbedingungen für Investitionen<br />

integrale Voraussetzung<br />

Die Transformation der Stahlproduktion<br />

ist mit erheblichen finanziellen Anstrengungen<br />

verbunden. Für den Bau einer Direktreduktionsanlage<br />

inklusive Schmelzaggregat<br />

sind Investitionen von rund einer<br />

Milliarde Euro notwendig. Um diese Kosten<br />

zu stemmen, sind die Stahlproduzenten auf<br />

staatliche Hilfe angewiesen. Dabei kommen<br />

verschiedene Optionen in Frage, die von<br />

einer Verstärkung und Flexibilisierung von<br />

Förderprogrammen bis zu Investitionszulagen<br />

reichen. Kein Stahlhersteller wird die<br />

Klimatransformation aus eigener Kraft<br />

schaffen können.<br />

Aufbau eines Marktes für<br />

grünen Stahl<br />

Neben den hohen Investitionskosten wird<br />

auch die laufende Produktion von grünem<br />

Stahl selbst mit höheren Kosten verbunden<br />

sein als die Produktion von herkömmlichem<br />

Stahl. Haupttreiber ist dabei der deutliche<br />

Aufpreis für Wasserstoff gegenüber Kohle.<br />

Entsprechend wichtig ist es, Anreize und<br />

Instrumente zu schaffen, die einen Markt<br />

für grünen Stahl etablieren. Im Rahmen der<br />

Klimatransformation der Stahlproduktion<br />

wird das Angebot von grünem Stahl kontinuierlich<br />

steigen. thyssenkrupp wird bereits<br />

2022 erste Mengen (50.000 Tonnen pro Jahr)<br />

anbieten können. Diese Menge wird ab 2027<br />

auf rund 950.000 Tonnen ansteigen. Aber:<br />

Nur wenn grüner Stahl auch Abnehmer<br />

findet, kann die Transformation gelingen.<br />

Meilensteine bis 2050 definiert<br />

Um die Klimaziele bis 2030 und 2050 zu<br />

erreichen, werden weitere Schritte – über<br />

die erste Direktreduktionsanlage hinaus –<br />

notwendig sein. Ab etwa 2030 will thyssenkrupp<br />

daher eine zweite Anlage inkl.<br />

Schmelzaggregat betreiben und so insgesamt<br />

bereits rund 3 Mio. Tonnen klimaneutralen<br />

Stahl produzieren. Bis zum Jahr<br />

2050 werden dann zwei weitere Anlagen<br />

gebaut, die schrittweise die bestehenden<br />

Hochöfen ersetzen, um das Ziel der Klimaneutralität<br />

bis 2050 zu erreichen. Parallel<br />

wird das Unternehmen weiter auf Carbon-<br />

2Chem und die Nutzung von CO 2 setzen,<br />

um die Mengen des Treibhausgases aufzufangen<br />

und in Chemieprodukte umzuwandeln,<br />

die sich nicht durch den Wasserstoffeinsatz<br />

vermeiden lassen.<br />

Laufende Anpassung der<br />

Klimastrategie<br />

Entlang von technologischen Entwicklungen<br />

und Erkenntnissen wird thyssenkrupp<br />

die Klimastrategie kontinuierlich überprüfen<br />

und bei Bedarf anpassen. Geltende Maxime<br />

ist dabei stets, die Klimatransformation<br />

möglichst effizient und möglichst<br />

schnell zu gestalten. Eine erste Anpassung<br />

des Pfades ist der Einsatz der neuartigen<br />

Schmelzaggregate, die die Integration der<br />

Direktreduktionsanlage in die bestehende<br />

Struktur des Duisburger Hüttenwerks ermöglichen.<br />

Damit einhergeht, dass das<br />

Unter nehmen derzeit keine Elektrolichtbogenöfen<br />

bauen wird, die zeitweise als<br />

Folgeaggregate eingeplant waren. Ferner<br />

ist das Unternehmen mit Blick auf die absehbar<br />

geringe Verfügbarkeit von grünem<br />

Wasserstoff in den kommenden Jahren<br />

davon abgerückt, alle Hochöfen in Duisburg<br />

für den Einsatz von Wasserstoff auszurüsten.<br />

Verfügbarer Wasserstoff wird ab<br />

dem Jahr 2024 primär in der neuen Direktreduktionsanlage<br />

eingesetzt werden.<br />

tk Steel Europe<br />

Hochofen und Direktreduktionsanlage mit Einschmelzer<br />

im Vergleich<br />

Der Umstieg auf „Elektro-Roh<strong>eisen</strong>“ ist das erklärte Ziel.<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 17


TITELTHEMA: INNOVATIONEN<br />

Anwendung<br />

Hochdynamische Servopresse<br />

ohne Zahnräder<br />

Der Werkzeugbauer und Lohnfertiger Huissel setzt auf eine 800 Tonnen starke Presse<br />

neuester Bauart von Schuler<br />

DARUM GEHT‘S: In herkömmlichen mechanischen<br />

Pressen sorgt ein Getriebe im<br />

Kopfstück für den Gleichlauf der Motoren.<br />

Die MSP-Baureihe setzt in dort und<br />

auch in anderen Bereichen auf andere<br />

Ansätze. In der Praxis führt das zu einigen<br />

Optimierungen, mit denen der<br />

Werkzeugbauer und Lohnfertiger Huissel<br />

als erster Nutzer zufrieden ist.<br />

Vor allem das innovative Konzept der<br />

800 Tonnen starken Presse hat Gerald<br />

Schug überzeugt: Bei der Anlage<br />

kommen zwei ausschließlich elektronisch<br />

synchronisierte Antriebsstränge in gegenüberliegender<br />

Anordnung zum Einsatz, die<br />

aus jeweils einem hochdynamischen Servomotor,<br />

einem Bremsmodul und einer Exzenterwelle<br />

bestehen. In herkömmlichen<br />

mechanischen Pressen sorgt ein Getriebe im<br />

Kopfstück für den Gleichlauf der Motoren.<br />

„Durch den Verzicht auf Zahnräder ist die<br />

Maschine viel dynamischer als bisherige<br />

Servopressen“, erklärt Schug. Er ist Geschäftsführer<br />

der Huissel GmbH mit Sitz im<br />

pfälzischen Enkenbach-Alsenborn, die als<br />

erster Kunde von Schuler eine Presse der<br />

neu entwickelten MSP-Baureihe einsetzt.<br />

Mechanische Eigenschaften<br />

Bei der MSP-Baureihe liegen zudem die<br />

Druckpunkte weiter außen, als man es aus<br />

dem traditionellen Pressenbau kennt, wodurch<br />

sich die mögliche außermittige Belastung<br />

erhöht. Teil des Gesamtkonzepts ist<br />

auch eine sehr feine elektronische Parallelitätsüberwachung<br />

für den Stößel. „Der<br />

Kniehebelantrieb in Querwellenbauweise<br />

spielt vor allem im unteren Arbeitsbereich<br />

seine Stärken aus“, ergänzt Schug. Die konstante<br />

Umformgeschwindigkeit kurz vor<br />

dem unteren Umkehrpunkt bietet vor allem<br />

beim Prägen, Biegen und Ziehen mechanische<br />

Vorteile. Davon profitiert die<br />

Huissel GmbH, die u.a. alle gängigen Stahlblechqualitäten<br />

und Edel<strong>stahl</strong> bearbeitet,<br />

beispielsweise bei der Umformung von Deckeln<br />

und Schalen für Lüftungsanlagen.<br />

Auch mit der Automation der Presse, die<br />

Schuler ebenso geliefert hat, ist Schug<br />

rundum zufrieden. Zum Lieferumfang gehören<br />

eine Bandanlage in Langbauform<br />

Der Werkzeugbauer und Lohnfertiger Huissel ist der erste Kunde mit einer 800 Tonnen<br />

starken Schuler-Presse der neu entwickelten MSP-Baureihe.<br />

vom Typ „Power Line“, der Walzenvorschub<br />

„Power Feed“ und der modulare elektronische<br />

Drei-Achs-Transfer „ProTrans“ mit<br />

aktiver Schwingungskompensation. Eine<br />

Dreifach-Beölung des Bandmaterials sorgt<br />

für optimale Umformbedingungen.<br />

Werkzeug-Simulation verhindert<br />

mögliche Kollisionen<br />

Darüber hinaus investierte Huissel unter<br />

anderem für den eigenen Werkzeugbau in<br />

die Simulations-Lösung DigiSim. Damit<br />

lässt sich eine mögliche Kollision eines<br />

Werkzeugs mit dem Transfer bereits erkennen,<br />

während sich dieses noch in der<br />

Konstruktionsphase befindet. Im Rahmen<br />

einer Schulung im Oktober vergangenen<br />

Jahres mit den Experten von Schuler lernten<br />

die Anwender die umfassenden Möglichkeiten<br />

der Software kennen und bedienen.<br />

Zur Steuerung der Presse braucht<br />

es dagegen keine großen Vorkenntnisse, da<br />

die Bediener bei Bedarf unter sechs bereits<br />

einprogrammierten Bewegungskurven des<br />

Stößels auswählen können, die auf das gewünschte<br />

Produkt abgestimmt sind. Der<br />

„Smart Assist“ führt außerdem Schritt für<br />

Schritt durch den Einrichtevorgang für<br />

neue Werkzeuge, wodurch sich der Produktionsanlauf<br />

bei Huissel verkürzen lässt.<br />

Sicherheit und Fazit<br />

Sollte es trotz allem zu einer Fehlbedienung<br />

kommen, verhindert die elektronische<br />

Überlastsicherung Schlimmeres: Sie<br />

registriert ein Überschreiten der Presskraft<br />

sofort und ändert innerhalb von wenigen<br />

Millisekunden das Drehmoment des Hauptantriebs<br />

in die entgegengesetzte Richtung,<br />

um einen Werkzeugschaden zu minimieren.<br />

Dank eines Energiespeichers reduziert<br />

sich die Anschlussleistung des Gesamtsystems<br />

deutlich. Nicht zuletzt stimmt für<br />

Gerald Schug das äußere Erscheinungsbild<br />

der bisher größten Investition in der Firmengeschichte<br />

von Huissel: „Der Aufbau<br />

der Maschine macht was her“, formuliert<br />

es der Geschäftsführer – zumal die MSP 800<br />

auch mit ihren inneren Werten überzeugen<br />

kann.<br />

Quelle: Schuler Group<br />

22 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


Nr. 1/2 | Januar-Februar 2020<br />

Magazin für die Herstellung und Verarbeitung von Eisen + Stahl<br />

Wertschöpfungsketten<br />

Digitale Lösungen<br />

Simulation von Stählen<br />

Vorhersage mechanischer Eigenschaften<br />

Innovationen<br />

und Stahl<br />

Schlaglichter auf Erzeugung und Anwendung<br />

Lesen Sie,<br />

was wirklich wichtig ist!<br />

Einzelhefte und Abonnements finden Sie im Shop.<br />

www.<strong>stahl</strong><strong>eisen</strong>shop.de


POLITIK<br />

MÄRKTE<br />

Verbände<br />

Auch in diesem Jahr bleiben der Stahlindustrie die Herausforderungen erhalten, die sie bereits 2020 beschäftigt haben.<br />

Konträre Haltungen bei WV Stahl<br />

und IBU<br />

Branchenverbände der Erzeuger und Verarbeiter bewerten Schutzmaßnahmen<br />

gegensätzlich<br />

AUTORIN: Niklas Reiprich<br />

niklas.reiprich@<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de<br />

DARUM GEHT’S: Engpässe in der Stahlversorgung,<br />

ein drohender Importdruck<br />

und die Sorge vor zu hohen Transformationskosten<br />

– das sind jene Herausforderungen,<br />

die <strong>stahl</strong>verarbeitende und -produzierende<br />

Unternehmen hierzulande<br />

auch weiterhin beschäftigen. Die aktuellen<br />

Schutzmaßnahmen spalten dabei die<br />

Gemüter. Ein Überblick.<br />

Bei den Verarbeitern gilt Stahl – vor<br />

allem Flach<strong>stahl</strong> – derzeit als Mangelware,<br />

wie der Industrieverband<br />

Blechumformung (IBU) verdeutlicht. Erste<br />

Ergebnisse einer Blitzumfrage des Verbandes<br />

Ende 2020 zeigen, dass knapp 90 Prozent<br />

der Mitgliedsunternehmen Beschaffungsprobleme<br />

haben. Weil die geltenden<br />

Einfuhrbeschränkungen das Ausweichen<br />

auf Stahl aus Drittländern erschweren, befürchtet<br />

IBU-Geschäftsführer Bernhard Jacobs:<br />

„Auf die Pandemiekrise folgt die Beschaffungskrise.“<br />

Ihm zufolge müsse die<br />

Marktversorgung in Europa „Vorrang haben<br />

vor Anti-Dumping-Maßnahmen und politisch<br />

motivierten Importbeschränkungen“.<br />

Die Beschaffungsprobleme beträfen sowohl<br />

planmäßig bestellte Mengen als auch<br />

Mehrbedarfe. Laut Umfrage haben 86 Prozent<br />

der Unternehmen Versorgungsprobleme<br />

beim Stahleinkauf über Servicecenter.<br />

Auf Platz zwei folgt der Direktbezug bei<br />

Stahlherstellern. Beide Bezugsquellen konfrontierten<br />

verarbeitende Unternehmen<br />

zurzeit mit Lieferzeiten bis weit ins neue<br />

Jahr, manche böten Jahresverträge gar<br />

nicht mehr an. Als Folge befürchten laut<br />

IBU-Erhebung über 70 Prozent der Mitglieder<br />

Produktionsunterbrechungen im ersten<br />

Quartal <strong>2021</strong>. 96 Prozent sehen durch<br />

die dramatische Versorgungslage ihre Lieferfähigkeit<br />

bedroht. „Teilweise müssen sie<br />

bereits jetzt Mengen reduzieren, weil das<br />

Vormaterial fehlt“, so Jacobs. Zusätzlicher<br />

Bedarf sei gar nicht oder nur unter großen<br />

Mühen zu decken.<br />

Stahlangebot wächst langsamer<br />

als Nachfrage<br />

Parallel dazu erleben Einkäufer massive<br />

Preisaufschläge, so der IBU. Auch im Ver-<br />

Quelle: Shutterstock<br />

26 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


tragsgeschäft sei die Rede von deutlichen<br />

Erhöhungen. „Das hat niemand kommen<br />

sehen“, registriert auch Andreas Schneider<br />

von Stahlmarkt Consult. „Am Ende eines<br />

Stahljahres, das lange unter dem Vorzeichen<br />

einer großen Krise stand, zeigen die<br />

Märkte eine fulminante Aufwärtsbewegung.<br />

Stahl- und Rohstoffpreise haben inzwischen<br />

nicht nur das Vor-Corona-Niveau<br />

übertroffen, sondern langjährige oder sogar<br />

historische Höchststände erreicht.“ Ein<br />

Grund: Das europäische Stahlangebot<br />

wachse langsamer als die Nachfrage. „Kern<br />

der Entwicklung ist, dass die im Sommer<br />

vorherrschende Erwartung einer nur zögerlichen<br />

Erholung der Industrie und des<br />

Welthandels von der tatsächlichen Entwicklung<br />

überholt worden ist“, so Schneider.<br />

Demnach haben Produzenten die<br />

Hochöfen also nicht parallel zum Bedarfsanstieg<br />

hochgefahren.<br />

Einfuhren aus Drittländern könnten<br />

dem Mangel entgegenwirken, meint der<br />

IBU. Über 60 Prozent der befragten Verbandsmitglieder<br />

sind jedoch der Meinung,<br />

dass geltende EU-Importbeschränkungen<br />

das Versorgungsproblem verstärken. Vor<br />

kurzem hat die EU bekanntgegeben, neue<br />

Antidumping-Zölle auf Einfuhren warmgewalzter<br />

Coils aus der Türkei zu verhängen.<br />

Vor diesem Hintergrund geht der IBU<br />

davon aus, ebendiese „gewollte Abschottung“<br />

schütze europäische Stahlproduzenten<br />

und belaste wiederum die Stahlverarbeiter,<br />

die auf das Vormaterial angewiesen<br />

seien. Der Verband will nun mit Nachdruck<br />

auf die erwähnten Beschaffungsprobleme<br />

aufmerksam machen und dazu anregen,<br />

Einfuhrbeschränkungen zu hinterfragen.<br />

„Unsere Mitglieder sehen gerade ein paar<br />

Lichtblicke. Wir können es uns jetzt nicht<br />

leisten, diesen Positivtrend durch einen<br />

Materialengpass zu gefährden“, zieht Jacobs<br />

ein Fazit.<br />

Neue Steuerbelastung trifft<br />

Produzenten hart<br />

In der Tat ist die WV Stahl grundsätzlich<br />

der Meinung, die Schutzmaßnahmen im<br />

Außenhandel müssten der coronabedingt<br />

konjunkturellen Situation der Stahlhersteller<br />

angepasst werden – so betonte es Verbandschef<br />

Hans Jürgen Kerkhoff bereits im<br />

Juli des vergangenen Jahres. Nur so, das<br />

wird auch aus einem jüngsten Statement<br />

im vergangenen Dezember deutlich, könne<br />

die hiesige Stahlindustrie ihre Schlüsselrolle<br />

auf dem Weg zur klimaneutralen<br />

Wirtschaft entfalten. Mit CO 2 -armen Produktionsverfahren<br />

und nachhaltigen Produkten<br />

mache sich die Branche auf den<br />

Weg, einen „entscheidenden Beitrag zum<br />

Erreichen der Klimaziele“ zu leisten. Die<br />

Bundesregierung jedoch will letztere seit<br />

Jahresbeginn maßgeblich durch eine CO 2 -<br />

Bepreisung erreichen, die rechtlich im sogenannten<br />

Brennstoffemissionshandelsgesetz<br />

(BEHG) geregelt ist.<br />

Im Auftrag der WV Stahl hat nun das<br />

Beratungsunternehmen Prognos jene Risiken<br />

analysiert, die entstehen können, sollte<br />

die Dekarbonisierung der Stahlindustrie<br />

ausschließlich durch steigende CO 2 -Preise<br />

forciert werden. So führe eine einseitige<br />

Erhöhung der CO 2 -Preise in diesem Wirtschaftszweig<br />

unweigerlich zu einem Rückgang<br />

von Produktion und Beschäftigung –<br />

insbesondere bei der Primär<strong>stahl</strong>route.<br />

Konkret sei bei einer nicht international<br />

abgestimmten Anhebung jenes Preises in<br />

Deutschland bis 2035 ein Produktionsrückgang<br />

in Höhe von 40 Prozent zu erwarten.<br />

Das wiederum bedeute einen Verlust von<br />

rund 200 000 Arbeitsplätzen und rund 114<br />

Milliarden Euro Wertschöpfung, schildert<br />

die Studie ein Szenario.<br />

Sorge: Hohe Kosten durch<br />

CO 2 -Verlagerung<br />

Anlässlich dieser möglichen Entwicklung<br />

zeigt sich Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident<br />

der WV Stahl, alarmiert. Er weist auf die<br />

„massiven Herausforderungen“ hin, denen<br />

die Stahlunternehmen in Deutschland und<br />

Europa gegenwärtig gegenüberstehen. „Sie<br />

werden durch immer ambitioniertere Klimaziele<br />

gefordert, ohne dass der notwendige<br />

Förderrahmen steht.“ Die einzige Möglichkeit,<br />

die klimapolitischen Ziele zu erreichen,<br />

sei die Einführung neuer CO 2 -armer<br />

Produktionsverfahren. „Gelingt diese Transformation<br />

nicht, droht Stahl künftig in anderen<br />

Regionen der Welt mit deutlich geringeren<br />

Klimaschutzauflagen produziert und<br />

anschließend nach Europa importiert zu<br />

werden“, warnt Kerkhoff.<br />

Das Resultat: ein Anstieg der globalen<br />

CO 2 -Emissionen. Dessen wirtschaftliche Auswirkungen<br />

analysiert Prognos-Experte Dr.<br />

Michael Böhmer wie folgt: „Die volkswirtschaftlichen<br />

Kosten je ins Ausland verlagerter<br />

Tonne CO 2 belaufen sich auf durchschnittlich<br />

600 Euro. Dies übersteigt die<br />

höheren Produktionskosten eines wasserstoffbasierten<br />

Verfahrens um ein Vielfaches.“<br />

Daher sei es ökonomisch effizienter,<br />

rät Böhmer, „wenn die Politik die betroffenen<br />

Stahlunternehmen bei ihrer Transformation<br />

zu CO 2 -armen Produktionsverfahren<br />

unterstützt“. Die Transformation müsse<br />

umfassend finanziell gefördert und abgesichert<br />

werden, wenn Europa seine Vorreiterrolle<br />

im Klimaschutz ernst nehme, fügt Verbandschef<br />

Kerkhoff hinzu.


POLITIK<br />

MÄRKTE<br />

Italien<br />

Viele italienische Produzenten<br />

erzeugen aus<br />

Eisenschrott Langprodukte,<br />

um die nationale sowie<br />

internationale Baubranche<br />

zu bedienen.<br />

Status Quo: Wo steht die<br />

italienische Stahl- und Anlagenbranche?<br />

Ein Blick auf Europas zweitgrößten Industriestandort<br />

AUTOR: Niklas Reiprich,<br />

niklas.reiprich@<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de<br />

DARUM GEHT‘S: Wie kein anderes Land in<br />

der Europäischen Union hat Italien derzeit<br />

mit den Folgen der Corona-Pandemie zu<br />

kämpfen. Hinzu gesellt sich eine tiefgreifende<br />

Regierungskrise. Und dennoch gilt<br />

die hiesige Industrie, an der Stahlproduktion<br />

und Maschinenbau im hohen Maße<br />

beteiligt sind, als die zweitstärkste Europas<br />

und trägt durch hohe Ausfuhren essenziell<br />

zur Wirtschaftsstärke bei. Grund<br />

genug also, einen Blick auf die konkreten<br />

Herausforderungen dieser Branchen sowie<br />

deren ökonomische Beschaffenheit zu<br />

werfen.<br />

Das Geschäft mit dem Stahl macht in<br />

Italien einen erheblichen Teil der<br />

Wirtschaftsleistung aus – und spendet<br />

in vielen Regionen eine Vielzahl von<br />

Arbeitsplätzen. Nach Angaben des in Mailand<br />

ansässigen Branchenverbands Federacciai<br />

hat die Nation im jüngsten Berichtszeitraum<br />

November 2020 knapp 2 Millionen<br />

Tonnen Roh<strong>stahl</strong> erzeugt (3,2 Prozent<br />

mehr im direkten Vorjahresvergleich), und<br />

reiht sich somit – nach Deutschland – auf<br />

Platz zwei der größten Stahlindustrien<br />

Europas. Doch zeigt diese Zahl nur einen<br />

Teil der Rechnung, hat das Land im gesamten<br />

Jahresverlauf (Stand November) seine<br />

Produktion doch um 14,2 Prozent eindampfen<br />

müssen.<br />

Die Zahl entspricht in etwa jener, die Alessandro<br />

Bonzato, Präsident von Federacciai,<br />

im Sommer des vergangenen Jahres gegenüber<br />

dem Informationsdienst S&P Global<br />

Platts genannt hatte. Darin betonte er sogar,<br />

die italienische Stahlproduktion werde<br />

2020 um etwa 15 Prozent sinken, insbesondere<br />

bedingt durch die eingebrochene<br />

Nachfrage aus dem Automobilsektor. Weitere<br />

Einschränkungen aus der Politik, so<br />

schätzte der Manager seinerzeit die Lage<br />

ein, würden jedoch voraussichtlich lokal<br />

begrenzt und somit „weniger wirtschaftlich<br />

störend“ sein als solche aus dem Frühjahr.<br />

Zu dieser Zeit – ab dem ersten Shutdown<br />

Mitte März – schloss Italien für fast<br />

zwei Monate alle Stahlwerke mit Ausnahme<br />

von Arvedi und ArcelorMittal Italia, so<br />

S&P Global Platts. Letzteres Werk, gemeinhin<br />

bekannt unter dem Namen „Ilva“,<br />

schmückt auch abseits der Corona-Lage seit<br />

geraumer Zeit die Schlagzeilen der Presse.<br />

Ilva: ArcelorMittal Italia<br />

zunehmend unter Druck<br />

Wie Kallanish Steel berichtete, hat das apulische<br />

Gericht von Lecce, das Tribunale Amministrativo<br />

Regionale (TAR), ArcelorMittal Italia<br />

– dem aktuellen Betreiber von Ilva – 60<br />

Tage Zeit gegeben, die Flüssigphase des Werks<br />

einzustellen. Der Grund für die Anordnung<br />

Quelle: Elchin Javadov/Shutterstock<br />

28 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


Quelle: Oleksiy Mark/Shutterstock<br />

sei dessen übermäßiger CO 2 -Ausstoß, beruft<br />

sich die Branchenplattform auf die Entscheidung<br />

des Gerichts. Demzufolge seien die<br />

Emissionen „außer Kontrolle“ und eine Gefahr<br />

für das Leben der Bürger von Tarent, die<br />

bereits seit Jahrzehnten die negativen Umweltauswirkungen<br />

beklagen. Während ArcelorMittal<br />

selbst Einspruch gegen eine Schließung<br />

des Betriebs erheben wolle, habe auch<br />

Federacciai seine Besorgnis geäußert. Der<br />

Verband befürchte, „dass eine solche Aktion<br />

den Neustart des Werks stoppen oder verlangsamen<br />

könnte“. Die Arbeiten zur Verbesserung<br />

der Umweltleistung an dem Standort<br />

seien nach dessen Angaben im Gange.<br />

Dabei schien nach monatelangem Zittern<br />

um dessen Zukunft – und damit auch<br />

um die zahlreichen Arbeitsplätze in der<br />

Hafenstadt – nun endgültig eine feste Vereinbarung<br />

getroffen, die einen von Europas<br />

größten Stahlstandorten aus der Schieflage<br />

führen soll. Zuletzt hatte ArcelorMittal<br />

bekanntgegeben, eine „öffentlich-private<br />

Partnerschaft“ mit der italienischen Betriebsansiedlungsagentur<br />

Invitalia gebildet<br />

zu haben – eine entsprechende Unterzeichnung<br />

erfolgte am 10. Dezember 2020. Damit<br />

wurde offiziell: Der Stahlkonzern hat<br />

den italienischen Staat als Mehrheitseigentümer<br />

an Bord geholt. Mit einer Beteiligung<br />

von 60 Prozent ist letzterer in das operative<br />

Geschäft jenes Unternehmens eingestiegen,<br />

welchem in der Vergangenheit schon mehrere<br />

Male das endgültige Aus prophezeit<br />

wurde. Insgesamt fließen dafür 1,1 Milliarden<br />

Euro, heißt es in einer Pressemeldung<br />

von ArcelorMittal, zu zahlen in zwei<br />

Tranchen. Die erste Zahlung in Höhe von<br />

400 Millionen Euro soll – vorbehaltlich der<br />

kartellrechtlichen Genehmigung der EU –<br />

bis zum 31. Januar <strong>2021</strong> getätigt werden.<br />

Dadurch erhält Invitalia zugleich die gemeinsame<br />

Kontrolle an dem vor Ort zuständigen<br />

Unternehmen AM InvestCo Italy.<br />

Die zweite Tranche in Höhe von rund 680<br />

Millionen Euro wird hingegen fällig, sobald<br />

alle Bedingungen für den Kauf erfüllt sind.<br />

Die Deadline beläuft sich derzeit auf Mai<br />

2022. Zu diesem Zeitpunkt erhöht sich der<br />

Anteil Invitalias an AM InvestCo dann auf<br />

60 Prozent. Der Stahlhersteller selbst will<br />

ebenfalls bis zu 70 Millionen Euro investieren,<br />

um einen Teil der Kontrolle (40 Prozent)<br />

zu halten.<br />

Anlagen zur Dekarbonisierung<br />

im Fokus<br />

Auch auf einen neuen Industrieplan für<br />

Ilva haben sich beide Unternehmen bereits<br />

geeignet. Demnach sehen sie unter anderem<br />

Investitionen in kohlenstoffärmere<br />

Technologien zur Stahlerzeugung vor, darunter<br />

den Bau eines Elektrolichtbogenofens<br />

(EAF) mit einer Kapazität von 2,5<br />

Millionen Tonnen pro Jahr. Zudem umfasst<br />

das Modernisierungspaket, das in erster<br />

Linie auf die Umweltverträglichkeit des<br />

Werks abzielt, auch den Bau einer Direktreduktionsanlage<br />

(DRI). Bis 2025, so das<br />

grundsätzliche Ziel, wollen die Partner die<br />

Produktion auf 8 Millionen Tonnen pro<br />

Jahr erhöhen. Gelingen soll dies etwa durch<br />

eine Reihe öffentlicher Unterstützungsmaßnahmen<br />

einschließlich einer staatlich<br />

finanzierten Beschäftigungsförderung.<br />

Im Rahmen der neuen Vereinbarung, so<br />

heißt es seitens Invitalia, sollen die insgesamt<br />

10 700 im Werk beschäftigten Mitarbeiter<br />

übernommen werden. Zuvor – noch unter<br />

alleiniger Führung – hatte ArcelorMittal geplant,<br />

knapp die Hälfte der Arbeitsplätze als<br />

Bedingung für die Fortsetzung der Produktion<br />

abzubauen. Ein entsprechendes Echo<br />

löste im vergangenen Sommer unter anderem<br />

ein 24-stündiger Streik aus, durch welchen<br />

sich die zunehmend besorgten Mitarbeiter<br />

eine hörbare Stimme verschaffen wollten.<br />

Unterstützung erhielten sie seinerzeit von<br />

Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri, der<br />

den angekündigten Kahlschlag als „inakzeptabel“<br />

bezeichnete. „Das Unternehmen muss<br />

seiner Verantwortung bewusst werden“, betonte<br />

er hiesigen Medienberichten zufolge<br />

im Gespräch mit Gewerkschaftsvertretern.<br />

Mini-Mills: Starke Wirtschaftsstruktur<br />

im Norden<br />

Im Jahr 2<strong>01</strong>9 wurde<br />

in Italien ein<br />

überproportional<br />

hoher Anteil von<br />

81,8 Prozent des<br />

Stahls über die<br />

Elektro<strong>stahl</strong>route<br />

erzeugt.<br />

Während in Tarent die Wirtschaft erst wieder<br />

angekurbelt werden muss, offenbart<br />

sich weiter nördlich ein konstanter und<br />

wesentlicher Treiber für die ökonomische<br />

Leistung Italiens: eine dichte Konzentration<br />

der heimischen Stahlbranche auf die Industrieregion<br />

Brescia. Informationen der hiesigen<br />

Handelskammer zufolge entstanden<br />

dort bereits nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

mehrere mechanische Walzwerke – hauptsächlich<br />

dank der hohen Verfügbarkeit von<br />

Schrott, der durch die von Bomben zerstörten<br />

Schienen in der Region anfiel. Da<br />

jedoch ab der zweiten Hälfte der 1950er<br />

Jahre keine zu verschrottenden Schienen<br />

mehr zur Verfügung standen, waren jene<br />

Walzwerke gezwungen, ihren Stahl in anderen<br />

italienischen Provinzen zu kaufen.<br />

Damit verloren sie zugleich den Kostenvorteil,<br />

den sie durch den Erwerb von gutem<br />

und günstigem Schrott in der Nachkriegszeit<br />

errungen hatten. Daraufhin beschloss<br />

eine Reihe von Stahl- und Eisenunternehmen<br />

aus Brescia, gemeinsam ein Werk zu<br />

errichten, das die benötigten Stahlbarren<br />

direkt produzierte. Letztere konnten sie<br />

dann – im Gegensatz zum Material aus<br />

anderen Regionen – verhältnismäßig günstig<br />

an sich selbst verkaufen.<br />

Heute finden sich in Italien eine Vielzahl<br />

sogenannter „Mini-Mills“. Entgegen eines<br />

herkömmlichen integrierten Stahlwerks,<br />

das einen hohen Kapitalbedarf aufweist,<br />

zeichnen sich diese durch einen EAF mit<br />

direkter Anbindung zu den nachgeschalteten<br />

Gießanlagen und Walzwerken aus. Im<br />

Vergleich zur Hochofenroute pointieren<br />

Hersteller entsprechender Produktionskomplexe<br />

geringere Gesamtkosten, die sich<br />

unter anderem aus der kompakteren Bauweise<br />

ergäben. Auch das Anlagendesign sei<br />

in der Regel komprimierter, weil die Gießwärme<br />

üblicherweise direkt in die Walzung<br />

überführt und somit keinen Erwärmungsofen<br />

mehr benötigt werde. Da überwiegend<br />

recycelte Rohstoffe als Energieträger fungieren,<br />

gelten Mini-Mills zudem als wesentlich<br />

energieeffizienter.<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 29


POLITIK<br />

MÄRKTE<br />

Messen<br />

Die Heller-Gruppe entwickelt und<br />

produziert CNC-Werkzeugmaschinen<br />

und Fertigungssysteme für die<br />

spanende Bearbeitung. Das Unternehmen<br />

setzt vornehmlich auf europäische<br />

Lieferanten, bezieht Material<br />

aber auch aus Asien, um Kostenvorteile<br />

zu erzielen.<br />

Lieferketten – vom Härtetest zu<br />

neuen Allianzen<br />

Herausforderungen bei den Wertschöpfungsketten sind auch ein Thema der Metav digital<br />

AUTOR: Cornelia Gewiehs, freie Journalistin*<br />

DARUM GEHT’S: Kurzarbeit bei Zulieferern,<br />

Störungen auf dem Rohstoffmarkt sowie<br />

Unwägbarkeiten von Handelskonflikten und<br />

politischem Einfluss: Die Zuverlässigkeit von<br />

Lieferketten war schon immer ein relevantes<br />

Thema und ist es seit Beginn der Corona-<br />

Pandemie noch mehr. In der Werkzeugmaschinen-industrie<br />

dürfte die Frage nach der<br />

Resilienz von Wertschöpfungsketten vor allem<br />

eng mit Digitalisierung und Vernetzung<br />

verbunden sein – Themen, die auch die Metav<br />

digital vom 23. bis 26. März beschäftigt.<br />

Bereits im Frühjahr 2020 sorgte eine Studie<br />

der TU München für Aufmerksamkeit,<br />

die zu dem Ergebnis kam, dass sich die<br />

Strukturen weltweiter Lieferketten in Zukunft<br />

„dramatisch verändern werden“. Es sei wichtig,<br />

hieß es, in künftigen Krisensituationen in der<br />

Lage zu sein, alternative Lieferanten in einer<br />

wenig beeinträchtigten Region zu haben und<br />

auszuweichen. Doch anders als etwa die chemische<br />

oder pharmazeutische Industrie, sieht der<br />

Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken<br />

(VDW) die eigene Branche weit weniger unter<br />

Handlungsdruck. Als Grund nennt VDW-Geschäftsführer<br />

Dr. Wilfried Schäfer die hohen<br />

Qualitätsstandards der Branche: „Die Unternehmen<br />

besitzen entweder eine sehr hohe<br />

Wertschöpfungstiefe, oder sie kaufen bereits<br />

überwiegend in Deutschland ein.“ Bei Komponenten<br />

und Rohmaterial aus China oder dem<br />

südlichen Europa habe es zwar Ausfälle, aber<br />

auch Kompensationsmöglichkeiten über andere<br />

Lieferanten gegeben.<br />

KI- und Big-Data-Spezialist für<br />

die Lieferantensuche<br />

Eine Lösung, die sich hier anbietet, kommt<br />

vom Würzburger Unternehmen Scoutbee, das<br />

auf digitale Lieferantensuche spezialisiert ist.<br />

Das Unternehmen bedient sich Künstlicher<br />

Intelligenz (KI) und Big Data, damit Kunden<br />

mittels Software as a Service (SaaS) in Milliarden<br />

von Datensätzen nach Produkten und<br />

geeigneten Lieferanten fahnden können.<br />

Durchforstet werden tiefgreifende Marktinformationen,<br />

darunter Finanzzahlen, Expertisen<br />

zur Nachhaltigkeit oder aktive Zertifizierungen,<br />

sprachübergreifend und in Echtzeit, um<br />

Benjamin Scoutbee<br />

Scoutbee, ein Spezialist für die<br />

digitale Lieferantensuche,<br />

gehört zu den Ausstellern auf<br />

der Metav digital. Mit der<br />

Lösung seines Hauses verringere<br />

sich eine manuelle<br />

Globalsuche nach sämtlichen<br />

aktuellen und potenziellen<br />

Lieferanten allenfalls auf Tage,<br />

so Benjamin Eichinger, Director<br />

Sales Germany.<br />

Quelle: Gebr. Heller Maschinenfabrik; Scoutbee GmbH<br />

36 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


Andreas Gützlaff<br />

Quelle: WZL, RWTH Aachen<br />

sämtliche aktuellen und potenziellen Lieferanten<br />

weltweit zu identifizieren. Dauere<br />

eine manuelle Suche üblicherweise Wochen<br />

oder Monate, so Benjamin Eichinger, Director<br />

Sales Germany, seien es digital allenfalls<br />

Tage. Nach Kundenerfahrungen betrage die<br />

Durchschnittliche Zeitersparnis 85 Prozent.<br />

Scoutbee verzeichnete 2020 einen<br />

sprunghaften Zuwachs an Aufträgen und<br />

Kunden, darunter auch Werkzeugmaschinenhersteller.<br />

2<strong>01</strong>5 gegründet und erst seit<br />

zwei Jahren auf dem Markt, beschäftigt das<br />

Unternehmen inzwischen über 130 Mitarbeiter.<br />

Ein virtueller Stand auf der Fachmesse<br />

Metav digital <strong>2021</strong>, die vom 23. bis<br />

26. März <strong>2021</strong> stattfindet, ist bereits gebucht.<br />

Eichinger bestätigt, dass es in letzter<br />

Zeit eine Bevorzugung von Lieferanten „in<br />

der Nähe“ durchaus gegeben habe. Auch<br />

seien globale Strategien zurückgefahren<br />

worden. Doch ausgelöst hat die Suche nach<br />

neuen Lieferanten nicht unbedingt Corona.<br />

Auch Qualitäts-mängel oder die Reduzierung<br />

von Lieferkosten spielen bei gewünschten<br />

Veränderungen eine Rolle.<br />

Lieferanten in die Planung<br />

einbeziehen<br />

Sich gegen Überraschungen und mögliche<br />

Ausfälle zu wappnen, gehört für Werkzeugmaschinenhersteller<br />

zum Geschäft. „Grundsätzlich<br />

hat sich an unserer Einkaufsstrategie<br />

nichts geändert“, sagt Manfred Maier,<br />

Chief Operating Officer (COO) der Heller-<br />

Gruppe, Nürtingen, auf Nachfrage zu möglichen<br />

Konsequenzen aus der Corona-Pandemie.<br />

Die Heller-Gruppe entwickelt und<br />

produziert CNC-Werkzeugmaschinen und<br />

Fertigungssysteme für die spanende Bearbeitung.<br />

„Wir setzen nach wie vor auf die hohe<br />

Qualität und Zuverlässigkeit unserer vornehmlich<br />

europäischen Lieferanten“, betont<br />

der COO. Dass diese zunehmend Wertschöpfungsanteile<br />

in Niedriglohnländer verlagern,<br />

um Kostenvorteile zu erzielen, räumt Maier<br />

durchaus ein. Aus demselben Grund wird<br />

bei Heller Eisenguss aus Asien bezogen. Ein<br />

Problem sieht er darin nicht: „Generell gilt<br />

das Ziel einer Dual-Sourcing-Strategie, in<br />

einigen Warengruppen auch Multiple-Sourcing-Strategie,<br />

etwa wegen der Komplexität<br />

von Baugruppen, die es abzusichern gilt.“<br />

Nach Maiers Angaben ist die Materialversorgung<br />

2020 insgesamt auf einem sehr<br />

hohen Niveau geblieben, trotz Kurzarbeit<br />

bei einer überwiegenden Anzahl der Zulieferer.<br />

„Wir haben rechtzeitig kritische<br />

Lieferanten in die Forecast-Planung unserer<br />

Bedarfe mit aufgenommen, die jeweils monatlich<br />

aktualisiert verschickt werden.“ So<br />

könnten sich Lieferanten frühzeitig auf<br />

Bedarfsschwankungen einstellen und die<br />

Materialversorgung gewährleisten. Um kritischen<br />

Entwicklungen vorzubeugen, seien<br />

zudem alle strategischen und operativen<br />

Einkäufer angehalten, ihr „Ohr am Lieferanten“<br />

zu haben. Da werde in täglich stattfindenden<br />

Gesprächen durchaus nachgefragt,<br />

„mit Fingerspitzengefühl“, wie Maier<br />

betont. Über die Qualität von Zulieferern<br />

gebe die QKZ (Qualitätskennziffer)-Quote<br />

Auskunft, die die Lieferantenzuverlässigkeit<br />

sowie auftretende Reklamationen in<br />

einer Quote vereint. Die Daten werden aus<br />

dem SAP-System ermittelt.<br />

KMU setzen auf vertrauensbasierte<br />

Kooperationen<br />

Dass für die bevorzugte Art von Lieferantenbeziehungen<br />

die Struktur einer Branche<br />

eine Rolle spielt, geht aus einer Studie der<br />

Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply<br />

Chain Services, Nürnberg, über Wertschöpfungsketten<br />

in der Automations-Branche<br />

hervor. Demnach sind kleine und mittelständische<br />

Unternehmen (KMU) bei benötigten<br />

Produkten und Dienstleistungen<br />

eher regional aufgestellt. Sie setzen bevorzugt<br />

auf langjährige und vertrauensbasierte<br />

Kooperationen. Großunternehmen beschaffen<br />

die benötigten Waren tendenziell<br />

auf einer globalen Basis, suchen Wege<br />

durch komplexe Strukturen, erheben validierbare<br />

Kennziffern und planen vorausschauende<br />

Steuerungsmechanismen.<br />

Die Studie belegt zudem, dass sich mit<br />

zunehmender Automatisierung auch KMU<br />

einer wachsenden Komplexität der Lieferbeziehungen<br />

kaum entziehen können. Aus<br />

dem einfachen „Order-to-Payment-Prozess“<br />

früherer Zeiten, der nur innerhalb eines einzelnen<br />

Unternehmens abläuft und sich von<br />

Unternehmen zu Unternehmen in einer Kette<br />

zusammenfügt, wird ein komplexes Netz.<br />

Maschinen, Förderanlagen, Roboter, Steuerungen<br />

und Softwarekomponenten werden<br />

verknüpft und mit Marketing, Vertrieb und<br />

Distribution verbunden. Der Unternehmenserfolg<br />

ist zudem immer stärker abhängig von<br />

begleitenden Dienstleistungen über den gesamten<br />

Lebenszyklus einer Lösung, einschließlich<br />

(Fern-) Wartung, Reparatur und<br />

Entsorgung. Dafür müssen oft externe Experten<br />

und Spezialisten hinzugezogen werden.<br />

Das Ganze potenziert sich dann in der digitalen<br />

Welt über Cyber-physische Systeme<br />

(CPS), also Systeme, bei denen informationsund<br />

softwaretechnische mit mechanischen<br />

Komponenten verbunden werden.<br />

Andreas Gützlaff, Leiter der<br />

Abteilung Produktionsmanagement<br />

im WZL der RWTH Aachen<br />

sagt: „Durch eine gesteuerte<br />

Komplexität lassen sich Einsparungen<br />

von bis zu 15 Prozent im<br />

Betriebsergebnis realisieren.“<br />

Komplexitätstreiber Kunde<br />

Der größte Komplexitätstreiber, so Andreas<br />

Gützlaff, Leiter der Abteilung Produktionsmanagement<br />

im Werkzeugmaschinenlabor<br />

WZL der RWTH Aachen, seien jedoch oft die<br />

Kunden. Individuelle Kundenwünsche erfordern<br />

mehr Produktvarianten, die zu<br />

komplexeren Produktportfolios führen und<br />

sich unmittelbar auf Konstruktion, Planung,<br />

Lieferkette, Produktion und Vertrieb auswirken.<br />

Die Komplexität dieser Entwicklung<br />

verlangt nach Transparenz und einem neuartigen<br />

Datenmanagement, sagt Gützlaff.<br />

Am Ende gehe es um die einfache, aber existenziell<br />

wichtige Frage: „Wo verdiene ich<br />

Geld und wo verliere ich welches?“<br />

In den komplexen Wertschöpfungsnetzen<br />

schlummern nach Erkenntnissen des<br />

WZL nicht nur (Kosten-)Risiken, sondern<br />

auch erzielbare Effizienzgewinne. „Durch<br />

eine gesteuerte Komplexität lassen sich Einsparungen<br />

von bis zu 15 Prozent im Betriebsergebnis<br />

realisieren“, betont Gützlaff.<br />

Das belegen Erfahrungen aus den Unternehmen,<br />

mit denen das WGP-Institut WZL<br />

zusammenarbeitet.<br />

Prozesskette im Fokus der<br />

METAV digital <strong>2021</strong><br />

Die gesamte Prozesskette in der Metallbearbeitung<br />

abzubilden, ist traditionell ein<br />

zentrales Anliegen der METAV. Wachsende<br />

Bedeutung erlangte dabei schon auf den<br />

vergangenen Präsenzmessen der Themenkomplex<br />

Industrie 4.0 mit Aspekten wie<br />

vernetzte Fertigung, Cloud-Anwendungen,<br />

Datenmanagement, Cybersecurity oder<br />

Plattformökonomie. Die jetzt anstehende<br />

METAV digital könnte für diesen Bereich<br />

ebenfalls für Schub sorgen, weil sich die<br />

Teilnehmer auch untereinander sehr gut<br />

vernetzen können. Der VDW als Veranstalter<br />

erwartet daher, dass auch die METAV digital<br />

von Unternehmen verstärkt genutzt wird,<br />

um am virtuellen Messestand neue Geschäftsverbindungen<br />

aufzubauen und belastbare<br />

neue Allianzen zu schmieden.<br />

* zu ihren Auftraggebern zählt u. a. der<br />

VDW.<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 37


POLITIK<br />

MÄRKTE<br />

Länder<br />

Anlagen<br />

4<br />

5<br />

<br />

Das Stahlwerk von Tosyali Algérie hat einen neuen<br />

DRI-Produktionsrekord aufgestellt.<br />

ALGERIEN<br />

Produktionsrekord bei<br />

Tosyali Algérie<br />

Der algerische Stahlhersteller<br />

Tosyali Algérie hat im<br />

vergangenen Jahr nach eigenen<br />

Angaben mehr als 2,23<br />

Mio. t direktreduziertes Eisen<br />

(DRI) produziert – laut<br />

Unternehmen ein „Weltrekord<br />

für ein einzelnes Direktreduktionsmodul“.<br />

Das<br />

Werk mit einer Gesamtkapazität<br />

von 2,5 Mio. t begann<br />

im Februar 2<strong>01</strong>9 damit, heißes<br />

DRI (HDRI) im Schmelzbetrieb<br />

des Elektrolichtbogenofens<br />

zu verwenden. Diese<br />

Form des Rohstoffs<br />

machte 72 % der Gesamtproduktion<br />

(1,6 Mio. t) aus. Die<br />

Eisenerzpelletes, die die DRI-<br />

Anlage sp<strong>eisen</strong>, wurden<br />

überwiegend von Tosyalis eigener<br />

4 Mio. t/a Pelletanlage<br />

vor Ort geliefert.<br />

BAHRAIN<br />

<br />

2<br />

Gemeinsames Projekt:<br />

SULB und SMS digital<br />

arbeiten an Energieeffizienz<br />

SULB und SMS digital wollen<br />

bei der Potenzialerfassung<br />

für Energieeinsparung im integrierten<br />

SULB-Stahlwerk in<br />

Hidd, Bahrain, zusammenarbeiten.<br />

Neben der SMS group<br />

sind das in Brasilien ansässige<br />

Tochterunternehmen Vetta<br />

und Midrex Technologies<br />

mit Sitz in North Carolina,<br />

USA, an dem Projekt beteiligt.<br />

Ziel ist es, die Energieeffizienz<br />

durch eine Steigerung<br />

der betrieblichen Effizienz<br />

der Anlage zu verbessern<br />

und die Sekundärenergie<br />

und Restwärme vollständig<br />

zu nutzen.Die zweite Phase<br />

des Projektes wurde bereits<br />

eingeleitet und konzentriert<br />

sich auf vier Bereiche: Direktreduktionsanlage,<br />

Elektrolichtbogen-<br />

und Pfannenofen,<br />

Schwerprofilwalzwerk<br />

und integriertes Energiemanagement.<br />

Vetta zum Beispiel<br />

wird die energiebezogenen<br />

Leistungskennzahlen<br />

(KPI) des Gesamtwerks bewerten,<br />

Schlussfolgerungen<br />

ziehen und Empfehlungen<br />

geben, wie die Energieeffizienz<br />

verbessert werden kann.<br />

Midrex hingegen soll in Bezug<br />

auf die Direktreduktionsanlage<br />

zeigen, wie die<br />

dessen Technologie durch<br />

Einsatz von grünem Wasserstoff<br />

dazu beitragen kann,<br />

den CO 2 -Fußabdruck zu reduzieren<br />

und den Weg für<br />

einen schrittw<strong>eisen</strong> Übergang<br />

zur emissionsfreien<br />

Stahlerzeugung zu ebnen.<br />

Die erste Projektphase, die<br />

bereits im Frühling 2020<br />

durchgeführt wurde, bestand<br />

aus einer Evaluierung<br />

der Schwerpunktbereiche<br />

und spezifischen Maßnahmen.<br />

CHINA<br />

Das „weltweit größte“ Lasermessgerät will TBK Automatisierung<br />

und Messtechnik an Masteel liefern.<br />

3<br />

Masteel erhält<br />

Lasermessgerät in<br />

Rekordgröße<br />

Maanshan Iron & Steel (Masteel)<br />

hat das Unternehmen<br />

TBK Automatisierung und<br />

Messtechnik, eine Tochter<br />

der SMS group mit Sitz im<br />

österreichischen Graz, mit<br />

der Lieferung des laserbasierten<br />

Lichtschnittmessgeräts<br />

„Progauge“ beauftragt. Damit<br />

will Masteel seine schwere,<br />

von der SMS group entwickelte<br />

Profilstraße erweitern.<br />

Zudem plant der Stahlproduzent,<br />

so die Möglichkeit zu<br />

erhalten, Profile inline zu<br />

vermessen und Oberflächenfehler<br />

erkennen und analysieren<br />

zu können. Das Progauge-System<br />

inklusive Surf-<br />

Tec-Oberflächenfehlererkennungssystem<br />

wird innerhalb<br />

der schweren Profilstraße<br />

zwischen der CCS (Compact<br />

Cartridge Stand)-Tandemwalzgruppe<br />

und der Kontrollkühlvorrichtung<br />

installiert.<br />

Dort kommt es dann<br />

für die Messung von H-Profilen<br />

mit einer Steghöhe von<br />

bis zu 1 100 mm und bis zu<br />

500 mm Flanschbreite sowie<br />

für Spundbohlen mit Abmessungen<br />

von 600 auf 310 mm<br />

zum Einsatz. Damit erreicht<br />

das Gerät TBK zufolge eine<br />

weltweite Rekordgröße, als<br />

„größtes laserbasiertes Lichtschnittmessgerät,<br />

das aktuell<br />

am Weltmarkt erhältlich<br />

ist“.<br />

Nun in Betrieb bei Yonggang:<br />

Der 100. RSB des Unternehmens<br />

Friedrich Kocks.<br />

Quelle: Quelle: Tosyali; SMS group; Friedrich Kocks, Shutterstock<br />

42 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


Quelle: Quelle: Primetals Technologies; SMS group<br />

2<br />

3<br />

Ein spezieller Kran bewegt das Walzgerüst R1 an seine neue<br />

Position als Gerüst R3 in der Arvedi-ESP-Linie bei Acciaieria<br />

Arvedi in Cremona, Italien.<br />

Yonggang walzt ersten<br />

Stab auf 100. Kocks RSB<br />

Der chinesische Eisen- und<br />

Stahlproduzent Jiangsu Yonggang<br />

Group hat seine modernisierte<br />

700 000 t/a SBQ-<br />

Walzzstraße mit einem Reducing<br />

& Sizing Block (RSB) von<br />

Friedrich Kocks in Betrieb genommen.<br />

Yonggang produziert<br />

hochwertigen Stab<strong>stahl</strong><br />

für den Maschinenbau, den<br />

Schiffbau und die Windkraftindustrie<br />

in einem Abmessungsbereich<br />

von durchschnittlich<br />

16 bis 100 mm bei<br />

einer maximalen Walzgeschwindigkeit<br />

von 18 m/s. Mit<br />

der Entscheidung für die 5.<br />

Generation der RSB-Technologie<br />

von Friedrich Kocks, erreichte<br />

der Produzent die<br />

Schwelle von nunmehr 100<br />

Blöcken des Herstellers.<br />

ITALIEN<br />

4<br />

Acciaieria Arvedi fährt<br />

modernisierte Arvedi-<br />

ESP-Linie wieder an<br />

Im italienischen Cremona hat<br />

Acciaieria Arvedi seine Arvedi-ESP-Linie<br />

wieder angefahren,<br />

nachdem diese von Primetals<br />

Technologies modernisiert<br />

wurde. Die Maßnahme<br />

umfasste Änderungen an der<br />

Stranggießmaschine und resultierte<br />

Primetals zufolge in<br />

einer Erhöhung des Massendurchsatzes<br />

und damit der<br />

Produktionskapazität auf<br />

nunmehr 3 Mio. t pro Jahr.<br />

Der Elektrolichtbogenofen<br />

des ESP-Stahlwerks wurde<br />

ebenfalls einer Modernisierung<br />

unterzogen und erhielt<br />

eine größere Gießpfanne.<br />

Dementsprechend wurde der<br />

Pfannendrehturm durch eine<br />

größere Einheit ersetzt, einschließlich<br />

neuer Softwarefunktionen<br />

und weiterer Leistungsmerkmale.<br />

Verbesserte<br />

Automatisierungsmodelle sollen<br />

überdies dazu beitragen,<br />

dass der Markt für höherwertige<br />

Produkte direkt aus der<br />

ESP-Linie bedient werden<br />

kann.<br />

AST in Terni: Fives soll für<br />

intelligentes Qualitätsmanagement<br />

sorgen<br />

Der italienische Edel<strong>stahl</strong>hersteller<br />

Acciai Speciali Terni<br />

(AST) hat die Fives Gruppe<br />

mit einem neuen Projekt für<br />

seine Flach<strong>stahl</strong>produktion<br />

im italienischen Terni beauftragt.<br />

Es zielt auf die Verbesserung<br />

der digitalen Technologien<br />

des Werks ab und fokussiert<br />

dahingehend<br />

insbesondere die Qualitätssicherung.<br />

Vor diesem Hintergrund<br />

will Fives seine digitale<br />

Lösung „Eyeron“ implementieren,<br />

die – so der Entwickler<br />

– automatisch Daten aus verschiedenen<br />

Prozessen erfasst<br />

und analysiert, und so den<br />

Anlagenbedienern einen klaren<br />

Überblick über die Produktqualitäten<br />

gibt. Unter anderem<br />

sei eine automatische<br />

Kontrolle jedes Coils in Echtzeit<br />

oder die Vorhersage von<br />

Oberflächenfehlern entsprechend<br />

spezifischer Prozessbedingungen<br />

an vorgelagerten<br />

Linien möglich.<br />

MEXIKO<br />

Lamina Y Placa startet<br />

Warmbetrieb auf neuer<br />

Feuerverzinkungslinie<br />

Der zur Villacero Gruppe gehörende<br />

mexikanische Stahlverarbeiter<br />

Lamina y Placa Comercial<br />

hat die Warminbetriebnahme<br />

einer moderni -<br />

sierten Feuerverzinkungslinie<br />

in Apodaca abgeschlossen. Im<br />

Rahmen des Projekts lieferte<br />

die SMS group ein neues Quarto-Dressierwalzwerk,<br />

eine<br />

neue Streckbiege-Richtanlage,<br />

neue Fluidtechnik sowie neue<br />

Elektrik und Automation. Die<br />

Maßnahme umfasste dabei<br />

vier Phasen, beginnend mit<br />

der Verlagerung der bestehenden<br />

Anlagen auf eine neu installierte<br />

Brückenkonstruktion.<br />

So konnten die neuen Fundamente<br />

und die neuen Anlagen<br />

während des laufenden Betriebs<br />

installiert werden und<br />

die Kaltinbetriebnahme im<br />

Schattenbetrieb zur normalen<br />

Produktion stattfinden, heißt<br />

es seitens der SMS group. Die<br />

betont weiter, dass Lamina Y<br />

Placa Comercial nun auf die<br />

steigende Nachfrage nach<br />

dressierten Flach<strong>stahl</strong>produkten<br />

reagieren könne. So sei der<br />

mexikanische Hersteller in<br />

der Lage, auf der neuen Linie<br />

profiliertes verzinktes Band<br />

und Blech, verzinkte Stahldachfirsthauben<br />

sowie vorbeschichtetes<br />

Band und Blech<br />

für Strukturbauteile herzustellen.<br />

Mit der modernisierten Feuerverzinkungslinie will Lamina y<br />

Placa Comerciel die steigende Nachfrage nach dressierten<br />

Flach<strong>stahl</strong>produkten bedienen.<br />

5<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 43


POLITIK<br />

MÄRKTE<br />

Roh<strong>stahl</strong>herstellung<br />

Roh<strong>stahl</strong>herstellung im Dezember 2020<br />

Dezember Dezember % Veränd. 12 Monate Veränderung<br />

2020 2<strong>01</strong>9 Dez. 20/19 2020 2<strong>01</strong>9 in %<br />

Belgien 359 505 -28,9 6 119 7 760 -21,1<br />

Deutschland 3 137 2 835 10,6 35 658 39 627 -10,0<br />

Finnland 339 186 81,8 3 500 3 473 0,8<br />

Frankreich 1 155 918 25,7 11 596 14 450 -19,8<br />

Großbritannien 710 e 550 29,0 7 185 7 218 -0,5<br />

Italien 1 500 e 1404 6,9 20200 23 190 -12,9<br />

Luxemburg 113 97 17,3 1 886 2 119 -11,0<br />

Niederlande 540 521 3,6 6 054 6 657 -9,1<br />

Österreich 530 e 521 1,7 6 665 7 424 -10,2<br />

Polen 680 e 642 5,9 7 890 8 956 -11,9<br />

Schweden 410 376 8,9 4 409 4 721 -6,6<br />

Spanien 891 765 16,4 10 934 13 588 -19,5<br />

Tschechien 408 359 13,7 4 465 4 437 0,6<br />

Ungarn 90 164 -44,8 1 513 1 769 -14,5<br />

Weitere EU-Länder (32) (e) 895 e 820 163,6 10 712 11 909 -61,0<br />

Europäische Union (28) 11 757 10 665 10,2 138 786 157 298 -11,8<br />

Bosnien-Herzegowina 75 70 6,5 759 8<strong>01</strong> -5,2<br />

Mazedonien 33 24 35,9 180 239 -24,8<br />

Norwegen 41 40 3,2 624 621 0,5<br />

Serbien 119 158 -24,8 1 456 1929 -24,6<br />

Türkei 3 403 2 893 17,7 35 763 33 743 6,0<br />

Europa außer EU 3 671 3 185 15,3 38 782 37 333 3,9<br />

Kasachstan 355 e 374 -5,0 3 835 4 134 -7,2<br />

Moldawien 45 e 35 28,2 465 392 18,7<br />

Russland 6 110 e 6 159 -0,8 73 400 71 575 2,6<br />

Ukraine 1906 1 561 22,1 20 616 20848 -1,1<br />

Usbekistan 80 e 84 -4,8 950 666 42,6<br />

Weißrussland 200 e 225 -11,2 2 490 2 621 -5,0<br />

C.I.S. 8 696 8 438 3,1 1<strong>01</strong> 756 100 236 1,5<br />

Kanada 1 070 e 1 092 -2,0 11 078 12 897 -14,1<br />

Mexiko 1 550 e 1 361 13,9 16 854 18 387 -8,3<br />

USA 6 434 7292 -11,8 72 690 87 761 -17,2<br />

Weitere Länder (3) (e) 53 e 56 -18,1 497 638 -66,5<br />

Nordamerika 9 107 9 8<strong>01</strong> -7,1 1<strong>01</strong> 119 119 683 -15,5<br />

Argentinien 388 326 19,0 3 651 4 645 -21,4<br />

Brasilien 2 886 2 462 17,2 30 971 32 569 -4,9<br />

Chile 105 e 109 -3,5 1 165 1 133 2,8<br />

Kolumbien 110 e 97 13,5 1 126 1333 -15,5<br />

Weitere Länder (5) (e) 165 e 149 288,9 1 246 1 976 -152,6<br />

Südamerika 3 654 3 143 16,3 38 158 41 656 -8,4<br />

Ägypten 994 574 73,0 8 229 7 257 13,4<br />

Libyen 73 63 16,2 495 606 -18,4<br />

Südafrika 292 e 297 -1,5 3 877 6 152 -37,0<br />

Afrika 1 359 934 45,5 12 600 14 <strong>01</strong>5 -10,1<br />

Iran 2 660 e 2 224 19,6 29 030 25609 13,4<br />

Katar 85 186 -54,3 1 218 2 558 -52,4<br />

Saudi Arabien 440 664 -33,8 7 775 8 191 -5,1<br />

Vereinigte Arabische Emirate 280 297 -5,8 2 722 3 327 -18,2<br />

Mittlerer Osten 3 465 3 371 2,8 40 745 39 685 2,7<br />

China 91 252 84692 7,7 1 052 999 1 0<strong>01</strong> 306 5,2<br />

Indien 9 796 9 383 4,4 99 570 111 350 -10,6<br />

Japan 7 526 7 785 -3,3 83 194 99 284 -16,2<br />

Pakistan 380 e 261 45,6 3 743 3 304 13,3<br />

Südkorea 5 952 5 880 1,2 67 121 71 412 -6,0<br />

Taiwan, China 1 700 e 1693 0,4 20570 21 954 -6,3<br />

Thailand 410 e 357 14,8 4 420 4 246 4,1<br />

Vietnam 1 600 e 1 876 – 19 500 17 469 11,6<br />

Asien 118 616 111 927 6,0 1 351 117 1 330 325 1,6<br />

Australien 473 449 5,4 5 490 5 493 0,0<br />

Neuseeland 59 57 3,8 586 667 -12,2<br />

Ozeanien 533 506 5,2 6 076 6 160 -1,4<br />

Gesamt 64 Länder (1) 160 858 151 969 5,8 1 829 140 1 846 391 -0,9<br />

1)<br />

Die an worldsteel berichtenden Länder repräsentieren etwa 99 % der Weltroh<strong>stahl</strong>produktion 2<strong>01</strong>8 in 1.000 t. e – geschätzt<br />

46 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


WISSENSCHAFT<br />

TECHNIK<br />

Automotive<br />

MULTI-SCALE<br />

SIMULATION<br />

OF STEELS<br />

In this paper, advanced microstructural modelling is used to incorporate microstructure<br />

parameters, whose importance depend on the specific steel grade. The combination with<br />

a crystal plasticity model enables the quantitative description of mechanical properties.<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 47


WISSENSCHAFT<br />

TECHNIK<br />

Automotive<br />

<br />

AUTHORS: C. Celada-Casero, W. Spanjer,<br />

F. Korver, M. Aarnts, Tata Steel,<br />

and P.J.J. Kok, Tata Steel and Ghent<br />

University<br />

Carola.Alonso-de-Celada-Casero@<br />

tatasteeleurope.com<br />

ABSTRACT: In the automotive industry<br />

many different steel grades are<br />

used for the different automotive<br />

body parts. The accurate prediction of<br />

the mechanical properties of these<br />

steel grades and their performance<br />

on component scale strongly depends<br />

on how well the geometrical and crystallographic<br />

information of the microstructure<br />

are taken into account.<br />

In this paper, advanced microstructural<br />

modelling is used to incorporate<br />

microstructure parameters, whose<br />

importance depend on the specific<br />

steel grade. The combination with a<br />

crystal plasticity model enables the<br />

quantitative description of mechanical<br />

properties.<br />

In the automotive industry, many different<br />

steel grades are used for the<br />

different automotive body parts. The<br />

Application of different steel grades<br />

in the automobile body structure<br />

Every part of a car needs its own solution<br />

Figure 1. Application of different steel grades in the automobile body structure. Optical<br />

micrographs and a colour phase map obtained by Electron Backscatter Diffraction display<br />

the microstructures of an Interstitial Free (IF), Dual Phase (DP) and Complex Phase (CP)<br />

steel grade. For comparison, the counterpart artificial microstructures, generated using<br />

the Multi-Level Voronoi (MLV) generator developed by Tata Steel, are shown.<br />

mechanical properties and performance<br />

of such steel grades depend strongly on<br />

the microstructure and the chemical composition.<br />

Formable steels, like Interstitial<br />

Free (IF) steels, are predominantly used<br />

for outer automotive components, where<br />

shape is an important factor. Multiphase<br />

advanced high strength steels (AHSS) are<br />

employed in parts where high-strength<br />

and energy absorption during impact play<br />

an important role for safety, e.g. safety<br />

cage components like B-pillars or floor<br />

panel tunnels [1] . Figure 1 shows optical<br />

micrographs of the microstructures of<br />

single-phase IF and Dual-Phase (DP) steel<br />

grades, and the colour phase map of a<br />

Complex Phase (CP) steel grade obtained<br />

by Electron Backscatter Diffraction<br />

(EBSD). The microstructure of the IF steel<br />

consists of relatively large ferrite grains,<br />

which exhibit an equiaxed morphology<br />

with smooth grain boundaries. The DP<br />

microstructure presents ferrite grains<br />

(light) and smaller martensite particles<br />

(dark). The martensite phase is located at<br />

the ferrite grain boundaries, which results<br />

in more complex shaped boundaries<br />

than in the IF steel. In the CP microstructure,<br />

a complex geometry is not only observed<br />

in the ferrite grains (green phase),<br />

but also in the spatial distribution and<br />

morphology of the martensite and bainite<br />

phases (in blue and red, respectively),<br />

which appear partially distributed in elongated<br />

bands and in homogenously scattered<br />

particles or clusters. Depending on<br />

the manufacturing process, the volume<br />

fraction, composition, spatial distribution<br />

and texture of the steel constituent phases<br />

can be modified. To quantitatively characterise<br />

the influence of each of these<br />

microstructural variables on the mechanical<br />

and performance properties is key to<br />

the optimization and development of new<br />

AHSS grades.<br />

In this study, we show how advanced<br />

microstructure geometry modelling is<br />

used to capture microstructural parameters<br />

at the grain level and crystallographic<br />

orientations to perform parametric<br />

analyses in complex artificial<br />

microstructures. Using a Multi-Level<br />

Voronoi (MLV) generator developed by<br />

Tata Steel [2] , realistic and extreme 3D<br />

Representative Volume Elements (RVE)<br />

are constructed based on experimental<br />

crystallographic and microstructure<br />

characterization data from 2D electron<br />

backscatter diffraction (EBSD). The RVEs<br />

are directly interfaced to the extremely<br />

fast Fourier Spectral Solver of the Düsseldorf<br />

Advanced Material Simulation<br />

Kit (DAMASK) [3] for Crystal Plasticity<br />

(CrP) simulations in a realistic time. This<br />

allows to study the influence of microstructure<br />

parameters and texture on the<br />

mechanical properties and performance<br />

of single- and multi-phase steel grades.<br />

The accuracy of CrP predictions relies<br />

on how realistic the artificial microstructure<br />

is and on the material parameters,<br />

which describe the mechanical<br />

properties and hardening behaviour of<br />

the constituent phases according to the<br />

CrP formulation. The focus of this work<br />

is on the creation of realistic artificial<br />

microstructures to improve the suitability<br />

of multiscale modelling in AHSSs.<br />

Microstructure modelling<br />

Voronoi tessellations are widely used for<br />

artificial microstructure generation.<br />

Figure 2a shows a standard Voronoi tessellation,<br />

which is based on a randomly<br />

generated point field. The seeds of the<br />

point field are represented by the small<br />

circles within each Voronoi cell. However,<br />

the application of standard Voronoi<br />

cells to complex microstructures is limited<br />

by their geometrical properties,<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


such as normal Gaussian grain size distribution<br />

and polygonal morphology.<br />

The Multi-Level Voronoi (MLV) generator<br />

developed by Tata Steel [2,4] enables the<br />

creation of more realistic artificial microstructures,<br />

with complex grain morphologies,<br />

precise phase volume fraction,<br />

spatial distribution and average<br />

grain size. This is illustrated by Figure 2.<br />

Figure 2 displays artificial microstructures<br />

built using standard (a) and<br />

Multi-Level (b-d) Voronoi tessellations.<br />

The main differences are pointed out. All<br />

artificial microstructures, or RVEs, in Figure<br />

2a-c are based on random point fields<br />

and aim to mimic DP microstructures,<br />

where RGB-coloured and black cells represent<br />

ferrite grains and martensite particles,<br />

respectively. For comparison, the<br />

number of ferrite grains has been kept<br />

constant (100) and the total area fraction<br />

of martensite is very similar (around<br />

0.15). In the standard Voronoi, the grain<br />

size distribution of both phases is limited<br />

to one and the ferrite grain morphology<br />

is that of convex polygons. In the<br />

Multi-Level Voronoi RVEs, the ferrite<br />

grain boundaries have a more complex<br />

morphology and the mean grain size of<br />

the martensite is much smaller than that<br />

of ferrite. The use of MLV diagrams allow<br />

multiple phases to be introduced in different<br />

kinds of spatial configurations; i.e.<br />

in Figure 2d, blue and red small particles<br />

represent different phases: the red phase<br />

has been randomly distributed at the ferrite<br />

grain boundaries, while the blue has<br />

been distributed in bands of different<br />

thickness and continuity.<br />

In order to extend the potential of<br />

MLV tessellations for realistic microstructure<br />

modelling, the capabilities of<br />

the MLV software have been extended<br />

with other options, for instance:<br />

• to regularize the cell morphology by<br />

shifting each seed of the random point<br />

field towards the centre of mass of<br />

each Voronoi cell [5] ;<br />

• to create elongated cells with an average<br />

grain aspect ratio (a:1) by, first,<br />

calculating the Voronoi diagram in the<br />

specific a:1 deformed geometry and,<br />

then, by deforming it back to the original<br />

geometry (Figure 2e), or<br />

• to accurately capture user-defined<br />

grain size distributions by using<br />

Laguerre Voronoi diagrams [5,6] , which<br />

assign weights to the cells.<br />

For exemplification of these extended<br />

capabilities, Figure 2e shows an artificial<br />

DP microstructure where the<br />

Comparison of Standard and Multi-<br />

Level Voronoi tessellations<br />

The artificial dual- and multi-phase microstructures are based on random<br />

point fields and multiple phases with the desired spatial distribution,<br />

grain size and morphology.<br />

Figure 2. (a) Standard first-level and (b-d) Multi-Level Voronoi tessellations that mimic<br />

dual- and multi-phase microstructures. The spatial distribution of black phase has been<br />

varied from randomly distributed along the grain boundaries (b) to a banded distri bution of<br />

different bandwidths and intensities. In (d), in addition to the banded phase, a third phase<br />

(red) has been randomly introduced. (e) 3D RVE of dual phase microstructure with grains<br />

elongated in the rolling direction (RD) and view of different ND, RD and TD cross sections.<br />

grains are elongated in the rolling direction<br />

(RD). Ferrite grain orientations (i.e.<br />

one set of Euler angles per grain) are<br />

coloured in RGB scale. The black martensite<br />

particles are partially distributed<br />

in bands and partially random. The<br />

grain elongation and the inhomogeneous<br />

spatial distribution of martensite<br />

causes geometrical anisotropy. Hence,<br />

the microstructure might be revealed<br />

very differently depending on the observed<br />

cross section, as the 2D views of<br />

the different cross sections point out<br />

(ND=normal direction, TD=transverse<br />

direction). Other than the ferrite grain<br />

size and morphology, the area fraction<br />

of martensite might be significantly affected,<br />

even when comparing two cross<br />

sections along the same direction. In ND<br />

cross section 1, the martensite area fraction<br />

is a few percent, whereas in the ND<br />

cross section 2, it is of about 0.50.<br />

In summary, MLV-based artificial microstructures<br />

offer a smart alternative<br />

to the representation of single- and<br />

multi-phase microstructures in a more<br />

realistic manner than standard Voronoi<br />

tessellations, as also supported by the<br />

artificial RVEs of different steel grades<br />

shown in Figure 1.<br />

Using 2D EBSD characterization<br />

data to create 3D RVEs<br />

In addition to the microstructure geometry,<br />

the crystallographic orientations<br />

of the RVE constituent phases play a<br />

major role in the deformation behaviour<br />

and the mechanical response. For multiphase<br />

steels, quantitative data of phase<br />

volume fractions, grain size distributions,<br />

grain shape parameters and crystal<br />

orientations of the constituent<br />

phases are usually obtained by EBSD.<br />

For the accurate assignment of the experimentally<br />

characterised texture, the<br />

MLV-generator assigns the grain orientations<br />

from 2D EBSD to the 3D RVE by<br />

converting grain areas into volume fractions<br />

using a standard stereology formula<br />

according to [7] . This requires some<br />

postprocessing of the EBSD data. For<br />

instance, in the case of single-phase IF<br />

microstructures, ferrite grains are defined<br />

considering a minimum misorientation<br />

of 5°; i.e. if the crystal orientation<br />

between two adjacent EBSD measurement<br />

points is larger than 5°, these two<br />

points are considered to belong to different<br />

ferrite grains. Once the grains are<br />

identified, the crystal orientation of all<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 49


WISSENSCHAFT<br />

TECHNIK<br />

Forschung<br />

Deutsch-schwedische Roadmap<br />

zur Dekarbonisierung<br />

Die Erkenntnisse des Vorhabens dienen dem Transformationsprozess zu einer<br />

treibhausgasneutralen Industrie<br />

AUTOREN: Dr. Ali Aydemir, Fraunhofer-Institut<br />

für System- und Innovationsforschung<br />

ISI; Dr. Marlene Arens,<br />

Lunds Tekniska Högskola<br />

ali.aydemir@isi.fraunhofer.de<br />

DARUM GEHT’S: Das Fraunhofer ISI,<br />

die Universität Lund und das Wuppertal<br />

Institut arbeiten seit Kurzem in einem<br />

Forschungsprojekt daran, Eckpunkte<br />

einer Roadmap für die Dekarbonisierung<br />

der Stahl- und<br />

Zementindustrie zu erarbeiten.<br />

Hintergrund<br />

Deutschlands Langfristziel ist es,<br />

bis zum Jahr 2050 weitgehend<br />

treibhaus-gasneutral zu werden.<br />

Damit orientiert sich die Bundesregierung<br />

am Ziel des Pariser Abkommens,<br />

in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts<br />

weltweit Treibhausgas-neutralität<br />

zu erreichen. Im Jahr 2<strong>01</strong>8 emittierte<br />

der deutsche Industriesektor etwa 196<br />

Mio. Tonnen CO 2 -Äquivalente. Damit<br />

trägt er mit 23 % zu den nationalen<br />

Treibhausgasemissionen bei und ist somit<br />

nach der Energiewirtschaft die<br />

zweitgrößte Emissionsquelle in Deutschland.<br />

Etwa zwei Drittel der Emissionen<br />

des Industriesektors stammen aus der<br />

energieintensiven Industrie. Die Stahlund<br />

Zement-industrie wiederum verursachen<br />

fast die Hälfte dieser Emissionen.<br />

Die beiden Industriesektoren sind<br />

daher für die Erreichung der Klimaschutzziele<br />

besonders relevant. Wenn<br />

andere Sektoren ihre Emissionen reduzieren<br />

(z.B. der Stromsektor), werden sie<br />

umso relevanter, da ihr Anteil dann bei<br />

gleichbleibender Produktion steigt. Im<br />

Klimaschutzplan 2050 setzt die Bundesregierung<br />

für den Industrie-sektor ein<br />

Treibhausgasminderungsziel für 2030<br />

von ca. 40 Mio. Tonnen CO 2 -Äquivalenten<br />

gegenüber 2<strong>01</strong>4. Dies entspricht<br />

einer Minderung von 49 bis 51 Prozent<br />

gegenüber 1990 und stellt somit ein<br />

Zwischenziel auf dem Weg zur Errei-<br />

chung der Treibhausgasneutralität des<br />

Industriesektors bis 2050 dar.<br />

Vorhaben<br />

Im Projekt werden Eckpunkte für Roadmaps<br />

zur Dekarbonisierung der Stahlsowie<br />

der Zementindustrie erstellt. Die<br />

Eckpunkte zeigen auf, welche Techniken<br />

und Maßnahmen bis zum Jahr 2030<br />

von der Zement- und Stahlindustrie umgesetzt<br />

werden können und welche weiteren<br />

Maßnahmen bis zum Jahr 2050<br />

relevant sind.<br />

Zu Beginn wird eine Methodik zur<br />

Bewertung von Dekarbonisierungsmaßnahmen<br />

und -techniken entwickelt. In<br />

einem weiteren Schritt werden relevante<br />

Techniken und Maßnahmen identifiziert<br />

und bewertet.<br />

Partizipation<br />

Ein zentrales Element des Projekts ist<br />

die umfassende Einbeziehung von Interessengruppen.<br />

Zu diesem Zweck wurden<br />

zwei Stakeholdergruppen gebildet,<br />

eine für die Stahlindustrie und eine für<br />

die Zementindustrie. Diese setzen sich<br />

jeweils aus Vertretern der Industrie, der<br />

gesellschaftlichen Interessengruppen,<br />

der Politik und der Wissenschaft zusammen<br />

und treffen sich während der<br />

Projektlaufzeit regelmäßig. Aufgabe der<br />

Gruppen ist es, die Ergebnisse der Arbeitsschritte<br />

zu reflektieren, zu diskutieren<br />

und mit dem eigenen Wissen zu<br />

ergänzen. Flankiert wird dies durch zusätzliche<br />

themenspezifische Untergruppen,<br />

in denen branchenspezifische Fachthemen<br />

vertieft werden.<br />

Erwartete Ergebnisse<br />

Auf der Grundlage der Bewertungen und<br />

unter Beteiligung der Stakeholder werden<br />

Eckpunkte für Roadmaps zur Dekarbonisierung<br />

der Stahl- und Zementindustrie<br />

in Deutschland formuliert, die bis zum<br />

Jahr 2050 zu einer weitgehenden Treibhausgasneutralität<br />

dieser beiden Sektoren<br />

führen können. Die Erkenntnisse des<br />

Vorhabens dienen somit dem Transformationsprozess<br />

zu einer treibhausgasneutralen<br />

Industrieproduktion.<br />

Das gemeinsame Projekt vom Fraunhofer ISI und der Universität Lund wird vom<br />

Umweltbundesamt finanziert (FKZ 3719 41 303 0); der Abschluss ist für Anfang 2022<br />

vorgesehen. Dr. Ali Aydemir in Karlsruhe ist für die Koordination zuständig, Dr. Marlene<br />

Arens in Lund ist die Arbeitspaket-Leiterin für Stahl.<br />

Quelle: Shutterstock<br />

52 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


WISSENSCHAFT<br />

TECHNIK<br />

Anwendung<br />

„Six-high“-Richtmaschine lässt<br />

Planheitswerte bei allen Produkten<br />

deutlich steigen<br />

Anwenderbericht skizziert die Erfahrungen eines<br />

Stahl-Service-Centers<br />

Quelle: Heinrich Georg Maschinenfabrik<br />

DARUM GEHT’S: Der Anwenderbericht<br />

skizziert am praktischen Beispiel,<br />

wie ein Stahl-Service-Center seinen<br />

Maschinenpark punktuell aktualisiert<br />

und welche Leistung die neue<br />

Maschine bringt.<br />

Da die Anforderungen an die Planheit<br />

von Coils mit höherer Festigkeit<br />

beständig steigen, hat<br />

EMW Stahl-Service-Center aus Neunkirchen<br />

die bestehende Multi-Blanking<br />

Linie 2 mit einer neuen Hochleistungs-<br />

Richtmaschine ausgestattet. Sie ersetzt<br />

eine Richtmaschine, die Band mit einer<br />

Streckgrenze von maximal 300 N/mm²<br />

verarbeiten konnte, und erweitert das<br />

Produktspektrum um Coils aus hochfesten<br />

Werkstoffen. Gleichzeitig erzielt<br />

sie einen deutlich höheren Durchsatz.<br />

Im Vordergrund stand bei dem Projekt,<br />

die Lieferfähigkeit für Coils aus Werkstoffen<br />

mit Streckgrenzen zwischen 600<br />

und 1 000 N/mm² und mit einer Dicke<br />

zwischen 1,0 und 1,5 mm deutlich zu<br />

erhöhen. Das Produktspektrum von<br />

EMW umfasst sowohl warmgewalzte<br />

Güten mit gebeizter oder verzinkter<br />

Oberfläche als auch kaltgewalzte, anorganisch<br />

oder organisch beschichtete<br />

Güten. Geliefert wurde die Maschine<br />

von Heinrich Georg Maschinenfabrik<br />

(Georg) aus Kreuztal im nördlichen Siegerland.<br />

Maschine und Daten<br />

Die neue Maschine vom Typ RM 55/17/7–<br />

6h–1600 ist mit einem Richtwalzensatz<br />

in „six-high“-Ausführung mit 19 Richtwalzen<br />

ausgerüstet, deren Durchmesser<br />

jeweils 50 mm beträgt. So ist sie auch<br />

für Bänder mit hochwertigen Oberflächen<br />

geeignet, unter anderem für elektrolytisch<br />

verzinktes Feinblech oder<br />

Güten für die Außenhaut von Automobilen.<br />

Die neue Richtmaschine ist ausgelegt<br />

für eine Materialbreite zwischen<br />

300 und 1 600 mm. Im Dickenbereich<br />

zwischen 0,4 und 3,0 mm richtet sie<br />

Band mit einer Zugfestigkeit bis 700 N/<br />

mm², einer Streckgrenze bis 450 N/mm²<br />

und einer Bruchdehnung zwischen 15<br />

und 45 %. Im Bereich zwischen 0,4 und<br />

2,0 mm Dicke bearbeitet sie Band mit<br />

einer Zugfestigkeit von maximal 1 200<br />

N/mm², einer Streckgrenze bis zu 1 000<br />

N/mm² und einer Bruchdehnung von 8<br />

%. Um die hohen Anforderungen für<br />

hochfeste Anwendungen zu erfüllen,<br />

verfügt die Maschine über einen besonders<br />

stabilen Maschinenrahmen und<br />

einen Antrieb mit drei Abtriebsebenen<br />

am Verteilergetriebe. Mit vier spielarmen<br />

Planetengetrieben an der Richtspalteinstellung<br />

und sieben Keilverstellungen<br />

an den Stützreihen lassen sich<br />

die Verstellachsen sehr präzise und mit<br />

hoher Wiederholgenauigkeit einstellen<br />

– ein besonders wichtiger Aspekt gerade<br />

für dünne Bänder.<br />

Kurze Wechselzeiten bei den<br />

Walzen<br />

Die Richtmaschine verfügt über ein semiautomatisches<br />

Schnellwechselsystem<br />

für das Wechseln der Richtwalzenkassetten;<br />

sie werden als komplette Baueinheit<br />

ein- und ausgefahren, ohne dass die<br />

Kugelgelenkwellen demontiert werden.<br />

Der Zeitbedarf für das Wechseln der<br />

Kassetten reduziert sich so auf 15 bis 25<br />

Minuten. Damit die Anlage zukünftige<br />

Anforderungen im Dickenbereich zwischen<br />

0,4 und 0,8 mm erfüllen kann,<br />

können auch Wechselkassetten mit 21<br />

Richtwalzen verwendet werden.<br />

Der Lieferumfang umfasst ein neues<br />

Einführaggregat mit einem Einführtisch,<br />

einer Gegenbiegerolle und einem<br />

Transportaggregat für den Vorschub des<br />

Bandes in die Richtmaschine. Zwischen<br />

dem Einführaggregat und der Richtmaschine<br />

hat GEORG eine vorhandene<br />

Schopfschere integriert, um so die<br />

Die semiautomatische Schnellwechseleinrichtung<br />

reduziert den Zeitbedarf für das<br />

Wechseln der Kassetten auf 15 bis 25 min.<br />

Durchlaufzeiten der Coils weiter zu minimieren.<br />

Planheitswerte über dem<br />

Vorgänger<br />

Georg hat die Richtmaschine innerhalb<br />

von acht Monaten ausgeliefert und in<br />

Betrieb genommen. Die ersten Coils<br />

sind zu Beginn der zweiten Jahreshälfte<br />

2020 erfolgreich gerichtet worden, Ende<br />

September hat EMW die Anlage formell<br />

abgenommen. Sie arbeitet seitdem kontinuierlich<br />

im Dreischichtbetrieb. Die<br />

ersten Ergebnisse belegen, dass die neue<br />

Maschine ein deutlich größeres Produktspektrum<br />

als die alte bearbeiten<br />

kann. Außerdem erzielt sie bei allen<br />

Produkten Planheitswerte, die um 50 %<br />

besser sind als die DIN EN 1<strong>01</strong>31 fordert.<br />

Torsten Brüggemann, Fertigungsleiter<br />

bei EMW Stahl Service Center,<br />

zieht eine erste Bilanz: „Wir erzielen<br />

jetzt bei allen Produkten aus unserem<br />

Spektrum eine noch höhere Qualität.<br />

Die Planheit der Bänder ist bei unseren<br />

Produktionsmeetings kein Thema mehr.<br />

Außerdem richten wir jetzt auf der neuen<br />

Maschine Bänder, die wir vorher nur<br />

auf einer größeren bearbeiten konnten.“<br />

Das spare nicht nur Kosten, ergänzt<br />

er, man sei in der Produktion<br />

auch deutlich flexibler geworden und<br />

könne somit mehr produzieren. <br />

tp<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 53


WISSENSCHAFT<br />

TECHNIK<br />

Produkte<br />

Erzeugnisse und Verfahren<br />

für den Umgang mit Stahl<br />

Trumpf und Jungheinrich gestalten Intralogistik intelligenter, Lamiflex beschleunigt<br />

Coil-Verpackungen und Optris stellt eine neue Lösung für die Temperaturmessung vor<br />

Effizientes Drehen von<br />

Stahl<br />

Sandvik Coromant präsentiert neues<br />

Werkzeug für die Außen- und Innenbearbeitung<br />

von Stählen.<br />

Die Wendeschneidplatten GC4425 und<br />

GC4415 von Sandvik Coromant basieren<br />

auf einer neuen Aluminiumoxidbeschichtung.<br />

Sandvik Coromant hat sein Angebot an<br />

Wendeschneidplatten für die Bearbeitung<br />

von ISO-P-Stählen um die Sorten<br />

GC4425 und GC4415 erweitert. Damit<br />

hat das Unternehmen zwei neue Hartmetallsorten<br />

auf den Markt gebracht,<br />

die für die Außen- und Innenbearbeitung<br />

von niedriglegierten und unlegierten<br />

Stählen ausgelegt sind. Nach eigenen<br />

Angaben seien diese insbesondere<br />

für Fertigungsunternehmen geeignet,<br />

die entsprechendes Material in der<br />

Groß- und Kleinserienfertigung bearbeiten.<br />

Zu diesem Zweck zeichneten sich<br />

beide Sorten durch eine hohe Verschleißfestigkeit<br />

aus. Diese basiere auf<br />

einer neuen Aluminiumoxidbeschichtung,<br />

deren Oberfläche durch eine unidirektionale<br />

Kristallorientierung charakterisiert<br />

ist. Das bedeutet, jeder Kristall<br />

ist in der gleichen Richtung aufgereiht<br />

und bildet so „eine starke Barriere zur<br />

Spanbildungszone“, erklärt Sandvik Coromant.<br />

Außerdem werde die Wärme<br />

schneller aus der Spanbildungszone abgeführt,<br />

wodurch die Schneidkante länger<br />

intakt bleibe. Zudem punkteten<br />

beide Sorten „mit verlängerten Standzeiten,<br />

vorhersagbaren Leistungen und<br />

einem reduzierten Materialverbrauch<br />

bei Werkstück und Wendeschneidplatte“.<br />

Aus der Praxis führt Sandvik Coromant<br />

einen Fall bei einem Unternehmen<br />

aus dem allgemeinen Maschinenbau<br />

auf. Dort sei der Awender in der<br />

Lage gewesen, „die Schnittgeschwindigkeiten<br />

zu erhöhen und den Vorschub zu<br />

vervielfachen“. Bei der Außenschruppbearbeitung<br />

eines komplex gestalteten<br />

Werkstückes aus wärmebehandeltem<br />

Stahl habe er eine Verdoppelung der<br />

Produktivität bei gleichzeitiger Halbierung<br />

der Durchlaufzeit erreichen können.<br />

Sandvik Coromant<br />

www.sandvik.coromant.com<br />

Intelligente<br />

Transportsysteme für<br />

die Blechfertigung<br />

In einer neuen Zusammenarbeit fokussieren<br />

Trumpf und Jungheinrich die<br />

Intralogistik in der Blechfertigung.<br />

: In den Werkshallen von Trumpf hat sich<br />

die neue Intralogistik-Lösung bereits<br />

etabliert: Dort transportieren die Flurförderzeuge<br />

von Jungheinrich fahrerlos<br />

Teile auf Europaletten zu den verschiedenen<br />

Maschinen.<br />

Trumpf und Jungheinrich wollen künftig<br />

eine neue Intralogistik-Lösung für<br />

die Blechfertigung anbieten. Im Rahmen<br />

der Kooperation soll der Automatisierungsspezialist<br />

Jungheinrich autonom<br />

agierende Fahrzeuge liefern, die<br />

Blechteile zwischen den Werkzeugmaschinen<br />

und Lagerpositionen selbstständig<br />

transportieren. Start und Ziel der<br />

Flurförderzeuge sind Docking-Stationen<br />

an den Maschinen oder einem Lager. Sie<br />

sind mit Sensoren ausgestattet, sodass<br />

sich alle logistischen Vorgänge in der<br />

Blechfertigung digital erfassen lassen.<br />

Wenn die autonom agierenden Fahrzeuge<br />

eine Europlatte an eine Stanz-,<br />

Laserschneid-, Biege- oder Laserschweißmaschine<br />

liefern, melden sie diese automatisch<br />

am Arbeitsplatz des zuständigen<br />

Maschinenbedieners an. Die Fahrzeuge<br />

sorgen auch dafür, dass Paletten<br />

zur Ablage von Teilen oder Material für<br />

den nächsten Arbeitsschritt rechtzeitig<br />

zur Verfügung stehen. Trumpf hingegen<br />

will mit der Fertigungsteuerung „TruTops<br />

Fab“ für effizientere Logistikabläufe<br />

in der Fertigung beitragen. Die Software<br />

priorisiert Transportaufträge entsprechend<br />

des Produktionsplans und leitet<br />

sie in Echtzeit an die Transportsysteme<br />

von Jungheinrich weiter. Darüber hinaus<br />

beabsichtigt das Unternehmen, Kunden<br />

bei der Einbindung der neuen<br />

Transportsysteme zu unterstützen.<br />

Trumpf/ Jungheinrich<br />

www.trumpf.com/ www.jungheinrich.de<br />

Quellen: Sandvik Coromant; Trumpf; Lamiflex<br />

56 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


Service<br />

DIE RUBRIK PRODUKTE basiert auf Mitteilungen von Unternehmen über Erzeugnisse und Verfahren, die für die<br />

Herstellung und Verarbeitung von Stahl von Interesse sind. Die Redaktion übernimmt weder eine Gewähr für die sachliche<br />

Richtigkeit noch gibt sie ein Werturteil ab. Sie möchten auch in dieser Rubrik veröffentlichen? Dann schicken Sie Ihre<br />

Meldung unserem Redakteur Niklas Reiprich. Sie erreichen ihn via redaktion@<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de.<br />

Beschleunigte<br />

Verpackung von Coils<br />

Lamiflex wirbt für sein neues Verpackungssystem<br />

mit hohen Kapazitäten<br />

und zuverlässiger Betriebszeit.<br />

zudem auf einer Technologie, die einen<br />

vernetzten Zugriff auf Echtzeit-<br />

Produktionsdaten ermögliche. Entscheidet<br />

sich der Werksbetreiber also<br />

für eine Automatisierung seiner Anlagen,<br />

so Lamiflex, „ist der Multiwrapper<br />

bereit für die Integration“.<br />

Für Blechproduktionsanlagen mit hohem<br />

Ausstoß hat das schwedische<br />

Unternehmen Lamiflex ein neues Coil-<br />

Verpackungssystem entwickelt, das<br />

sich einer Stretch-Wickel-Lösung bedient.<br />

Nach eigenen Angaben verfügt<br />

der sogenannte „Multiwrapper“ sowohl<br />

über eine überdurchschnittliche<br />

Kapazität als auch eine zuverlässige<br />

Betriebszeit. Gerade letztere ergebe<br />

sich Lamiflex zufolge durch einen speziellen<br />

Doppelstationen-Aufbau, in<br />

dem Laden, Wickeln und Entladen parallel<br />

ablaufen. Die Gesamtkapazität<br />

betrage daher bis zu 14 Coils pro Stunde,<br />

heißt es seitens des Unternehmens.<br />

Innerhalb des Prozesses wird jedes<br />

Coil eng mit Stretchfolie umwickelt,<br />

um Korrosion während des Transports<br />

und der Lagerung zu verhindern. Lamiflex<br />

gibt an, die Maschine als wartungsarme<br />

Lösung konzipiert zu haben.<br />

Demnach könne sie über lange<br />

Zeiträume ununterbrochen laufen<br />

und weise dabei eine „ausgezeichnete<br />

Gesamtbetriebszeit“ auf. Sie basiere<br />

Bis zu 14 Coils pro Stunde wickelt der neue<br />

„Multiwrapper“ von Lamiflex in sichere Stretchfolie.<br />

Lamiflex<br />

www.lamiflex.com<br />

Messungen<br />

optimal ausrichten<br />

und fokussieren<br />

Mit einem neuen Video-Pyrometer<br />

stellt sich Optris der Herausforderung<br />

einer perfekten Ausrichtung<br />

während der Temperaturmessung.<br />

Temperaturmessungen mit Pyrometern<br />

haben den enormen Vorteil, dass<br />

kein Kontakt zum Messobjekt notwendig<br />

ist. Doch stehen sie zugleich der<br />

Herausforderung gegenüber, perfekt<br />

auf das Messobjekt ausgerichtet sein<br />

zu müssen, gegebenenfalls muss die<br />

Optik fokussiert werden. Diesem Problem<br />

will sich nun das Unternehmen<br />

Optris stellen, das vor diesem Hintergrund<br />

den neuen „Video Pyrometer<br />

CSvideo 3M“ entwickelt hat. Dieser<br />

Wie genau der Verpackungsprozess<br />

des „Multiwrappers“<br />

aussieht, hat Lamiflex<br />

in einem Praxis-Video<br />

festgehalten. Scannen<br />

Sie einfach den beigefügten<br />

QR-Code mit<br />

Ihrem Smartphone,<br />

um einen Einblick zu<br />

erhalten.<br />

Die Konfiguration des neuen „Video<br />

Pyrometer CSVideo 3M“ von Optris<br />

kann alternativ auch über ein Android-<br />

Mobiltelefon erfolgen.<br />

verfügt neben einem kreuzförmigen<br />

Visierlaser über eine integrierte Videokamera.<br />

Unternehmensangaben zufolge<br />

lässt sich damit das Messfeld<br />

„sehr genau anvisieren, auch wenn<br />

sich das Messobjekt in einem nur<br />

schwer zugänglichen Bereich befindet“.<br />

Das CSvideo 3M wird über ein<br />

Adapterkabel an eine USB-Schnittstelle<br />

am Laptop oder PC angeschlossen.<br />

Die darauf installierte Software Compact<br />

Connect stellt neben dem Temperatur-Zeit-Diagramm<br />

das Videobild der<br />

integrierten Kamera dar. Mit dem<br />

Drehknopf an der Rückseite, so Optris,<br />

lässt sich die Optik dann „sehr einfach<br />

fokussieren und optimal auf das Messobjekt<br />

ausrichten. Auch alle weiteren<br />

Einstellung könnten in der Software<br />

vorgenommen werden – beispielsweise<br />

eine Anpassung des Emissionskoeffizienten<br />

oder die Skalierung der Ausgangslage.<br />

Optris<br />

www.optris.de<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 57


RECHT<br />

FINANZEN<br />

Gleichstellung<br />

Das Zweiten Führungspositionen-Gesetz strebt noch keine vollständige Gleichstellung der Geschlechter an, will sie aber angleichen. Im<br />

ersten Schritt trifft das Gesetz weniger Unternehmen, als der erste „inoffizielle“ Referentenentwurf andeutete.<br />

Neuregelung zur Frauenquote für<br />

Vorstände und Aufsichtsräte<br />

Das Gesetz wird praktischen Konsequenzen wird das Gesetz haben<br />

AUTOR: Dr. Thorsten Kuthe, Miriam<br />

Schäfer, Rechtsanwälte, Heuking Kühn<br />

Lüer Wojtek<br />

t.kuthe@heuking.de<br />

DARUM GEHT’S: Im ersten „inoffiziellen“<br />

Referentenentwurf zur Neuregelung<br />

der Frauenquote waren auch<br />

GmbH eingeschlossen. In der verabschiedeten<br />

Fassung von Anfang Januar ist davon<br />

keine Rede mehr. Die Autoren<br />

schlüsseln auf, welche Unternehmen betroffen<br />

sind und welche Auswirkungen<br />

wahrscheinlich sind.<br />

Nach jahrelangen Debatten hat die<br />

Bundesregierung am 6. Januar<br />

<strong>2021</strong> den Entwurf des sogenannten<br />

Zweiten Führungspositionen-Gesetzes verabschiedet,<br />

das künftig erstmals eine Mindestbeteiligung<br />

einer Frau in Vorständen<br />

großer deutscher Unternehmen vorsieht.<br />

Das Gesetzgebungsverfahren soll nach dem<br />

Willen der federführenden Ministerinnen<br />

Giffey und Lambrecht am 1. Mai <strong>2021</strong> in<br />

Kraft treten. Die praktischen Folgen werden<br />

nachfolgend beleuchtet.<br />

Mindestbeteiligung für Vorstände<br />

börsennotierter, paritätisch<br />

mitbestimmter Gesellschaften<br />

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Vorständen<br />

von börsennotierten (= regulierter<br />

Markt) und paritätisch mitbestimmten<br />

Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern<br />

mindestens eine Frau angehören muss. Das<br />

umfasst insbesondere börsennotierte Gesellschaften,<br />

die der Montan-Mitbestimmung<br />

unterliegen. Die Bestellung eines Vorstandsmitglieds<br />

unter Verstoß gegen dieses Beteiligungsgebot,<br />

wäre demnach nichtig (§<br />

76 Abs. 3a AktG-E). Das sog. Mindestbeteiligungsgebot<br />

soll auf Aktiengesellschaften<br />

sowie dualistische SE anwendbar sein. Entgegen<br />

dem ersten „inoffiziellen“ Referentenentwurf<br />

wird das Mindestbeteiligungsgebot<br />

nicht für GmbHs gelten.<br />

Erstmals könnte das Beteiligungsgebot<br />

bei Bestellungen ab dem 1. Januar 2022 zu<br />

beachten sein. Bestehende Vorstandsmandate<br />

können jedoch bis zu ihrem vorgesehenen<br />

Ende wahrgenommen werden. Verfassungsrechtlich<br />

ist der Gesetzesvorstoß<br />

nicht ganz unbedenklich. Zwingende gesetzliche<br />

Vorgaben hinsichtlich der Besetzung<br />

des Vorstands stellen nach einem<br />

Urteil des Bundesverfassungsgerichts einen<br />

Eingriff in die von Art. 14 Abs. 1 GG<br />

geschützte unternehmerische Freiheit der<br />

Anteilseigner dar. Diese umfasst auch die<br />

Quelle: FrankHH/Shutterstock<br />

58 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


Möglichkeit, frei darüber bestimmen zu<br />

können, wer die Gesellschaft leitet und<br />

über die Verwendung des investierten Kapitals<br />

entscheidet. Der Gesetzgeber stützt<br />

seinen Gesetzentwurf auf das ebenfalls<br />

verfassungsrechtlich verankerte Gebot der<br />

Gleichberechtigung von Frauen und Männern<br />

nach Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG. Ob solche<br />

verfassungsrechtlichen Bedenken noch zu<br />

einer Änderung des Entwurfs führen ist<br />

jedoch eher zweifelhaft.<br />

Zielgrößenbestimmung für<br />

Frauen in Führungspositionen<br />

Der Aufsichtsrat börsennotierter oder mitbestimmter<br />

Gesellschaften hat bereits die<br />

Aufgabe, Zielgrößen für Vorstand bzw.<br />

Geschäftsführung und Aufsichtsrat festzulegen.<br />

Künftig ist nicht nur der Frauenanteil,<br />

sondern auch die Gesamtzahl der<br />

Frauen in Führungspositionen im Unternehmen<br />

festzulegen. Liegt der Frauenanteil<br />

bei Festlegung der Zielgröße unter<br />

30 % darf, dürfen die Zielgrößen den jeweils<br />

erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten.<br />

Allerdings lag der Anteil mitbestimmter,<br />

der Quote unterliegender Unternehmen,<br />

die bei Zielgrößenfestlegung einen<br />

frauenfreien Vorstand hatten und die Zielgröße<br />

„Null“ festgelegt haben, bislang bei<br />

36,7 %. Bei den nicht der Quote unterfallenden<br />

Unternehmen lag der Anteil sogar<br />

bei 58,2 %. Daher sieht der Gesetzesentwurf<br />

nun vor, dass die Zielgröße „Null“ in<br />

Zukunft zwar zulässig bleibt, aber klar und<br />

verständlich unter ausführlicher Darlegung<br />

der Erwägungen zu begründen ist.<br />

Eine solche Pflicht besteht für den Aufsichtsrat<br />

in Bezug auf die Zielgrößen bei<br />

der Aufsichtsrats- und Vorstands- bzw. Geschäftsführungsbesetzung.<br />

Eine Begründung<br />

von 100 bis 150 Wörtern soll laut<br />

Gesetzesbegründung reichen, wobei inhaltlich<br />

Ausführungen zu Personalstruktur<br />

und -strategie zur Einordung in das<br />

Gesamtkonzept der Frauenförderung im<br />

Unternehmen geboten erscheinen.<br />

Eine entsprechende Berichtspflicht trifft<br />

den Vorstand bzw. die Geschäftsführung<br />

in Bezug auf die Zielgrößen für den Frauenanteil<br />

in den beiden Führungsebenen<br />

unterhalb des Vorstands/der Geschäftsführung<br />

festzulegen hat. Durch die Eingliederung<br />

der Berichtspflichten in das<br />

bestehende Sanktionssystem im Handelsgesetzbuch<br />

drohen künftig empfindliche<br />

Bußgelder.<br />

Was ist zu erwarten?<br />

Es bietet sich an einen Blick auf andere<br />

Länder zu werfen. Norwegen hat 2003 als<br />

erstes Land eine verbindliche Frauenquote<br />

für hohe Führungspositionen in börsennotierten<br />

Unternehmen eingeführt, die<br />

2006 mit einer zweijährigen Übergangsfrist<br />

verpflichtend in Kraft getreten ist, nachdem<br />

die Unternehmen eine freiwillige Erfüllung<br />

ohne gesetzlichen Zwang bis 2005<br />

nicht erreicht haben. Diesem Beispiel sind<br />

auch andere europäische Länder wie Italien,<br />

Portugal, Spanien, Belgien, Frankreich,<br />

Island, Österreich und die Niederlande gefolgt.<br />

Die Unternehmen in Norwegen antizipierten<br />

die Regelung, sodass der Frauenanteil<br />

in der Unternehmensleitung zunahm<br />

und schließlich in 2007 die geforderten 40<br />

% erreichte, da bei Nichteinhaltung harte<br />

Strafen bis zur Auflösung der Gesellschaft<br />

drohten. Der Frauenanteil verweilte auch<br />

in den Jahren darauf auf hohem Niveau,<br />

stieg allerdings nicht weiter an. Anscheinend<br />

haben die Unternehmen über die Erfüllung<br />

der Quote hinaus keine Anreize,<br />

den Frauenanteil weiter zu erhöhen.<br />

Um der Quote zu entgehen, haben etliche<br />

Unternehmen in Norwegen ihre<br />

Rechtsform geändert oder rechtlich ihren<br />

Sitz ins Ausland verlegt. Besonders häufig<br />

war dieses Phänomen bei den 80 Unternehmen<br />

zu beobachten, die 2002 noch<br />

keine weiblichen Führungskräfte hatten:<br />

Im Jahr 2009 tätigten 37 dieser Unternehmen<br />

(46 %) ihre Geschäfte in einer quotenfreien<br />

Rechtsform. Bei Unternehmen mit<br />

mindestens einer weiblichen Führungskraft<br />

lag der Anteil immerhin noch bei<br />

31 % (12 von 39 Unternehmen).<br />

Abzuwarten bleibt, inwieweit deutsche<br />

Unternehmen die Quotenregelung annehmen<br />

werden. Eine von der Bundesregierung<br />

in Auftrag gegebene Umfrage zeigte,<br />

dass 68 % der befragten männlichen (und<br />

30 % der weiblichen) Führungskräfte die<br />

Zielgrößenvereinbarung und sogar 77 %<br />

der befragten männlichen (und 33 % der<br />

weiblichen) Führungskräfte die feste<br />

30 %-Quotenregelung ablehnen. Neben der<br />

Verkleinerung des Vorstands auf drei Personen<br />

bleibt auch die „Flucht“ in eine quotenfreie<br />

Rechtsform oder ins quotenfreie<br />

europäische Ausland eine Umgehungsmöglichkeit<br />

für hartnäckige Verweigerer.<br />

Nach Angaben der Bundesregierung<br />

werden von der neuen Regelung über die<br />

Mindestbeteiligung über 70 Unternehmen,<br />

von denen 31 aktuell keine Frau im Vorstand<br />

haben, betroffen sein. In der Stahlindustrie<br />

ist für diese Neuerung kurzfristig<br />

kein großer Handlungsbedarf zu erwarten:<br />

Die Salzgitter AG hat zwar einen ausschließlich<br />

mit Männern besetzten Vorstand,<br />

da dieser aber nur drei Mitglieder<br />

zählt, besteht jedenfalls bis zum Ablauf der<br />

aktuellen Mandate kein Handlungsbedarf.<br />

Im Fall einer künftig erforderlichen Nachbesetzung<br />

strebt der Aufsichtsrat bis zum<br />

30. Juni 2022 einen Frauenanteil von mindestens<br />

30 % an. Die thyssenkrupp AG ist<br />

gewissermaßen Vorreiter bei der Beteiligung<br />

von Frauen in Führungspositionen,<br />

nicht nur in der Stahl-Branche: Im Aufsichtsrat<br />

sind acht der insgesamt 20 Mitglieder<br />

Frauen (40 %), zudem stellt die<br />

thyssenkrupp AG mit Martina Merz eine<br />

der wenigen weiblichen CEO in großen<br />

deutschen Unternehmen. Von 188 im DAX,<br />

MDAX und SDAX sowie im Regulierten<br />

Markt notierten, voll mitbestimmten Unternehmen<br />

haben nur fünf einen weiblichen<br />

Vorstandsvorsitzenden. Die weitere<br />

Neuerung zu der Berichtspflicht über die<br />

Zielquote trifft sicherlich mehr Unternehmen<br />

aus allen Branchen.<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 59


BERUF<br />

KARRIERE<br />

Weiterbildung<br />

„Unsere Online-Formate finden<br />

weltweite Resonanz“<br />

Peter Schmieding von der Stahl-Akademie berichtet über die Erfahrungen nach der<br />

Umstellung auf Online-Formate<br />

AUTOR: Torsten Paßmann<br />

torsten.passmann@<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de<br />

DARUM GEHT’S: Innerhalb kürzester<br />

Zeit mussten sich die Anbieter von Bildungsangeboten<br />

im vergangenen Jahr<br />

neu sortieren. Die Stahl-Akademie innerhalb<br />

des Stahlinstituts VDEh hat sich<br />

diesen Herausforderungen gestellt und<br />

wandelt bislang erfolgreich auf dem neuen<br />

digitalen Pfad. Im Interview berichtet<br />

Peter Schmieding, der Leiter der Stahl-<br />

Akademie, über die bisherigen Erfahrungen<br />

und die Resonanz. Auch wagt er einen<br />

Ausblick.<br />

<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Präsenzveranstaltungen wie<br />

die Seminare der Stahl-Akademie stehen seit<br />

gut einem Jahr unter Druck. Wie haben Sie<br />

reagiert?<br />

Schmieding: Die Stahl-Akademie hat in<br />

der Sohnstraße in Düsseldorf ein eigenes<br />

Filmstudio für ihre Online-Seminare aufgebaut.<br />

Mit dieser technischen Innovation<br />

ist es möglich, den Seminarteilnehmern<br />

mehr zu bieten als es die üblichen Bildmotive<br />

und -formate der aktuellen Video-<br />

Kommunikations-Software tun.<br />

<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Was unterscheidet Ihre technische<br />

Lösung von den Tools, die aus dem Arbeitsalltag<br />

mittlerweile bekannt sind?<br />

Schmieding: Mittels Kamera, Mikrofon,<br />

Scheinwerfern, Green Screen sowie Bildund<br />

Tonmischern haben die Zuschauer<br />

nun ein Bild, das an eine Nachrichtensendung<br />

erinnert. Damit sind die Online-Seminare<br />

viel anschaulicher, kurzweiliger<br />

und lebendiger als die üblichen Zoom-Seminare.<br />

Es sieht so ähnlich aus wie eine<br />

TV-Nachrichtensendung. Für dieses Bildformat<br />

müssen die Referenten natürlich<br />

ins Studio kommen. Diejenigen, die verhindert<br />

sind oder zu weit entfernt wohnen,<br />

können wir via Teams oder Zoom in<br />

den Live-Stream hineinschalten.<br />

Stahl + Eisen: Wann haben Sie damit angefangen<br />

und welche Erfahrungen haben Sie bislang<br />

gesammelt?<br />

Schmieding: Ende August haben wir das<br />

Studio mit einem dreitägigen internationalen<br />

Seminar zum Elektrolichtbogenofen<br />

eingeführt. Danach folgten Seminare<br />

zu den Themen Konverter, Sekundärmetallurgie,<br />

Walzen und Feuerfest-Technologie<br />

sowie einer Übersichtsveranstaltung<br />

zur Eisen- und Stahlherstellung. Mit jedem<br />

Online-Seminar haben wir technisch<br />

dazugelernt, so dass die Durchführung<br />

inzwischen viel ausgereifter abläuft als zu<br />

Beginn.<br />

Stahl + Eisen: Was war Ihr persönliches<br />

Highlight bei dem neuen Online-Ansatz?<br />

Schmieding: Den vorläufigen Höhepunkt<br />

der Online-Seminarreihe stellte im<br />

letzten Oktober die internationale Veranstaltung<br />

„Hydrogen-based reduction of<br />

iron ores“ dar, in deren Live-Stream sich<br />

50 Teilnehmer schalteten. Dass das Thema<br />

mit Anmeldungen aus Deutschland,<br />

Finnland, Frankreich, Italien, Luxemburg,<br />

Niederlande, Österreich, Schweden und<br />

Tschechien nicht nur Europa umtreibt,<br />

sondern auch weltweit Resonanz findet,<br />

zeigten weitere Teilnehmer aus Australien,<br />

China, Brasilien, Japan, Singapur und<br />

Südafrika.<br />

Stahl + Eisen: Wie sieht es mit der Teilnehmerzahl<br />

bei den Online-Seminaren aus – was<br />

ist praktisch möglich bzw. sinnvoll?<br />

Schmieding: Technisch sind laut Aussage<br />

des Streaming-Dienstleisters einige<br />

Tausend Teilnehmer möglich. Aber die<br />

bereits genannten 50 wollen wir nicht<br />

überschreiten. Sonst wird es in der Fragerunde<br />

via Chatroom unübersichtlich wird<br />

die Sache kann zeitlich aus dem Ruder<br />

laufen.<br />

Stahl + Eisen: Wie geht es mit dem Online-<br />

Bereich der Stahl-Akademie weiter?<br />

Schmieding: Ich denke, dass die Online-<br />

Formate auch nach Corona bleiben –<br />

nicht ausschließlich wie momentan, aber<br />

in einer Koexistenz mit Präsenzseminaren.<br />

Die Menschen sehnen sich natürlich<br />

danach, wieder andere Köpfe aus der<br />

Branche zu treffen und wirklich zu diskutieren.<br />

Aber für Teilnehmer mit weiten<br />

Wegen, z.B. aus Übersee, sinken die Kosten<br />

zweifelsohne beträchtlich, wenn sie<br />

Online-Seminare buchen. Die Stahl-Akademie<br />

setzt vorerst mindestens bis zum<br />

Sommer weiterhin ausschließlich auf die<br />

Online-Varianten. Wir widmen uns bis<br />

dahin den Eisenerzen, der Roh<strong>eisen</strong>erzeugung<br />

im Hochofen, dem Schrottrecycling,<br />

dem Elektrolichtbogenofen und der Feuerfest-Technologie<br />

Stahl + Eisen: Vielen Dank für das Interview,<br />

Herr Schmieding!<br />

Kommende Seminare<br />

Industrieofentechnik, 10.-12. März<br />

Elektrolichtbogenofen, 15.-17. März<br />

Schrottrecycling, 12.-13. April<br />

Iron Ores,<br />

20.-21. April<br />

Ironmaking, Basic 4.-5. Mai /<br />

Advanced<br />

8.-9. Juni<br />

Refractory Materials and Slags,<br />

<br />

26.-28. April<br />

Steel Ladle Lining, 31. Mai bis 1. Juni<br />

https://www.vdeh.de/<br />

<strong>stahl</strong>-akademie/seminare/<br />

64 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


Technologie, Forschung,<br />

Märkte und Menschen!<br />

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STYLE<br />

STORY<br />

Fluchttreppen<br />

Metallgewebe verkleidet umlaufende Fluchtbalkone,<br />

deren Laufstege durch Fluchttreppen verbunden werden.<br />

Häufig wird der zweite Rettungsweg als außenliegender<br />

Treppenturm umgesetzt und als Absturzsicherung mit<br />

Gewebe aus Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei verkleidet.<br />

Nachhaltige Sicherheit<br />

mit Treppen aus Stahl<br />

Fluchtwege aus Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei überzeugen zusätzlich durch ihre Optik<br />

AUTOR: Dr. Hans-Peter Wilbert,<br />

Geschäftsführer, Warenzeichenverband<br />

Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei<br />

www.wzv-rostfrei.de<br />

DARUM GEHT‘S: Mehrgeschossigen Gebäuden<br />

gibt es nur mit Treppen: Sie verbinden<br />

die einzelnen Etagen miteinander<br />

und sind im Notfall der entscheidende<br />

Flucht- oder Rettungsweg.<br />

Entsprechend streng sind die Vorschriften<br />

zu ihrer Planung und Gestaltung.<br />

Eine Schlüsselrolle übernimmt dabei<br />

Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei mit Qualitätssiegel:<br />

Nicht brennbar, korrosionsbeständig<br />

und extrem robust ist er eine Investition<br />

in nachhaltige Sicherheit.<br />

Eine Verkleidung aus Edel<strong>stahl</strong>gewebe für<br />

Fluchtbalkone verhindert, dass Menschen<br />

von dort abstürzen.<br />

Eine Fülle an Vorschriften – neben der<br />

DIN 18065 für Gebäudetreppen auch<br />

Landesbauordnungen, Technische<br />

Richtlinien für Schulbauten, Arbeits- oder<br />

Versammlungsstätten oder auch die Musterbauordnung<br />

– gilt es bei Planung und<br />

Bau oder Umbau von Gebäuden zu berücksichtigen.<br />

Dabei unterscheidet das Baurecht<br />

zwischen Fluchtwegen, auf denen<br />

Personen das Gebäude aus eigener Kraft<br />

verlassen können und Rettungswegen, die<br />

die Personenbergung durch Rettungskräfte<br />

ermöglichen. Abhängig von Gebäudegröße,<br />

-typologie und -nutzung sowie Anzahl und<br />

Art der Nutzer sind Abmessungen, Erreichbarkeit<br />

und Gestaltung strikt vorgeschrieben.<br />

Nicht minder enge Vorgaben gibt es<br />

zu Baustoffen für Unterkonstruktion, Stufen<br />

und Belag in Bezug auf Feuerwiderstand<br />

und Sicherheit. Alle Verordnungen<br />

unterscheiden zwischen notwendigen und<br />

nicht notwendigen Treppen. Letztere sind<br />

zusätzliche Treppen zur Haupttreppe, die<br />

im Falle des Falles als erster Fluchtweg<br />

dient. Bei öffentlichen Gebäuden gelten<br />

interne Verbindungstreppen, die nicht für<br />

den Publikumsverkehr zugänglich sind, als<br />

nicht notwendige Treppen. Deshalb müssen<br />

sie auch nur geringere Anforderungen<br />

erfüllen als für den ersten Rettungsweg<br />

notwendige. Diese müssen einen direkten<br />

Ausgang ins Freie ermöglichen und auf<br />

jedem Geschoss ein Fenster haben, das geöffnet<br />

werden kann. Dadurch ist es bei einem<br />

Brand als Rauchabzug, Fluchtweg oder<br />

auch Zugang für die Feuerwehr nutzbar.<br />

2 Meter Breite oder mehr bei<br />

Arbeitsstätten ab 500 m 2<br />

Treppentypen und -bauformen gibt es auch<br />

bei Fluchttreppen in großer Bandbreite: Ob<br />

gerade, gewendelt oder gewinkelt, ein- oder<br />

mehrläufig, mit oder ohne Richtungswechsel<br />

hängt vor allem von den räumlichen<br />

Gegebenheiten ab. Dabei richten sich die<br />

Abmessungen notwendiger Treppen nach<br />

Anzahl und Art der Personen, die die Treppe<br />

im Gefahrenfall gleichzeitig benutzen<br />

müssen. Für Krankenhäuser, Kindergärten<br />

oder Seniorenheime gelten naturgemäß<br />

höhere Sicherheitsvorschriften für die Gestaltung<br />

von Stufen, Handläufen oder Steigungen.<br />

Ansonsten schreiben die Landesbauordnungen<br />

für bis zu 20 Personen eine<br />

Treppenbreite von einem Meter, für bis 200<br />

Personen 1,20 Meter und für bis zu 400<br />

Personen 2,40 Meter vor. In Arbeits- oder<br />

Verkaufsstätten mit mehr als 500 Quadratmeter<br />

allgemein zugänglicher Fläche muss<br />

eine Fluchttreppe sogar mindestens zwei<br />

Meter breit sein. Grundsätzlich ist nach<br />

Quellen: WZV/PcP. Sicherheitsroste; WZV/GKD<br />

70 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de


Bei der Gestaltung von Fluchttreppen<br />

übernimmt Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei eine<br />

Schlüsselrolle.<br />

Unverzichtbar für eine dauerhafte Korrosionsbeständigkeit ist, dass auch<br />

alle Schrauben, Unterlegscheiben oder Anker zur Befestigung an der<br />

Fluchttreppenverkleidung ausschließlich aus Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei sind.<br />

maximal 18 Stufen eine Unterbrechung<br />

durch ein Podest erforderlich, damit die<br />

Benutzer warten, sich ausruhen oder auch<br />

ausweichen können. Als Tragkonstruktionen<br />

der Fluchttreppen dienen Wangen,<br />

Holme, Spindeln oder angrenzende Wände.<br />

Für Stufen und Podeste ist eine waagerechte<br />

Ausrichtung vorgeschrieben.<br />

Außen oft Fluchtwege aus Stahl<br />

Der zweite Rettungsweg wird an öffentlichen<br />

Gebäuden und mehrgeschossigen Wohnanlagen<br />

häufig auch als überdachte Stahltreppenkonstruktion<br />

an der Außenseite der Fassade,<br />

als außenliegender Treppenturm oder<br />

als umlaufende Fluchtbalkone, deren Laufstege<br />

durch Fluchttreppen und -türen verbunden<br />

werden, umgesetzt. Alle Arten von<br />

Fluchttreppen – innen wie außen – müssen<br />

bei der Materialwahl und der Gestaltung von<br />

Geländern, Handläufen und Stufenbelägen<br />

hohe Anforderungen erfüllen. So sind gesicherte<br />

Tragfähigkeit auch bei extremen Bedingungen<br />

– also beispielsweise Temperaturbeständigkeit<br />

und Nichtbrennbarkeit der<br />

eingesetzten Materialien – Grundvoraussetzung<br />

für eine Verwendungsgenehmigung.<br />

Für Außentreppen sind zudem für Stufen<br />

und Podeste rutschhemmende sowie poröse<br />

Oberflächen vorgeschrieben, um auch bei<br />

Regen eine sichere Benutzung und Abfließen<br />

des Wassers zu gewährleisten. Insbesondere<br />

die Stufenkanten und Auftritte müssen<br />

rutschfest ausgeführt sein. Zudem dürfen<br />

Fluchttreppen im Außenraum auch nach<br />

jahrelangen Witterungseinflüssen weder rosten<br />

noch verspröden.<br />

Nachhaltige Sicherheit durch<br />

Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei<br />

Dieses anspruchsvolle Eigenschaftsprofil<br />

paart Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei mit robuster Haltbarkeit,<br />

Wartungsfreiheit und attraktiver<br />

Optik. Die hohe Korrosionsbeständigkeit<br />

und mechanische Belastbarkeit des Werkstoffs<br />

werden maßgeblich durch die chemische<br />

Zusammensetzung der gewählten<br />

Edel<strong>stahl</strong>sorte bestimmt. Ausschlaggebend<br />

für nachhaltige Sicherheit von Edel<strong>stahl</strong><br />

Rostfrei im Fluchttreppenbau ist die sachgerechte<br />

Materialauswahl und fachgerechte<br />

Verarbeitung. Alle nichtrostenden Stähle<br />

w<strong>eisen</strong> mindestens 10,5 Prozent Chromgehalt<br />

und maximal 1,2 Prozent Kohlenstoff<br />

auf. Je nach Korrosionsbeanspruchung und<br />

Einsatzzweck wählt der Fachmann aus dem<br />

breiten Gütenspektrum die jeweils optimal<br />

ausgelegte Legierung.<br />

1.43<strong>01</strong> dominiert<br />

Die mit Abstand am häufigsten verwendete<br />

Edel<strong>stahl</strong>sorte ist 1.43<strong>01</strong>. Sie lässt sich gut<br />

verformen und schweißen. Außerdem können<br />

alle Verfahren zur mechanischen und<br />

thermischen Trennung oder spanenden Fertigung<br />

angewendet werden. In Küstennähe<br />

sollten jedoch höher legierte Sorten zum<br />

Einsatz kommen, die den hier vorherrschenden<br />

aggressiven Bedingungen entsprechend<br />

gut gewachsen sind. Bereits geringe Molybdän-Gehalte<br />

(Mo) verbessern ihre Beständigkeit<br />

gegen Umwelteinflüsse. Stufenbeläge<br />

aus Gitterrosten der Werkstoffgüte 1.43<strong>01</strong><br />

mit gebeizter Oberfläche bieten durch ihre<br />

rutschhemmende Antrittskante und Oberflächengestaltung<br />

die gebotene Rutschfestigkeit<br />

bei Nässe, Schnee oder Eis. Zusätzliche<br />

Sicherheit geben Produkte mit einer zur optischen<br />

Markierung doppelt gelochten Vorderkante,<br />

wodurch die Stufenübergänge<br />

besser zu erkennen sind. Geländerhohe Wangen<br />

aus Lochblech oder Geländer mit Füllungen<br />

aus Gittern, Stäben, Netzen oder Seilen<br />

verhindern, dass Menschen und größere<br />

Gegenstände von der Fluchttreppe abstürzen.<br />

Gleichzeitig verleihen sie der lebensrettenden<br />

Fluchttreppenkonstruktion eine leichte Optik.<br />

Rohrhandläufe aus Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei mit<br />

Qualitätssiegel unterstreichen durch ihre<br />

wahlweise gebürstete, matte oder hochglänzende<br />

Oberfläche diese elegante Wirkung.<br />

Konsequenz auch bei<br />

Verbindungselementen<br />

Handläufe an Fluchttreppen müssen ohne<br />

Unterbrechung über den gesamten Treppenlauf<br />

führen und dürfen an ihrem Ende<br />

weder gebogen noch abgewinkelt sein. Nur<br />

so wird verhindert, dass die Benutzer bei<br />

einer Flucht daran hängenbleiben. Abhängig<br />

von Konstruktion, Einsatzzweck und<br />

geforderter Tragfähigkeit werden für den<br />

Bau von Fluchttreppen Profile oder Bleche<br />

aus warmgewalztem Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei ausgewählt.<br />

Die zur statischen Berechnung<br />

notwendigen Kennzahlen halten die Hersteller<br />

für Planer bereit. Unverzichtbar für<br />

eine dauerhafte Korrosionsbeständigkeit<br />

und hochwertige Optik ist, dass bei der<br />

Montage auch alle Verbindungselemente<br />

wie Schrauben, Unterlegscheiben oder<br />

Anker zur Befestigung an der Fassade ausschließlich<br />

aus Edel<strong>stahl</strong> Rostfrei sind. Auf<br />

Nummer sicher gehen Bauherren mit der<br />

Wahl von Fachfirmen, die das international<br />

geschützte Qualitätssiegel tragen dürfen<br />

und sich damit zu sach- und fachgerechter<br />

Umsetzung verpflichten.<br />

Fazit<br />

Fluchttreppen aus Edel<strong>stahl</strong> trotzen der Zerstörung<br />

durch Feuer bei Temperaturen von<br />

über 500 Grad Celsius, bieten auch extremsten<br />

Witterungsbedingungen dauerhaft die<br />

Stirn und sind deshalb in der Not ein Lebensretter<br />

von unbezahlbarem Wert. <br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Januar/Februar <strong>2021</strong> 71


VORSCHAU<br />

IMPRESSUM<br />

Bis zum nächsten Mal<br />

VORSCHAU 3/<strong>2021</strong><br />

Titelthema: Werkstoffe und Produkte<br />

Die Titelstrecke wirft einen Blick jüngst eingeführte<br />

Technologien, Sortimente und Werkstoffe<br />

Politik + Märkte<br />

Organisches Wachstum ohne die Bank –<br />

Stahlverarbeiter setzt zur Finanzierung<br />

auf ein Fintech-Unternehmen.<br />

Wissenschaft + Technik<br />

Wartungsfreie Lösung – Pendel- und Zylinderrollenlager in<br />

einer Stranggießanlage ganz ohne Nachschmierung<br />

Style + Story<br />

Fast vergessener Konstrukteur – Blechschere von<br />

Alfred Trappen als Modell wiederbelebt<br />

Impressum<br />

Quelle: Fraunhofer IWM, Maxx-Studio/Shutterstock<br />

Verlag:<br />

Maenken Kommunikation GmbH<br />

Von-der-Wettern-Straße 25<br />

51149 Köln, info@maenken.com<br />

Geschäftsführung:<br />

René Khestel, Dr. Wieland Mänken<br />

Herausgeber:<br />

Dr. Wieland Mänken (V.i.S.d.P.)<br />

Mitherausgeber:<br />

Stahlinstitut VDEh<br />

Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident<br />

Wirtschaftsvereinigung Stahl,<br />

Vorsitzender Stahlinstitut VDEh<br />

Dr.-Ing. Hans Bodo Lüngen<br />

Geschäftsführendes Vorstandsmitglied<br />

Stahlinstitut VDEh<br />

Objektleitung:<br />

Wolfgang Locker (verantwortlich)<br />

Tel. +49 2203 3584-182<br />

wolfgang.locker@maenken.com<br />

Redaktion:<br />

Torsten Paßmann (Chefredakteur)<br />

Tel. +49 2203 3584-120<br />

torsten.passmann@<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de<br />

Niklas Reiprich<br />

niklas.reiprich@<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de<br />

Mitarbeit:<br />

Nikolaus Fecht, Fabian Grummes,<br />

Prof. Dr. Günter M. Hoffmann,<br />

David Müller<br />

Gestaltungskonzept:<br />

Christian Talla | Editorial | Corporate,<br />

Communication | www.talla.hamburg<br />

Herausgeberbeirat:<br />

Prof. Dr. Dieter Senk,<br />

Prof. Dr. Norbert Bannenberg,<br />

Dr.-Ing. Hans Bodo Lüngen<br />

Anzeigen:<br />

Wolfgang Locker (verantwortlich)<br />

Tel. +49 2203 3584-182<br />

wolfgang.locker@maenken.com<br />

Marie-Kristin Janßen<br />

Tel. +49 2203 3584-172<br />

marie-kristin.janssen@maenken.com<br />

Susanne Kessler<br />

Tel. +49 2203 3584-116<br />

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Druck:<br />

D+L Printpartner<br />

Schavenhorst 10, 46395 Bocholt<br />

Zuschriften und Beiträge für<br />

eine eventuelle Veröffentlichung<br />

bitte nur an:<br />

Redaktion „<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>“<br />

Maenken Kommunikation GmbH<br />

Von-der-Wettern-Straße 25<br />

51149 Köln, Tel. +49 2203 3584-0<br />

<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>@maenken.com<br />

Erscheinungsweise: monatlich<br />

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sich das Abonnement um weitere 12<br />

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Mit Annahme des Manuskripts gehen das<br />

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74 Januar/Februar <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de

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