BW Reisebegleiter 2021
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
der bregenzerwald<br />
3<br />
Blick auf die Kanisfluh bei Au<br />
Erst im Hochmittelalter treibt das<br />
Kloster Mehrerau von Bregenz die<br />
Bregenzerach aufwärts die Besiedlung<br />
voran. Von oben, entgegen kommend<br />
begegnet mit den Walsern eine zweite<br />
Siedlungsbewegung. Der „Wald“ im<br />
Namen macht deutlich, wie wenig<br />
erschlossen dieser Siedlungsraum<br />
lange war. Den Bewohnern freilich<br />
gereichte diese „Weltferne“ durchaus<br />
zum Vorteil: Für die feudale Herrschaft<br />
bestenfalls als Jagdgebiet interessant,<br />
konnte sich eine weitgehende<br />
Selbstver waltung entwickeln, die als<br />
„ Bauernrepublik“ in die Literatur<br />
einging. Zu Ende ging sie mit der<br />
kurzen bayerischen Be satzung (1806 –<br />
1814) infolge der Neu ordnung Europas<br />
durch Napoleon.<br />
Hartkäse und Spitze<br />
In dieser Zeit entwickelt sich das<br />
Bild der Gegend, wie es einem heute<br />
begegnet. In der Landwirtschaft<br />
setzen sich rationelle und merkantile<br />
Verfahren durch, die Vereinödung<br />
prägt Vorder- bis Mittelwald, die<br />
Hartkäserei breitet sich aus – so<br />
nachhaltig, dass hier die erste Sennereischule<br />
im Habsburger Reich<br />
entsteht. Die neuen Herren sind die<br />
Käsebarone, die mit den Produkten<br />
der neuen Landwirtschaft sagenhafte<br />
Reichtümer anhäufen oder Textilverleger,<br />
die den Stoff der textilen<br />
Heim industrie liefern, bevor die<br />
Eisenbahn ab 1902 die Fabriken im<br />
Rheintal mit Arbeitskraft beliefert.<br />
Immer sind solche Umwälzungen<br />
von Widerstand begleitet – Franz<br />
Michael Felder, Schriftsteller und<br />
Wortführer des Aufbegehrens, ist<br />
noch heute als eine außergewöhnliche<br />
Persönlichkeit (Franz Michael<br />
Felder Museum → S. 93) im Tal<br />
präsent – entsprechend zäh wird am<br />
eigenen Haus und Hof festgehalten.<br />
Dazu müssen immer wieder neue<br />
Erwerbs quellen erschlossen werden –<br />
die Fülle handwerklicher Fertigkeiten<br />
legt davon Zeugnis ab.<br />
Diese Kultur hat ihre Vitalität erhalten<br />
können. Innovation, Beweglichkeit<br />
auf der Basis von Erworbenem setzen<br />
sich heute fort in Initiativen wie dem<br />
werkraum (→ S. 76) und haben den<br />
Bregenzerwald zu einer europäischen<br />
Musterregion werden lassen.