Mediengolfer_2021
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Mediengolfer · Ausgabe 2021
Pitchmarken-Allergie: Geräte zum Ausbessern der Pitchmarke auf dem Grün gibt es in vielen Ausformungen und Preislagen. Doch viele Golferinnen und
Golfer haben Berührungsängste und lassen den Einschlag ohne Reparatur. Christa Helle (rechts 73), eine der wenigen Damen auf deutschen Plätzen, die
als Marshall (a) unterwegs sind und mit Handicap 11,3 weiß, wovon sie spricht.
Fotos: Christopher Tiess, Stella Niehörster
Die Leiden der Platzaufsicht
Mit dem Marshall on Tour: von Blue-Jeans, Pitch-Marken und der Suche nach dem Glück
K
urt ist sauer. Dabei wird der Kurt
(66) selten sauer. Aber wenn, dann
richtig. Und jetzt ist richtig. „Armleuchter,
Vollpfosten, Hammerwerfer, Blödmann.“
Weitere Wertschätzungen der besonderen
Art sprudeln aus dem sonst so
freundlichen Zeitgenossen wie Pilsner
Urquell aus einem 100-Liter-Fass. Kurt
spielt seit 30 Jahren Golf und hat gerade
die Faxen dick.
„Arschloch“ ist die vorerst letzte Freundlichkeit
für den Menschen, der beim Herren-Nachmittag
eine Pitchmarke in Krater-Größe auf
dem feuchten Grün hinterlassen hat. Kurts
Kugel – ein Chip aus 15 Metern – war zum
Eagle auf dem Par 5 unterwegs. Super- Linie.
Ein Meter vor dem Loch bricht der Ball
weg – und aus der Traum.
Den Grund erkennt der entgeisterte Elektro-Ingenieur
samt Flightpartnern erst bei
der Analyse des Beinahe-Zauberschlages.
„Die Pitchmarke hat ihn abgelenkt ... und
so’n Loch kannst Du
nicht übersehen.“
Kurt stammelt mit
hochrotem Kopf
noch einmal sein
Rest-Vokabular für
Zeitgenossen, die
38
„Ich hab’ eine in
meinem Bag.“
Oft gehörter Spruch von Pitchmarken-Allergikern
nicht seinem Kulturverständnis auf dem Golfplatz
entsprechen. Auch, weil statt des Eagles
am Ende ein Doppel-Bogey auf der Scorekarte
steht. „Den mach ich fertig.“
„Wo ist hier eigentlich der Marshall?“ Kurt
kann sich kaum beruhigen, weil der Marshall
natürlich nie da ist, wo er gerade dringend
gebraucht wird. Jupp ist heute Marshall. Weil
er Knie hat, fährt er freiwillig und in seiner
Freizeit – für mehr Fluss und zügiges Spiel,
zu langsame Flights und jene, die der Hilfe,
manchmal auch der Nachhilfe bedürfen.
Zwei Single Handicapper und ein Anfänger
schleichen über die Fairways. Die beiden,
weil sie versuchen, sich gegenseitig mit
ihren Abschlägen auszuknocken; denn die
meisten Bälle des Longest-Drive-Duells
landen
im tiefen Rough oder in
den Büschen. Das kostet
Zeit. Suchen ist angesagt.
Dazu der dritte Mann.
Ein leicht überforderter
Anfänger, der sich mit seinem Eisen 7 über
die Runde quält. Dahinter staut sich der Verkehr.
Das Turnier stockt. Vor dem Trio mit
den beinahe DeChambeau-Drives ist ein Par
5 menschenleer. Klassischer Beweis für zu
langsames Spiel. Die Bitte des Marshalls,
doch ein wenig Gas zu geben, kommentiert
das Trio mit Unverständnis. Die Suche nach
dem Glück ultralanger Drives endet mit dem
Versuch, den Ball vom Tee noch einmal aufs
Fairway zu bringen. „Wir sind nicht zu langsam.
Was soll das überhaupt ... jetzt.“ Klassisch zu
langsam, weil wo auch immer in Deutschland
die Geschichte mit dem zügigen Spiel
bei einigen noch nicht angekommen ist. Das
Angebot des Marshalls in seinem roten Cart,
andere durchspielen zu lassen, damit der