Mediengolfer_2021
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Mediengolfer · Ausgabe 2021
Der Mann der 1000 Masken
Jens Stephan nutzt die Coronazeit fürs Nähen und Besticken von Mund- und Nasenschutz
D
er vielfache Klubmeister und Masterssieger
der DMGG entdeckte in
der Corona-Spielpause neue Seiten der
Kreativität – im Kampf gegen die Langeweile
und das üble Coronavirus.
Eine Spezialanfertigung für „La Notte Italiana“
im Heimatclub von Jens und Judith, Schloss
Reichertshausen.
Ein Blick in die Werkstatt des Maskenmanns:
Nach 1000 Masken geht alles schnell von der
Hand.
Von Jens Stephan
Vor einigen Jahren beschloss ich, meine golferischen
Aktivitäten bei Temperaturen unter
10 Grad ruhen zu lassen. Der Körper zickte
und dem Schwung waren diese Bewegungen
in dicken Klamotten auch nicht zuträglich.
Die Fahrzeit zum Golfclub war lang und Apps
zum Anzeigen der Temperatur am geplanten
Ziel sowie Geräte, auf denen sie hätten laufen
können, waren noch nicht ersonnen. So gab es
für mich fortan jedes Jahr eine Winterpause,
die meist im November begann und mit der
„Offenen Woche“ in Bad Ems zu Ostern endete.
Auch wenn es hier
eigentlich nicht hergehört,
muss ich doch
berichten, dass es ein
merkwürdiges Gefühl
ist, nach dreimonatiger
Golfabstinenz, umringt
von diversen Golfern,
am ersten Abschlag zu
stehen und den Drive in eine Region zu spielen,
die außerhalb des Peinlichen liegt.
Es hätte so schön werden können 2020, mit
Apps, die mir schon Tage vorher sagen, wie
das Wetter wird, begann die Saison schon früh,
da einstellige Januartage schon zweistellige
Temperaturen boten. Bei vier Minuten Fahrzeit
mit dem Auto und 10 bis 12 mit dem Fahrrad
gehen einem auch schnell die Ausreden aus,
falls man denn keine Lust auf körperliche Betätigung
hätte. Ein morgendlicher Blick auf die
Waage machte auch klar, dass es gewichtigere
Gründe zu spielen gab, als es zu lassen. So kam
die eine Runde zur anderen, die Ergebnisse
wurden auf überschaubarem Niveau besser
und die Waage wurde gnädiger. Dank Erderwärmung
und Klimawandel häuften sich die
Tage mit den zweistelligen Temperaturen und
es hätte so schön werden können.
Mitte März befanden wir uns aber im Lockdown
und sowohl der Golfplatz als auch sein
zwei Tage zuvor wiedereröffnetes Restaurant
waren geschlossen. Kaum angefangen,
war das Golf-Jahr schon wieder beendet,
unabhängig von Temperatur und Platzzustand.
Judith hatte mit ihrem Homeoffice
die Küche erobert und durfte sich dank ihres
Amtes zusätzlich zu ihren Aufgaben als CvD
mit Sozialplanverhandlungen beschäftigen.
Mir ging es wie Euch anderen 80 Millionen.
„Alles löste sich in einer
Suppe aus Verantwortung
und Verboten auf.
Etwas Neues musste her.“
Neu-Näher und Neu-Sticker Jens Stephan
Es war alles anders und jedweder Plan, den
man – oder in dem Fall ich – für sein letztes
Jahr als unter Sechzigjähriger gefasst hatte,
löste sich in einer Suppe aus Verantwortung
und Verboten auf. Etwas Neues musste her.
DMGG-Polo als Versuchsobjekt So geschah
es am ersten April 2020 und in Ermangelung
besserer Aprilscherze, dass ich mich an die
erst vor wenigen Jahren bei Aldi erworbene
Nähmaschine erinnerte. Gut behütet und original
verpackt stand sie jungfräulich im Schrank
und hatte sicherlich nur darauf gewartet, im
Fall einer weltweiten Katastrophe mit Nadel
und Faden dagegen
anzukämpfen.
Anders formuliert,
war ich mir meiner
biologischen und
chemischen Fähigkeiten
bewusst und
es war klar, dass es
für das eine und zum
Mixen von Cocktails reichte, aber definitiv
nicht um ein Heilmittel oder gar einen Impfstoff
zu entwickeln. Andere Ideen wurden
ob ihres Bedarfs an liquiden Mitteln oder
fehlender Qualifikation schnell verworfen. So
blieb nur mein 1974 absolvierter Nähkurs an
der Gesamthochschule Raunheim.
Nach einer kurzen Google-Recherche befand
ich mich im Besitz zweier Schnittmuster und
dazu passender „Bauanleitungen“ wieder. Wer
wagt gewinnt und Zögern war in dieser Krise
nicht angebracht. So hielt ich ein knappes
Stündchen später meine erste selbst genähte
Maske in der Hand, außen schwarz und für die
Innenseite musste ein weißes Frotteehandtuch
sein Leben aushauchen. Derart inspiriert
förderte eine zweite Expedition durch meinen
Kleiderschrank ein DMGG-Polo zu Tage, das
sich auch schon längere Zeit widersetzte,
meinen Oberkörper zu bedecken. Kurze Zeit
später war meine erste Logomaske vollendet.
Erstes Feedback durchaus positiv Schon
während der Recherche bei Google wurde
mir klar, dass ich die Masken nicht aus Omas
abgelegten Socken oder aussortierten Poloshirts
nähen wollte. Zudem fehlte auch noch
einiges an Hardware für meine Nähkarriere. So
nahm der stete Strom an Paketen, der täglich
an unsere Gefilde schwappte, um uns mit dem
Notwendigsten zu versorgen, deutlich zu.
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