FINE Das Weinmagazin Ausgabe 52 - 01/2021
Die Themen dieser Ausgabe sind: DIE GROSSE FINE-CHARTA Warum und wie wir Wein bewerten Weitere Themen sind: EDITORIAL Ralf Frenzel BORDEAUX Saskia de Rothschild hat große Pläne mit dem Weinimperium CHAMPAGNE Champagner: Die große Verkostung Teil 1 JURA Die Vielfalt des Jura: Domaine André & Mireille Tissot TOSKANA Eine neue Spielart von Merlot: Der Cont'Ugo TASTING Die Glorreichen Sieben WEIN UND SPEISEN Jürgen Dollase im Döllerers Wirtshaus in Österreich DIE PIGOTT KOLUMNE Die Gewurztraminer-Krise im Elsass DAS GROSSE DUTZEND Champagner Jahrgang 2010 VINOTHEK Jacques' Wein-Depot: Ein Gespräch mit Kathy-Ferón WEIN UND ZEIT Die wechselhafte Geschichte des Weinbaus in Böhmen GENIESSEN Genießen Feinherb
Die Themen dieser Ausgabe sind:
DIE GROSSE FINE-CHARTA Warum und wie wir Wein bewerten
Weitere Themen sind:
EDITORIAL Ralf Frenzel
BORDEAUX Saskia de Rothschild hat große Pläne mit dem Weinimperium
CHAMPAGNE Champagner: Die große Verkostung Teil 1
JURA Die Vielfalt des Jura: Domaine André & Mireille Tissot
TOSKANA Eine neue Spielart von Merlot: Der Cont'Ugo
TASTING Die Glorreichen Sieben
WEIN UND SPEISEN Jürgen Dollase im Döllerers Wirtshaus in Österreich
DIE PIGOTT KOLUMNE Die Gewurztraminer-Krise im Elsass
DAS GROSSE DUTZEND Champagner Jahrgang 2010
VINOTHEK Jacques' Wein-Depot: Ein Gespräch mit Kathy-Ferón
WEIN UND ZEIT Die wechselhafte Geschichte des Weinbaus in Böhmen
GENIESSEN Genießen Feinherb
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DAS GROSSE<br />
DUTZEND<br />
CHAMPAGNER<br />
JAHRGANG 2<strong>01</strong>0<br />
Der Jahrgang 2<strong>01</strong>0 war eine echte Herausforderung. Denn kaum gingen die großen Mengen<br />
des Dreamteams 2008 und 2009 zur Neige, richtete sich das Interesse auf den nächsten<br />
Benchmark-Vintage: den 2<strong>01</strong>2er. 2<strong>01</strong>0, von kaum einer der großen Maisons separat abgefüllt,<br />
vermisste eigentlich niemand, er gilt als vergessener Jahrgang. Tatsächlich glich die Ernte<br />
dieses Jahres einem Hochseilakt – und nicht in jedem Fall gelang das Kunststück. Wer<br />
aber präzise arbeitete, wurde mit authentischen, ausdrucksstarken Champagnern belohnt.<br />
Von STEFAN PEGATZKY Fotos Rui Camilo<br />
»Ein perfektes Jahr?« François Pouillon schüttelt den<br />
Kopf. Sicherlich, so gibt der Inhaber von Champagne<br />
R. Pouillon & Fils in Mareuil-sur-Aÿ zu bedenken,<br />
gäbe es große Jahrgänge, aber das Wort perfekt<br />
sollte mit einem Jahrgang nicht verbunden werden.<br />
»Ich denke, perfekt ist er dann, wenn er die Eigenschaften<br />
eines Jahres am besten ausdrückt, selbst<br />
unter schwierigen Umständen.« Denn tatsächlich<br />
sei doch jeder Jahrgang anders: solche mit sehr viel<br />
Alterungspotenzial, solche mit einer besonderen<br />
Intensität des aromatischen Ausdrucks oder einer<br />
besonderen Reife. »Mein Ziel ist es, alle Jahrgänge<br />
anzubieten, aber dafür muss ich jedes Jahr alles dafür<br />
tun, um möglichst schöne Trauben zu produzieren.«<br />
Dieses Ziel verbindet Pouillon, einen Hersteller<br />
von gerade einmal 85 000 Flaschen Winzerchampagner,<br />
mit Vincent Chaperon, seit 2<strong>01</strong>9 Chef-de-cave von<br />
Dom Pérignon, einem der renommiertesten, aber<br />
mit einer Produktion von mehreren Millionen<br />
Flaschen auch größten Champagnerhäuser der<br />
Region. Anders als Pouillon bietet Dom Pérignon<br />
ausschließlich Vintage-Champagner an, in der Vergangenheit<br />
nur aus besonders guten Jahren. Daher<br />
überraschte Chaperon im vergangenen Jahr mit<br />
der Ankündigung, diese Strategie zu ändern. <strong>Das</strong><br />
läge, so Chaperon, an der Klimaerwärmung, die in<br />
der Champagne eben auch positive Auswirkungen<br />
hat: »Früher lag die Champagne zu weit nördlich,<br />
um Vintage-Weine zu produzieren. Noch in den<br />
achtziger Jahren waren Dom-Pérignon-Jahrgänge<br />
die Ausnahme. Dann stieg deren Anteil zuletzt<br />
bis auf sieben innerhalb eines Jahrzehnts. Für die<br />
Zukunft ist es nun das Ziel des Hauses, in jedem Jahr<br />
einen Dom Pérignon zu erzeugen. <strong>Das</strong> ist natürlich<br />
eine Herausforderung!« Ähnlich sieht es Fabrice<br />
Pouillon: »Mein Vater und mein Großvater haben<br />
es noch erlebt, dass es Ernten gab, bei denen die<br />
Trauben nicht ausreiften und dann noch Botrytis<br />
hinzukam. Ich denke, die globale Erwärmung hat<br />
dieses Risiko begrenzt.« Trotzdem sind Vintage-<br />
Champagner eine Nische für Kenner geblieben: Nicht<br />
einmal zwei Prozent aller verkauften Champagner,<br />
so zeigen es die Auswertungen des Dachverbands<br />
Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne<br />
(CIVC), werden als Jahrgang abgefüllt, ein Anteil,<br />
der sich in den vergangenen zehn Jahren eher noch<br />
verringert hat.<br />
Wie verlief nun 2<strong>01</strong>0 die Vegetation in der<br />
Champagne? Tatsächlich erinnerte der Jahresauftakt<br />
an Zeiten vor der globalen Erwärmung. Der frost-<br />
und schneereiche Winter war mit Temperaturen<br />
bis zu minus 23 Grad Celsius der kälteste seit 1996<br />
und zog sich bis in den April, bei glücklicherweise<br />
geringen Frostschäden. Entsprechend setzte der<br />
Austrieb der Reben später ein als üblich und durch<br />
eine Kältephase Anfang Mai verlangsamte sich auch<br />
das Rebwachstum. Zwischen dem 16. und dem 21.<br />
Juni erreichte dann die Rebblüte ihren Höhepunkt,<br />
fünf Tage später als im zehnjährigen Mittel. Mehrere<br />
Wochen mit heißem, trockenem Sommerwetter<br />
sorgten für gesundes Pflanzenwachstum, ein wenig<br />
Mehltau, der nach Niederschlägen um den 12. Juli<br />
auftrat, konnte gut unter Kontrolle gehalten werden.<br />
Am 15. und 16. August kam es dann aber zu sintflutartigen<br />
Regenfällen, was die Winzer zunächst einhellig<br />
begrüßten, da so drohende Trockenschäden<br />
verhindert wurden und der Zeitpunkt der Niederschläge<br />
in ausreichendem Abstand zur Ente stattfand.<br />
<strong>Das</strong> Unheil kam auf schleichenden Sohlen –<br />
und in doppelter Gestalt. Da der Boden dank des<br />
regenarmen Frühlings und Frühsommers trocken<br />
war, bildete sich die Fäulnis in den Trauben erst<br />
allmählich aus. Durch Botrytis-Pilze ausgelöster<br />
Grauschimmel machte vor allem den kompakten,<br />
kleinbeerigen Pinot-Noir-Reben und den oft an<br />
wenig gut belüfteten Standorten stehenden Pinot-<br />
Meunier-Anlagen zu schaffen. Je näher der Erntezeitpunkt<br />
heranrückte, desto deutlicher wurde das<br />
Ausmaß der Attacke, die teilweise zu einem Verlust<br />
von bis zu 40 Prozent führte, dem größten seit<br />
der legendären »Botrytis-Explosion« von 1994.<br />
Ebenso perfide war ein Angriff wenige Tage vor<br />
der Ernte, der vor allem den Chardonnay treffen<br />
sollte, und den die Region seit 1967 nicht mehr<br />
erlebt hatte: das sogenannte Tourne- oder Wechsel-<br />
Phänomen, ein Bakterienbefall, der seinen Namen<br />
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