Die Mila Käsefibel
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DER ITALIENER AUS DEN BERGEN<br />
Der Letzte macht das Licht aus. Aber<br />
es lohnt sich fast nicht. Bei <strong>Mila</strong> wird<br />
praktisch rund um die Uhr Mascarpone<br />
produziert. 35.000 Kilo am Tag, so<br />
viel wie 50 Kühe zusammen an Gewicht<br />
auf die Waage bringen. „<strong>Die</strong><br />
Schicht beginnt um 2 Uhr früh“, sagt<br />
der Mascarpone-Verantwortliche<br />
Karl Guggenberger, „und um 10 Uhr<br />
abends geht der Letzte heim.“<br />
So geht das jetzt schon 25 Jahre. Zu<br />
jener Zeit ist eine Maschine in der Käserei<br />
freigeworden. Als man überlegte,<br />
was man damit anstellen wollte, hatte<br />
der damalige Käsemeister Lorenz Stecher<br />
(s.S. 86) diese Idee, die so gar<br />
nicht zu Südtirol passen wollte: Probieren<br />
wir es doch mit Mascarpone.<br />
Ausgerechnet Mascarpone. Wie<br />
konnten die Südtiroler nur glauben,<br />
sie würden die Spitzencreme der italienischen<br />
Süßspeisenrezepte ebenso<br />
gut produzieren wie die erfahrenen<br />
Käsereien in der Lombardei? Von dort<br />
soll der Mascarpone seinen Ausgang<br />
genommen haben, wahrscheinlich als<br />
„mascherpa“ oder „mascarpia“, was<br />
im lombardischen Dialekt soviel bedeutet<br />
wie Rahm oder Ricotta. Wenn<br />
man den Nachforschungen glaubt, ist<br />
eine Art Mascarpone seit Jahrhunderten<br />
bekannt. Napoleon soll die Käsecreme<br />
vergöttert haben, der Koch<br />
Vatel soll sich sogar das Leben genommen<br />
haben, als er bemerkte, dass er<br />
zu wenig Mascarpone für das Dessert<br />
an der Tafel des Sonnenkönigs Ludwig<br />
XIV. besorgt hatte.<br />
Nun, die Südtiroler haben beim<br />
Mascarpone ihren eigenen Kopf. Sie<br />
schwören auf ihr Rezept. „Bisher wurde<br />
von dem für den Mascarpone angelegten<br />
Milch-Rahm-Gemisch nach<br />
dem Ansäuern die Molke abgetrennt.<br />
Durch ein spezielles Verfahren entziehen<br />
wir das Wasser vorher.“, sagt<br />
Karl Guggenberger verkostet die noch heiße Mascarpone-Masse.<br />
Karl Guggenberger. Der Unterschied?<br />
„Der Vorgang ist anders, die Inhaltsstoffe<br />
bleiben alle erhalten.“ Und der<br />
Südtiroler Mascarpone schmeckt rahmiger<br />
und süßer. „Der muss genau so<br />
schmecken“, sagt Karl.<br />
Als er jung war, fuhr er täglich für ein Fertighausunternehmen<br />
auf Montage. „<strong>Die</strong><br />
Häuser stehen noch“, sagt er lachend.<br />
Im Milchbetrieb arbeitet er seit 34 Jahren;<br />
zuerst in der Butterei, danach in der<br />
Joghurtherstellung. Genau sein, das ist<br />
Karls Credo. Bei seinem Mascarpone<br />
macht er nie eine Ausnahme.