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BIBER 04_21 OLA 4-8

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„Herr Hanke, wie steht es

um die Wiener Clubs?“

Der Wiener Stadtrat für Finanzen Peter Hanke möchte einen

Kultursommer auf die Bühne bringen, wartet mit kreativen Lösungen

zum „Aufsperren Wiens“ auf und erzählt im biber-Interview, warum es

das Ausbildungsstipendium im Pflegebereich braucht.

BIBER: Herr Finanzstadtrat, bevor wir

loslegen, eine dringende Frage aus der

Redaktion: Haben Sie einen Laptop?

PETER HANKE: Ja. Ich habe auch ein

iPad und ein Handy. Es gelingt mir

durchaus mit der modernen Technologie

mitzuhalten und ich verwende sie auch.

Da sind wir erleichtert. Wir blicken auf

ein Jahr Corona-Pandemie zurück:

Haben Sie sich im März 2020 das wirtschaftliche

Ausmaß der Krise so vorgestellt?

Nein. Es ist überraschend. Wir alle dachten,

dass nach dem ersten Lockdown

ein Stück des Weges gegangen ist, und

konnten uns nicht vorstellen, dass es

einen weiteren geben würde. Heute sind

wir sehr realistisch und wissen, welche

Auswirkungen die Krise hat – insbesondere

auf die Arbeitnehmerinnen und

Arbeitnehmer. Die Tragik ist die: Hunderttausende

Menschen sind arbeitslos

geworden, Hunderttausende sind in

Kurzarbeit und viele Zehntausende sind

in Quarantäne.

Bleiben wir bei den Zahlen: Wie viel

hat Corona denn die Stadt Wien bisher

gekostet?

Bis dato hat Corona rund 500 Millionen

Euro gekostet. Ich glaube, dass jeder

Euro, der jetzt in das Thema Arbeit investiert

wird, ein doppelter ist. Wien ist eine

Von Delna Antia-Tatić, Fotos: Zoe Opratko

junge Stadt, viele junge Familien sind

betroffen, die jetzt unsere Unterstützung

ganz besonders brauchen.

Trotz dieser halben Milliarde Euro

zusätzlicher Ausgaben hört ein jeder von

individuellen Pleiten und von Hilfen, die

nicht ankommen. Frustriert Sie das?

Persönlich gehen mir diese menschlichen

Schicksale besonders ans Herz.

Es ist auch schmerzhaft zu sehen, wie

viele Einpersonenunternehmen (EPUs)

und Kleinunternehmen mit dieser Krise

in eine Schräglage gekommen sind. Im

beruflichen und politischen Bereich ist

aber jetzt auch die Zeit, um mit kreativen

Lösungen in der Wirtschaft neue Projekte

voranzutreiben.

Sehen Sie es als Ihre Aufgabe die

Wiener*innen vor einem wirtschaftlichen

Ruin zu „retten“ – oder inwieweit ist das

in einer Pandemie individuelles Schicksal?

Nein, es kann nie individuelles Schicksal

sein. Wir alle haben uns als Ziel gesetzt,

niemanden in Wien zurückzulassen.

Wenn wir diese Ansage ernsthaft leben,

haben wir den Schulterschluss mit jenen

Gruppen zu finden, die jetzt in der Krise

besonders betroffen sind: Das sind

die EPUs, die kleinen Gesellschaften,

das sind die Branchen vom Handel,

Tourismus und Kongressbereich – und

das ist der gesamte Kulturbereich, der

zum Erliegen gekommen ist. Das sind

tausende Einzelschicksale. Da müssen

wir versuchen, jetzt Lösungen zu finden

– und das tun wir.

Wie sehen solche Lösungen aus?

Wir haben in den letzten 12 Monaten

vier Corona-Hilfspakete geschnürt – und

ich befürchte, das hat noch kein Ende,

sondern glaube, dass weitere Unterstützungen

notwendig sein werden. Wir

versuchen, zusätzlich den Kultursommer

wieder auszurufen, wir werden über

sechs Millionen Euro in die Hand nehmen,

um Künstlerinnen und Künstlern

kleinräumig die Möglichkeit des Auftritts

in den Grätzeln zu geben, damit sie auf

kleinen Bühnen und coronatauglich ihr

Programm gestalten können. Wir haben

die Vienna-Experience-Card eingeführt,

die Wien einmal von einer anderen Seite

erlebbar macht: ein Museumsbesuch

zu Nachtstunden etwa. Und darüber

hinaus planen wir die Gastro-Inseln. Das

„Aufsperren Wiens“ liegt in diesen Tagen

zwar noch in der Ferne, aber wir wollen

am Tag eins gerüstet sein und den

Schanigarten im Großen in allen Wiener

Bezirken aufsperren.

Wie ich gehört habe, muss man sich

dafür bewerben – oder ist Platz für alle

Betriebe?

Nein, es ist nicht Platz für alle. Es ist

Platz für eine Auswahl jener Betriebe, die

keinen Schanigarten haben. Wir setzen

die Aktion jedoch Monat für Monat an,

sodass wir mit einem Wechsel möglichst

viele Gastronomen berücksichtigen

können. In allen 23 Bezirken planen wir

zwei Standorte und zusammen mit dem

Schanigarten-Hotspot, dem Stadtpark,

werden insgesamt 300 Gastronomen

aufsperren können.

Wird bei der Auswahl auch die Vielfalt

der Lokale berücksichtigt – wie etwa die

Lokale der Märzstraße?

Nein, das werden wir so nicht schaffen

können. Nachdem es zwei Standorte pro

Bezirk geben soll, ist natürlich hier die

Buntheit des Bezirks schon gefragt. Die

Auswahl wird per Los unter notarieller

Beglaubigung stattfinden. Daher können

wir nicht sagen, ob sich alle wiederfinden

– aber es soll eine bunte Mischung sein.

Bleiben wir beim Vergnügen. Was unsere

Leserschaft natürlich besonders interessiert:

Wie steht es um die Clubs? Wann

kann man in Wien wieder feiern – und

gibt es dann überhaupt noch Clubs, oder

sind die dann alle schon „tot“?

Das hoffe ich nicht. Wir haben bereits

eine Club-Förderung auf Landesebene

generiert. Momentan sehen wir jedoch

keine baldige Öffnung. Es ist für diese

Branche sehr schwierig geworden

und daher überlegen wir auch, in den

nächsten Monaten hier eine weitere

Unterstützung zu geben. Denn ich weiß,

dass es – trotz Kurzarbeit und Unterstützungsleistungen

von Bund und Land

– eine unglaublich schwere Zeit für jeden

Clubbesitzer ist. Aber auch für alle Angestellten.

Trotz allem: Das Lebensgefühl

wird sich nicht ändern. Es wird hoffentlich

rasch wieder die Zeit kommen, wo

wir die Clubatmosphäre in Wien genießen

können.

Nun soll man Krisen bekanntlich für

Investitionen nützen – und auch darüber

wollen wir heute reden. Konkret über das

Ausbildungsstipendium von 400€, das

die Stadt Wien vergibt. Worum geht es

dabei genau?

Wir sehen, wie sich Branchen verändern

und dass wir gerade im Pflege- und

Gesundheitsbereich viele Tausende neue

WER IST ER?

Name: Peter Hanke

Alter: 57

Funktion: Amtsführender Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft,

Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke

Besonderes: Glaubt an einen positiven Effekt der Frauenquote

bei staatlichen Unternehmen

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