Mediengolfer_2021
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Mediengolfer · Ausgabe 2021
Herrennachmittag nicht nach der Tagesschau
endet, ist für zwei der drei Herren wie eine
Ohrfeige. „Wir lassen nicht durchspielen, wir
sind Single-Handicapper.“ Der aktuelle Score
passt zwar nicht so ganz dazu, aber das Image
als Einstelliger zählt schließlich auch bei den
anderen im Club. Dass dieser Flight am Ende
doch Platz für andere machen muss, ist eine
Ansage der Platzaufsicht.
Nachspiel bei der Siegerehrung garantiert;
denn für die meisten sind die Damen und Herren
von der Platzaufsicht oder im Marshall-Cart
ein rotes Tuch. Die Wertschätzung, die unser
Freund Kurt für den Pitchmarken-Verursacher
zuvor von sich gab, sorgt auch hier für klare
Fronten. „Blödmann, dieser Marshall.“ Der
Versuch der beiden Fast-Profis vom Nachbar-Club,
sich deshalb zu beschweren, endet
nach der Runde mit einem dezenten Hinweis
Plant, wieder Marshalls
kontrollieren zu
lassen: Klaus Pastor,
DMGG-Vize und neuer
Präsident im GC
Mergelhof, dem Kurs
im Dreiländereck von
Deutschland, Belgien
und den Niederlanden.
Foto: GC Mergelhof
Der Marshall als Retter
und Freund
Ob englisch Marshall oder amerikanisch mit
nur einem L - im GC Mergelhof gibt‘s gar keine
Platzaufsicht. Klaus Pastor, der Vizepräsident
der DMGG, ist hier seit Sommer der erste Mann
im Club und weiß, dass es der Neuerungen
bedarf. „Wir haben nach einigen Fehlversuchen
auf Marshalls verzichtet. Bewusst. Jetzt
denken wir darüber nach, wieder Marshalls
einzuführen“. Ein klares Ziel des neuen Chefs
im Club, der im Dreiländer-Eck zwischen Belgien,
Deutschland und den Niederlanden liegt.
Der Grund: das Verhalten einiger Mitglieder.
Pitchmarken übersäen die Grüns, Divots –
groß wie Schnitzel – die Fairways. „Einige
Golffreunde setzen sich in Permanenz über
verbindliche Regeln hinweg.“ Pastor, auf dem
Platz wie im Club auf Etikette bedacht, ist
sauer. Für viele gelten Marshalls als Platz-Polizei
und wer lässt sich auf der Runde schon
gerne eine Verwarnung verpassen. Da Fehlverhalten
leider nicht nur durch „Bitte, Bitte“
abzustellen ist, wird in der neuen Saison auf
der Anlage im belgischen Gemmenich – nur
ein paar Kilometer von Aachen entfernt – die
Platz-Polizei wieder Runden drehen. „Es gilt
eine kleine Schar unsozialer Mitglieder auf
des Spielleiters mit Blick auf die gültige Spielund
Platzordnung. Die will einer der beiden
„Der Job als
Marshall ist nichts
für Weicheier.“
Christa Helle, eine der wenigen Marshalla
– nur Gast auf dem Platz – sogleich einsehen,
um seine Beschwerde schriftlich zu formulieren.
Per Mail. Schreibkram auch für den
Marshall, weil sich wieder mal ein Zeitgenosse
in seinem golferischen Selbstverständnis nicht
wertgeschätzt fühlt. „Der Job als Marshall
ist nichts für Weicheier“, sagt Christa. Die
73-Jährige weiß genau, wovon und über wen
sie spricht. Die Dame spielt mit Handicap 11,2
eine ganz gepflegte Kugel – trotz ihres Alters.
Weiter auf Seite 40
den Pfad der Golf-Tugenden zurückzuführen“,
sagt der neue Präsident. Und das vielleicht
auch, weil er bei den „Irisih Media Masters“
vor Jahren erlebt hat, wie ein irischer Marshall
zum Retter auf dem Platz wurde.
Erinnerungen des DMGG-Vize an 1999 an
„Druid‘s Glen“, einem spektakulären Park land-
Course südöstlich von Dublin. „Der Flight war
schon besonders. Ein schwedischer Kollege,
der unglaublich weit, aber nie gerade schlug.
Ein alternder Amerikaner, der vor und nach
jedem Schlag fragte, wie Stableford gespielt
wird. Dazu eine überaus attraktive Holländerin,
die ihre Turnierpremiere feierte. Eine
Horror-Runde.
Ab Loch 6 wurde der Marshall zu unserem
Dauerbegleiter. An der 11 hatte der schweigsame
Aufpasser ein Einsehen und wurde zu
meinem Freund. John McDurry wünschte
überaus höflich aber recht bestimmt, aus
dem 4er- zwei 2er-Flights machen zu dürfen.
Ich hätte den Mann küssen können und bat
die holländische Schönheit, mir zu folgen.
Abschlag ohne jeden Kommentar auf Tee 12.
Ein Par 3. Aus 174 Yards segelt der Ball ins
Tal und landet Zentimeter hinter der Fahne.
Ströme von Glück und der Ritterschlag des
Marshalls. „Good Job“. Später gab’s dafür
sogar einen Ehrenpreis. Ein Kerzenleuchter
von solider irischer Handwerkskunst. Nicht
wirklich schön. Trotzdem steht er seit 21
Jahren noch auf der Fensterbank – auch zur
Erinnerung an John Mc Durry, den großartigen
Marshall, der mich auf „Druids Glen“
von einem altersschwachen Amerikaner und
einem streuenden Schweden erlöst hat.
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Geschenke für
die Platzaufsicht
Er ist immer wieder
auch als Platzaufsicht
unterwegs: Gerd R.
Rothfuchs (51) führt
als Golfbusinessdirector
die Anlage des GSC
Rheine/Mesum, auch
bekannt als Wohnzimmer
der DMGG. Er ist
immer wieder auch als
Platzaufsicht unterwegs.
Foto: Privat
„Marshalls darf man nicht mit der Polizei
vergleichen, deswegen heißt das bei uns
Platzaufsicht.“ Ein Mann, ein Wort. Rund
1050 Mitglieder betreut Rothfuchs in Rheine,
dazu immer wieder größere Gästegruppen,
die nicht immer die schnellsten auf
seiner Anlage sind.
Deswegen helfen die Herrschaften in den
Club-Carts in Mesum als Starter und haben
mögliche Problemkinder gleich im Auge.
„Für ein zügiges Spiel zu sorgen, ist die erste
und wichtigste Aufgabe.“ Klare Ansage des
Managers, der es liebt, zügig über die Runde
zu kommen, damit danach noch für einen
kurzen Plausch an der „19“ ein wenig Zeit
bleibt. Vier Mitglieder teilen sich in der Saison
den Job, werden dafür per Stundensatz
honoriert. In der Nebensaison sind es zwei,
die ihre Runden drehen. „Die geben gezielte
Hinweise zu Pitchmarken und Divots. Immer
recht freundlich.“
Und wenn das nicht klappt, wird‘s auch mal
ernst. Kommt zwar selten vor, aber die Folgen
sind deutlich. Die erste Ansprache ist ohne
Konsequenzen. Direkte Ansprache auf Vergehen
wird mit einer Verwarnung geahndet. „Das
ist die gelbe Karte“. Bei Mehrfachvergehen
droht eine Sperre. „Unbelehrbare Zeitgenossen
werden für zwei bis vier Wochen gesperrt.“
Da ist Rothfuchs knallhart. Kommt zum Glück
aber nicht so oft vor.
„Wichtig für alle auf dem Platz und für uns ist,
dass das Spiel hier läuft.“ Dafür ist er seinen
Platzaufsehern, die sich auch schon mal böse
Blicke gefallen lassen müssen, dankbar. Und
dass es manchmal auch Spieler sind, beweist
eine Gruppe, die seit sechs Jahren im GSC
Rheine/Mesum tolle Tage erlebt. „Die bringen
unseren Marshalls sogar kleine Geschenke
mit – und die erhalten die Freundschaft.“ Da
ist die Bitte um Pitchmarken und Divots kein
Thema. Und die Sache mit den schnelleren
Flights und dem Durchspielen lassen wird
zur Ehrensache.