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Ausgabe 05 | 2021<br />
www.beschaffung-<strong>aktuell</strong>.de<br />
Einkauf<br />
Materialwirtschaft<br />
Logistik<br />
Interview<br />
Sorgfaltspflichten-§<br />
Was man im<br />
Einkauf wissen muss<br />
» Seite 28<br />
Industrie 4.0<br />
Drahtlose Kommunikation<br />
in der Produktion<br />
» Seite 44<br />
Agilität<br />
Neue Rollen für den<br />
Einkauf von morgen<br />
» Seite 18<br />
Uwe-Karsten Städter, CPO<br />
Porsche AG<br />
» Seite 14<br />
TITEL<br />
Professionell. Innovativ. Einkauf.
eLogistics verbindet.<br />
C-Teile-Management<br />
in der Industrie 4.0<br />
kk-elogistics.de<br />
2 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
» EDITORIAL<br />
Globaler Gambit<br />
Schach ist wieder cool; immer mehr Menschen widmen sich dem altem<br />
Brettspiel. Das berichten übereinstimmend Medien wie die Süddeutsche<br />
und der SWR. Dazu beigetragen hat nicht nur die erfolgreiche Netflix-<br />
Serie „Damengambit“, sondern auch die Corona-Krise. Schach lässt sich<br />
schon zu zweit und gut als Online-Partie spielen. Und lange beschäftigt ist<br />
man auch: denn Schach ist kompliziert. Al-Mamun, Kalif im 9. Jahrhundert,<br />
soll gesagt haben: „Erstaunlich, dass ich die Welt vom Indus im<br />
Osten bis Andalusien im Westen regiere und nicht der 32 Schachfiguren<br />
auf 2 mal 2 Ellen Fläche Herr werde.“ Schach, so kann man meinen, ist<br />
also auch der metaphorische Kommentar zum augenblicklichen Weltgeschehen:<br />
Denn das auf den ersten Blick so einfach wirkende Spiel hat<br />
eine Komplexität, die kaum zu begreifen ist. Ähnlich geht es heute Unternehmen.<br />
Ihre „sicher “ geglaubten Lieferketten, aber auch ihre interne<br />
Unternehmensstruktur ändern sich; unvorhersehbare Komplexität eröffnet<br />
sich in vielen Bereichen, die zuvor als unproblematisch gesehen wurden.<br />
So ist es etwa mit der Komplexität der globalen Lieferbeziehungen. Unser<br />
wissenschaftlicher Berater Robert Fieten bemängelt in seinem Meinungsbeitrag<br />
(Seite 67) überoptimierte Lieferketten, die Klimaveränderungen,<br />
Unfälle wie der im Suezkanal und die Corona-Pandemie nicht mehr abfangen<br />
können, und plädiert für ein besseres (teures) Risikomanagement —<br />
Kosten, die wir unserer Kurzsichtigkeit und der Unterschätzung der<br />
Komplexität zuschreiben müssen. Uwe-Karsten Städter, CPO Porsche AG,<br />
erklärt im großen Einkäuferinterview auf Seite 14, wie er diese Herausforderungen<br />
in der <strong>Beschaffung</strong> angeht.<br />
Auch höhere Anforderungen an die Transparenz der Lieferketten steigern<br />
die Komplexität. Das sogenannte Lieferkettengesetz, das Unternehmen<br />
eine Sorgfaltspflicht für eingekaufte Güter auferlegt, gilt nahezu als<br />
beschlossen (Seite 28). Dies nimmt Unternehmen in die Pflicht, ihren<br />
eigenen <strong>Beschaffung</strong>sprozess transparenter aufzuschlüsseln.<br />
Komplexität bedeutet auch, neue Lieferanten zu finden, um Risiken abzufedern.<br />
Dabei kann die NLPP-Software des Anbieters Saphirion helfen,<br />
die konkrete Zielpreisformeln für ein bestimmtes Produkt oder einen Lieferanten<br />
entwickelt (Seite 26).<br />
Die Welt hat ihre Figuren gespielt.<br />
Jetzt sind Sie,<br />
liebe Einkäufer Innen, am Zug.<br />
Sanja Döttling,<br />
Redakteurin <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong><br />
sanja.doettling@konradin.de<br />
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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 3<br />
info@lederer-online.com
» INHALT 05 2021 68. JAHRGANG<br />
Rainer Rössel, Leiter des<br />
Geschäftsbereichs<br />
TITELSTORY<br />
Chainflex-Leitungen<br />
bei Igus, ist vom<br />
UL-Prüf siegel überzeugt.<br />
UL-Sicherheitskennzeichung<br />
im Fokus<br />
» Seite 48<br />
Titelbild: Igus<br />
MAGAZIN<br />
EMI<br />
Industrieproduktion schnellt auf Allzeithoch 8<br />
ArgeZ Geschäftsklima im März<br />
Erholung bei den deutschen Zulieferern festigt sich 8<br />
HWWI-Rohstoffpreisindex im März<br />
Weltwirtschaft stützt Rohölpreise 9<br />
Marktanalyse<br />
Werkstoffmarkt – Wohin geht die Reise? 10<br />
Rohstoff des Monats<br />
Polyurethan 12<br />
MANAGEMENT<br />
* Uwe-Karsten Städter, Porsche AG<br />
„Wir wollen gemeinsam mit unseren<br />
Lieferanten das Richtige tun“ 14<br />
* Agilität im Einkauf<br />
WANTED: Superheld 2.0 18<br />
Carmen Samorski, Fripa<br />
„Wir müssen weit gehen ,<br />
um über den Tellerrand zu blicken“ 22<br />
Entscheidungen einfach gemacht<br />
Lieferantenbewertung<br />
mit NLPP-Simulationsmodellen 26<br />
* Umsetzung des Lieferkettengesetzes<br />
Sorgfaltspflichtengesetz –<br />
was Einkäufer jetzt wissen müssen 28<br />
Rechtsfragen im <strong>Beschaffung</strong>sprozess<br />
Die Nacherfüllung –<br />
nachbessern oder neu liefern 32<br />
LOGISTIK<br />
Frachtenbörsen nutzen<br />
Digitale Plattformen<br />
richtig implementieren 34<br />
Einkauf von Ladungsträgern<br />
Start-up: Paletten digital beschaffen 36<br />
Der Trend Radar von DHL<br />
Was die Logistik bewegt 38<br />
Connected Chain Manager (CCM)<br />
Lieferketten optimieren 40<br />
Brexit-Folgen<br />
Nachfrage für EPAL-Paletten steigt 41<br />
Fachmesse transport logistic 2021<br />
Online-Konferenz vom 4. bis 6. Mai 2021 geplant 43<br />
Neuer Bestwert im Smart Logistics System<br />
Frachtenbörse erreicht Rekordwert 43<br />
HANDLING & MONTAGE<br />
* Drahtlose Kommunikationstechnologien<br />
5G allein ist kein Heilsbringer<br />
in der Produktion 44<br />
Vakuumgreifer für Cobots<br />
Schnell muss es gehen 47<br />
ZULIEFERUNG<br />
TITEL<br />
Was die Zertifizierung für Leitungen bringt<br />
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser 48<br />
Über das Z-System<br />
„Erheblich kürzere Zykluszeiten sind erreichbar“ 52<br />
Produktneuheiten 53<br />
4 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Geschäftsreisen in Corona-Zeiten<br />
Wie die Krise die Reisebranche beeinflusst hat 56<br />
BME<br />
Fachkongress<br />
56. BME-Symposium 2021 erneut digital 60<br />
Aus- und Weiterbildung<br />
Neu: „Certified Procurement Manager Level 1“ 60<br />
Porsche-CPO Uwe-Karsten Städter zählt zu den<br />
erfahrensten Einkaufsspezialisten der Automobilbranche.<br />
» Seite 14<br />
Bild: Porsche<br />
KARRIERE<br />
Tipps, wie online von sich überzeugt<br />
Das professionelle Auftreten<br />
in virtuellen Verhandlungen 62<br />
Buchrezension<br />
„Green New Deal“ von Naomi Klein 64<br />
Kurzrezensionen 65<br />
RURBRIKEN<br />
Editorial 3<br />
Firmenregister 57<br />
Partner des Einkaufs 58<br />
Inserentenverzeichnis, Vorschau, Impressum 66<br />
Ladungsträger lassen sich nun über die digitale Plattform eines 2020<br />
gegründeten Start-ups beschaffen .<br />
» Seite 36<br />
Bild: steuccio79/stock.adobe.com<br />
Meinung: Prof. Dr. Robert Fieten<br />
Globale Lieferketten in der Zerreißprobe 67<br />
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Agilität im Einkauf bedarf nicht der Neuformulierung von<br />
Stellen, sondern der Erarbeitung von Rollen.<br />
» Seite 18<br />
Bild: lassedesignen/stock.adobe.com<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 5
» MAGAZIN<br />
Neue Geschäftsführung<br />
Dreiköpfige Spitze für den BVL<br />
Bild: BVL<br />
Ein dreiköpfiges Team mit Dr. Christian<br />
Grotemeier, Mike J. Holtkamp und Christoph<br />
Meyer bildet ab 1. April 2021 die Geschäftsführung<br />
der Bundesvereinigung<br />
Logistik (BVL) e. V., des BVL Campus und<br />
der BVL Service GmbH.<br />
Dr. Christian Grotemeier kam 2014 als<br />
Leiter Forschung und Veranstaltungen zur<br />
BVL. 2018 wurde der Volkswirt Mitglied<br />
der Geschäftsleitung. Als Geschäftsführer<br />
der BVL wird er sich auf die Bereiche<br />
Marketing/Vertrieb, Produktentwicklung,<br />
die Seminare sowie Digitalisierung und IT<br />
konzentrieren.<br />
Mike J. Holtkamp trat am 15. Februar<br />
2021 als kaufmännischer Geschäftsführer<br />
in die Geschäftsstelle der BVL ein. Der Betriebswirt<br />
und Industriekaufmann war zuletzt<br />
als kaufmännischer Leiter, Finanzen<br />
& Controlling, IT und Personal bei der<br />
Fuchs Wisura GmbH tätig. Über den Finanz-<br />
und Personalbereich hinaus verantwortet<br />
Holtkamp die Bereiche Veranstaltungsorganisation<br />
und Einkauf.<br />
Christoph Meyer leitet seit 2018 den Bereich<br />
Forschung und Veranstaltungen der<br />
BVL und war in den vergangenen Jahren<br />
bereits Projektleiter des Deutschen Logistik-Kongresses.<br />
Der Diplom-Regionalwissenschaftler<br />
kommt von der Jacobs University,<br />
wo er als Koordinator des Fachbereichs<br />
International Logistics tätig war. In<br />
der Geschäftsführung hat Meyer die Federführung<br />
für Inhalte, die Deutsche Außenhandels-<br />
und Verkehrs-Akademie und<br />
das Relationship-Management inne. (sd)<br />
Digitalisierung in der Automobilindustrie<br />
Mercedes-Benz und Siemens schließen strategische Partnerschaft<br />
Bild: Mercedes-Benz AG<br />
Die Mercedes-Benz AG strebt die Digitalisierung<br />
ihrer Produktionsprozesse an. Als<br />
Anbieter im Bereich der Automatisierung,<br />
industriellen Software und intelligenten<br />
Infrastruktur bringt Siemens hierfür<br />
Know-how und Technologien in die Partnerschaft<br />
ein, um gemeinsam eine flexible,<br />
effiziente und nachhaltige Auto -<br />
mobilproduktion zu entwickeln.<br />
In diesem Zusammenhang wird der Mercedes-Benz-Standort<br />
Berlin-Marienfelde<br />
neben der Neugestaltung der Produkti-<br />
onsaktivitäten in ein Kompetenzzentrum<br />
für Digitalisierung mit Fokus auf der Entwicklung<br />
und Implementierung von<br />
MO360, dem digitalen Ökosystem von<br />
Mercedes-Benz Cars, transformiert. In<br />
Berlin werden künftig auch Komponenten<br />
der E-Mobilität montiert. Das Unternehmen<br />
will die Zukunft von Berlin nachhaltig<br />
sichern. Ziel ist es, die in Berlin erprobten<br />
Neuentwicklungen weltweit auszurollen<br />
und die Anwender in den Werken<br />
zu qualifizieren. (sd)<br />
Würth Industrie Service<br />
Krisenfestes Management<br />
Intralogistik-Messe<br />
LogiMAT als Community<br />
Die Würth Industrie Service<br />
GmbH & Co. KG konnte trotz<br />
der Corona-Pandemie im Geschäftsjahr<br />
2020 einen Umsatz<br />
von 536 Millionen Euro<br />
erzielen. „Dank unserer Multikanalstrategie,<br />
das heißt, dass<br />
unsere Kunden über verschiedenste<br />
Kanäle – persönlich,<br />
stationär, aber auch kontaktlos,<br />
digital und elektronisch –<br />
mit uns interagieren können,<br />
bieten wir unseren Kunden<br />
genau die <strong>Beschaffung</strong>smöglichkeiten,<br />
die sie für ein opti-<br />
males C-Teile-Management<br />
unter allen Bedingungen, so<br />
auch in der Pandemie, brauchen“,<br />
so Martin Jauss, Geschäftsführer<br />
der Würth Industrie<br />
Service.<br />
Eine entsprechende Entwicklung<br />
zeigte sich 2020 ebenso<br />
im Würth Industrial Network.<br />
In Summe konnte im vergangenen<br />
Geschäftsjahr weltweit<br />
ein Umsatz von 1,587 Milliarden<br />
Euro erzielt werden.<br />
(kr/sd)<br />
www.wuerth-industrie.com<br />
Der Veranstalter der Fachmesse<br />
LogiMAT, die Euroexpo<br />
Messe- und Kongress-GmbH,<br />
stellt für ihre Aussteller und<br />
Besucher eine digitale Informations-<br />
und Kommunikations-Plattform<br />
bereit.<br />
Die Plattform LogiMAT.digital<br />
steht den Teilnehmern von<br />
April 2021 bis März 2022 zur<br />
Verfügung und wird in dieser<br />
Zeit mit Experten-Talks, Vortragsreihen<br />
und Präsentationen<br />
bespielt. Für die physische<br />
Fachmesse LogiMAT im März<br />
haben sich mehr als 1200<br />
Aussteller angemeldet. Diese<br />
können die Plattform für ihre<br />
Unternehmensprofile, Präsentationen<br />
und Pressekonferenzen<br />
nutzen. Herzstück der<br />
Plattform ist ein interaktives<br />
Matchmaking mit Chat-Funktion<br />
und Live-Streaming. Auf<br />
der Plattform LogiMAT.digital<br />
werden alle Funktionen bis<br />
April 2021 freigeschaltet. Die<br />
ersten Sessions sind für den 3.<br />
und 4. Mai geplant. (sd)<br />
www.logimat.digital<br />
6 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
ECOBIN<br />
Innovatives Behältersystem für das C-Teile-Management<br />
Ausgezeichnet mit dem German Design Award 2020<br />
Dank einer rundum gerundeten Innenkante und vertikal beweglicher Schiebeklappen ist<br />
die Entnahme selbst kleinster Artikel einfacher denn je. Die Anordnung der Klappen an<br />
Kurz- und Längsseite erlaubt zudem eine freie Platzierung der Boxen im Regal.<br />
Durch den speziellen Waffelboden können die Behälter sicher und stabil im<br />
Verbund gestapelt werden.<br />
Die ECOBIN Behälter sind das Herzstück unseres Dienstleistungspaketes<br />
ECOSIT ® . Mit diesem Belieferungssystem übernehmen wir für Sie<br />
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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 7
» MAGAZIN<br />
Zahlen im März<br />
Es geht steil bergauf: Einkaufsmanager-Index auf Rekordhoch<br />
Zum Ende des ersten Quartals hat sich<br />
das Wachstumstempo in der Industrie<br />
deutlich beschleunigt. Der saisonbereinigte<br />
IHS-Markit/BME-Einkaufsmanager-<br />
Index stieg im März mit 66,6 Punkten auf<br />
ein neues Allzeithoch. Das ist nicht nur<br />
eine deutliche Verbesserung zum Vormonat<br />
(60,7), sondern auch zum bisherigen<br />
Umfragehoch (63,3) vom Dezember 2017.<br />
Der Aufschwung geht in erster Linie auf<br />
das Wachstum beim Auftragseingang zurück.<br />
Zahlreiche Umfrageteilnehmer meldeten,<br />
dass die Nachfrage nach Investitions-<br />
und Vorleistungsgütern kräftig angezogen<br />
hat. Auch die Exportaufträge<br />
wuchsen mit einer nie da gewesenen Rate.<br />
Infolgedessen wurde die Produktion so<br />
massiv hochgefahren. Dennoch fiel sie<br />
damit niedriger aus als die des Auftragseingangs.<br />
Die unerledigten Aufträge stapelten<br />
sich in rekordverdächtigem Tempo.<br />
Die Fertigwarenlager schrumpften derweil.<br />
Demnach verkauften viele Hersteller<br />
direkt vom Lager, um die hohe Nachfrage<br />
zu bedienen.<br />
Die dringende Notwendigkeit, die Kapazitäten<br />
zu erweitern, führte zum ersten Anstieg<br />
der Beschäftigung in der Industrie<br />
seit Februar 2019. Im März meldeten<br />
76 % der Umfrageteilnehmer eine Verlängerung<br />
der Lieferzeiten.<br />
Zu Engpässen kam es meist, da die Nachfrage<br />
nach Rohmaterialien und Komponenten<br />
die Verfügbarkeit überstieg. Ein<br />
weiterer Grund war die immer noch geringe<br />
Verfügbarkeit von Schiffscontainern.<br />
Folglich zogen die Einkaufspreise<br />
für Rohstoffe und andere Vormaterialien<br />
kräftig an. Die Inflationsrate kletterte auf<br />
den zweithöchsten Wert in dieser Serie<br />
(nach dem von Februar 2011). Die steigenden<br />
Kosten und die hohe Nachfrage<br />
führten zu einer stärkeren Anhebung der<br />
Verkaufspreise. Tatsächlich war es der<br />
stärkste Anstieg seit Beginn der Erfassung<br />
dieser Daten im September 2002. Die Einschätzungen<br />
der Hersteller hinsichtlich<br />
ihrer Geschäftstätigkeit binnen Jahresfrist<br />
fielen optimistisch aus. Dennoch äußerten<br />
einige der Befragten Zweifel, ob<br />
das derzeit hohe Nachfrageniveau aufrechterhalten<br />
werden kann. (sd)<br />
Bild: IHS Markit/BME<br />
Geschäftsklima im März<br />
Erholung bei den deutschen Zulieferern festigt sich<br />
Bild: Ifo München, ArGeZ Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie<br />
In allen Segmenten der deutschen Zulieferindustrie<br />
setzt laut Ifo Institut eine<br />
weitere Erholung der Geschäftslage ein.<br />
Der Saldo kann um 10 Punkte zulegen<br />
und liegt damit bei 23,6 Punkten. Besser<br />
beurteilten die deutschen Zulieferer die<br />
Lage zuletzt vor<br />
zwei Jahren.<br />
Gleichzeitig steigen<br />
zudem die Geschäftsaussichten<br />
für die nächsten<br />
sechs Monate. Der<br />
saisonbereinigte<br />
Saldo liegt bei 23<br />
Punkten – eine<br />
Verbesserung um<br />
fünf Punkte im<br />
Vergleich zum Vormonat.<br />
Nach dem sehr schwierigen Vorjahr ist<br />
der solide Start in das Jahr 2021 von großer<br />
Bedeutung. Ob sich die Erwartungen<br />
für die nächsten sechs Monate jedoch bestätigen,<br />
bleibt ungewiss. Die steigenden<br />
Infektionszahlen und damit verbundene<br />
Restriktionen zeigen, wie dynamisch sich<br />
die Rahmenbedingungen verändern können.<br />
Insbesondere die Verbreitung von Virus-Mutationen<br />
bei der weiterhin schleppend<br />
verlaufenden Impfkampagne können<br />
die Planungen der Betriebe durchkreuzen.<br />
Zudem zeichnet sich ab, dass die<br />
Lieferengpässe bei Elektronikkomponenten<br />
die Produktion weiterhin beeinträchtigen.<br />
Die Wahrscheinlichkeit von Korrekturen<br />
der Prognosen wächst somit. (sd)<br />
8 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
HWWI-Rohstoffpreisindex im März<br />
Weltwirtschaft stützt Rohölpreise<br />
Der HWWI-Rohstoffpreisindex verzeichnete<br />
im März dieses Jahres einen durchschnittlichen<br />
Anstieg von 3,2 Prozent gegenüber<br />
dem Vormonat. Damit übertraf<br />
der Index seinen Vorjahreswert vom März<br />
2020, zu Beginn des ersten Lockdowns,<br />
um 82 Prozent.<br />
Der Anstieg der Energierohstoffpreise<br />
spiegelte vor allem die Entwicklung an<br />
den Rohölmärkten wider. In der ersten<br />
Woche des Monats berieten die Mitglieder<br />
der OPEC+. Anders als erwartet, einigte<br />
sich die Vereinigung der Ölproduzenten<br />
auf eine Verlängerung der Produktionskürzungen<br />
um einen weiteren Monat. Gestützt<br />
wurden die Preise ebenfalls durch<br />
die positive wirtschaftliche Entwicklung<br />
in China und die Impferfolge in den USA.<br />
Am 23. März sorgte ein Angebotsschock<br />
für einen kurzfristigen Preisanstieg an<br />
den Rohölmärkten. Auslöser war die<br />
Blockade des Suezkanals, die für den internationalen<br />
Handel wichtigen Schiffsrouten<br />
zwischen Asien und Europa. Ein<br />
auf Grund gelaufenes Containerschiff<br />
blockierte diese wichtige Handelsroute<br />
und schürte die Angst vor Versorgungsengpässen.<br />
Der dadurch ausgelöste Preisanstieg<br />
auf den Rohölmärkten war allerdings<br />
nur von kurzer Dauer. Insgesamt<br />
stieg der Teilindex der Energierohstoffe<br />
um +3,2 Prozent (Euro: +5,0 %) auf 121<br />
Punkte (Euro: 112,8 Punkte). Auch der<br />
Index für Industrierohstoffe stieg um<br />
4,4 Prozent (Euro: 6,2 %) auf 190 Punkte<br />
(Euro: 177,3 Punkte).<br />
Der Index für Nahrungs- und Genussmittel<br />
erhöhte sich ebenfalls im Monatsdurchschnitt<br />
um 0,3 Prozent (Euro:<br />
+1,9 %) und notierte bei 123,1 Punkten<br />
(Euro: 114,8 Punkte). (sd)<br />
Bild: CREATIVE WONDER/stock.adobe.com<br />
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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 9
Mark<br />
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Ser<br />
ervi<br />
ces.<br />
Bild: Photo&Graphic Stock<br />
Die Nachfrage ist<br />
wieder hoch, das<br />
Angebot an den Rohund<br />
Werkstoffmärkten<br />
noch nicht. Das führt<br />
zu hohen Preisen.<br />
Nach dem coronabedingten, drastischen Nachfragerückgang<br />
im Frühjahr 2020 und dem damit<br />
verbundenen Preisverfall zeichnet sich seit dem<br />
vierten Quartal 2020 eine spürbare Belebung der<br />
Werk-und Rohstoffnachfrage ab. Ein zusätzlicher<br />
Treiber dieser Entwicklung ist Indien. Die fünftgrößte<br />
Volkswirtschaft der Welt ist schon heute ein bedeutender<br />
Importeur von Edelstahlschrott und wird ihren<br />
Bedarf auch künftig nicht aus dem nationalen<br />
Recyclingprozess decken können. Mit China tritt seit<br />
Jahresbeginn zudem ein weiterer Nachfragegigant in<br />
Erscheinung: Die Volksrepublik hat zum 1. Januar<br />
2021 ihre Importbeschränkungen für Stahlschrott<br />
aufgehoben und mischt die globalen Märkte mit zusätzlicher<br />
Nachfrage auf.<br />
Nachfrage- und Angebotsschock<br />
Die wachsende Nachfrage stößt auf ein weitgehend<br />
unverändertes Angebot. Die verzögerte Reaktion der<br />
Angebotsseite ist typisch für den Werkstoffmarkt,<br />
denn ruhende Produktionsanlagen lassen sich nicht<br />
„mal eben“ hochfahren. Signifikante Preissteigerungen<br />
sind die Folge. Befeuert wird der Preisauftrieb<br />
Thyssenkrupp Materials Services<br />
... ist der größte werksunabhängige Werkstoffhändler und<br />
-dienstleister der westlichen Welt. Das Unternehmen bietet<br />
hochwertige Roh- und Werkstoffe in Verbindung mit technischen<br />
Dienstleistungen und entwickelt intelligente Prozesse<br />
in den Bereichen Automatisierung, Extended Supply<br />
Chain sowie Lager- und Bestandsmanagement. Mit 480 Niederlassungen<br />
in 40 Ländern und rund 18.800 Mitarbeitern<br />
erwirtschaftete Thyssenkrupp Materials Services 11,3 Mrd.<br />
Euro Umsatz im Geschäftsjahr 2019/2020.<br />
www.thyssenkrupp-materials-services.com<br />
durch den <strong>aktuell</strong>en Boom börsengehandelter Metalle<br />
wie Aluminium, Kupfer und Nickel. So stieg etwa<br />
der Nickelpreis seit Beginn der Corona-Pandemie bis<br />
zum Februar 2021 um mehr als 75 Prozent. Analysten<br />
sehen in der Preisentwicklung den Beginn eines<br />
neuen Rohstoff-Superzyklus. Preistreibend wirkt außerdem<br />
die pandemiebedingte Behinderung der internationalen<br />
Transportwege. Die Branche erholt sich<br />
nur langsam, was die Werkstoffknappheit verschärft.<br />
Blick in die Zukunft<br />
Die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage wird sich<br />
bis Ende 2021 voraussichtlich nicht schließen. Wann<br />
die Märkte wieder ins Gleichgewicht kommen, hängt<br />
vor allem von der Entwicklung der Corona-Pandemie<br />
ab. Solange sich die Lage durch Impfungen weiter<br />
entspannt und keine resistenten Mutationen auftreten,<br />
wird sich die Industrie wieder erholen. Doch bis<br />
sie ihr Vor-Krisen-Niveau erreicht, wird es noch dauern.<br />
Indes sind die meisten Werkstoffproduzenten bis<br />
Mitte 2021 ausgebucht, sodass eine Angebotssteigerung<br />
bis Ende des Jahres nicht zu erwarten ist. Entscheidend<br />
ist außerdem, wie schnell sich der internationale<br />
Transportmarkt von der Krise erholt. Auch die<br />
Frage, ob der Rohstoff-Superzyklus tatsächlich eintritt,<br />
spielt eine Rolle. Denn selbst wenn dessen reale<br />
Auswirkungen erst nach 2021 spürbar werden, befeuern<br />
Spekulationen schon heute die Preisspirale an<br />
den internationalen Rohstoffbörsen.<br />
Was bedeutet das für den Einkauf?<br />
Die geschilderten Zusammenhänge lassen vermuten,<br />
dass die <strong>Beschaffung</strong>ssituation für Werkstoffe auch<br />
Ende 2021 angespannter sein wird als vor der Corona-Krise.<br />
<strong>Beschaffung</strong>sverantwortliche stehen vor<br />
komplexen Herausforderungen, insbesondere beim<br />
Supply Chain Management: Unternehmen, die für<br />
kritische Vormaterialien internationale Lieferketten<br />
aufgebaut und dabei auf Single Sourcing gesetzt haben,<br />
müssen ihre Strategie hinterfragen. Denn eine<br />
10 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
einseitige Kostenoptimierung der Lieferkette zulasten<br />
des Risikoprofils kann zum Abriss der Supply<br />
Chain führen. Es empfiehlt sich deshalb, Risikoaspekte<br />
wieder stärker zu berücksichtigen, Stichwort Multi<br />
Sourcing. Zudem gilt es, die Lieferkette angesichts<br />
eines möglichen Rohstoff-Superzyklus gegen Preissteigerungen<br />
abzusichern und krisenbedingten Lieferausfällen<br />
mithilfe einer intelligenten Warehousing-Strategie<br />
vorzubeugen. All diese Herausforderungen<br />
sind für mittelständische Unternehmen nur<br />
mit erheblichem Aufwand zu bewältigen. Hier intern<br />
aufzurüsten, erfordert oft große Investitionen. Vor<br />
diesem Hintergrund ist es ökonomisch sinnvoller,<br />
Spezialisten in die <strong>Beschaffung</strong> einzubinden.<br />
<strong>Beschaffung</strong> Hand in Hand<br />
Globale Werkstoffhändler wie Thyssenkrupp Materials<br />
Services mit ihren internationalen <strong>Beschaffung</strong>s-<br />
Netzwerken, lokalen Experten und langjährigen Lieferantenbeziehungen<br />
sind die strategischen Partner<br />
für eine effiziente und resiliente <strong>Beschaffung</strong>. Sie<br />
leisten mehr als das reine Bereitstellen von Werkstoffen<br />
– zum Kerngeschäft gehört die Optimierung<br />
internationaler Lieferketten in puncto Effizienz, Kosten<br />
und Risiken mit dem Ziel, die Partner zuverlässig<br />
mit Werkstoffen zu versorgen. Wie wichtig effektives<br />
Supply Chain Management ist, um dieses Ziel zu erreichen,<br />
zeigt sich besonders in globalen Krisen wie<br />
der Corona-Pandemie. Auch regionale Veränderungen<br />
erfordern rasches Handeln, zum Beispiel Veränderungen<br />
in der Zollpolitik einzelner Länder oder militärische<br />
Konflikte. Spezialisierte Werkstoffhändler<br />
haben solche Risiken im Blick. Auch das Risiko von<br />
Preisschwankungen wird durch den <strong>Beschaffung</strong>spartner<br />
abgefedert. So schützt Thyssenkrupp Materials<br />
Services seine Lieferketten durch Rohstoffhedging<br />
vor Schwankungen an den Börsen und bietet<br />
seinen Partnern damit<br />
Preissicherheit. Ein weiterer<br />
Vorteil: Unternehmen können<br />
die kostenintensive Lagerhaltung<br />
an den Werkstoffhandel<br />
ausgliedern.<br />
Strategisches Supply Chain<br />
Management ist der Game<br />
Changer im Werkstoffmarkt.<br />
Bei Thyssenkrupp<br />
Materials Services haben Frank Thelen<br />
wir uns mit unserer Strategie<br />
„Materials as a Service“ and Procurement bei<br />
Head of Governance<br />
darauf ausgerichtet. So Thyssenkrupp<br />
können Sie sich voll auf das Materials Services<br />
Wesentliche konzentrieren:<br />
Ihr Kerngeschäft.<br />
Bild: Thyssenkrupp<br />
FÜR DEN HARTEN<br />
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konzentrieren kannst. Deine Gesundheit ist unser Auftrag.<br />
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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 11
Bild: petrsvoboda9/stock.adobe.com<br />
Polyurethan bietet Schutz gegen<br />
mechanische, thermische und<br />
chemische Einwirkungen. Bauschäume<br />
überbrücken und isolieren.<br />
Rohstoff des Monats: Polyurethan<br />
Gut gepolsterte Schaumstoffpreise<br />
Wenn Polyethylen vereinfachend für Plastik steht, dann steht Polyurethan für Schaumstoff.<br />
Ein omnipotenter Stoff für die Industrie, eine Herausforderung für EinkäuferInnen.<br />
Denn die <strong>Beschaffung</strong>spreise kennen seit Monaten nur eine Richtung : Es geht aufwärts!<br />
Es gibt mehrere Gründe für die derzeitige<br />
Preisrallye bei Polyurethan: So<br />
sorgen eine überraschend (wieder) erstarkte<br />
Automobilindustrie sowie der Immobilienboom<br />
für einen hohen Bedarf an<br />
Dämm- und Schaumstoffen. Dazu verteuerte<br />
sich allein im letzten halben Jahr der<br />
Ausgangsstoff Benzol von 545 Euro auf<br />
742 Euro pro Tonne – ein Anstieg um<br />
mehr als 36 Prozent. Dazu kommt, dass<br />
wichtige Hersteller ausfallen bzw. ihre<br />
Produktion gedrosselt haben. So sind die<br />
US-amerikanischen Produktionsanlagen<br />
immer noch durch den extremen Wintereinbruch<br />
gekennzeichnet, die TDI-Produktion<br />
von BASF in Ludwigshafen wird<br />
durch zeitweise Abschaltungen beeinträchtigt<br />
und das Dow-Joint Venture Sadara<br />
Chemical führt schon seit Monaten<br />
umfangreiche Wartungsarbeiten durch.<br />
Das alles führt (wie auch bei Polyethylen)<br />
zu einem klassischen Verkäufermarkt. Laut<br />
dem Branchendienst Kunststoff Information<br />
KI verhandeln die Verkäufer derzeit<br />
nicht, sie teilen zu. Allokationen waren in<br />
den letzten Wochen an der Tagesordnung<br />
und wer den verlangten Preis nicht bezahlte,<br />
erhielt nicht einmal verringerte<br />
Kontingente. Für den europäischen Poly -<br />
urethan-Markt ist nach Einschätzung von<br />
KI in den nächsten Wochen kaum mit einer<br />
Entlastung zu rechnen.<br />
PURe Fakten<br />
Die Kunststoffproduktion wächst seit Jahren<br />
konstant auf derzeit 380 Mio. Tonnen<br />
weltweit. Dieser Trend wird vor allem<br />
durch die asiatischen Länder befeuert –<br />
allen voran China. In Europa dagegen<br />
stagnieren die Produktionsmengen. Die<br />
deutsche Kunststoffindustrie ist die größte<br />
ihrer Art in Europa und<br />
macht ungefähr ein Drittel<br />
des europäischen Marktes<br />
aus – allerdings mit<br />
rückläufiger Tendenz.<br />
Am häufigsten wird<br />
Kunststoff in Europa<br />
für Verpackungen genutzt<br />
(40 %), gefolgt<br />
INSIDE<br />
Evonik Venture Capital<br />
beteiligt sich an<br />
der B2B-Plattform<br />
Chembid.<br />
von der Bauindustrie (20 %) sowie der<br />
Automobilbranche (10 %). Polyurethan<br />
macht ungefähr sieben Prozent des weltweit<br />
verarbeiteten Kunststoffes aus.<br />
Die Eigenschaften von Polyurethan (PUR)<br />
werden von den beiden verwendeten Ausgangsmaterialien<br />
bestimmt: Polyol und<br />
Isocyanat. Polyole werden aus Mineralöl<br />
hergestellt und sind bei Raumtemperatur<br />
zähflüssig. Sie dienen neben der PUR-Herstellung<br />
beispielsweise auch als Zuckeraustauschstoff<br />
oder als Frostschutzmittel.<br />
Als Isocyanat dienen Methylen-Diphenyldiisocyanat<br />
(MDI) oder Toluol-Diisocyanat<br />
(TDI). Wird ein Polyol mit einem dieser Isocyanate<br />
vermischt, entsteht durch eine<br />
sogenannte Polyadditionsreaktion<br />
Polyurethan. Geschieht dies<br />
in einer wasserhaltigen<br />
Umgebung, entsteht Gas<br />
und das wiederum führt<br />
zu einer Schaum -<br />
bildung. Dabei wird<br />
zwischen PUR-Hartschäumen<br />
und PUR-<br />
12 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
MAGAZIN «<br />
Die Ausgangsstoffe<br />
von Polyurethanen<br />
verteuern sich stark.<br />
Weichschäumen unterschieden. Diese machen<br />
in Summe etwa 90 Prozent aller<br />
Polyurethan- Produkte aus – zum Beispiel<br />
in Form von Bauschäumen, Dämmplatten,<br />
Autositzen, Polstern, Matratzen und<br />
Schuhsohlen. Ohne H 2 O entstehen dagegen<br />
flexible oder harte Kunststoffe.<br />
Ein besonders anspruchsvolles Anwendungsgebiet<br />
sind Integralschaumstoffe<br />
(Strukturschaumstoffe), deren Dichte von<br />
innen nach außen kontinuierlich zunehmen.<br />
Sie besitzen damit einen porösen<br />
Kern sowie eine nahezu massive Randzone.<br />
Verwendet man bei der<br />
Herstellung höherwertige<br />
Alkohole , entstehen stabile<br />
quervernetze Molekülketten<br />
und in Folge Hartplastik,<br />
Klebstoffe, Farben und<br />
Lacke. Nach der Aushärtung<br />
können sie nur noch<br />
mechanisch verändert werden. Prominentes<br />
Beispiel für solche Duroplaste ist die<br />
Außenkarosserie des Trabant. Von wegen<br />
Pappe!<br />
PUR auf Basis von MDI macht mehr als<br />
die Hälfte des gesamten PUR-Verbrauchs<br />
aus und baut diesen Vorsprung kontinuierlich<br />
weiter aus. Ein Grund dafür ist der<br />
Bedarf der Bauindustrie, die immer mehr<br />
MDI-basiertes PUR verbraucht – eine Folge<br />
der gesetzlichen Vorgabe nach optimierter<br />
Dämmung von Immobilien.<br />
Die Folie über und die Schale unter den<br />
Äpfeln im Supermarkt bestehen zumeist<br />
aus Polyurethan – sind mithin lebensmittelecht<br />
und umweltfreundlich. Das gilt<br />
allerdings nicht für den Herstellungs -<br />
prozess. Für die Produktion werden unter<br />
anderem Chlor und Isocyanat eingesetzt<br />
– beides hochgiftige Stoffe. Auch das<br />
Recycling ist problematisch: PUR-Abfallprodukte<br />
aus der Industrie und von den<br />
Verbrauchern landen größtenteils auf<br />
Mülldeponien und in Verbrennungs -<br />
anlagen.<br />
BUND und Greenpeace sind besorgt: „Bei<br />
der Verbrennung von PUR werden zahlreiche<br />
gefährliche Chemikalien wie Isocyanate,<br />
Blausäure und Dioxine<br />
freigesetzt. In Deponien<br />
»Verkäufer<br />
wirkt der Stoff giftig und<br />
verhandeln zersetzt sich in klimaschädliche<br />
Stoffe“, urteilen die<br />
derzeit nicht,<br />
Umweltschützer.<br />
sie teilen zu.« Substituieren lässt sich<br />
Poly urethan nur mit spürbaren<br />
Qualitäts- und Funktionalitäts-<br />
Abstrichen. Um ihre Umweltbilanz zu verbessern,<br />
arbeiten PUR-Hersteller deshalb<br />
an Prozessverbesserungen. Diese beziehen<br />
sich primär auf die eingesetzten Rohstoffe.<br />
So bietet der Hersteller Lanxess<br />
mit Adipen Green ein Polyurethan an, das<br />
mit Polyolen auf Basis von Stärke hergestellt<br />
wird. Darüber hinaus arbeitet ein<br />
skandinavisches Konsortium derzeit an<br />
einem Verfahren, bei dem PUR-Abfälle in<br />
ihre Grundbausteine zerlegt werden. Diese<br />
Monomere können dann erneut in den<br />
Stoffkreislauf eingehen.<br />
Michael Grupp, Journalist, Stuttgart<br />
Grafik: Kunststoff Information KI<br />
Karriere planen.<br />
Seminare der TAW<br />
schaffen Perspektiven.<br />
Highlights<br />
· Verhandeln statt bestellen<br />
· Strategischer Einkauf<br />
· Der Einkäufer als<br />
Schnittstellen manager<br />
taw.de<br />
Technische Akademie<br />
<br />
· Seminare<br />
· Lehrgänge<br />
· Studium<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 13
MANAGEMENT » Interview<br />
Uwe-Karsten Städter, CPO, Porsche AG<br />
„Wir wollen gemeinsam mit unseren<br />
Lieferanten das Richtige tun“<br />
<strong>Beschaffung</strong>s-Vorstand bei Porsche – für viele Einkäufer ein Traum, den Uwe-Karsten<br />
Städter seit 2011 lebt. Mit ihm sprachen wir über die <strong>aktuell</strong>en Lieferprobleme bei<br />
Halbleitern, fragile Lieferketten und die Folgen zukunftsorientierter Technologien für<br />
den Einkauf.<br />
Uwe-Karsten Städter<br />
ist Einkäufer aus<br />
Passion – und der<br />
Auto mobilbranche seit<br />
vielen Jahren treu:<br />
Dem Volkswagen<br />
Konzern gehört der<br />
gelernte Industriefachwirt<br />
seit 1974 an.<br />
<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Wir hören schon seit<br />
Wochen von Lieferproblemen bei Halbleitern.<br />
Davon sind auch die Automobilhersteller stark<br />
betroffen . Wie steht es <strong>aktuell</strong> um die Lieferkette<br />
bei Porsche?<br />
Uwe-Karsten Städter: Die ganze Industrie ist<br />
von der Halbleiter-Knappheit betroffen. Eine schwierige<br />
Situation für alle. Bei Porsche haben wir die Fertigung<br />
unserer Fahrzeugmodelle planerisch so optimiert<br />
und gesteuert, dass wir bislang glimpflich davongekommen<br />
sind. Lediglich die Produktion des<br />
Macan haben wir kurzfristig drosseln müssen.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: In den vergangenen<br />
Wochen und Monaten haben sich einige Ereignisse<br />
aneinandergereiht, die der Wirtschaft erheblichen<br />
Schaden zufügen …<br />
Bild: Porsche<br />
Städter: In der Tat. Angefangen hat es mit der<br />
Corona– Pandemie, dann kam die Halbleiterknappheit<br />
hinzu. Zuletzt fielen einige Halbleiterwerke durch<br />
Stromausfälle und Brände aus. Und ein Schiff im Suezkanal<br />
blockierte die Seefrachtroute zwischen Asien<br />
und Europa. Außerdem wird in Taiwan wegen der<br />
schlimmsten Dürre seit mehr als 50 Jahren, das –<br />
auch für die Chipindustrie wichtige – Wasser knapp.<br />
Die Lieferprobleme könnten sich ausweiten. Die taiwanesischen<br />
Chiphersteller stehen für fast zwei Drittel<br />
der globalen Halbleiterfertigung und arbeiten<br />
schon heute am Anschlag. Eine solche Aneinanderreihung<br />
von Ereignissen habe ich in meiner gesamten<br />
47-jährigen Berufslaufbahn noch nie erlebt.<br />
<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Haben Sie für fehlenden<br />
Bauteile aus Asien – mal abgesehen von den Halbleitern<br />
– alternative Lieferanten in Europa?<br />
Städter: Porsche ist ein Premiumhersteller. Grundsätzlich<br />
arbeiten wir mit etablierten, hochspezialisierten<br />
Lieferanten zusammen. Es geht um Bauteile<br />
mit Gebrauchsmusterschutz, die wir auch mit den<br />
Lieferanten gemeinsam entwickeln. Dahinter stehen<br />
komplexe Lastenhefte, detailliert geprüft von unserer<br />
technischen Entwicklung und Qualitätssicherung.<br />
Diese Teile können wir nicht auf die Schnelle bei einem<br />
anderen Lieferanten bestellen. Wir legen Wert<br />
auf langjährige Partnerschaften. Unsere Lieferanten<br />
lassen wir in einer Krise nicht alleine.<br />
<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Insgesamt zeigen die Ereignisse<br />
auf, wie fragil diese globalen Lieferketten<br />
sind. Wird sich die Lieferkette in Zukunft ändern?<br />
Werden die Konsequenzen daraus sein, dass man<br />
weggeht von der Globalisierung und wieder mehr<br />
zum Local Sourcing wechselt? Oder welche Konsequenzen<br />
erwarten Sie?<br />
Städter: Die Globalisierung läßt sich nicht zurückdrehen.<br />
Klar ist: Vom globalen Welthandel profitie-<br />
14 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Uwe-Karsten Städter – im Bild vor dem Porsche 911 GT3 – zählt zu den erfahrensten Einkaufsspezialisten der Automobilbranche. Die Porsche-<strong>Beschaffung</strong><br />
wurde unter seiner Führung operativ und strategisch auf die Herausforderungen der Transformation vorbereitet, meinte der Vorstandsvorsitzende der<br />
Porsche AG Oliver Blume anerkennend. Im August wird Städter in den Ruhestand gehen. Seine Nachfolgerin ist bereit benannt: Barbara Frenzel.<br />
Bild: Porsche<br />
ren alle. Ein Mehr an lokaler Produktion ist kein<br />
Allheil mittel. Ein Beispiel: Wir haben einen Single-<br />
Source-Lieferanten in Italien. Während der Corona-<br />
Pandemie musste dieser Partner die Produktion auf<br />
Anweisung der Regierung einstellen. Etwas Ähnliches<br />
könnte auch bei einem Lieferanten direkt um<br />
die Ecke passieren, wenn es in Deutschland pandemiebedingt<br />
oder aus anderen Gründen zu Lieferengpässen<br />
kommt. Allerdings gehe ich davon aus, dass<br />
wir mittelfristig Änderungen sehen. Denn politische<br />
Abschottungstendenzen verstärken sich – nationaler<br />
Protektionismus nimmt gleichzeitig zu. In diesem<br />
Szenario ist es möglich, dass einige Unternehmen die<br />
Supply Chain dichter an die Produktion bringen.<br />
<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Porsche hat im Juli 2019<br />
offiziell mit seinem Sustainability Rating ein<br />
weiteres verbindliches Kriterium im Vergabeprozess<br />
eingeführt.<br />
Städter: Die Nachhaltigkeit beschäftigt uns im Vergabeprozess<br />
schon lange. Mit dem Sustainability Rating<br />
oder S-Rating überprüfen und bewerten wir alle<br />
Lieferanten, die mit uns Geschäfte machen, in Puncto<br />
Nachhaltigkeit. Dabei sind wir konsequent: Erfüllt ein<br />
Lieferant die Nachhaltigkeitskriterien nicht, schließen<br />
wir ihn von der Vergabe aus. Zusätzlich haben<br />
wir bei Porsche eingeführt, dass ein potenzieller Lieferant<br />
darlegen muss, welche Ziele er beim Klimaschutz<br />
verfolgt. Wir fragen genau nach, in welche<br />
Umweltprojekte er investiert oder ob zum Beispiel<br />
grüner Strom genutzt wird. Es geht darum, dass wir<br />
gemeinsam mit unseren Lieferanten das Richtige tun.<br />
<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Sie arbeiten beim<br />
S-Rating seit kurzem auch mit einem Start-up<br />
zusammen . Möchten Sie erklären, was genau Sie<br />
da machen?<br />
Städter: Wir nutzen seit Herbst vergangenen Jahres<br />
Künstliche Intelligenz, um die Lieferkette transparenter<br />
zu machen. Damit können wir insbesondere<br />
Uwe-Karsten Städter<br />
... ist 1956 in Wolfsburg geboren. 1974 hat<br />
er mit einer Ausbildung zum Industriekaufmann<br />
seine Karriere bei Volkswagen<br />
gestartet . Seit 1983 ist er in den unterschiedlichsten<br />
Bereichen und Funktionen<br />
des VW-Einkaufs unterwegs. Mit seinem<br />
Antritt 2011 als Vorstandsmitglied wurde<br />
bei Porsche der Einkauf als Vorstands -<br />
ressort erstmals geschaffen. Mehr als<br />
7 Mrd. Euro im Jahr geben Städter und<br />
seine knapp Mitarbeiter für über mehr als<br />
60.000 Kaufteile aus, damit am Ende der<br />
Produktions kette rund 200.000 neue<br />
Sportwagen vom Band laufen können.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 15
MANAGEMENT » Interview<br />
bei der Elektrifizierung – wir denken in Chancen. Mit<br />
dem Elektroantrieb haben wir bei Porsche Neuland<br />
betreten. Diese Mischung neuer Komponenten und<br />
Lieferanten war eine große Herausforderung. Und<br />
natürlich kann es passieren, dass mit neuen Partnern<br />
nicht alles vom ersten Tag an reibungslos funktioniert.<br />
Wichtig war die gute Vernetzung der Beschaffer<br />
mit der technischen Entwicklung: Sie arbeiten<br />
eng mit den Baureihen und der Qualitätssicherung<br />
zusammen. Das hat allen Beteiligten geholfen, die<br />
neuen Technologien schnell zu durchdringen. Dann<br />
sind wir in den intensiven Austausch mit den Lieferanten<br />
gegangen. Das hat sehr gut funktioniert. Man<br />
sieht es am Taycan, unserem ersten vollelektrischen<br />
Sportwagen. Wir haben daran mit Herzblut gearbeitet.<br />
Der Einsatz hat sich gelohnt: Im letzten Jahr haben<br />
wir 20.000 Fahrzeuge an die Kunden ausgeliefert.<br />
Das Fahrzeug ist hoch innovativ und hat bislang<br />
über 45 Auszeichnungen weltweit bekommen – so<br />
viele wie noch kein Porsche zuvor.<br />
Als technisch denkender<br />
Betriebswirt<br />
kooperier t der<br />
Porsche- CPO Städter<br />
eng mit seinem<br />
Vorstandskollegen aus<br />
der Forschung und<br />
Entwicklung: „Unsere<br />
Ressorts sind eng<br />
verzahnt .“<br />
kritische Rohstoffregionen besser analysieren und<br />
potenzielle Nachhaltigkeitsrisiken schneller aufdecken.<br />
Die Basis bildet ein intelligenter Algorithmus<br />
des österreichischen Start-ups Prewave. Mit der<br />
Technologie werden lieferantenbezogene Nachrichten<br />
aus öffentlich zugänglichen Medien und sozialen<br />
Netzwerken in mehr als 50 Sprachen und aus über<br />
150 Ländern identifiziert und ausgewertet. Bei Anzeichen<br />
von Risiken in der Lieferkette prüfen wir direkt<br />
den Sachverhalt und die Einleitung von Gegenmaßnahmen.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Porsche will bis 2025 die<br />
Hälfte der Fahrzeuge elektrifiziert haben. Das<br />
bedarf neuer, starker Lieferanten. Wie gehen Sie<br />
als einkaufendes Unternehmen damit um, nicht<br />
mehr der dominante Partner zu sein?<br />
Städter: Porsche ist so erfolgreich, weil sich das<br />
Unternehmen immer verändert hat. Das tun wir auch<br />
Bild: Porsche<br />
<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Sie sprachen von einer<br />
guten Vernetzung mit der Entwicklung. Können Sie<br />
das konkretisieren? Wie haben Sie das erreicht?<br />
Städter: Wichtig für ein gutes Miteinander ist eine<br />
offene Kommunikation auf Augenhöhe. <strong>Beschaffung</strong><br />
und Entwicklung haben das gleiche Ziel: Am Ende<br />
muss eine gute Lösung für den Kunden herauskommen.<br />
Wir stimmen uns dabei mit den Entwicklern<br />
frühzeitig ab. Es geht darum, festzulegen, was wir<br />
selber machen und welche Entwicklungsleistung externe<br />
Partner erbringen. Gemeinsam suchen wir dann<br />
einen Lieferanten, teilweise auch mit den Kollegen<br />
der Produktion und Qualitätssicherung. Das ist immer<br />
auch ein Lernprozess. Manchmal merken wir,<br />
dass technisch fast alles möglich, aber der Preis zu<br />
hoch ist. Dafür muss man gemeinsam eine Lösung<br />
finden. Das schweißt zusammen.<br />
<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Wie sieht es in puncto<br />
Weiterbildung bei Porsche aus?<br />
Städter: Wir bilden unsere Mitarbeiter permanent<br />
weiter. Das fängt am ersten Arbeitstag an, und zieht<br />
sich mit maßgeschneiderten Programmen durch die<br />
ganze Laufbahn. <strong>Beschaffung</strong> bedeutet für mich,<br />
Werte schaffendes Wachstum zu erzeugen. Das erreicht<br />
man nur mit topausgebildeten Leuten, die<br />
kontinuierlich an ihren Fähigkeiten arbeiten, sich<br />
weiter verbessern. Dass unsere Angebote gut angenommen<br />
werden, zeigen unsere unternehmensinternen<br />
Mitarbeiterbefragungen. Die Porsche-<strong>Beschaffung</strong><br />
schneidet seit Jahren hervorragend ab: Über<br />
90 % der Kollegen sagen, dass sie mit ihrem Job sehr<br />
zufrieden sind.<br />
16 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Gemeinsam mit Siemens<br />
Energy und einer Reihe von internationalen Unternehmen<br />
entwickelt und realisiert die Porsche AG in<br />
Chile ein Pilotprojekt, aus<br />
dem die weltweit erste integrierte<br />
und kommerzielle<br />
Großanlage zur Herstellung<br />
synthetischer, CO 2 -neutraler<br />
Kraftstoffe (eFuels) hervorgehen<br />
soll. Welche Rolle hat<br />
der Einkauf bei diesem Projekt<br />
gespielt?<br />
Städter: Dieses Projekt haben<br />
mein Kollege Michael<br />
Steiner [Anm. Red.: Vorstand Forschung und Entwicklung<br />
Porsche] und ich gemeinsam initiiert. Die<br />
Entwicklung hat den technischen Teil der regenerativen<br />
Kraftstoffe vorangetrieben, während mein Team<br />
für die Partnersuche und das Vertragliche zuständig<br />
war. Über einen Lenkungskreis haben wir uns permanent<br />
abgestimmt. eFuels sind uns eine Herzensangelegenheit.<br />
Wir sehen uns dabei als Pioniere: Schon im<br />
nächsten Jahr werden wir rund 130.000 Liter aus<br />
Chile beziehen, die wir dann in den Rennsportfahrzeugen<br />
des Porsche Supercups testen. Perspektivisch<br />
wollen wir eFuels auch in unserer Bestandsflotte einsetzen.<br />
Zum Beispiel in unserer Ikone, dem 911. Er<br />
wird immer einen Verbrennungsmotor haben. Mit<br />
eFuels können die Kunden den 911 mit regenerativen<br />
Kraftstoffen und gutem Gewissen fahren.<br />
»Nehmt<br />
Herausforderungen an,<br />
sie gehören im Einkauf<br />
dazu. Deswegen ist<br />
die <strong>Beschaffung</strong> für<br />
mich eine Berufung.«<br />
Städter: Frau Frenkel ist eine exzellente Führungskraft,<br />
mit über 20 Jahren Erfahrung bei Porsche. Sie<br />
kennt die Zulieferindustrie gut, hat für Helsa Werke,<br />
Valeo und TRW gearbeitet. In<br />
ihrer beruflichen Laufbahn<br />
war sie auf sämtlichen Stufen<br />
der automobilen Wertschöpfungskette<br />
tätig: von Qualitätssicherung<br />
über Entwicklung<br />
bis hin zu verschiedenen<br />
Positionen im Vertrieb – auch<br />
international. Aus meiner<br />
Sicht ist dieser breite Blickwinkel<br />
eine optimale Basis. Ich<br />
bin überzeugt, dass Frau Frenkel mit eigenen Akzenten<br />
die Porsche-<strong>Beschaffung</strong> weiter voranbringen<br />
wird.<br />
Das Interview führte Sabine Schulz-Rohde.<br />
Porsche AG<br />
<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Sie haben eine Traum -<br />
karriere im Einkauf hingelegt. Welchen Tipp geben<br />
Sie jungen Menschen, die Ähnliches erreichen<br />
möchten?<br />
Städter: Man braucht Leidenschaft. Eine Karriere<br />
ohne Leidenschaft funktioniert nicht. Ein weiterer<br />
Rat: Nehmt Herausforderungen an, sie gehören im<br />
Einkauf dazu. Seht die Chancen dabei. Deswegen ist<br />
die <strong>Beschaffung</strong> für mich eine Berufung. Wer das<br />
nicht mag, sollte die Finger davon lassen. Jedem Einzelnen,<br />
der bei uns arbeitet, sage ich: Ihr müsst brennen<br />
für die Sache, mit Feuereifer dabei sein. Und behandelt<br />
die Menschen anständig und respektvoll. Nur<br />
so kann man langfristig das Optimum erreichen. Die<br />
<strong>Beschaffung</strong> hat sich zudem mit den Jahren gewandelt:<br />
Einkäufer sind heute Wertschöpfungspartner.<br />
Wir bringen unser Wissen in alle Unternehmensbereiche<br />
ein. Das macht den Beruf so vielseitig – ein<br />
guter Beschaffer kann es sehr weit bringen.<br />
<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Im Sommer geben Sie Ihre<br />
Aufgaben an Barbara Frenkel weiter. Sie kommt<br />
nicht direkt aus dem Einkauf …<br />
Ursprung des Unternehmens ist ein<br />
1931 von Ferdinand Porsche in Stuttgart<br />
gegründetes Konstruktionsbüro,<br />
das nach 1945 in einer Automobilfabrik<br />
aufging. Seit 2009 ist Porsche Teil des<br />
Volkswagen Konzerns. Laut Geschäftsbericht<br />
des Mutterkonzerns erreicht der<br />
Sportwagenhersteller bei einem<br />
Umsatz von 26 Mrd. Euro einen operativen<br />
Gewinn von rund 4 Mrd. Euro.<br />
Keine andere Marke innerhalb des<br />
Konzerns erreicht eine ähnlich hohe<br />
Rentabilität. Wie sich aus dem neuen<br />
Geschäftsbericht für 2020 ergibt,<br />
kommen etwa 50 Prozent des Konzerngewinns<br />
von der Stuttgarter Tochter.<br />
Quelle: Handelsblatt.de<br />
Bild: Porsche<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 17
» MANAGEMENT<br />
Agilität im Einkauf<br />
WANTED: Superheld 2.0<br />
Einkaufsorganisationen, wie wir sie heute kennen, wird es morgen nicht mehr<br />
geben – gleichzeitig kann das „Morgen“ kaum erfasst, beschrieben oder gar<br />
erahnt werden. Dadurch benötigen Einkäufer ständig neue Impulse und Ideen,<br />
die helfen, die zum Teil unbekannten Herausforderungen irgendwie meistern zu<br />
können. Ein moderner und unkonventioneller Ansatz, was bei der<br />
Organisations gestaltung und –weiterentwicklung beachtet werden muss.<br />
Damit die Helden im Einkauf realisiert werden<br />
können, bedarf es nicht der Neu- oder<br />
Anders formulierung von Stellen, sondern der<br />
Erarbeitung von Rollen.<br />
Bild: chaiyapruek/stock.adobe.com<br />
gen und Veränderungen, die einen neuen<br />
Typus von Einkäufern erfordern. In einer<br />
agilen Welt kann das, was gestern noch<br />
funktionierte heute bereits „old school“<br />
sein und übermorgen bereits dem „retroschick“<br />
zugeordnet werden. Da wir nicht<br />
wissen, welches Problem morgen kommt,<br />
welche Tücken es aufweisen wird und wie<br />
es zu lösen ist, wird die Schaffung eines<br />
neuen Typus von Einkäufern unerlässlich.<br />
Eigenschaften<br />
des Superhelden 2.0<br />
So müssen sie einerseits jeder Aufgabe<br />
offen und einfallsreich gegenüberstehen.<br />
Andererseits müssen sie kreativ und ideenreich<br />
sein, um sich das unvorstellbarste<br />
vorstellen sowie das unlösbarste lösen zu<br />
können. Parallel hierzu müssen sie auch<br />
mutig, tapfer und selbstbewusst sein, damit<br />
selbst die unkonventionellsten Lösungen<br />
eingebracht werden. Kurzum: Wir benötigen<br />
den Einkäufer im Unternehmen,<br />
So wie Heimwerker auf das Kriechöl<br />
„WD-40“ schwören, so glaubt das<br />
Management an die Superkraft der „Agilität“.<br />
Sei es als Antwort auf sich ändernde<br />
Rahmenbedingungen, Anforderungen<br />
oder Kundenbedürfnisse – Agilität dient<br />
mittlerweile als „Allrounder“ und „Alleskönner“.<br />
Doch die Formel aus mehr Freiraum,<br />
mehr Flexibilität und mehr Unabhängigkeit<br />
führt nicht automatisch zu<br />
den erhofften kürzeren Entscheidungswegen,<br />
kreativeren Ideen, schnelleren Planungen,<br />
besseren Umsetzungen und am<br />
Ende zu den günstigeren Einkaufspreisen.<br />
Denn Agilität schafft Chaos in einer Welt,<br />
die bisher Stabilität und Kontinuität als ihr<br />
Mantra angesehen hat: Wo gestern noch<br />
klar definierte, einheitliche und etablierte<br />
Strukturen vorherrschten, existieren heute<br />
nur noch „Task Forces“, die sich um die Lösung<br />
<strong>aktuell</strong> bestehender oder zukünftig<br />
vorliegender Herausforderungen kümmern.<br />
Dies führt zu ständigen Anpassunder<br />
denkt, fühlt und handelt wie die Helden<br />
unserer Kindheit.<br />
Damit die Helden im Einkauf realisiert<br />
werden können, bedarf es nicht der Neuoder<br />
Andersformulierung von Stellen,<br />
sondern der Erarbeitung von Rollen. Im<br />
Gegensatz zu Stellen, sind Rollen nämlich<br />
nicht an eine Hierarchie gebunden, die<br />
sich in ein starres Gefüge von Führungsund<br />
Leitregeln einordnet. Auch sind Rollen<br />
nicht einer Person fest zugeordnet<br />
oder auf die Ausübung von einzelnen Bestandteilen<br />
beschränkt. Vielmehr sind<br />
Rollen als eine Art selbststeuernde Einheit<br />
zu verstehen, die je nach Erfordernis und<br />
Situation eingesetzt werden kann.<br />
Ferner kann jeder Einkäufer nach Bedarf<br />
entweder eine oder mehrere Rollen auf<br />
sich vereinen. Dabei enthält jede Rolle ein<br />
„Paket“ aus essenziellen Aufgaben, Erwartungen<br />
und Verantwortlichkeiten sowie<br />
benötigten Kompetenzen und Fähigkeiten.<br />
Die Definition solcher Pakete fin-<br />
18 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
det durch die Organisation selber statt<br />
und wird vom ausführenden Einkäufer<br />
übernommen, interpretiert, durchgesetzt<br />
und gestaltet. Durch diese Übertragung<br />
wird die Rolle form- und gestaltbar, weswegen<br />
eine spontane und individuelle<br />
Anpassung an die jeweiligen Gegebenheiten<br />
möglich wird.<br />
Stelle oder Rolle für den<br />
Einkaufssuperhelden?<br />
Indem die Rolle als Schnittstelle zwischen<br />
Organisation und Einkäufer fungiert, wird<br />
über die Rolle rein die Arbeit und nicht<br />
der Mensch selber organisiert. Gleichzeitig<br />
ermöglicht die Verbindung von Organisation<br />
zu Mensch eine fortdauernde<br />
Konfiguration einer Rolle, welches dem<br />
agilen Verständnis nach einer ständigen<br />
Anpassungsfähigkeit folgt.<br />
Um die unternehmensindividuellen und<br />
erforderlichen Rollen zu definieren, bedarf<br />
es zunächst der Formulierung des organisationalen<br />
Bezugsrahmens, auch „office“<br />
genannt. Das umgebene „office“ definiert<br />
seinerseits das „role set“, welche die Erwartungsträger<br />
– wie zum Beispiel Lieferanten,<br />
Mitarbeiter der Produktion, Abteilungsleiter<br />
oder der Einkäufer selber – einer<br />
Rolle beinhaltet. Dabei können Erwartungsträger<br />
auch zu Bezugsgruppen bzw.<br />
„reference groups“ zusammengefasst werden.<br />
Die „role expectations“ stellen nun<br />
die Vorstellungen der Erwartungsträger an<br />
die zu erledigenden Aufgaben, den zuzustehenden<br />
Verantwortlichkeiten sowie den<br />
benötigten Kompetenzen, Fertig- und Fähigkeiten<br />
dar. So erwartet z. B. ein Mitarbeiter<br />
in der Produktion, dass die Rolle<br />
„Einkäufer“ den benötigten Materialbedarf<br />
zeit- und ortsgenau zur Verfügung stellt.<br />
Dahingegen wünscht sich z. B. der Abteilungsleiter<br />
Einkauf, dass der Bedarf möglichst<br />
kostengünstig unter Einhaltung aller<br />
internen Vorgaben beschafft wird.<br />
Folglich wird dieses Bild einer Rolle wesentlich<br />
durch die Auffassungen, Meinungen,<br />
Motivationen, Überzeugungen und<br />
Einstellungen des „role sets“ geprägt.<br />
Aufgrund dessen können die „Erwartungen“<br />
in ihrer Form, Eindeutigkeit und ihrem<br />
Umfang je Erwartungsträger und je<br />
Situation variieren. Indem die Erwartungsträger<br />
die mit der Rolle einhergehenden<br />
Erwartungen mitteilen, werden<br />
diese zum „role sender“ – wohingegen der<br />
Empfänger der Erwartungen als „focus<br />
role“ verstanden wird. Gerahmt wird das<br />
durchlässige Quartett aus „office“, „role<br />
set“, „role expectations“ und „focus role“<br />
durch die Umwelt der Unternehmung.<br />
Letztere übt nur indirekt Einfluss auf das<br />
„office“ und damit impliziert auf die „focus<br />
role“ aus.<br />
Vorgehen zur Definition<br />
von Rollen im Einkauf<br />
Die nun systematisch erhobenen Erwartungen<br />
bzw. „role expectations“ können<br />
im weiteren Verlauf den vier Eckpfeilern<br />
einer Rolle zugewiesen sowie weiter konkretisiert<br />
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» MANAGEMENT<br />
An diesen Beispielen wird deutlich, dass<br />
die Anreicherung der traditionellen Rollen<br />
mit Superkräften rein einem Zweck dient:<br />
Steigerung der Anpassungsfähigkeit, um<br />
jede Situation, Herausforderung oder Problemstellung<br />
im Einkauf zu meistern.<br />
Rollen ermöglichen es, mit einer ähnlichen Geschwindigkeit auf Veränderungen zu<br />
reagieren , wie sie entstehen und eintreten.<br />
1. Aufgaben: In welchem Arbeitsbereich<br />
ist die Rolle tätig? Welche Aufgaben hat<br />
die Rolle zu erledigen?<br />
2. Verantwortung: Für was ist die Rolle<br />
verantwortlich? Welche Befugnisse sind<br />
für die Rolle notwendig, um die Aufgaben<br />
zu erledigen?<br />
3. Erwartungen: Welche Erwartungen<br />
haben andere an die Rolle? Welche<br />
Ergebnisse oder Leistungen werden von<br />
der Rolle erwartet?<br />
4. Kompetenzen und Fähigkeiten: Welche<br />
Kompetenzen werden zur Ausübung der<br />
Rolle benötigt? Über welche Fähigkeiten<br />
sollte die Rolle verfügen?<br />
Neue Rollen im Einkauf<br />
Im Einkauf sind Rollen nichts Unbekanntes<br />
– es wird nach z. B. operativer Einkäufer,<br />
strategischer Einkäufer, Einkaufsanalyst<br />
oder Schnittstellenmanager unterschieden.<br />
Das Neuartige ist nun die Zuweisung<br />
von klassischen Eigenschaften<br />
unserer Kindheitshelden. Anstatt dem<br />
traditionellen Rollenverständnis des z. B.<br />
„operativen Einkäufers“ zu folgen, welcher<br />
überwiegend für die korrekte Bedarfsermittlung,<br />
-deckung bis zur Rechnungsprüfung<br />
verantwortlich ist, stellt<br />
die selbige Rolle im agilen Verständnis eine<br />
Art „Spider-Man“ dar. Nicht das strikte<br />
und korrekte abarbeiten temporär notwendiger<br />
Aufgaben zur Aufrechterhaltung<br />
der Bedarfsversorgung steht im Mit-<br />
telpunkt, sondern die Art und Weise, wie<br />
das operative Geschäft aufrechterhalten<br />
wird. Hierzu erhält die Rolle unter anderem<br />
die Superkraft einer „übermenschliche<br />
Schnelligkeit“, die sogar schneller ist<br />
als ein beschleunigendes Auto. Gleichzeitig<br />
erhält der operative Einkäufer die Balance,<br />
Koordination und Reflexe von „Spider-Man“,<br />
die ungefähr 40-mal so hoch<br />
sind wie bei gewöhnlichen Menschen.<br />
Mithilfe dieser Eigenschaften kann der<br />
operative Einkäufer die unvorhersehbarsten<br />
und waghalsigsten Herausforderungen<br />
meistern, welche das tägliche Geschäft<br />
aufs Neue bietet. Damit erhält die<br />
Rolle das Rüstzeug, die es im <strong>Beschaffung</strong>sdschungel<br />
benötigt.<br />
Dahingegen gleicht z. B. die Rolle des<br />
„strategischen Einkäufers“ dem Charakter<br />
des „Captain Americas“. Um die langfristig<br />
vorteilhaftesten <strong>Beschaffung</strong>swege aufzudecken,<br />
die geeignetsten Partnerschaften<br />
aufzubauen und die günstigsten Einkaufspreise<br />
zu sichern, benötigt es einen<br />
unglaublich guten Taktiker und Strategen.<br />
Gleichzeitig muss ein unbeugsamer Wille<br />
zur Realisation des besten Einkaufsergebnisses<br />
vorliegen. Hierzu bedarf es guter<br />
kämpferischer Fähigkeiten, damit auch<br />
der höchste Angebotspreis niedergerungen<br />
wird. Parallel hierzu erfordert es<br />
manchmal ein „großes, aber sympathisches<br />
Mundwerk“, um alle Argumente des<br />
Lieferanten schlagen zu können.<br />
Bild: lassedesignen/stock.adobe.com<br />
Superhelden als Treiber<br />
der Anpassungsfähigkeit<br />
In einer agilen Welt steht nicht mehr das<br />
Wissen oder Knowhow im Mittelpunkt,<br />
sondern die Fähigkeiten Unbekanntes und<br />
Neues zu meistern. Sicherlich verfügt jedes<br />
Unternehmen bereits über heldenhafte<br />
Einkäufer – manchmal muss man jedoch<br />
den Einkäufern auch die Möglichkeit<br />
geben, mit heldenhaften Eigenschaften<br />
das Einkaufsgeschehen neu zu ordnen.<br />
Denn Rollen ermöglichen es uns, mit einer<br />
ähnlichen Geschwindigkeit auf Veränderungen<br />
zu reagieren, wie sie entstehen<br />
und eintreten. Mithilfe der Rollen erhalten<br />
wir eine eigene und selbstregulierbare Dynamik,<br />
die uns langfristig hilft, unser<br />
„Überleben“ erfolgreich zu sichern. Gerade<br />
im Einkauf, wo die Kräfte der Veränderung<br />
vom <strong>Beschaffung</strong>s- als auch vom Absatzmarkt<br />
aufeinandertreffen, helfen uns agile<br />
Rollen schneller, flexibler und besser einzukaufen.<br />
So erkannte bereits Darwin im<br />
19. Jahrhundert, dass nicht die größten,<br />
stärksten oder intelligentesten einer Art<br />
überleben werden, sondern diejenigen, die<br />
sich am schnellsten einem Wandel anpassen<br />
können. Und dieser Auswahlprozess<br />
gilt in der heutigen Zeit mehr denn je.<br />
Christine Freye<br />
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Analyst bei einem<br />
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20 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 21<br />
TAGESPREISE! Preisstand: 25. 3. 2021
» MANAGEMENT<br />
Carmen Samorski, Leiterin Rohstoffeinkauf und innerbetriebliche Logistik, Fripa<br />
„Wir müssen weit gehen , um über<br />
den Tellerrand zu blicken“<br />
Die Fripa Papierfabrik Albert Friedrich KG ist ein 1911 gegründetes, mittelständisches<br />
Familienunternehmen zur Herstellung von Hygieneprodukten. Mit Carmen Samorski,<br />
Leiterin des Rohstoffeinkaufs und der innerbetrieblichen Logistik bei Fripa, sprach<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> über Hamsterkäufe und Tissue aus Gras, die Generation Z im<br />
Betrieb und die Produktion von Blockbustern in Zeiten der Pandemie.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Frau Samorski,<br />
Sie leiten bei Fripa den Rohstoffeinkauf<br />
und die innerbetriebliche Logistik. Wie<br />
sind Sie zum Einkauf gekommen?<br />
Carmen Samorski: Ich bin Einkäuferin<br />
von der Pike auf. 1983 habe ich bei<br />
Fripa eine Ausbildung zur Industriekauffrau<br />
begonnen, die im Einkauf startete.<br />
Nach vier Monaten bin ich im Rohstoffeinkauf<br />
gelandet, und als dort vier Monate<br />
später eine Stelle frei wurde, hat<br />
man mich gefragt, ob ich mir vorstellen<br />
könnte, den Posten zu übernehmen. Ich<br />
habe zugesagt und dann meine ganze<br />
Ausbildung im Einkauf verbracht. 1989<br />
habe ich den Rohstoffeinkauf übernommen<br />
und ein paar Jahre später die Leitung<br />
für Rohstoffe und innerbetriebliche Logistik.<br />
Ich war also immer bei Fripa<br />
und auch immer im Einkauf,<br />
aber es war nie langweilig,<br />
weil immer wieder neue<br />
Aufgaben dazukamen. Vermutlich<br />
werde ich hier auch<br />
mal in Rente gehen.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wie<br />
ist Ihre Einkaufsorganisation<br />
strukturiert?<br />
Samorski: Unser Einkauf ist geteilt in<br />
technischen Einkauf und Rohstoffeinkauf.<br />
Ich bin für den Rohstoffeinkauf verantwortlich,<br />
also Zellstoff und Mutterrollen.<br />
Daneben bin ich verantwortlich für die<br />
Zertifizierungen und das Thema Nachhaltigkeit.<br />
Der technische Einkauf umfasst<br />
Hilfs- und Betriebsstoffe, technische Teile,<br />
Investitionen, Baumaßnahmen sowie<br />
Carmen Samorski kennt den Betrieb seit ihrer<br />
Ausbildung.<br />
»Wir sind nicht nur diejenigen, die<br />
Lieferanten suchen und günstige<br />
Preise verhandeln, sondern<br />
gestalten auch unsere Produkte<br />
maßgeblich mit.«<br />
Dienstleistungen. Wir sind sieben Personen<br />
im Einkauf, zwei davon im Bereich<br />
Rohstoff, die anderen fünf kümmern sich<br />
um den technischen Bereich.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Fripa stellt unter<br />
anderem Toilettenpapier her, in Coronazeiten<br />
ein gefragtes Gut. Wie haben<br />
sich die Hamsterkäufe der letzten Monate<br />
auf Ihre Abläufe ausgewirkt?<br />
Bild: HeidelbergCement<br />
Samorski: Es gehört zu unserer Strategie,<br />
mit unseren Lieferanten langfristige<br />
Geschäftsbeziehungen einzugehen und zu<br />
pflegen, wir stehen immer in sehr engem<br />
Kontakt miteinander. Deshalb haben wir<br />
hier ein belastbares Fundament mit gewachsenen<br />
und nachhaltigen Verbindungen,<br />
die vor allem auf Vertrauen basieren.<br />
Dadurch haben wir in unseren Lieferantenbeziehungen<br />
eine hohe Qualität, sowohl<br />
bei den Produkten als auch bei nicht<br />
weniger wichtigen Aspekten wie Service<br />
und Zuverlässigkeit. Natürlich wurde es<br />
im letzten Jahr auch mal eng – das fing<br />
Ende Februar mit der ersten Welle an und<br />
hat sich dann in mehr oder weniger dramatischen<br />
Wellenbewegungen durch das<br />
ganze Jahr gezogen. Unsere Lieferanten<br />
sind da sehr gut mitgegangen.<br />
Wir sind grundsätzlich im Lager<br />
recht gut aufgestellt, und<br />
dadurch, dass wir bei unseren<br />
Lieferanten immer sehr langfristig<br />
vorbestellen, sind diese<br />
auch gut auf unsere Bedarfe<br />
eingestellt. Das hat uns sehr<br />
geholfen, denn im letzten<br />
Frühjahr ging dann ja doch alles<br />
relativ schnell. Hinzu kam, dass nicht<br />
nur wir mit unseren Hygieneprodukten in<br />
die Bredouille kamen, sondern auch unsere<br />
Wettbewerber. Und da wir alle ähnliche<br />
Lieferanten haben, wurden diese dementsprechend<br />
mit Aufträgen bombardiert.<br />
Aber es hat alles wunderbar funktioniert –<br />
manchmal war es sehr knapp, aber es hat<br />
immer gereicht, um die Produktion aufrechterhalten<br />
zu können.<br />
22 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Carmen Samorski steht an der Papiermaschine mit einer sogenannten Mutterrolle.<br />
Bild: Fripa<br />
Unsere Abläufe haben wir deutlich gestrafft.<br />
Wir haben in dieser Zeit in Absprache<br />
mit unseren Kunden vor allem die sogenannten<br />
„Blockbuster“ produziert, also<br />
die Produkte, die am meisten Output bringen,<br />
so dass wir die Maschinen hier ohne<br />
viel Produktionsumstellung einfach laufen<br />
lassen konnten – auf kleinere oder Nischenprodukte<br />
haben wir verzichtet. So<br />
haben wir Zeit für Umstellarbeiten gespart<br />
und konnten entsprechend mehr<br />
produzieren. Für unsere Lieferanten bedeutete<br />
das ebenfalls eine gewisse Vereinfachung,<br />
weil auch sie nicht so viele verschiedene<br />
Produkte liefern mussten und<br />
ihre Maschinen laufen lassen konnten.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Da mussten<br />
Sie doch aufgrund der Wellenbewegungen<br />
extrem flexibel sein.<br />
Samorski: Ja, das stimmt. Es ist ja das<br />
Eine zu sagen, wir liefern in Absprache<br />
mit unseren Kunden nur noch ein oder<br />
zwei Produkte, damit wir möglichst viel<br />
produzieren können. Aber irgendwann<br />
ebbt die Welle ab und der Kunde erwartet<br />
dann natürlich, wieder das ganze Sortiment<br />
zu bekommen. Dann sind die Lager<br />
aber erst mal leer. Man braucht mindestens<br />
noch einmal die gleiche Zeit, die man<br />
vorher in der Hoch-Welle hatte, um wieder<br />
alles in Ordnung zu bringen, alle Produkte<br />
wieder auf Lager zu haben und lieferfähig<br />
zu sein. Als alles dann wieder so<br />
lief wie geplant, stand schon fast die<br />
zweite Welle vor der Tür. Und man muss<br />
ehrlich sagen, dass die Belastung für die<br />
Mitarbeiter in dieser Zeit enorm war.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Die sich aus<br />
einer Pandemie ergebenden Gefahren<br />
stehen für 2021 ganz oben im Ranking<br />
der Unternehmensrisiken. Welche Rolle<br />
spielt das Thema Risikomanagement bei<br />
Ihnen?<br />
Samorski: Wir passen unser Risikomanagement<br />
permanent an und waren deshalb<br />
im Großen und Ganzen gut aufgestellt.<br />
Der beste Beweis dafür ist, dass wir<br />
durch alle diese Wellen gekommen sind,<br />
ohne dass uns an irgendeiner Stelle das<br />
Material ausgegangen ist – es war immer<br />
alles da, wir sind nicht leer gelaufen,<br />
konnten produzieren und volle Leistung<br />
fahren. Wir achten immer auf gute Lagerbestände<br />
sowohl beim Material als auch<br />
im Versandbereich. Wir haben lange Vorlaufzeiten<br />
bei den Lieferanten und planen<br />
auch unsere Bestellungen sehr weit im<br />
Voraus. Teilweise haben unsere Lieferanten<br />
bereits das Rohmaterial, beispielsweise<br />
für Verpackungen, für uns gelagert, so<br />
dass sie es nur noch bedrucken müssen.<br />
Wir haben, auch um andere Risiken abzu-<br />
Carmen Samorski<br />
... ist seit Beginn ihrer Ausbildung<br />
zur Industriekauffrau<br />
1983 im Einkauf bei Fripa tätig.<br />
1989 übernahm sie dort<br />
den Rohstoffeinkauf und wurde<br />
einige Jahre später Leiterin<br />
Rohstoffeinkauf und innerbetriebliche<br />
Logistik. Sie schätzt<br />
die Möglichkeit, über den Tellerrand<br />
hinauszublicken, die<br />
ein Familienunternehmen bietet,<br />
und steht bei Produkttests<br />
auch gerne einmal mit an der<br />
Maschine.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 23
» MANAGEMENT<br />
decken wie beispielsweise Brände, das<br />
Material an mehreren Lagerplätzen gelagert.<br />
Für unsere Hauptprodukte haben wir<br />
mehrere Lieferanten und splitten auch<br />
dadurch das Risiko.<br />
Wir haben<br />
damit schon vor<br />
ein paar Jahren<br />
begonnen, als an<br />
so etwas wie Corona<br />
noch gar<br />
nicht zu denken<br />
war, und alle<br />
möglichen Risiken<br />
beleuchtet,<br />
»Die steigenden<br />
Anforderungen sowohl<br />
des Gesetzgebers als<br />
auch der Kunden<br />
werden uns in den<br />
nächsten Jahren<br />
fordern .«<br />
um im Ernstfall<br />
unsere Lieferfähigkeit<br />
aufrechterhalten zu können. Das<br />
hat sich jetzt ausgezahlt.<br />
Neu etabliert wurde das Pandemie-Team,<br />
das sich um alle Fragen des Mitarbeiterschutzes<br />
kümmert. Da wir hygienezertifiziert<br />
sind, gab es schon diverse Vorschriften,<br />
zum Beispiel für Handhygiene, die eine<br />
gute Basis bilden. Aber das allein<br />
reicht natürlich nicht aus. Zusätzliche<br />
Maßnahmen sind beispielsweise Home<br />
Office, virtuelle Meetings, Maskenpflicht,<br />
versetzte Arbeits- und Pausenzeiten und<br />
einiges mehr.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wie sieht Ihre<br />
Einkaufsstrategie aus?<br />
Samorski: Es ist uns sehr wichtig, langfristig<br />
mit den Lieferanten zusammen zu<br />
arbeiten. Uns ist nicht daran gelegen,<br />
kurzfristig das schnelle Geschäft zu machen,<br />
das vielleicht nur preislich interessant<br />
ist; wir setzen auf hohe Qualität, und<br />
die gibt es nur bei einer gemeinsamen<br />
Entwicklung mit unseren Lieferanten. Gerade<br />
in der <strong>aktuell</strong>en Pandemie hat sich<br />
das bewährt, wir ergänzen uns gut und<br />
arbeiten auf einer vertrauensvollen Basis<br />
zusammen. Das Thema Nachhaltigkeit ist<br />
für uns ebenfalls enorm wichtig. Wir stellen<br />
ja Papier aus Holz her, und das ist für<br />
die meisten Menschen ein emotionales<br />
Thema. Schon bevor das Thema Nachhaltigkeit<br />
in aller Munde war, hat Fripa<br />
nachhaltig eingekauft. Wir legen beispielsweise<br />
größten Wert auf kurze Transportwege,<br />
zertifizierte Lieferanten und<br />
nachhaltige Bezugsquellen.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Worauf achten<br />
Sie vor allem bei neuen Lieferanten?<br />
Samorski: Bei allen Lieferanten setzen<br />
wir zum einen auf Regionalität – was<br />
beim Zellstoff nicht<br />
nur Deutschland bedeutet,<br />
sondern<br />
Europa. Wir setzen<br />
ausschließlich TCFgebleichte<br />
Zellstoffe<br />
ein, das heißt es wird<br />
kein Chlor oder<br />
Chlorverbindungen<br />
beim Bleichen verwendet.<br />
Diese Zellstoffe<br />
gibt es bis auf<br />
eine Ausnahme nur<br />
in Europa zu kaufen. Zum anderen müssen<br />
alle Lieferanten, die bei uns liefern<br />
möchten, FSC-oder PEFC-zertifiziert sein,<br />
das sind die beiden großen Forst-Zertifikate,<br />
die es am Markt gibt und die für<br />
nachhaltige Forstwirtschaft stehen. Das<br />
sind die Grundvoraussetzungen, um als<br />
Lieferant aufgenommen zu werden. Und<br />
dann geht es Schritt für Schritt weiter.<br />
Wir tauschen Spezifikationen aus, nach<br />
positiven Erst- und Großversuchen finden<br />
wir dann unter Umständen zueinander. Es<br />
ist ein langwieriger Prozess. Und durch<br />
die hohen Anforderungen, die wir haben,<br />
ist die Lieferantenauswahl schon eingeschränkt,<br />
aber Qualität und Zuverlässigkeit<br />
sind uns sehr wichtig.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wie früh sitzen<br />
Sie als Einkauf bei dieser Art von<br />
Neuentwicklung von Produkten mit am<br />
Tisch?<br />
Samorski: Wir sind von Anfang an mit<br />
dabei. Oft bekommen wir auch Anregungen<br />
von unseren Lieferanten, dann ist der<br />
Einkauf innerhalb des Unternehmens der<br />
Impulsgeber. Umgekehrt ist der Einkauf<br />
auch bei Neuentwicklungen aus dem Produktmanagement<br />
ganz früh mit dabei.<br />
Wir haben kurze Wege und flache Hierarchien,<br />
das ist der Vorteil eines Familienunternehmens.<br />
Bei uns ist der Einkäufer nicht auf seinen<br />
Aufgabenbereich beschränkt. Er steht<br />
auch mal mit an der Maschine, wenn ein<br />
Test läuft, und ist in vielen andere Prozesse<br />
mit eingebunden. Unser Teller ist groß,<br />
wir müssen schon ziemlich weit gehen,<br />
um über den Tellerrand zu blicken. Wir<br />
sind nicht nur diejenigen, die Lieferanten<br />
suchen und günstige Preise verhandeln,<br />
sondern gestalten auch unsere Produkte<br />
maßgeblich mit.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wie wichtig ist<br />
das Thema Digitalisierung für Ihr Unternehmen,<br />
Ihre Produkte und Ihre Einkaufsorganisation?<br />
Samorski: Für das Unternehmen ist es<br />
natürlich sehr wichtig. Heute kommt kein<br />
Unternehmen mehr daran vorbei. Wir haben<br />
ein nahezu papierloses Büro, viele<br />
Abläufe wie zum Beispiel Kennzahlenerfassung<br />
laufen wesentlich einfacher.<br />
Auch die Vertriebswege ändern sich, was<br />
durch die <strong>aktuell</strong>e Pandemie sicher noch<br />
mal verstärkt wird. Wenn wir die Entwicklung<br />
beim Online-Shopping betrachten,<br />
dann laufen immer mehr Produkte<br />
inzwischen über diesen Weg. Das sehen<br />
wir uns sehr genau an.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wo sehen Sie<br />
die größten Herausforderungen für Ihr<br />
Unternehmen, Ihre Einkaufsorganisation<br />
und sich selbst als Einkaufsverantwortlichen<br />
in den kommenden Jahren?<br />
Samorski: Das Thema Nachhaltigkeit,<br />
beschäftigt uns schon lange und wird uns<br />
auch in Zukunft beschäftigen und zwar in<br />
allen Bereichen. Wir dürfen da auch nicht<br />
nur an Ressourcen denken, sondern es<br />
geht auch um Soziales, Ökonomie und<br />
Ökologie – daran hängt viel mehr, als nur<br />
den Wald zu schützen.<br />
Eine weitere Herausforderung, die allerdings<br />
nicht nur den Einkauf betrifft, sondern<br />
alle Unternehmensbereiche, ist es aus<br />
meiner Sicht, eine junge Generation ins<br />
Unternehmen zu integrieren, die eine völlig<br />
andere Einstellung zur Arbeitswelt mitbringt<br />
als die älteren Kollegen, auf die sie<br />
hier treffen – vom Umgang mit digitalen<br />
Tools bis hin zur Work-Life-Balance. Sie<br />
einzubinden und die alten und neuen Kollegen<br />
zusammenzubringen, das wird in<br />
den nächsten Jahren sicher eine große Herausforderung<br />
werden. Beide Seiten müssen<br />
offen sein und aufeinander zugehen.<br />
Für <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> führte<br />
Ulrike Dautzenberg das Interview.<br />
24 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
ADVERTORIAL<br />
Wer bei ONLINEPRINTERS Druckprodukte aus Recycling -<br />
papier bestellt, erhält diese klimaneutral ohne Aufpreis.<br />
Das bedeutet, dass der Kunde den Ausgleich des beim<br />
Herstellungsprozess entstandenen CO 2 -Ausstoßes kostenfrei<br />
dazu bekommt. Die Kompensation erfolgt über den<br />
Klimaschutzspezialisten ClimatePartner.<br />
Gedruckt wird bei ONLINEPRINTERS auf dem eigenen Maschinenpark. Kein Kundenauftrag<br />
verlässt das Werk ohne sorgfältige Prüfung durch geschulte Medientech -<br />
nologen. Für hochwertige Qualität sorgen außerdem Zertifizierungen nach Prozessstandards<br />
für Offset- und Digitaldruck sowie für die hauseigene Weiterverarbeitung.<br />
www.onlineprinters.de<br />
Onlinedruck setzt neue Standards<br />
beim Einkauf von Drucksachen<br />
Ein neues Geschäftsmodell hat die Printbranche<br />
auf den Kopf gestellt: der Onlinedruck.<br />
Immer mehr Einkäufer und Werbeverantwortliche<br />
in Unternehmen und Agenturen bestellen<br />
ihre Drucksachen online. Sie profitieren von<br />
transparenten und günstigen Preisen selbst bei<br />
kleinen Auflagen und haben die Möglichkeit<br />
rund um die Uhr zu bestellen. „Vielleicht kennen<br />
das manche noch: Wer früher ein Druckangebot<br />
einholen wollte, musste Geduld mitbringen.<br />
Das ist dank Onlinedruck alles viel einfacher<br />
und schneller geworden. Unsere Kunden<br />
gehen in unseren Onlineshop, konfigurieren<br />
mit wenigen Klicks das gewünschte Produkt,<br />
wählen die Lieferoption aus und sofort wird<br />
ihnen der Preis angezeigt“, erklärt Roland<br />
Keppler, CEO von ONLINEPRINTERS. Die Onlinedruckerei<br />
beliefert heute mehr als eine Million<br />
Kunden in ganz Europa. Entwickelt hat sich<br />
ONLINEPRINTERS ursprünglich 2004 aus einer<br />
traditionellen Druckerei. Dem hohen Anspruch<br />
an Qualität weiterhin verpflichtet, setzt das<br />
Unternehmen heute auf die Verzahnung von<br />
E-Commerce-typischem Servicelevel mit hoch<br />
industrialisierten Fertigungsprozessen. Im<br />
Sammeldruckverfahren werden gleichartige<br />
Aufträge mehrerer Kunden, die über das Internet<br />
eingesammelt wurden, auf einem Bogen<br />
Papier angeordnet und gemeinsam gedruckt.<br />
Bei diesem Herstellungsprinzip teilen sich<br />
mehrere Kunden die Kosten etwa für Druck -<br />
platten. Das spart Papier und Zeit und ist auch<br />
für die Umwelt vorteilhaft. Kunden müssen dabei<br />
auf nichts verzichten, auch nicht bei der<br />
Auswahl. Im Shop von www.onlineprinters.de<br />
sind über 5.000 Druckprodukte bestellbar, darunter<br />
Flyer, Broschüren, Kalender, Rollups,<br />
Messestände, Werbeartikel und Verpackungen.<br />
Zu den Kunden von ONLINEPRINTERS zählen<br />
Einkäufer und Marketingmanager aus Industrieunternehmen<br />
ebenso wie andere Drucker -<br />
eien, die die hohe Qualität der Onlinedruckerei<br />
mit Produktionssitz im fränkischen Neustadt an<br />
der Aisch zu schätzen wissen. Zu den Kunden<br />
von ONLINEPRINTERS zählen Einkäufer und<br />
Marketingmanager aus Industrieunternehmen<br />
ebenso wie andere Druckereien, die die hohe<br />
Qualität und die attraktiven Preise der Onlinedruckerei<br />
mit Produktionssitz im fränkischen<br />
Neustadt an der Aisch zu schätzen wissen.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 25
» MANAGEMENT<br />
Lieferantenbewertung mit NLPP-Simulationsmodellen<br />
Entscheidungen einfach gemacht<br />
Befeuert durch die Corona-Pandemie machen sich viele Unternehmen auf die Suche<br />
nach neuen Lieferquellen. Bei der Bewertung der Lieferanten hilft die Preisanalyse-<br />
Software NLPP. Sie ermittelt präzise Zielpreisformeln, auf deren Basis EinkäuferInnen<br />
potenzielle Lieferanten miteinander vergleichen können.<br />
In Zeiten von Corona offenbart sich, wie<br />
riskant eine Single- oder Double-Sourcing-Strategie<br />
sein kann: Einst zuverlässige<br />
Vertragspartner liefern nun nicht<br />
mehr termingerecht, so gerät die eigene<br />
Produktion ins Stocken. Ein weiteres Problem:<br />
Wer auf Lieferungen aus Fernost<br />
angewiesen ist, muss horrende Transportaufschläge<br />
zahlen. Nun kann man abwarten<br />
und auf Besserung der Situation hoffen<br />
– oder neue Lieferanten ins Boot holen<br />
und damit die Ausfallsicherheit der<br />
Lieferkette erhöhen.<br />
Die Lieferanten-Zielpreisformel bildet die DNA<br />
eines Lieferanten ab.<br />
Scouting: kein Hexenwerk<br />
Hierfür erfolgt im ersten Schritt ein strukturiertes<br />
Lieferanten-Scouting, bei dem<br />
relevante Unternehmen identifiziert werden.<br />
Dies ist reine Fleißarbeit, denn es<br />
gibt KI-basierte Datenbanken, die Lieferanteninformationen<br />
kumulieren und die<br />
Recherche vereinfachen. Sind interessante<br />
Lieferanten ausgelotet, werden Angebote<br />
eingeholt. Nun folgt die Herausforderung:<br />
die Bewertung der Lieferanten<br />
anhand der eingeholten Angebote. Hierbei<br />
hilft die Methode NLPP (Non-linear<br />
Performance Pricing). NLPP ist eine wissenschaftlich<br />
fundierte Analyse methode,<br />
die als gleichnamige Software-Anwendung<br />
bei dem Unternehmen Saphirion er-<br />
Bild: Saphirion<br />
hältlich ist. Die Software ermittelt aus<br />
den Angebotsinformationen Zielpreisformeln<br />
– sowohl für komplette Produktfamilien<br />
als auch für einzelne Lieferanten:<br />
In die Berechnung der Produktfamilien-<br />
Zielpreisformel (etwa für Schrauben) fließen<br />
die Eigenschaften der Schrauben und<br />
Preise aller Lieferanten ein, die ein Angebot<br />
für Schrauben abgegeben haben. So<br />
entsteht eine Marktbenchmark-Zielpreisformel<br />
für die Produktfamilie.<br />
Darüber hinaus kann für jeden Lieferanten<br />
eine eigene Zielpreisformel berechnet<br />
werden, die auf mehr als einfachen<br />
Durchschnittswerten basiert (siehe Textkasten).<br />
Sie ergibt sich aus allen Angebotsinformationen,<br />
die dieser Lieferant<br />
eingereicht hat. Diese Lieferanten-Zielpreisformel<br />
gilt ebenfalls für eine spezielle<br />
Produktfamilie, zeigt aber nun anhand<br />
der bewerteten Produktmerkmale die<br />
Stärken und Schwächen des Lieferanten<br />
auf.<br />
Verlassen Sie sich nie auf Durchschnittswerte!<br />
NLPP unterscheidet sich grundlegend<br />
von anderen Auswertungsansätzen,<br />
die ihre Berechnungen<br />
mit Durchschnittswerten anstellen.<br />
Bei dieser Herangehensweise berechnet<br />
man nicht für jeden Lieferanten<br />
eine eigenständige Zielpreisformel,<br />
sondern ermittelt nur<br />
einen lieferantenbezogenen Aufbzw.<br />
Abschlag vom Durchschnitt.<br />
Der Durchschnitt hat jedoch wenig<br />
Aussagekraft und macht einen Vergleich<br />
der Lieferanten untereinander<br />
schwer, da ein Lieferant nur<br />
gegen den Durchschnitt und nicht<br />
gegen andere Lieferanten verglichen<br />
wird.<br />
Darum geht NLPP einen anderen<br />
Weg und berechnet eine individuelle<br />
Zielpreisformel für jeden der<br />
potenziellen Lieferanten. Nur so<br />
wird die DNA des Lieferanten in<br />
der Formel abgebildet – inklusive<br />
der Information, für welche Produkte<br />
er besonders gut geeignet<br />
ist. Mit diesen Zielpreisformeln<br />
kann nun jeder Lieferant mit jedem<br />
anderen verglichen werden.<br />
www.saphirion.com<br />
26 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Bei der Auswahl der richtigen Lieferanten kann die NLPP-Software des Anbieters Saphirion helfen.<br />
Bild: New Africa/stock.adobe.com<br />
Zielpreisformel bilden<br />
Im Gegensatz zu anderen Methoden<br />
stützt sich die NLPP-Bewertung nicht auf<br />
Kennzahlen wie Preisindizes für Transportkosten,<br />
Materialpreise oder Kreditwürdigkeit<br />
des potenziellen Lieferanten.<br />
NLPP fokussiert sich auf die zu beschaffenden<br />
Produkte und wertet konkrete<br />
Merkmale und Produkteigenschaften von<br />
Sachnummern sowie die tatsächlichen<br />
Marktpreise aus. Dadurch ergibt sich ein<br />
genaueres Bild als bei der Betrachtung<br />
allgemeiner Kennzahlen. NLPP basiert auf<br />
der Annahme, dass Artikel mit gleichen<br />
Merkmalen gleich viel kosten sollen. Darum<br />
betrachtet NLPP Eigenschaften eines<br />
Produkts, wie Gewicht, Länge, Menge und<br />
Fertigungstoleranz, im Verhältnis zu dessen<br />
Preis, also das Preis-Leistungsverhältnis.<br />
Darauf basierend ermittelt die Software<br />
die oben erwähnten Produkt- und<br />
Lieferanten-Zielpreisformeln.<br />
Mit diesen Lieferanten-Zielpreisformeln<br />
und den Produkteigenschaften ist es nun<br />
möglich, konkrete Preisvorhersagen pro<br />
Lieferant zu treffen – und zwar auf einzelne<br />
Produkte bezogen. Der Einkäufer<br />
kann rasch kalkulieren, was Zeichnungsteil<br />
X oder Baugruppe Y bei Lieferant A, B<br />
oder C kosten würden. Die Zielpreise der<br />
einzelnen Lieferanten können nun miteinander<br />
verglichen werden. Da NLPP die<br />
Vergleiche mit einer grafischen Darstellung<br />
begleitet, findet der Einkäufer einfach<br />
den besten Lieferanten. Dabei definiert<br />
sich „der Beste” nicht als „der Billigste”,<br />
sondern als der Lieferant mit dem<br />
besten Preis-Leistungsverhältnis für das<br />
jeweilige <strong>Beschaffung</strong>sobjekt.<br />
Mengeneffekte überschätzt<br />
Fragmentiert man das <strong>Beschaffung</strong>svolumen<br />
(z. B. von 100 % <strong>Beschaffung</strong>smenge<br />
bei Lieferant A zu jeweils 25 % bei vier<br />
Viele Analysen zeigen: Der<br />
Hauptanteil des Mengeneffekts<br />
wird schon bei<br />
kleinen Abnahmemengen<br />
realisiert. Mengen, die<br />
diesen Punkt überschreiten,<br />
können zur Risikominimierung<br />
ohne Preisnachteil<br />
auf weitere Lieferanten<br />
verteilt werden.<br />
verschiedenen Lieferanten), sorgt das für<br />
eine höhere Ausfallsicherheit in der Supply<br />
Chain. Es steht jedoch die Befürchtung<br />
im Raum, durch die Fragmentierung<br />
monetäre Mengeneffekte zu verlieren.<br />
Auch hier hilft NLPP: Da die Software für<br />
jeden Lieferanten eine individuelle Zielpreisformel<br />
errechnet, lässt sich der Verlagerungseffekt<br />
pro Lieferant abschätzen.<br />
NLPP findet heraus, wie stark jede Eigenschaft<br />
den Zielpreis verändert – also auch<br />
die Eigenschaft „Menge”.<br />
Die Praxis zeigt, dass diese Veränderung<br />
oft nicht konstant (= linear) ist. So kann<br />
es sein, dass der Mengeneffekt vollumfänglich<br />
bereits bei einer Menge von<br />
10.000 Stück eintritt; eine Steigerung von<br />
10.000 auf 100.000 Stück hat dann keinen<br />
Effekt mehr. Mit diesem Wissen sieht<br />
der NLPP-Analyst, in welche „Mengenhäppchen”<br />
die Gesamtmenge unterteilt<br />
werden sollte, um weiterhin von vorhandenen<br />
monetären Mengenvorteilen zu<br />
profitieren.<br />
Bild: Saphirion<br />
Bild: Saphirion<br />
Robert M. Münch<br />
CEO, Saphirion AG<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 27
Bilder: di/stock.adobe.com; N. Theiss/stock.adobe.com<br />
Praktischer Ansatz zur Umsetzung des Lieferkettengesetzes<br />
Sorgfaltspflichtengesetz – was<br />
Einkäufer jetzt wissen müssen<br />
Für Einkäufer betroffener Unternehmen wird es jetzt spannend: Nach zähen<br />
Verhandlungen über die Ausgestaltung zentraler Anforderungen hat die<br />
Bundesregierung den <strong>aktuell</strong>en Entwurf für das neue „Gesetz über die unternehmerischen<br />
Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ am 3. März 2021 beschlossen –<br />
die Verabschiedung im Bundestag gilt als Formsache.<br />
REDAKTIONS-<br />
TIPP<br />
Fakten, Hintergründe<br />
und Meinungen zum<br />
Lieferkettengesetz auf<br />
beschaffung-<strong>aktuell</strong>.de<br />
Betroffene Unternehmen sollten sich intensiv mit<br />
den Kernelementen des neuen, in der Umgangssprache<br />
Lieferkettengesetz genannten Gesetzes auseinandersetzen.<br />
In der Regel ist es der Einkauf, der<br />
sich um die Erfüllung der zahlreichen Pflichten kümmern<br />
und entsprechende Maßnahmen auf den Weg<br />
bringen muss. Hier ein kurzer Überblick, was das<br />
neue Sorgfaltspflichtengesetz fordert, für wen<br />
es relevant ist und welche praktischen Folgen<br />
sich daraus ergeben (können).<br />
Worauf bezieht sich das<br />
Sorgfaltspflichtengesetz ?<br />
Das kurz Sorgfaltspflichtengesetz oder<br />
Lieferkettengesetz genannte Werk verpflichtet<br />
deutsche Unternehmen ab einer<br />
bestimmten Größe, Verantwortung für die<br />
Einhaltung international vereinbarter Menschenrechte<br />
zu übernehmen, indem sie ihrer Sorgfaltspflicht<br />
mit Blick auf ihre Lieferkette nachkommen.<br />
Die Pflicht, Umweltvorgaben einzuhalten, soll<br />
vor allem schädliche Auswirkungen auf den Menschen<br />
verhindern. Eine Anmerkung: Damit ist der<br />
Einkauf aber nicht aus der Pflicht genommen, in der<br />
Lieferkette auf vollumfängliche, zertifizierte Umweltmanagementsysteme<br />
nach ISO 14001 zu achten.<br />
Welche Unternehmen sind von<br />
dem Gesetz betroffen?<br />
Das Gesetz kommt in zwei Stufen: Ab 2023 gelten<br />
die Regelungen zunächst für ca. 600 deutsche Unternehmen<br />
mit mehr als 3000 Mitarbeitern. Ab 2024 erhöht<br />
sich mit der Senkung der Untergrenze auf 1000<br />
Mitarbeiter die Zahl der betroffenen Unternehmen<br />
auf etwa 2900. Die ursprünglich vorgesehene Untergrenze<br />
von 500 Mitarbeitern hatte das Wirtschaftsministerium<br />
wegen der befürchteten negativen Folgen<br />
für die deutsche Wirtschaft abgelehnt.<br />
Bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl werden auch<br />
Leiharbeiter ab sechs Monaten Beschäftigung<br />
28 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
erfasst , bei „verbundenen Unternehmen“ werden die<br />
Beschäftigten aller Gesellschaften gezählt. Für 2026<br />
ist eine Evaluierung des erreichten Schutzes der<br />
Menschenrechte in der Lieferkette geplant, was ggf.<br />
doch noch zu einer Senkung der Untergrenze führen<br />
könnte.<br />
Wie weit reicht das Gesetz in die<br />
Lieferkette hinein?<br />
Das Gesetz gilt für die gesamte Lieferkette, sowohl<br />
für unmittelbare wie für mittelbare Zulieferer. Das<br />
bedeutet, dass die Erfüllung der Sorgfaltspflicht<br />
nicht nur von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen<br />
Produkt gefordert ist, sondern auch für die Aktivität<br />
der Zulieferer von Zulieferern. Während die Einhaltung<br />
der Menschenrechte von unmittelbaren Zulieferern<br />
(pro-)aktiv untersucht, sichergestellt und<br />
überwacht werden muss, greift das Gesetz bei mittelbaren<br />
Zulieferern erst, wenn ein Unternehmen<br />
Kenntnis über mögliche Verstöße erhält.<br />
Welche Pflichten ergeben sich<br />
daraus für Unternehmen?<br />
Neben der Implementierung eines umfassenden Risikomanagements<br />
über die gesamte Lieferkette und<br />
der Durchführung einer Risikoanalyse zur Ermittlung<br />
von Brennpunkten mit hohen Risiken gilt mindestens<br />
Folgendes:<br />
• Erstellung einer Grundsatzerklärung zur unternehmerischen<br />
Menschenrechtsstrategie<br />
• Implementierung von Vorbeugemaßnahmen für<br />
den eigenen Geschäftsbereich und die unmittelbaren<br />
Zulieferer<br />
• Einleitung geeigneter Maßnahmen bei festgestellten<br />
Rechtsverstößen<br />
• Implementierung eines Beschwerdeverfahrens mit<br />
Blick auf Rechtsverstöße<br />
• Dokumentation über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten<br />
und Erstellung eines Berichts<br />
Dafür notwendige Prozesse und die Anpassung vorhandener<br />
Managementsysteme können vom Einkauf<br />
initiiert werden, stellen aber letztlich Anforderungen<br />
quer durch die Verantwortungsbereiche eines Unternehmens<br />
dar.<br />
Was ergibt sich daraus für die<br />
Unternehmens praxis?<br />
Wie bereits erwähnt, wird in der Regel der Einkauf<br />
die Aufgabe übernehmen, die oben genannten<br />
Pflichten im Unternehmen zu implementieren, mit<br />
Blick auf das geforderte Risikomanagement ggf.<br />
auch in Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen<br />
wie Compliance, ggf. Qualitätsmanagement und/<br />
oder Geschäftsführung.<br />
Mobile Kennzeichnungslösungen<br />
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• Druck direkt auf Papier, Karton, Holz, Kunststoff<br />
und Metall (Texte, 1D- und 2D-Barcodes,<br />
Grafiken, Datum/Uhrzeit, Zählfunktion)<br />
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Dokumentenmanagement einfach gemacht<br />
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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 29
» MANAGEMENT<br />
»Strafrechtliche<br />
Konsequenzen sind<br />
bislang nicht<br />
vorgesehen .<br />
Es drohen aber hohe<br />
Bußgelder.«<br />
Um die hierfür erforderlichen Maßnahmen auf den<br />
Weg zu bringen und dauerhaft in der Praxis zu verankern,<br />
sollten zunächst die relevanten Beteiligten<br />
im Unternehmen identifiziert, umfassend informiert<br />
und mit ihren Aufgaben und Rollen betraut werden.<br />
Neben der Implementierung des geforderten Risikomanagements<br />
muss festgelegt<br />
werden, welche Stelle die geforderte<br />
Grundsatzerklärung<br />
formuliert, wer das Beschwerdeverfahren<br />
einrichtet und<br />
wer die Dokumentation über<br />
die Erfüllung der Sorgfaltspflichten<br />
und die Erstellung<br />
des Berichts übernimmt.<br />
Um die dafür notwendigen<br />
Informationen zu erhalten,<br />
bedarf es einer gründlichen Vorbereitung, die mit der<br />
Identifizierung und Dokumentation der Liefer ketten<br />
beginnt. Dem folgt zur Ermittlung zentraler Risiken<br />
eine sog. Wesentlichkeitsanalyse, die Auskunft über<br />
Relevanz und Umfang einzelner Themen/ Risiken innerhalb<br />
der Lieferkette(n) gibt.<br />
Wesentlichkeitsanalyse und -matrix<br />
als zentrale Werkzeuge<br />
Die Wesentlichkeitsanalyse (auch „Materialitätsanalyse“)<br />
ist für Unternehmen eine wichtige Methode,<br />
um die wesentlichen Themen ihrer relevanten interessierten<br />
Parteien zu identifizieren, besonders mit<br />
Blick auf die soziale und umweltbezogene Verantwortung<br />
für den eigenen Geschäftsbereich, aber<br />
auch für die Lieferkette. Diese Form der Risikoanalyse<br />
wird von allen bedeutenden Nachhaltigkeits-Formaten<br />
erwartet, die CSR-Richtlinie der EU macht sie<br />
sogar zur Pflicht. Zur Erfüllung der Anforderungen<br />
Sorgfaltspflichtengesetz<br />
Das Sorgfaltspflichtengesetz soll der<br />
Verbesserung der internationalen<br />
Menschenrechtslage dienen, indem es<br />
Anforderungen an ein verantwortliches<br />
Management von Lieferketten für<br />
bestimmte Unternehmen festlegt.<br />
www.bmas.de<br />
aus dem neuen Sorgfaltspflichtengesetz ist sie praktisch<br />
unverzichtbar. Zentrale Tätigkeiten für eine<br />
aussagekräftige Wesentlichkeitsanalyse sind:<br />
• Klärung unternehmensinterner Zielkonflikte<br />
• Ermittlung und Einbindung relevanter interessierter<br />
Parteien<br />
• Identifizierung entscheidender interner und<br />
externer Themen<br />
• Betrachtung damit verbundener Risiken und<br />
Chancen<br />
• Bewertung und Visualisierung der Ergebnisse<br />
• Ableiten von Handlungsbedarf und Kontrollen<br />
Interne Zielkonflikte bestehen oft zwischen Abteilungen,<br />
deren Einschätzung von Nachhaltigkeitsthemen<br />
vor allem aufgaben- und zielbedingt, aber auch<br />
nach deren Wissen unterschiedlich sind. Die Klärung<br />
solcher Konflikte erfolgt durch die Abstimmung der<br />
betroffenen Unternehmensbereiche, z. B. in Workshops<br />
oder Meetings etc.<br />
Interessierte Parteien und ihre<br />
Erwartungen<br />
Die Ermittlung interessierter Parteien und ihrer Erwartungen,<br />
vielen bereits bekannt aus ISO 9001,<br />
konzentriert sich meist auf die Bereiche<br />
• Wirtschaft (Kunden, Lieferanten, Investoren,<br />
Banken …),<br />
• Gesellschaft (Verbraucher, Politik, Behörden …),<br />
• intern (Mitarbeiter, Gewerkschaften, oberste<br />
Leitung …),<br />
• „Anwaltsgruppen“ (NGOs, Verbände,<br />
Umweltgruppen …).<br />
Entscheidend für die Relevanz von und den Umgang<br />
mit interessierten Parteien ist, ob sie Einfluss auf die<br />
Erreichung der Unternehmensziele haben können, ob<br />
sie selbst durch die Aktivität des Unternehmens beeinflusst<br />
werden (können) oder ob beides zutrifft. Ihre<br />
Einbindung erfolgt durch Befragungen, gemeinsame<br />
Workshops oder Kontakte über soziale Netzwerke.<br />
Wird die Wesentlichkeitsanalyse um den Kreis der<br />
Anspruchsgruppen (Stakeholder) erweitert, spricht<br />
man von einer Wesentlichkeitsmatrix.<br />
Ermittlung von Themen, Bewertung<br />
damit verbundener Risiken<br />
Für die Identifizierung entscheidender interner und<br />
externer Themen muss das gesamte Umfeld eines<br />
Unternehmens betrachtet werden. Im Zusammenhang<br />
mit dem Sorgfaltspflichtengesetz ist das – neben<br />
dem eigenen Geschäftsbereich eines Unternehmens<br />
– vor allem die direkte Lieferkette, und zwar in<br />
Zusammenhang mit ökonomischen, ökologischen<br />
und sozialen Themen: Korruption, Rohstoffe, politische/rechtliche<br />
Aspekte, Abfall, Umweltverschmut-<br />
30 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
zung, Löhne, Arbeitszeiten, Diskriminierung etc. Die<br />
Betrachtung der Risiken und Chancen, die sich aus<br />
den einzelnen Themen ergeben, ist ein wesentlicher<br />
Aspekt bei der Auswertung und Visualisierung der<br />
Wesentlichkeitsanalyse. Eine Einschätzung der Risiken<br />
einzelner Themen erfolgt meist in Workshops.<br />
Welche Folgen haben Verstöße?<br />
Den Ergebnissen werden dann Zahlenwerte zugeordnet,<br />
damit sie zur Visualisierung in einer zweidimensionalen<br />
Matrix dargestellt werden können. Die<br />
Wesentlichkeit eines Themas aus Sicht des Unternehmens<br />
wird auf der x-Achse der Matrix abgetragen,<br />
die für die interessierten Parteien wesentlichen<br />
Themen auf der y-Achse. Durch die Zahlenwerte wird<br />
den Themen eine für ihre Wesentlichkeit charakteristische<br />
Lage in der Matrix zugeordnet, die durch die<br />
damit verbundene Priorisierung entsprechenden<br />
Handlungsbedarf signalisiert.<br />
Sind diese Themen/Risiken identifiziert, müssen Maßnahmen<br />
auf den Weg gebracht werden, die mögliche<br />
Menschenrechtsverletzungen schon im Vorfeld verhindern,<br />
bestehende Verstöße aufdecken und nachhaltig<br />
Abhilfe schaffen. Dazu bedarf es interner Audits,<br />
anhand derer die Erfüllung der Sorgfaltspflichten<br />
und die Umsetzung von Maßnahmen im eigenen<br />
Unternehmen überwacht und sichergestellt werden.<br />
Unbedingt sollte geprüft werden, ob ggf. unabhängige<br />
Dritte für externe Audits entlang der Lieferkette<br />
eingekauft werden, deren Erkenntnisse als wesentlicher<br />
Nachweis der Erfüllung der Sorgfaltspflichten in<br />
den geforderten Bericht einfließen und kontrollierenden<br />
Behörden vorgelegt werden können.<br />
Werden Verstöße festgestellt oder angezeigt, können<br />
Zwangs- und Bußgelder verhängt werden, deren<br />
Höhe sich an der Schwere des Verstoßes und dem<br />
Umsatz des Unternehmens orientiert. Die Beträge reichen<br />
für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von<br />
unter 400 Mio. Euro bis zu 8 Mio. Euro, bei höheren<br />
Umsätzen kann ein Bußgeld von bis zu zwei Prozent<br />
des Jahresumsatzes fällig werden. Ab einem bestimmten<br />
Betrag kann ein Unternehmen zusätzlich<br />
für drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen<br />
werden. Strafrechtliche Konsequenzen<br />
sind bislang nicht vorgesehen. Hier bleibt aber abzuwarten,<br />
wie weit die im Entstehen begriffene EU-<br />
Richtlinie zur Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht<br />
von Unternehmen in dieser Hinsicht gehen<br />
wird.<br />
Wie können Betroffene Verstöße<br />
gegen Menschenrechte anzeigen?<br />
Es besteht bereits die (theoretische) Möglichkeit,<br />
gegen Verstöße innerhalb der Lieferkette in Deutschland<br />
am Sitz des Unternehmens zivilrechtlich vorzugehen,<br />
was aber in Ermangelung ausreichender<br />
Kenntnisse und Mittel der Betroffenen praktisch nie<br />
geschieht. Neu ist, dass Opfer von Menschenrechtsverletzungen<br />
künftig Gewerkschaften und NGOs damit<br />
beauftragen können, sie vor<br />
deutschen Gerichten in einem<br />
Zivil verfahren zu vertreten – das<br />
Stichwort hier lautet „besondere<br />
Prozessstandschaft“.<br />
Fazit: Auch wenn die Übergangsfristen<br />
großzügig und die Zahl<br />
der zunächst betroffenen Unternehmen<br />
gering erscheinen mögen:<br />
Unternehmen sollten grundsätzlich<br />
umgehend mit einer Bestandsaufnahme<br />
beginnen und<br />
darauf aufbauend ihre unternehmensspezifische<br />
Strategie zur<br />
Achtung von Menschenrechte<br />
und zum Schutz der Umwelt entwickeln.<br />
Altan Dayankac<br />
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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 31
Regelrecht kompliziert wird es bei der Nacherfüllung,<br />
wenn beispielsweise eine bereits<br />
verbaute Pumpe merkwürdige Geräusche von<br />
sich gibt. Werden Mängel erst nach dem Einbau<br />
sichtbar, verlängern sich die Rügezeiten.<br />
Bild: Alex Stemmer/stock.adobe.com<br />
Rechtsfragen im <strong>Beschaffung</strong>sprozess: die Nacherfüllung<br />
Nachbessern oder neu liefern<br />
Das Recht auf Nacherfüllung wurde vom Gesetzgeber in den letzten 20 Jahren<br />
mehrfach neu ausgerichtet. Deshalb sind heute noch teilweise veraltete<br />
Rechtsauffassungen im Umlauf. Hier folgt der <strong>aktuell</strong>e Stand der Rechtsdinge.<br />
V<br />
or der grundlegenden Reform des Schuldrechtes<br />
im Jahr 2002 stand das Recht zuerst einmal<br />
aufseiten des Verkäufers. Hatte dieser eine Bestellung<br />
abgeliefert, so waren damit trotz eventueller<br />
Mängel alle Pflichten aus dem Kaufvertrag erfüllt.<br />
Der Käufer dagegen konnte bei erheblichen Mängeln<br />
nur eine Wandelung des Kaufvertrags oder alternativ<br />
eine Minderung des Kaufpreises verlangen. Sprich: Er<br />
konnte eine objektiv mangelhafte Lieferung ablehnen<br />
und den Kaufvertrag rückgängig machen, aber<br />
nicht die eigentlichen Vertragsleistungen einfordern.<br />
Schadenersatz konnte der Käufer nur bei Nichterfüllung,<br />
beim Fehlen einer konkret zugesicherten Eigenschaft<br />
oder bei arglistiger Täuschung verlangen. Den<br />
Ausgleich eventueller Folgeschäden einer mangel-<br />
Recht im Einkauf<br />
Die Serie „Rechtsprechung für die <strong>Beschaffung</strong> “<br />
behandelt juristische Probleme rund um den Einkauf.<br />
Sie schafft ein Verständnis für den <strong>aktuell</strong>en<br />
Stand der Rechtsprechung, ersetzt aber nicht die<br />
anwaltliche Beratung im Einzelfall.<br />
haften Lieferung wurde vor der Reform nicht durch<br />
das Gesetz geregelt, sondern war Aufgabe nachfolgender<br />
individueller Schadenersatzprozesse.<br />
Mit der Reform von 2002 hat der Gesetzgeber die<br />
Vertragspartner in guten wie in schlechten Tagen<br />
aneinander gekettet – der Kaufvertrag besteht seither<br />
trotz auftretender Mängel weiter und verpflichtet<br />
den Verkäufer zur mängelfreien Lieferung des Kaufgegenstandes.<br />
Als Mangel zählt dabei alles, was im<br />
Kaufvertrag vorher festgelegt wurde. Darunter fallen<br />
nicht nur die eigentlichen Leistungsdaten des Vertragsgegenstandes,<br />
sondern auch dessen Abmessungen,<br />
Materialien, die Optik und gegebenenfalls auch<br />
das Baujahr. Weicht die Soll-Beschaffenheit vom Istzustand<br />
ab, hat der Käufer gemäß § 439 BGB das<br />
Recht auf Nacherfüllung.<br />
Dazu müssen allerdings zwei Dinge gegeben sein. Erstens<br />
muss zwischen den beiden Kaufleuten ein gültiger<br />
Vertrag bestehen. Zweitens greift im B2B-Bereich darüber<br />
hinaus auch noch das Handelsgesetzbuch HGB,<br />
genauer gesagt der § 377 HGB. Dieser sieht ein doppeltes<br />
Eilgebot vor: eine unverzügliche Untersuchung<br />
sowie eine unverzügliche Mängelrüge unmittelbar<br />
nach Entdeckung eventueller Mängel. Unverzüglich ist<br />
allerdings relativ: Bei Just-in-time-Lieferungen, bei<br />
verderblicher Ware und/oder bei offensichtlichen Feh-<br />
32 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
MANAGEMENT «<br />
lern muss die Rüge im besten Fall bei der Warenannahme<br />
oder zumindest innerhalb weniger Stunden erfolgen,<br />
spätestens aber innerhalb von zwei Arbeitstagen<br />
nach Feststellung des Mangels. Entscheidend ist<br />
der jeweilige Einzelfall. Gerichte haben bei der Lieferung<br />
von komplizierten technischen Anlagen auch<br />
schon einen Zeitraum von zwei Wochen als „noch unverzüglich“<br />
beurteilt. Versäumt der Käufer eine fristgerechte<br />
Mängelrüge, „gilt die Ware auch in Ansehung<br />
eines Mangels als genehmigt“. In diesem Fall erlöschen<br />
alle Gewährleistungsansprüche des Käufers. Mit einer<br />
Ausnahme: Wenn der Verkäufer den Mangel arglistig<br />
verschwiegen hat, wenn er also vom Mangel bei der<br />
Auslieferung wusste, bleibt er in der Haftung.<br />
Unverzüglich und verhältnismäßig<br />
Nach einer fristgerechten und berechtigten Mängel -<br />
rüge hat der Käufer prinzipiell das Wahlrecht zwischen<br />
Mängelbeseitigung und Neulieferung. Dabei gilt der<br />
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; sprich der gesunde<br />
Menschenverstand. Der Verkäufer muss sich der Entscheidung<br />
des Käufers beugen – sofern es ihm zumutbar<br />
ist. In der Praxis kann er die Wahl des Käufers nur<br />
dann verweigern, wenn sie nur mit „unverhältnismäßigen<br />
Kosten“ möglich wäre. Was die Frage erhebt, was<br />
„unverhältnismäßig“ in der Praxis bedeutet. Je nach<br />
Vertragsobjekt haben die Gerichte hier eine Kostensteigerung<br />
zwischen 25 und maximal 50 Prozent angesetzt.<br />
Bei der Entscheidungsfindung sind nicht nur<br />
die eigentlichen Nachbesserungskosten zu berücksichtigen,<br />
sondern auch die Bedeutung des Mangels, der<br />
Wert der Sache im mangelfreien Zustand sowie die<br />
Nachteile des Käufers bei der alternativen Art der<br />
Nacherfüllung. Die Beweislast trägt der Verkäufer.<br />
Das Gesetz<br />
Die Nacherfüllung wird in Deutschland<br />
durch BGB und HGB geregelt.<br />
Aus der Praxis<br />
Der Kratzer in einer frisch ausgelieferten Maschine<br />
ist sicherlich kein Grund für eine Neulieferung, andererseits<br />
kann der Käufer aber auch nicht die Nachbesserung<br />
einer fehlerhaften Lieferung von Unterlegscheiben<br />
verlangen – allerdings deren umgehende<br />
Neulieferung. Der Käufer muss eine Nachbesserung<br />
nicht hinnehmen, wenn dadurch der Wert des Kaufobjektes<br />
gemindert wird – das kann beispielsweise<br />
bei der Lieferung eines Fahrzeuges der Fall sein.<br />
Regelrecht kompliziert wird es, wenn beispielsweise<br />
eine bereits verbaute Pumpe merkwürdige Geräusche<br />
von sich gibt. In einer weiteren Novellierung hat der<br />
Gesetzgeber 2018 für solche Fälle die Rechte des<br />
Käufers weiter gestärkt. Demnach ist der Verkäufer<br />
inzwischen verpflichtet, auch die notwendigen Aufwendungen<br />
für Ein- und Ausbau einer mangelhaften<br />
Sache zu erstatten. Dazu zählen nicht nur die reinen<br />
Montagekosten, sondern auch alle Transport-, Wege-,<br />
Arbeits- und Materialkosten. Ersatzfähig sind<br />
aller dings nur Aufwendungen, die vernünftig und<br />
notwendig für die Mängelbeseitigung sind. Dabei<br />
spielt es keine Rolle, ob dem Ausbau ein Austausch<br />
oder eine Reparatur folgt. Zur möglichen Anzahl von<br />
Nachbesserungsversuchen sagt § 440 BGB: „Eine<br />
Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten<br />
Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere<br />
aus der Art der Sache oder des Mangels oder<br />
den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.“<br />
Dominoeffekte<br />
Seit Anfang 2018 regelt das BGB auch die Rechte eines<br />
Käufers am Ende einer Wertschöpfungskette. Vor 2018<br />
war ein Rückgriff in der Lieferkette nur in Form eines<br />
individuellen Schadenersatzprozesses möglich. Deshalb<br />
blieben z. B. Werkunternehmer wie Handwerker<br />
häufig auf ihren Kosten sitzen. Nach dem neuen<br />
§ 445a BGB kann jetzt der Verkäufer einer mangelhaften<br />
Sache wiederum bei seinem Lieferanten Ersatz<br />
aller Aufwendungen verlangen, die sein Käufer bei ihm<br />
geltend macht. Voraussetzung ist, dass der Mangel bereits<br />
vorhanden war. Dies gilt für die gesamte B2B-Lieferkette.<br />
Beim Rückgriff innerhalb der Kette muss jeder<br />
Wiederverkäufer gegenüber seinem Lieferanten nachweisen,<br />
dass der von seinem Käufer geltend gemachte<br />
Mangel bereits beim Gefahrübergang auf ihn selber<br />
bestand. Was nicht immer leicht fallen wird.<br />
Grundsätzlich sind die Vertragsparteien frei, sich individuell<br />
vertraglich zu binden. Widersprechen sich die<br />
AGB oder verletzen diese den juristisch eingeräumten<br />
Gestaltungsfreiheitsraum, gelten die gesetzlichen<br />
Standardregelungen des Staates, in dem der Verkäufer<br />
seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Gerade bei<br />
C-Teile-Lieferanten ist es deshalb ratsam, das europäische<br />
oder deutsche Handelsrecht als gemeinsame<br />
Basis zu nutzen.<br />
Michael Grupp, Journalist, Stuttgart<br />
Bild: N. Theiss/stock.adobe.com<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 33
Das Implementieren digitaler Plattformen<br />
bedarf vorausschauender Planung.<br />
Bild: Rawpixel.com/stock.adobe.com<br />
Frachtenbörsen nutzen<br />
Digitale Plattformen richtig<br />
implementieren<br />
Um digitale Platt formen erfolgreich in das Unternehmen einzubinden, ist es<br />
wichtig , die erforder lichen Änderungsmaßnahmen zu kennen und richtig zu<br />
planen . Das Forschungsprojekt FIT4Plattform des FIR an der RWTH Aachen hat<br />
acht wichtige Handlungsfelder für den Implementationsprozess identifiziert.<br />
Digitale Plattformen haben bereits in<br />
vielen Lebenslagen die Rolle des<br />
Vermittlers eingenommen. Die Coronapandemie<br />
hat auch in der Logistikbranche<br />
den Wandel hin zu digitalen Plattformen,<br />
sogenannten Frachtenbörsen, intensiviert.<br />
Eine Frachtenbörse vermittelt zwischen<br />
Transportdienstleister und Auftraggeber.<br />
Das Geschäft wächst: So hat etwa der<br />
Anbieter Timocom vor Weihnachten einen<br />
Rekord von einer Mio. Angeboten am Tag<br />
erreicht [1]. Solche Frachtenbörsen können<br />
für EinkäuferInnen die operativen<br />
Abläufe der <strong>Beschaffung</strong> verbessern. Administrative<br />
Tätigkeiten werden verringert<br />
und so der Arbeitsaufwand minimalisiert.<br />
Außerdem können Leerfahrten reduziert<br />
werden.<br />
Dagegen stehen nur geringe Risiken in<br />
der Implementierung von Plattformen. Ein<br />
bekanntes Risiko ist der Lock-in-Effekt,<br />
bei dem Unternehmen sehr stark von einer<br />
Plattform abhängig werden. Doch<br />
wenn die Plattform nur ergänzend<br />
genutzt wird, hält sich das Risiko in Grenzen.<br />
Um digitale Plattformen und Digitalisierungsprojekte<br />
im Allgemeinen erfolgreich<br />
in Ihrem Unternehmen zu implementieren,<br />
ist es essenziell, die hier vorgestellten<br />
Änderungsmaßnahmen zu<br />
kennen.<br />
Worauf müssen Sie<br />
bei einer Frachtenbörse<br />
achten?<br />
Digitalisierungsprojekte wie die Integration<br />
einer Frachtenbörse für Logistikdienstleistungen<br />
haben ein großes Potenzial zu<br />
scheitern [2]. Hauptgründe dafür sind die<br />
ineffektive Kommunikation der Ziele und<br />
Strategie sowie eine fehlende Integration<br />
der MitarbeiterInnen [2]. Auch das Forschungsprojekt<br />
FIT4Plattform vom FIR<br />
e.V. an der RWTH Aachen hat sich mit<br />
dem Themenfeld „Implementation von<br />
Plattformen“ beschäftigt. In der dort<br />
durchgeführten Studie wird unter anderem<br />
gezeigt, dass Management- und Führungsverhalten<br />
die wichtigsten Faktoren<br />
für die erfolgreiche Umsetzung von Digi-<br />
FIR an der<br />
RWTH Aachen<br />
Bild: Andreas Horsky<br />
Das FIR an der RWTH Aachen<br />
besteht seit 1954 und<br />
beschäftigt über 50 wissenschaftliche<br />
MitarbeiterInnen<br />
in vier Fachbereichen.<br />
34 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
LOGISTK «<br />
[1] Timocom: 1 Million Angebote an einem<br />
Tag: Frachtenbörse von Timocom erreicht<br />
erneut Rekordwert. Vom 22.12.2020. Online<br />
unter: www.timocom.de/unternehmen/<br />
newsroom/pressemitteilungen/timocombestmarke-1-million-angebote<br />
[2] Bucy, Michael et al. The „how“ of Transformation.<br />
Vom 9.05.2016. Online unter:<br />
www.mckinsey.com/industries/retail/<br />
talisierungsprojekten sind. Auf Basis von<br />
Fallstudien haben die Forscher zudem<br />
acht Handlungsfelder für eine gelungene<br />
Plattformstrategie und Implementierung<br />
aufgezeigt. Als Grundlage haben sie das<br />
Business Transformation Canvas [3] verwendet.<br />
Vision<br />
Die Vision beschreibt den Zielzustand.<br />
Dafür ist es wichtig, den Zweck der Unternehmung<br />
zu kennen und diesen offen<br />
zu kommunizieren. Für Projekte wie eine<br />
Plattformintegration liegt die Vision darin,<br />
die Mitarbeiter zu motivieren und<br />
Ressourcen bereitzustellen.<br />
Strategie<br />
Analog muss das Digitalisierungsprojekt<br />
in die Gesamtstrategie integriert und auf<br />
den Bereich zugeschnitten werden. In der<br />
Strategieentwicklung wird daher die richtige<br />
Plattform ausgewählt. Dazu gilt es zu<br />
klären, was der konkrete Nutzen der<br />
Plattform ist und welche Aufgaben diese<br />
übernehmen kann. Sobald das Zielbild<br />
festgehalten und eine Kosten-Nutzen-<br />
Analyse durchgeführt wurde, muss der<br />
Ressourcenaufwand geplant werden. Anschließend<br />
sollte das Ergebnis in einer<br />
Roadmap mit Meilensteinen festgehalten<br />
werden.<br />
Projektmanagement<br />
Das Projektmanagement setzt die Strategie<br />
um und kontrolliert den Fortschritt. Es<br />
Literaturverzeichnis<br />
our-insights/the-how-of-transformation<br />
[3] Gudergan, Gerhard; Feige, Boris Alexander;<br />
Krechting, Denis (2017). Ordnungsrahmen<br />
für den Prozess der Business-Transformation.<br />
In: Blaeser-Benfer, Andreas;<br />
Pollety, Wolfgang (Hrsg.): Digitalisierung –<br />
betriebliche Handlungsfelder der Unternehmensentwicklung.<br />
Frankfurt am Main,<br />
Frankfurter Allgemeine Buch, S. 155–172<br />
bildet den Baustein der operativen Ebene<br />
von Digitalisierungsprojekten. Dazu wird<br />
eine Detailplanung des Projektablaufes<br />
erstellt. Für Software-Implementierungen<br />
wie digitale Plattformen haben sich agile<br />
Methoden wie Objectives and Key Results<br />
(OKRs) etabliert.<br />
IT-Systeme<br />
IT-Systeme gehörten zur operativen Ebene.<br />
Als integrativer Teil des Digitalisierungsprojektes<br />
gilt es, die unternehmenseigenen<br />
Schnittstellen zu kennen und so<br />
vorzubereiten, dass eine nahtlose Integration<br />
der Plattform gewährleistet werden<br />
kann.<br />
Prozesse<br />
Ebenso gilt es, die eigenen Prozesse zu<br />
überprüfen und zu analysieren, wo Optimierungspotenzial<br />
besteht. Für die<br />
Implementierung müssen bestehende<br />
Einkaufsprozesse mit den Plattform -<br />
prozessen abgeglichen und angepasst<br />
werden. Insbesondere bei der Nutzung<br />
von mehreren Plattformen muss darauf<br />
geachtet werden, dass parallele Prozesse<br />
vermieden werden oder eine ausrei -<br />
chende Schulung der MitarbeiterInnen<br />
durchgeführt wird.<br />
Organisationsstrukturen<br />
Im Fall von größeren Digitalisierungsprojekten<br />
kann es vorkommen, dass die Organisationsstrukturen<br />
angepasst werden<br />
müssen.<br />
Mitarbeiterqualifikation<br />
Die MitarbeiterInnen und deren Qualifikation<br />
sind ein wichtigster Baustein bei<br />
der Einführung von Plattformen. Dabei ist<br />
neben der Qualifikation auch die Motivation<br />
des Einzelnen entscheidend dafür, ob<br />
das Projekt erfolgreich ist.<br />
Kommunikation &<br />
Leadership<br />
Auch Kommunikation und Leadership sind<br />
entscheidende Faktoren, die über den<br />
langfristigen Erfolg eines Digitalisierungsprojektes<br />
entscheiden. Eine transparente<br />
und frühzeitige Kommunikation sichert<br />
die langfristige Zufriedenheit der<br />
Belegschaft und geht Hand in Hand mit<br />
der Vorbildfunktion des Führungsteams.<br />
Das Management- und Führungsverhalten<br />
als wichtigster Erfolgsfaktor kann die<br />
Akzeptanz der Mitarbeitenden enorm erhöhen.<br />
Über besonders motivierte MitarbeiterInnen<br />
kann zudem ein verstärkender<br />
Effekt erzielt werden, der den Rückhalt<br />
in der Belegschaft erhöht.<br />
Fazit: Betrachten Sie den Plattformbeitritt<br />
als Transformationsprozess!<br />
Digitalisierungsprojekte, wie die Einführung<br />
einer Frachtenbörse, sind schwierige<br />
Unterfangen, die ein hohes Maß an Geduld<br />
und Kommunikationstalent benötigen.<br />
Die acht Handlungsfelder helfen dabei,<br />
den Gesamtprozess nicht aus den Augen<br />
zu verlieren, um die Erfolgsquote<br />
nachhaltig zu erhöhen.<br />
Für mehr Informationen zu unserem Forschungsprojekt<br />
und unserem Abschlusstreffen<br />
am 22. Juli in digitaler Form besuchen<br />
Sie gerne unsere Webseite:<br />
www.fit4platform.de<br />
Lukas Stratmann<br />
M. Sc., FIR e.V. an der<br />
RWTH Aachen<br />
Svenja Marek<br />
M.Sc., FIR e.V. an der<br />
RWTH Aachen<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 35
» START UP<br />
Einkauf von Ladungsträgern<br />
Paletten digital beschaffen<br />
Paletten braucht fast jeder. Der Einkauf gestaltete sich dabei bis jetzt<br />
mitunter aufwendig, da es sehr viele Anbieter im Markt gibt. Mit der digitalen<br />
<strong>Beschaffung</strong>splattform Packlogx haben EinkäuferInnen es nun leichter.<br />
» Sanja Döttling<br />
Der Holzpreis steigt,<br />
Paletten brauchen<br />
Unternehmen trotzdem.<br />
Mit einer digitalen<br />
Plattform wie<br />
Packlogx können<br />
Paletten mit wenig<br />
Aufwand beschafft<br />
werden.<br />
Das 2020 gegründete Start-up Packlogx hat eine<br />
digitale Plattform für die <strong>Beschaffung</strong> von Ladungsträgern<br />
entwickelt. Dennis Maschmeyer, Mitgründer<br />
und Geschäftsführer bei Packlogx, erklärt die<br />
Hintergründe: „Wir haben festgestellt, dass die <strong>Beschaffung</strong><br />
von Ladehilfsmitteln oft manuell erfolgte.“<br />
Er kommt selbst aus der Logistikbranche und hat erlebt,<br />
wie EinkäuferInnen einzelne Hersteller und<br />
Händler angeschrieben haben. Ein langwieriges Verfahren<br />
- vor allem, da der Markt für Paletten groß<br />
und unübersichtlich ist: Es gibt europaweit mehr als<br />
800 Palettenhersteller. Maschmeyer sagt: „Es gibt<br />
unzählige Hersteller und Händler, aber auch sehr viele<br />
Unternehmen, die Paletten benötigen. Diese Konstellation<br />
eignet sich hervorragend, um sie auf einer<br />
Plattform aufzufangen.“ fangen.“ Inzwischen<br />
sind knapp 200<br />
Palettenhersteller bei Packlogx und 100 Unternehmen<br />
nutzen die Plattform für die <strong>Beschaffung</strong>.<br />
Wie man heute Paletten bestellt<br />
Die Browser-basierte Plattform Packlogx funktioniert<br />
analog zu Plattformen für andere Warengruppen. Die<br />
Anmeldung auf der Plattform ist für EinkäuferInnen<br />
wie Hersteller kostenlos. Die Hersteller werden einer<br />
Bild: steucc<br />
io79<br />
/sto<br />
ck.a<br />
dobe<br />
.com<br />
Prüfung unterzogen, bei der Steuer-ID sowie EPAL-,<br />
UIC-, CP- und andere Holzlizenzen geprüft werden.<br />
Die EinkäuferIn kann auf der Plattform eine Ausschreibung<br />
erstellen. Bei einer Anfrage handelt es<br />
sich dabei um eine einmalige Bestellung, Ausschreibungen<br />
dienen wiederkehrenden Aufträgen.<br />
„Mit der Veröffentlichung der Anfrage oder Ausschreibung<br />
hat die EinkäuferIn rund 200 Partner auf<br />
der Plattform erreicht“, so Maschmeyer. Das spart<br />
Zeit und Aufwand. Die Hersteller können daraufhin<br />
Angebote abgeben und die EinkäuferIn hat die Möglichkeit,<br />
diese zu vergleichen. Die Angebote werden<br />
anonymisiert, die EinkäuferIn erfährt nur, aus welchem<br />
Land der Hersteller kommt, welche Produktionskapazität<br />
er hat, die Anzahl der MitarbeiterInnen<br />
sowie die plattformeigene Bewertung. Vertragspartner<br />
ist Packlogx. „Damit sind wir auch für die Qualität<br />
der Paletten verantwortlich“, erklärt Maschmeyer.<br />
„Wir kümmern uns um Reklamationen, stehen für<br />
Liefertermine ein und wickeln den Kundenservice bei<br />
uns im Haus ab.“<br />
Verhandlungen standardisieren<br />
Maschmeyer schätzt, dass eine Ausschreibung im<br />
Schnitt drei bis zehn Angebote von Herstellern eller be-<br />
kommt. Er erklärt: „Das kommt darauf an, was für<br />
Paletten man benötigt. Für eine Europalette,<br />
dem<br />
meistgenutzten Ladungsträger in Europa, bekommt<br />
der User in der Regel mehr Angebote e<br />
als für<br />
Paletten<br />
im Sonderformat.“ Die EinkäuferIn kann<br />
daraufhin<br />
die Angebote vergleichen und sich für einen Anbieter<br />
entscheiden. Die Preise gelten dabei immer<br />
als „frei-<br />
Haus-Preise“, das heißt, die Lieferung der Paletten ist<br />
inbegriffen.<br />
„Wir versuchen, den <strong>Beschaffung</strong>sprozess zu stan-<br />
dardisieren und zu vereinfachen“, n“, sagt Maschmeyer.<br />
Über die Plattform ist es möglich, ein Gegenangebot<br />
an die Anbieter zu schicken. Sehen die EinkäuferInnen<br />
dennoch Bedarf für eine Nachverhandlung, kön-<br />
nen sie dies selbst über den Verhandlungsbutton<br />
übernehmen. Auftragsbestätigungen und Rechnun-<br />
gen gibt die Plattform im pdf-Format aus. „Auf Kun-<br />
36 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
denwunsch kann die Plattform an interne ERP-Systeme<br />
wie SAP vernetzt werden“, sagt Maschmeyer. Die<br />
Schnittstellenimplementierung ist für den Kunden<br />
kostenlos.<br />
Und das Einsparpotenzial?<br />
Seit Dezember letzten Jahres ist der Holzpreis in die<br />
Höhe gestiegen. Das liegt unter anderem auch an der<br />
großen Nachfrage aus Asien und Nordamerika, wo<br />
die Produktion wieder voll im Gang ist. Maschmeyer<br />
betont, dass Kunden durch die Nutzung der Plattform<br />
etwa fünf bis sechs Prozent an Einsparpotenzialen<br />
generieren können. Neben den Einsparungseffekten<br />
bei den Stückpreisen verringert die Plattform<br />
die Prozesskosten für Bestellungen. Maschmeyer<br />
empfiehlt EinkäuferInnen in Zeiten von hohen Preisen,<br />
keine langfristigen Verträge abzuschließen, sondern<br />
kurzfristiger zu planen. Sinkt der Preis für Paletten<br />
wieder, können Einkäufer an den Einsparungen<br />
partizipieren. „Über unsere Plattform sind Einkäufer<br />
näher am Markt und können besser von Preisschwankungen<br />
profitieren“, sagt er. Zudem versucht<br />
Packlogx, einen Preis-Forecast<br />
für die Zukunft zu erstellen.<br />
Dieser soll EinkäuferInnen dabei<br />
helfen, den optimalen<br />
Zeitpunkt für eine Bestellung<br />
zu finden.<br />
Das Angebot von Packlogx<br />
konzentriert sich auf Holzpaletten,<br />
auch Kunststoffpaletten<br />
wie H1- und H2-Paletten werden angeboten. Bei<br />
den Holzpaletten umfasst das Angebot genormte<br />
Produkte wie die Europalette oder Chemiepaletten<br />
der Spezifikation CP1 bis CP9. Einwegpaletten in<br />
Größen zwischen 40 cm und 10 Metern sind ebenfalls<br />
im Programm. „Hier kann sich der Kunde die Palette<br />
individuell konfigurieren“, erklärt Maschmeyer.<br />
Auch gebrauchte Paletten vertreibt die Plattform. Ihr<br />
Zustand wird nach den EPAL-Qualitätsklassifizierungen<br />
kategorisiert. „Wir kaufen dem Kunden gebrauchte<br />
Paletten ab und führen sie zurück in die<br />
Kreislaufwirtschaft“, erklärt er.<br />
Genormte Paletten wie Europaletten gelten, anders<br />
als Einwegpaletten, als tauschfähig. Doch Maschmeyer<br />
weiß aus Erfahrung, dass der Tausch, oder das<br />
„Pooling“, nicht so einfach ist. „Das Pooling gehört<br />
nicht zu unserem Hauptgeschäft. Wir sehen uns als<br />
<strong>Beschaffung</strong>splattform, die sich mit dem Ankauf und<br />
Verkauf beschäftigt“, so Maschmeyer. Dafür gibt es<br />
einige Gründe: Da viele Unternehmen ausschließlich<br />
neue Paletten verwenden, macht für sie der Tausch<br />
gegen eine gebrauchte Palette keinen Sinn. Deshalb<br />
verrechnen sie den Palettenpreis oft im Angebots-<br />
»Wir versuchen, den<br />
<strong>Beschaffung</strong>sprozess<br />
zu standardisieren und<br />
zu vereinfachen.«<br />
Dennis Maschmeyer, Packlogx<br />
Auf der Weboberfläche von Packlogx lassen sich Anfragen einfach konfigurieren und<br />
erreichen bis zu 200 Hersteller in ganz Europa.<br />
preis. Bei Exportgeschäften ist eine Rückführung der<br />
Paletten oft zu teuer. Der Palettentausch erfordert<br />
zudem einen hohen manuellen Verwaltungsaufwand.<br />
Wie es weitergeht<br />
Maschmeyer erklärt, welche<br />
Pläne das junge Unternehmen<br />
für die Zukunft hat: „Unser<br />
Produktportfolio wird in den<br />
nächsten Monaten noch<br />
wachsen.“ Dazukommen sollen<br />
weitere Kunststoffpaletten<br />
sowie Verpackungen, etwa Schnittholz und Transportkisten.<br />
Maschmeyer und sein Team denken ebenfalls<br />
darüber nach, eigene Lagerräume anzumieten,<br />
um Just-in-time-Lieferungen umsetzen zu können.<br />
Packlogx ist ein junges Unternehmen, das zu Beginn<br />
der Corona-Krise seine Geschäfte aufgenommen hat.<br />
Dennoch hat die Plattform schon viele Kunden gewinnen<br />
können, was positiv für die Zukunft stimmt.<br />
Packlogx im Überblick<br />
Name: Packlogx GmbH<br />
Sitz: Bottrop, Deutschland<br />
Geschäftsbereich: Digitale <strong>Beschaffung</strong>splattform<br />
für Ladungsträger<br />
Gegründet: 2020<br />
Partner: 200 Hersteller europaweit<br />
Kunden: 100 einkaufende Unternehmen<br />
www.packlogx.com<br />
Bilder: Packlogx<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 37
Der Trend Radar erscheint in 5. Auflage<br />
Was die Logistik bewegt<br />
Blockchain, künstliche Intelligenz und autonome Fahrzeuge sind nur einige<br />
Stichwörter, die den Wandel der Logistikbranche beschreiben. Im „Logistics<br />
Trend Radar“, der jüngst von DHL herausgegeben wurde, sammeln Experten<br />
diese und andere Schlüsselthemen der Zukunft. Eine Übersicht.<br />
» Sanja Döttling<br />
Bild: Roman Motizov/stock.adobe.com<br />
Die Welt der Logistik verändert sich. Die Corona-<br />
Pandemie zeigt deutlich auf, wo Schwachstellen<br />
in den Lieferketten liegen und hat Themengebiete<br />
wie das Multisourcing in den Vordergrund gerückt.<br />
Supply Chain ManagerInnen sollten nun die Trends<br />
der Branche umso genauer beobachten und in ihre<br />
Strategien einbinden. Um wichtige Themen zu identifizieren,<br />
können sie den „Logistics Trend Radar“ zu<br />
Rate ziehen, der alle zwei Jahre von DHL veröffentlicht<br />
wird. Unterteilt in soziale/wirtschaftliche und<br />
technologische Entwicklungen beleuchtet der Radar<br />
29 Schlüsselthemen, die die Zukunft der Logistik beeinflussen<br />
können.<br />
Neu auf dem Radar<br />
Einige Themen sind in diesem Jahr zum ersten Mal<br />
auf dem Trend Radar vertreten:<br />
• Next-Generation-Security: Mit der zunehmenden<br />
Digitalisierung wird Cybersecurity immer<br />
wichtiger. Dazu gehören: physische Sicherheitssysteme,<br />
der Schutz personenbezogener Daten sowie<br />
der Schutz vor Fälschungen.<br />
• Multisourcing: Um Lieferketten in unsicheren<br />
Zeiten resilienter zu machen, bietet sich eine<br />
Diversifizierung der Lieferanten an.<br />
• Rethinking Packaging: Bei steigender Nachfrage<br />
tritt die Nachhaltigkeit in den Vordergrund. Stichwörter<br />
sind die Kreislaufwirtschaft und Recycling.<br />
• Space Logistics: Noch Zukunftsmusik, aber dennoch<br />
wird die Logistik von Gütern über die Erd -<br />
atmosphäre hinaus Teil des neuen „Weltraum-<br />
Wettlaufs“.<br />
• Quantum Computing wird noch einige Jahre<br />
brauchen, um sich durchzusetzen. Doch die hohen<br />
Kapazitäten der ersten kommerziellen Quantum-<br />
Computer lassen großes Potenzial erahnen.<br />
Die nächsten fünf Jahre<br />
Vom zehn- in den fünf-Jahres-Horizont sind folgende<br />
Themenbereiche gerutscht:<br />
• Mass Personalization: Produkte können für immer<br />
weniger Geld individueller werden. Das gilt<br />
für die medizinische Behandlung ebenso wie für<br />
Konsumgüter wie Kleidung.<br />
• Silver Economy: 2030 werden eine Milliarde<br />
Menschen über 65 Jahre alt sein. Unternehmen<br />
müssen sich also auf ältere Mitarbeiter und<br />
Kunden einstellen.<br />
• Artificial Intelligence (AI): Eine große Wirkung<br />
verspricht der Radar der AI. Bilderkennungsalgorithmen<br />
etwa für autonome Fahrzeuge, Workflow-<br />
Automatisierung und die vorausschauende Datenanalyse<br />
sind wichtige Anwendungen.<br />
• Die Blockchain bietet Transparenz und Nachverfolgbarkeit<br />
in der Lieferkette. Kryptowährungen<br />
für die Zahlungsabwicklung sowie „selbstaus-<br />
38 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
At a Glance: The Logistics Trend Radar<br />
HIGH IMPACT<br />
Experience the interactive<br />
digital radar!<br />
Supergrid<br />
Logistics<br />
High Impact:<br />
revolutionary applications that are potentially disruptive<br />
Low Impact:<br />
evolutionary changes with incremental improvements<br />
Self-Driving<br />
Vehicles<br />
Relevancy:<br />
when a trend will become ubiquitous or commonplace in<br />
the logistics industry as a whole<br />
Social & Business<br />
Trends<br />
<br />
<br />
Multisourcing<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Logistics<br />
Rethinking<br />
<br />
<br />
Logistics<br />
<br />
Future<br />
of Work<br />
<br />
Logistics<br />
<br />
Intelligence<br />
Robotics &<br />
<br />
Internet of<br />
Things<br />
<br />
<br />
Cloud & APIs<br />
<br />
Next-<br />
<br />
Wireless<br />
3D Printing<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Computing<br />
Technology<br />
Trends<br />
Silver<br />
<br />
Augmented &<br />
<br />
Bionic<br />
<br />
LOW IMPACT<br />
<br />
RELEVANT 5-10 YEARS<br />
RELEVANT < 5 YEARS<br />
High Impact:<br />
<br />
RELEVANT < 5 YEARS<br />
RELEVANT 5-10 YEARS<br />
LOW IMPACT<br />
Bild: DHL<br />
Markplätze, Omnichannel-Logistik und Big Data sind Themen, die die Logistik laut dem Trend Radar in naher Zukunft verändern werden.<br />
lösende“ Prozesse gehen ebenfalls mit diesem<br />
Trend einher.<br />
• Next-Generation-Wireless: Hiermit sind vor<br />
allem Technologien wie RFID, NFC, Wi-Fi 6, UWB<br />
und 5G gemeint.<br />
Die Dauerbrenner<br />
Der Trend Radar listet weitere Trends, die die Logistik<br />
in der Zukunft prägen werden. Themen, die im Radar<br />
mit „hohem Wirkungsgrad“ gekennzeichnet sind,<br />
schauen wir hier genauer an.<br />
• „Future of Work“: Immer mehr Arbeiten werden<br />
in Zusammenarbeit von Mensch und Maschine<br />
verrichtet. Arbeitszeiten werden flexibler, die Weiterbildung<br />
der Mitarbeiter wichtiger.<br />
• Logistic Marketplaces: Plattformen für die Vermittlung<br />
von Transport, Lagerhaltung und Last-<br />
Mile-Auslieferungen gewinnen an Bedeutung.<br />
• Supergrid Logistics: Neue Player integrieren die<br />
gesamte Abwicklung der globalen Logistikauf -<br />
gaben unter einem Dach.<br />
• Sustainable Logistics: Nachhaltige Konzepte für<br />
die Branche umfassen unter anderem die Routenoptimierung,<br />
emissionslose Flotten sowie die<br />
Standortplanung für Lager.<br />
• Cloud und APIs tragen zum bruchfreien Austausch<br />
von Daten entlang der Liefer kette bei.<br />
• Internet of Things: Das Internet der Dinge ermöglicht<br />
die Nachverfolgbarkeit von Sendungen,<br />
vernetzt Geräte und regelt etwa Temperatur und<br />
Beleuchtung in Lagerhallen.<br />
• Self-Driving Vehicles, also autonome Fahrzeuge,<br />
sind Realität in vielen Lagern. Selbstfahrende Lkw<br />
für die Straße und Fahrzeuge für die letzte Meile<br />
stellen die nächsten Herausforderungen dar.<br />
• Unmanned Aerial Vehicles: Unbemannte Luftfahrzeuge,<br />
vor allem Drohnen, können Inventur<br />
und Überwachung sowie weitere Aufgaben in der<br />
Intralogistik übernehmen. Auch der Einsatz auf<br />
der letzten Meile könnte möglich werden.<br />
Dies sind nur einige der Themen, die laut dem Trend<br />
Radar die Zukunft der Logistik beeinflussen werden.<br />
Doch sie zeigen, wie vielseitig die Entwicklung der<br />
Branche voranschreitet. Umso wichtiger ist es, stets<br />
den Überblick zu behalten.<br />
Im Überblick<br />
Anfang des Jahres hat DHL Trend<br />
Research die 5. Auflage des Trend<br />
Radar s herausgebracht. Die Studie<br />
erscheint alle zwei Jahre und zeigt<br />
29 Schlüsseltechnologien, die die<br />
Logistik in den nächsten Jahren<br />
beeinflussen werden.<br />
Direkt zur Webseite des Trend Radars:<br />
www.hier.pro/DHL2021<br />
Bild: DHL<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 39
» LOGISTK<br />
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Bild: j-mel/stock.adobe.com<br />
Ein gutes Supply Chain Management<br />
sorgt dafür, dass die richtige Ware<br />
zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort<br />
ist. Aber Vorsicht: Fehlt nur ein Glied,<br />
dann fällt die gesamte Kette auseinander.<br />
Gerade in Zeiten von Corona drohten von<br />
vielen Seiten Engpässe und Ausfälle für<br />
die Lieferkette. Der Lkw steht im Stau, das<br />
Containerschiff ist defekt, bei einem Zulieferer<br />
streiken die Mitarbeiter – schon<br />
ist die Lieferkette unterbrochen und die<br />
Maschinen stehen still. Stillstand ist vor<br />
allem eines: teuer. Supply Chain Manager<br />
sollten deshalb rechtzeitig die Weichen<br />
stellen, um kostenintensive Engpässe zu<br />
vermeiden. Das Zauberwort heißt Transparenz<br />
durch Kollaboration.<br />
Der Connected Chain Manager (CCM) von<br />
Valantic bietet Unternehmen eine einheitliche<br />
Kollaborationslösung für die unternehmensübergreifende<br />
Zusammenarbeit.<br />
Als Software-as-a Service-Plattform<br />
verbindet er über eine Schnittstelle alle<br />
Partner innerhalb der gesamten Lieferkette.<br />
Vor allem drei Vorteile sprechen dafür,<br />
Supply Chains mit dem CCM zu optimieren.<br />
Denn ein Blick auf die Lieferkette ist<br />
stets auch ein Blick in die Zukunft.<br />
1. Transparenz durch<br />
Supply-Chain-Kollaboration<br />
Ein wesentliches Erfolgskriterium ist die<br />
unterbruchfreie Überwachung der Lieferkette.<br />
Nur in einer transparenten Supply<br />
Chain, in der alle Partner miteinander<br />
kollaborieren, lassen sich Engpässe auf<br />
Grundlage der Bestände, Lagerorte und<br />
Lieferzeiten frühzeitig erkennen. Der Connected<br />
Chain Manager bindet in einem<br />
ersten Schritt beliebig viele Lieferanten<br />
und Kunden an und visualisiert das gesamte<br />
Liefernetzwerk inklusive aller relevanten<br />
Informationen wie Beständen,<br />
Durchlaufzeiten, Stücklisten, Bedarfen<br />
und Kapazitäten. Das Ziel sollte eine<br />
gemeinsame Datenbasis aller Supply-<br />
Chain-Partner in der Cloud sein, ein<br />
„Single Point of Truth“. So gelingen eine<br />
stufen- und unternehmensübergreifende<br />
Transparenz und ein ganzheitlicher Blick<br />
auf die gesamte Supply Chain.<br />
Neben der Transparenz bleibt auch die<br />
Datensicherheit jederzeit gewährleistet.<br />
Jeder Supply-Chain-Partner hat die Hoheit<br />
über seine Daten und entscheidet<br />
selbst, wer diese sehen darf. Die Cloud-<br />
Software ist online konfigurierbar und<br />
eignet sich somit sehr gut für kritische<br />
Situationen, in denen es auf schnelle Entscheidungen<br />
in der Lieferkette ankommt.<br />
Unternehmerische Entscheidungsträger<br />
können mit dem CCM ihre <strong>aktuell</strong>e Versorgungslage<br />
sehr detailliert, standortund<br />
materialnummerngenau analysieren.<br />
2. Optimierung bestehender<br />
Prozesse in der Lieferkette<br />
Durch die neu geschaffene Transparenz<br />
sind Entscheidungsträger in der Lage,<br />
Prozesse, Abhängigkeiten und Wechselwirkungen<br />
über Unternehmensgrenzen<br />
hinweg zu analysieren. In Folge lassen<br />
sich Optimierungspotenziale erkennen,<br />
geeignete Maßnahmen festgelegen und<br />
Prozesse optimieren. Kennzahlen unterstützen<br />
dabei, bereits laufende Maßnahmen<br />
zu tracken und neue Optimierungspotenziale<br />
zu erkennen.<br />
3. Kosten und Aufwände in<br />
Lieferketten reduzieren<br />
Transparenz ist die wesentliche Voraussetzung<br />
für die Optimierung der Supply<br />
Chain. So lässt sich auch an Stellschrauben<br />
drehen, die nicht direkt im eigenen<br />
Unternehmen liegen. Unnötige Kosten<br />
entstehen etwa durch Überbestände, zu<br />
hohe oder zu niedrige Kapazitäten, überflüssige<br />
Fahrten oder falsche beziehungsweise<br />
unvollständige Lieferungen. Der<br />
Connected Chain Manager minimiert unnötige<br />
Kosten und erhöht gleichzeitig die<br />
Service Levels.<br />
Mit dem Dreiklang aus Transparenz durch<br />
Kollaboration, der darauf aufsetzenden<br />
Prozessoptimierung und den daraus resultierenden<br />
Kostensenkungen sind Supply<br />
Chain Manager in der Lage, ihre Lieferketten<br />
nachhaltig und gesamtheitlich<br />
zu optimieren. Engpässe werden frühzeitig<br />
vermieden. Falls doch mal wieder ein<br />
Lkw im Stau steht, reagieren Supply<br />
Chain Manager mit CCM schnell und<br />
proaktiv, bevor ein Schaden entsteht.<br />
Markus Schedel<br />
Produktmanager bei<br />
Valantic<br />
40 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Klimaneutraler Versand<br />
Cargoboard arbeitet mit Myclimate<br />
Ab dem 16. März bietet das Paderborner<br />
Logistik-Start-up Cargoboard einen klimaneutralen<br />
Versand auf seiner Plattform<br />
an. Basierend auf einer Formel, die unter<br />
anderem die Auslastung der Lkws, den<br />
Dieselverbrauch und die zurückgelegte<br />
Entfernung berücksichtigt, berechnet<br />
Cargoboard den genauen Ausstoß von<br />
Treibhausgasen beim Versand von Waren.<br />
Aufbauend auf dem ermittelten Ausstoß<br />
wird ein Kompensationsbetrag berechnet,<br />
der von der gemeinnützigen Stiftung<br />
Myclimate für weltweit ausgewählte Klimaschutzprojekte<br />
verwendet wird. Der<br />
klimaneutrale Transport kann auch von<br />
nicht registrierten Kunden auf<br />
der Cargoboard-Plattform gebucht<br />
werden. Nach der Eingabe<br />
der Sendungsdaten kann<br />
sich der Kunde neben einem<br />
Standard- oder Express-Transport<br />
nun auch zusätzlich für<br />
den klimaneutralen Versand<br />
entscheiden.<br />
Beim nationalen Versand einer einzelnen<br />
Palette mit einem Gewicht von 150 kg ergibt<br />
sich beispielsweise ein Neutralisa -<br />
tionsbetrag in Höhe von 46 Cent, der bei<br />
Wahl des klimaneutralen Versands zusätzlich<br />
zu den Transportkosten berech-<br />
net wird. Durch verschiedene Auszeichnungen,<br />
wie etwa Neutralisationsurkunden<br />
und grüne Versandlabels, können<br />
Kunden ihre Unternehmensphilosophie<br />
auch nach außen präsentieren. (sd/kr)<br />
www.cargoboard.de<br />
Bild: Cargoboard GmbH & Co.KG<br />
Fünf Trends & Entwicklungen<br />
Kratzer Automation präsentiert „Logistik-Trends 2021“<br />
Bild: photostriker/stock.adobe.com<br />
Die Kratzer Automation AG hat ein Thesenpapier veröffentlicht, das die zu<br />
erwartenden Entwicklungen in der Logistik-Branche vorstellt und bewertet.<br />
Im Mittelpunkt stehen fünf Trends, die das Transportwesen in und nach der<br />
Pandemie prägen werden:<br />
• Bleibende Erfahrungen aus der Corona-Krise<br />
• Steigende Bedeutung von Customer Experience<br />
• Nachhaltigkeit in der Lieferkette<br />
• Neue Technologien<br />
• Big Data im Transportwesen<br />
Das Thesenpapier kann kostenlos heruntergeladen werden:<br />
www.hier.pro/Kratzer2021 (sd/kr)<br />
www.kratzer-automation.com<br />
Brexit-Folgen<br />
Nachfrage für ISPM-15-standardisierte EPAL-Paletten steigt<br />
Nach dem Ablauf der Übergangsfrist zur<br />
Regelung des Brexit sind Auswirkungen<br />
auf den Warenverkehr zwischen Großbritannien<br />
und der EU spürbar. Seit Jahresbeginn<br />
müssen Transportmittel aus Holz<br />
dem ISPM-15-Standard entsprechen, und<br />
so steigt der Bedarf an ISPM-15-standardisierte-Holzpaletten<br />
rapide an. Heimische<br />
Wälder und Ökosysteme sollen dabei<br />
durch die seit 2002 bestehende Vorschrift<br />
der International Plant Protection Convention<br />
(IPPC) besser geschützt werden.<br />
EPAL setzt seit 2010 auf die Einhaltung<br />
dieses Standards. Bei der Umstellung tun<br />
sich jedoch diejenigen Prozessbeteiligten<br />
schwer, die bislang noch kein IPPC-behandelten<br />
Holzladungsträger eingesetzt<br />
haben. Die Folge daraus: Versorgungsketten<br />
werden unterbrochen, da nicht ausreichend<br />
ISPM-15-Standard Paletten eingekauft<br />
worden sind. Es kommt zu Lieferengpässen<br />
und leeren Regalen. (sd/kr)<br />
www.gpal.de<br />
www.ekom.de<br />
Bild: European Pallet Association e. V.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 41
» LOGISTK<br />
Kunststoff-Leichtpaletten<br />
Neue Paletten von Smart-Flow<br />
Bild: Smart-Flow<br />
Die neuen, nestbaren und platzsparenden<br />
Exportpaletten von Smart-Flow eignen<br />
sich durch ihr quadratisches Format für<br />
den Transport und das Container-Shipping.<br />
So lässt sich teurer Frachtraum bis<br />
in die letzte Ecke ausnutzen.<br />
Die Paletten sind aus HDPE-Kunststoff<br />
gespritzt und können wahlweise als Reinwarenprodukte<br />
oder aus recyceltem<br />
Kunststoff produziert werden. Gegenüber<br />
Holzpaletten nehmen sie keine Feuchtig-<br />
keit auf und Schädlinge<br />
können sich nicht<br />
in den Paletten einnisten.<br />
Die quadratischen Leichtpaletten sind in<br />
den Maßen 1100 x 1100, 1140 x 1140 und<br />
1200 x 1200 mm erhältlich. Alle Varianten<br />
besitzen eine Höhe von 145 mm und<br />
sind jeweils mit 9 abgerundeten 7-mm-<br />
Füßen ausgestattet.<br />
Die offene Struktur des Decks lässt sich<br />
gründlich reinigen. Die Palette kann auf-<br />
grund ihrer<br />
Robustheit und Qualität in vielen Umläufen<br />
dauerhaft eingesetzt werden und ist<br />
am Ende der Nutzungsdauer zu 100 Prozent<br />
recycelbar. (sd/kr)<br />
www.smart-flow.com<br />
Behälter für mehr Sicherheit beim Impfstofftransport<br />
Zarges bietet temperaturgeführten Transport<br />
Bild: Zarges<br />
Mit dem Beginn der landesweiten Einführung<br />
der COVID-19-Impfung rückte auch<br />
der sichere Transport in den Vordergrund.<br />
Sowohl die Pfizer- als auch die Moderna-<br />
Variante müssen bei niedrigen Temperaturen<br />
sicher gelagert werden, um die Verwendbarkeit<br />
zu gewährleisten. Als Anbieter<br />
von Lager- und Transportbehältern für<br />
Medizinprodukte und Gefahrgut bietet<br />
Zarges hierzu eine Reihe von Lösungen<br />
für den Versand von temperaturempfindlichen<br />
Gütern an.<br />
Dazu gehört die Universalkiste K 470, eine<br />
leichte Transportbox aus Aluminium, die<br />
in 25 Standardgrößen und -volumen von<br />
13 bis 829 Litern erhältlich ist. (sd/kr)<br />
www.zarges.de<br />
Elektro oder nicht?<br />
Probefahrt mit Mercedes-Benz-App<br />
Kontraktlogistik<br />
Pfenning Logistics und Midea<br />
Weil beim Umstieg auf elektrische<br />
Antriebe oftmals Fragen<br />
auftauchen, stellt Mercedes-<br />
Benz eine Reihe kostenloser<br />
Apps als Entscheidungshilfen<br />
bereit. Eine davon ist die EQ<br />
Ready App. Anhand betriebsspezifischer<br />
Informationen informiert<br />
sie über die Wirtschaftlichkeit<br />
von eSprinter,<br />
eVito, eVito Tourer sowie EQV.<br />
Die App zeichnet auf Wunsch<br />
reale Fahrstrecken mit zahlreichen<br />
Parametern auf. Es folgt<br />
eine Auswertung des Ladezustandes<br />
der Batterie, als ob die<br />
Fahrt mit einem elektrisch angetriebenen<br />
Van stattgefunden<br />
hätte. (sa/kr)<br />
www.mercedes-benz.com<br />
Bild: Daimler<br />
Die Pfenning Logistics Group,<br />
ein Kontraktlogistiker für Konsumgüter,<br />
übernimmt künftig<br />
logistische und logistiknahe<br />
Aufgaben für Midea, ein Hersteller<br />
von Haushaltsgeräten.<br />
Die Zusammenarbeit erstreckt<br />
sich auf das gesamte Warensortiment<br />
von Groß- und<br />
Kleingeräten für den Haushalt<br />
sowie Klimaanlagen der Marken<br />
Midea, comfee und Toshiba.<br />
Der operative Betrieb am Logistikstandort<br />
Philippsburg<br />
startet Anfang 2021 mit den<br />
Midea-Produktportfolios Klimaanlagen,<br />
Kühl- und Gefriergeräte,<br />
Haushaltsmaschinen<br />
und Küchenkleingeräte – insgesamt<br />
mehr als 400 Artikel.<br />
(sd/kr)<br />
www.pfenning-logistics.com<br />
Bild: Midea Group<br />
42 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
transport logistic 2021<br />
Online-Konferenz vom 4. bis 6. Mai 2021 geplant<br />
Die transport logistic 2021 findet nicht<br />
vor Ort statt. Hintergrund sind die zahlreichen<br />
internationalen Reisebeschränkungen.<br />
Austausch und Wissenstransfer ermöglicht<br />
die transport logistic stattdessen mit<br />
einer Online-Konferenz zum ursprünglichen<br />
Messezeitpunkt vom 4. bis 6. Mai<br />
2021 – ein Brückenschlag zu den weiteren<br />
Events im transport-logistic–Netzwerk<br />
im September in San Francisco, im<br />
November in Istanbul, im Februar 2022 in<br />
Mumbai, im Juni 2022 in Shanghai und<br />
im Februar 2023 in Johannesburg. Birgit<br />
Kastner-Simon, Mitglied des Ausstellerbeirats<br />
und Director Corporate Marketing<br />
bei Dachser, erklärt<br />
dazu: „Der Bedarf,<br />
mit internationalen<br />
Partnern und Kunden<br />
in den Austausch<br />
zu treten,<br />
ist gerade in diesen<br />
herausfordernden<br />
Zeiten größer denn<br />
je. Die transport logistic wäre zu normalen<br />
Zeiten dafür die beste Plattform. Wir<br />
werden die kommenden Veranstaltungen<br />
im transport-logistic–Netzwerk bestmöglich<br />
für uns nutzen – und spätestens 2023<br />
in München erneut zusammenkommen<br />
und den internationalen Branchentreff<br />
der Logistik wieder zu einem vollen Erfolg<br />
machen.“<br />
Die nächste transport logistic als physische<br />
Messe findet vom 9. bis 12. Mai<br />
2023 statt. (sd/kr)<br />
www.transportlogistic.de<br />
Bild: m.mphoto/stock.adobe.com<br />
Neuer Bestwert im Smart Logistics System<br />
Frachtenbörse von Timocom erreicht Rekordwert<br />
Am 15. Dezember 2020 waren eine Million Fracht- und Laderaumangebote<br />
im Smart Logistics System von Timocom eingestellt.<br />
So viele Angebote waren noch nie zuvor an einem einzigen<br />
Tag in der Frachtenbörse verfügbar. Neben dem saisonalen<br />
Einfluss fungieren sowohl der Lockdown als auch der Brexit als<br />
mögliche Treiber der Entwicklung. Bereits im März 2020 kam es<br />
zu hohen Angebotszahlen vor Beginn des ersten bundesweiten<br />
Lockdowns. Bisher lag der Spitzenwert bei täglich bis zu<br />
750.000 internationalen Fracht- und Laderaumangeboten. Seit<br />
Dezember 2020 lagen die Angebotszahlen konstant über dieser<br />
bisherigen Bestmarke. (sd/kr)<br />
www.timocom.de<br />
Logistik-Antwort auf den Brexit<br />
VAAY ist neuer Kunde bei Everstox<br />
Everstox, Betreiber der gleichnamigen,<br />
API-basierten Logistikplattform, gewinnt<br />
die CBD-Marke VAAY (Sanity Group) als<br />
neuen Kunden. Mit Lifestyle-Artikeln wie<br />
Badekugeln, Schlafölen und Sportgels<br />
setzt VAAY, die Marke des Berliner Startups<br />
Sanity Group, Akzente im Bereich innovativer<br />
CBD-haltiger Wellbeing- und<br />
Kosmetikprodukte. Ihre Produktdistribu -<br />
tion in Großbritannien wickelt VAAY jetzt<br />
über unabhängige Logistikdienstleister<br />
aus dem Everstox-Netzwerk ab. Mit der<br />
Entscheidung für ein lokales Logistik-<br />
Setup in Großbritannien verfolgt VAAY<br />
die Strategie, auch nach dem Brexit<br />
lückenlose Lieferketten sicherstellen zu<br />
können. Das Logistik-Setup über das<br />
Everstox-Netzwerk ermöglicht Einsparungen<br />
bei neuen, durch den Brexit drohenden<br />
Import- und Zollsteuern sowie<br />
Versandkosten. (sd/kr)<br />
www.everstox.com<br />
Bild: Everstox<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 43
» HANDLING & MONTAGE<br />
Drahtlose Kommunikationstechnologien in der Produktion<br />
5G allein ist kein Heilsbringer<br />
Die Zunahme mobiler Systeme und die Wandlung von statischen Produktions -<br />
anlagen hin zu einem modularisierten Fabrikaufbau begünstigen den Einsatz<br />
von drahtlosen Kommunikationstechnologien. Die Anforderungen der Industrie<br />
hat der Antriebstechnikspezialist SEW-Eurodrive analysiert und sie mit der<br />
Leistung <strong>aktuell</strong>er und künftiger Kommunikationstechnologien verglichen.<br />
Fahrerlose Transportsysteme von<br />
SEW-Eurodrive treiben neben der<br />
bekannten Sensorfusion gleichzeitig<br />
die Nutzung unterschied -<br />
licher Kommunikationstechno -<br />
logien voran.<br />
Bild: SEW-Eurodrive<br />
Unterstützt durch die Digitalisierung, kurz<br />
Industrie 4.0, verlagert sich die Fabrikautomatisierung<br />
derzeit in Richtung einer intelligenten und<br />
vernetzten Smart Factory. Die Vision ist eine Fabrik<br />
der Zukunft, die extrem flexibel ist und sich an verschiedene<br />
Herausforderungen anpassen lässt, einschließlich<br />
einer großen Produktvielfalt und Flexibilität<br />
bis zur Losgröße eins.<br />
In einer solchen Umgebung wird Mobilität immer<br />
notwendiger, beispielsweise über fahrerlose Transportfahrzeuge<br />
(FTF). Dabei hilft die Kooperation zwischen<br />
Mensch und Maschine, die Produktionsanlagen<br />
von morgen flexibler und effizienter zu gestalten.<br />
Dazu gehört auch eine engmaschige Kommunikation,<br />
die all diese Systeme miteinander verbindet.<br />
Letztlich ist es erforderlich, die gesamte Wertschöpfungskette<br />
nahtlos in das Kommunikationsnetz der<br />
Fabrik zu integrieren. Aktuell verfügbare drahtlose<br />
Kommunikationssysteme sind jedoch oft nicht dafür<br />
ausgelegt, die hohen technischen Anforderungen in<br />
der zukünftigen Smart Factory zu erfüllen.<br />
Mobile Systeme bietet SEW-Eurodrive in Form fahrerloser<br />
Transportfahrzeuge, auch Automated Guided<br />
Vehicle (AGV) genannt. Diese sind heute hauptsächlich<br />
per WLAN vernetzt. Allerdings wird dieses lokale<br />
Funknetz nicht in der Lage sein, künftige FTF-<br />
Anwendungsfälle in einer flexiblen Produktions um -<br />
gebung zu ermöglichen. Mobile Roboter, massive<br />
drahtlose Sensornetzwerke und mobile Bedienpanels<br />
mit Sicherheitsfunktionen sind einige Beispiele für<br />
44 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Anwendungen, deren Kommunikationsanforderungen<br />
WLAN nicht stemmen kann.<br />
Matrix-Produktion extrem flexibel<br />
Ein mögliches Konzept für die Fabrik der Zukunft ist<br />
die Matrix-Produktion. Sie teilt die automatisierte<br />
Produktion von Waren in die für die Herstellung<br />
erforderlichen Schritte auf und weist diese Produk -<br />
tionszellen zu. Werkstücke werden einer Produktionszelle<br />
zugeführt, wo sie einem bestimmten Prozess<br />
unterzogen werden, etwa einem Umbau, einem Zusammenbau<br />
oder einer Prüfung. Anschließend verlässt<br />
das modifizierte Werkstück die Zelle. Wird der<br />
Weg des Werkstücks durch die Fabrik verändert, lässt<br />
sich ein anderes Produkt herstellen. Diese ausgesprochen<br />
flexible Idee erfordert es, alle Prozesse präzise<br />
zu orchestrieren.<br />
Für die Warenbewegung zwischen den Produktionszellen<br />
sorgen mobile Assistenten und intelligente<br />
Logistiksysteme. Als weiterentwickelte Versionen des<br />
klassischen FTF sind sie in der Lage, die hohen Anforderungen<br />
des Matrix-Produktions-Konzeptes zu erfüllen.<br />
Dabei übernehmen sie verschiedene Aufgaben<br />
wie den Transport, die Bearbeitung von Waren oder<br />
die direkte Unterstützung des Menschen.<br />
Das Netzwerkbeispiel zeigt: In der zukünftigen Smart Factory ist die gesamte Wertschöpfungskette<br />
nahtlos in das Kommunikationsnetz integriert. Die derzeitigen Funkstandards<br />
sind jedoch oft nicht dafür ausgelegt.<br />
Typische Anwendungsfälle<br />
Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: In einer Matrix-<br />
Produktion müssen bis zu 1000 mobile Teilnehmer<br />
und 100 Produktionszellen auf einer Fläche von<br />
10.000 m² an die drahtlose Kommunikation angebunden<br />
werden. Anwendungsfälle in der Fabrik der<br />
Zukunft sind daher sehr vielfältig und haben unterschiedliche<br />
Ziele. Ein drahtloses Sensornetzwerk beispielsweise<br />
überträgt wenige Informationen, benötigt<br />
jedoch eine Kommunikationsmethode mit sehr<br />
geringem Energiebedarf. Bedienpanels erzeugen unvorhersehbare<br />
Datenraten. Es können E-Mails, Videos<br />
oder Dokumente übertragen werden. Das genutzte<br />
Kommunikationsmedium muss mit diesen unterschiedlichen<br />
Beanspruchungen effizient umgehen.<br />
Auch die Kommunikation der mobilen Assistenten<br />
kann sehr heterogen sein. Als Beispiel soll hier die<br />
Fernsteuerung durch einen Operator dienen. Von<br />
dem mobilen Assistenten zum Operator müssen Sensordaten<br />
übertragen werden, die einen hohen Durchsatz<br />
benötigen, beispielsweise ein Live-Video. In ent-<br />
Bild: SEW-Eurodrive<br />
Aktuell verfügbare Kommunikationstechnologien<br />
• IEEE 802-Standards: IEEE 802.11<br />
(WLAN) ist die am meisten verwendete<br />
drahtlose Kommunikationstechnologie<br />
für mobile Roboter<br />
im industriellen Umfeld. In<br />
Spezialfällen können auch Standards<br />
wie Bluetooth und Zig-Bee<br />
effektiv eingesetzt werden.<br />
• Induktive Kommunikation: NFC<br />
und RFID ermöglichen Datenaustausch<br />
über kurze Distanzen.<br />
Durch die kurze Reichweite<br />
kommt es kaum zu Interferenzen<br />
mit anderen Kommunikationsstandards.<br />
Proprietäre Lösungen<br />
können auch genügend Energie<br />
liefern, um akkubetriebene<br />
mobile Systeme aufzuladen.<br />
• Visible Light Communication:<br />
VLC ist ein drahtloses Peer-to-<br />
Peer-Kommunikationssystem,<br />
das für die Datenübertragung<br />
das (nahezu) sichtbare Licht<br />
nutzt. Ihre hohe Zuverlässigkeit<br />
und geringe Störungsanfälligkeit<br />
macht die Technologie für den<br />
Anwendungsfall des kooperativen<br />
Fahrens interessant.<br />
• Radarkommunikation: Radarsensoren<br />
sind kostengünstig und<br />
daher für Anwendungen im<br />
Bereich der Fabrikautomation<br />
geeignet. Ihre Hauptfunktionen<br />
sind Objekterkennung und Entfernungsmessung,<br />
aber es ist<br />
auch möglich, Daten auf das<br />
gesendete Signal zu modulieren.<br />
Die Technologie befindet sich<br />
noch in der Experimentierphase,<br />
aber das breite Frequenzband<br />
lässt erwarten, dass hohe Datenraten<br />
erreichbar sein werden.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 45
» HANDLING & MONTAGE<br />
Praktische Umsetzung<br />
Mobile Assistenzsysteme wie dieses Beispiel aus der Auto -<br />
mobilproduktion vernetzen die einzelnen Produktions- und<br />
Montageprozesse.<br />
Bild: SEW-Eurodirve<br />
Eine enge Kooperation zwischen Industrie und Forschung<br />
gab es bereits mit einem Kunden des Systemlösungsbereiches<br />
Maxolution von SEW-Eurodrive.<br />
Hier wurde in einer frühen Phase in ein Fahrzeug,<br />
das für die Automobilproduktion verwendet wird,<br />
entsprechende Technologie eingebaut. Erste Tests<br />
zur Verfügbarkeit und Handhabbarkeit verliefen sehr<br />
vielversprechend. Der Bruchsaler Antriebstechnikspezialist<br />
forciert mit Maxolution ebenfalls mobile<br />
Systeme, die neben der bereits bekannten Sensor -<br />
fusion die gleichzeitige Nutzung unterschiedlicher<br />
Kommunikationstechnologien vorantreiben werden.<br />
Verschiedene Systeme werden hier neben dem klassischen<br />
WLAN mit Cutting-Edge-Kommunikation<br />
(in diesem Beispiel Lichtkommunikation) ausgestattet,<br />
um situativ richtig und ressourcenoptimiert mit<br />
dem Gegenpart zu kommunizieren.<br />
gegengesetzter Richtung überträgt der Operator Bewegungsbefehle<br />
an den mobilen Assistenten, wobei<br />
es nicht zu Paketverlusten kommen darf. Für Up- und<br />
Down-Link wird eine geringe Latenz benötigt, damit<br />
der Operator den mobilen Assistenten steuern kann.<br />
Grenzen heutiger Technologien<br />
Die Herausforderungen, die ein Anwendungsfall an<br />
das Kommunikationssystem stellt, hängen von der<br />
Gesamtheit seiner Eigenschaften ab. Somit stellt das<br />
drahtlose Sensornetzwerk keine Herausforderung<br />
aufgrund der Datenrate dar, sondern vielmehr aufgrund<br />
der Anzahl der Geräte, wobei nur für eine Teilmenge<br />
der Knoten niedrige Latenzzeiten und genaue<br />
Taktzeiten erforderlich sind. Bei den mobilen Bedienpanels<br />
gibt es eine andere Herausforderung: Innerhalb<br />
eines Gerätes kann es sowohl datenintensive als<br />
auch latenz- und zuverlässigkeitskritische Anwendungen<br />
geben. Hier vermittelt ein Gleichzeitigkeitsfaktor<br />
einen guten Eindruck von der durchschnittlichen<br />
Datenrate, aber es werden auch höhere Spitzenwerte<br />
auftreten.<br />
Werden <strong>aktuell</strong>e Feldversuche berücksichtigt, kann<br />
die 5. Mobilfunkgeneration nur knapp die Anforderungen<br />
dieser Beispielfabrik mit 10.000 m² erfüllen.<br />
Geht man jedoch etwa von Spitzenlasten im Netzwerk<br />
aus, reichen die Ressourcen nicht mehr aus. Zukünftige<br />
Feldversuche und die Leistung von Release<br />
16 und 17 des 5G-Standards sind in diesem Zusammenhang<br />
von großem Interesse.<br />
Das Fazit: 5G zieht bereits viel Aufmerksamkeit auf<br />
sich. Die ersten Implementierungen in Fabrikhallen<br />
laufen an. Derzeit ist es möglich, erste Eindrücke anhand<br />
privater LTE- oder 5G-Non-Standalone-Lösungen<br />
zu gewinnen. Die 802.11-Familie des WLAN-<br />
Standards ist eine ausgereifte Technologie, die nicht<br />
für den Einsatz in der Fabrikautomation vorgesehen<br />
ist, aber dennoch die Anforderungen einiger Anwendungsfälle<br />
erfüllt. Andere Cutting-Edge-Kommunikationsmethoden<br />
nähern sich der Marktreife (Licht-<br />
Kommunikation oder Radar-Kommunikation) – ihre<br />
Integration wird durch den Einsatz flexibler Routing-<br />
Technologien ermöglicht. Die generelle Frage nach<br />
Wahl der richtigen Technologie für jeden Anwendungsfall<br />
muss immer einzeln beantwortet werden.<br />
Die Lösungen der Zukunft können nur durch eine<br />
enge Kooperation zwischen Industrie und Forschung<br />
entstehen.<br />
Eike Lyczkowski,<br />
Andreas Wanjek,<br />
Christian Sauer<br />
Mitarbeiter des Fachkreises<br />
„Funk und<br />
Navigation“ bei SEW-<br />
Eurodrive in Bruchsal.<br />
46 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Vakuumgreifer für Cobots<br />
Schnell muss es gehen<br />
Vakuumgreifer an kollaborativen Robotern ermöglichen sichere und zugleich schnelle<br />
Prozesse. Um deren Installation und Wartung zu beschleunigen und noch flexibler bei<br />
verschiedensten Anwendungsfällen zu sein, hat SMC mit der Serie ZXP-X1 sein Vakuum-<br />
Portfolio erneut weiterentwickelt. Das Plug-and-play verschafft Anwendern viele Vorteile.<br />
An einem kollaborativen Roboter, kurz Cobot, ermöglicht die Vakuumgreifereinheit<br />
der Serie ZXP-X1 eine schnelle und einfache Plug-and-play-Montage. Viele Varianten<br />
sorgen für Flexibilität beim Bestücken für zahlreiche Anwendungsfälle.<br />
Kundenanforderungen ändern sich<br />
immer wieder. Gleichzeitig sind<br />
Wartung und Instandhaltung unverzichtbar,<br />
um die Prozesssicherheit zu gewährleisten.<br />
Das gilt auch für die Fälle, in denen<br />
Vakuumgreifer etwa an Cobots für<br />
Pick-and-Place-Anwendungen bis hin<br />
zum Etikettieren oder Palettieren ein -<br />
gesetzt werden. SMC, der Spezialist für<br />
pneumatische und elektrische Automatisierung,<br />
bietet daher mit der Vakuumgreifereinheit<br />
der Serie ZXP-X1 eine neue<br />
Lösung, von der Anwender umfangreich<br />
profitieren: Zeitersparnis bei Installation<br />
und Wartung, mehr Flexibilität dank einer<br />
variierbaren Anzahl an Vakuumsaugern<br />
und individueller Befestigungsmöglichkeiten<br />
sowie Platzersparnis durch eine<br />
Bild: SMC<br />
All-in-one-Einheit mit beispielsweise integriertem<br />
Vakuumerzeuger und Drucksensor.<br />
Der Anschluss des Vakuumgreifers<br />
ZXP-X1 erfolgt nach dem Plug-and-play-<br />
Prinzip: Die einfache sowie intuitive Programmierung<br />
ermöglicht die rasche Inbetriebnahme<br />
durch müheloses Anschließen<br />
der Luftversorgungsleitung und der elektrischen<br />
Verdrahtung per M8-Steckverbindung.<br />
Mittels normiertem Montageflansch<br />
lässt sich auch der Greifer mit<br />
wenig Aufwand anbringen. Ferner verhindert<br />
ein am Vakuumanschluss angebrachtes<br />
Gittergewebe, dass Fremdkörper eindringen.<br />
„Anwender erhalten eine Lösung,<br />
die ihnen eine Zeitersparnis bei Installation<br />
und Wartung bietet – und damit Kosten<br />
spart“, meint Produktmanagerin Irina<br />
Hermann.<br />
Je nach Anwendungsfall lassen sich nicht<br />
nur einer, zwei oder vier Vakuumsauger<br />
am Greifer anbringen, sondern auch<br />
diverse Saugervarianten – ob hinsichtlich<br />
Durchmesser, Saugerform (flach, flach mit<br />
Rippen, dünn flach, Faltenbalg oder<br />
mehrstufiger Faltenbalg) oder Material<br />
(NBR, Silikonkautschuk, Urethankautschuk<br />
oder FKM). Außerdem können die<br />
Sauger dank Befestigungsflansch einerseits<br />
mit unterschiedlichen Abständen<br />
befestigt und andererseits bei externer<br />
Vakuumquelle separat verwendet werden.<br />
Zudem lässt sich durch das optionale Anbringen<br />
des Vakuumsicherheitsventils der<br />
Serie ZP2V von SMC der Prozess optimieren<br />
und das Vakuum auch bei nicht belegten<br />
Saugern beim Transfer aufrecht -<br />
erhalten. Die Zertifizierung der Serie<br />
ZXP-X1 für Universalroboter der Serien<br />
UR3(e), UR5(e), UR10(e), UR16e (kollaborative<br />
Roboter/Cobots) ermöglicht darüber<br />
hinaus den Einsatz an verschiedenen<br />
Robotersystemen.<br />
Den Greifer auf Diät gesetzt<br />
Überdies hat SMC dem Greifer eine Diät<br />
verpasst: Die Zahl der Komponenten wurde<br />
reduziert und die äußeren Dimensionen<br />
verschlankt. Dies reduziert das Gewicht<br />
um weitere 5 Prozent. Da Vakuumerzeuger,<br />
Vakuumsauger, Ventile und<br />
Drucksensoren in einer Einheit verbaut<br />
sind, ist die Serie ZXP-X1 als All-in-one-<br />
Einheit mit ihren vielfältigen Vorteilen<br />
branchenweit und für verschiedenste<br />
Aufgaben geeignet – von der Nahrungsmitte-<br />
über die Papier- und Verpackungsindustrie<br />
bis hin zur Automatisierungsund<br />
Fertigungsindustrie. (dk)<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 47
TITEL » ZULIEFERUNG<br />
Bild: Igus<br />
36-monatige Igus-Garantie für Chainflex-<br />
Leitungen und Lebensdauer berechnung auf<br />
Grundlage von zwei Milliarden Testzyklen pro<br />
Jahr – so lautet das zertifizierte<br />
Qualitätsversprechen für Chainflex-Leitungen.<br />
Was die Zertifizierung für bewegte Leitungen dem Anwender bringt<br />
Vertrauen ist gut,<br />
Kontrolle ist besser<br />
In einer Zeit, in der sich wirtschaftliche Rahmenbedingungen schnell verändern,<br />
zählen vor allem Vertrauen und Sicherheit für die Geschäftsbeziehungen, den Vertrieb<br />
und schlussendlich für den Gebrauch von Industriegütern. Die Zertifizierung<br />
eines Nutzenversprechens und die damit einhergehende verbriefte Qualität von<br />
Maschinen, Komponenten und Bauteilen leisten einen nicht zu unterschätzenden<br />
Beitrag für mehr Sicherheit und vereinfachen auch Exporte in die USA.<br />
48 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Igus hat als Spezialist für bewegte Leitungen in<br />
Energieketten jetzt sein Werbeversprechen für seine<br />
Chainflex-Leitungen von den renommierten<br />
Underwriters Laboratories verifizieren lassen – als<br />
erstes europäisches Unternehmen. Und stellt Kunden<br />
damit noch mehr Sicherheit und einen vereinfachten<br />
Export in die USA in Aussicht.<br />
Zugekaufte Bauteile, die zu früh verschleißen: Für<br />
Hersteller von Automatisierungstechnik ein Alptraum.<br />
Die Performance ihrer Anlagen leidet,<br />
schlimmstenfalls kommt es beim Anwender zu teuren<br />
Produktionsausfällen mit hohen Reparaturkosten.<br />
Das Renommee des Herstellers nimmt Schaden.<br />
Doch wie lässt sich dieses Szenario abwenden?<br />
36 Monate Garantie und ein<br />
Online- Lebensdauerrechner<br />
„In der Regel beweist im Industriebereich erst die<br />
Praxis, ob ein Produkt hält, was die Marketingaus -<br />
sage verspricht. Doch dann kann es oft schon zu spät<br />
sein“, sagt Rainer Rössel, Leiter des Geschäftsbereichs<br />
Chainflex-Leitungen bei Igus. „Deswegen war<br />
unser Ansatz ein anderer und wir wollten unser Marketingversprechen<br />
für Leitungen wissenschaftlich<br />
beweisen. Ziel war und ist es, dass unsere Aussagen<br />
eine verlässliche Orientierungshilfe sind und Entscheidern<br />
noch mehr Planungssicherheit ermöglichen.<br />
Das gelingt uns mit einer Verifizierung durch<br />
eine unabhängige Prüfinstanz.“<br />
Um zu verstehen, was sich Igus zertifizieren lässt,<br />
lohnt ein Blick auf das Unternehmen. Die Geschichte<br />
reicht zurück ins Jahr 1964. Günter Blase gründete<br />
den Betrieb damals in einer Garage in Köln Mülheim.<br />
Die Idee: In bewegten<br />
Anwendungen<br />
Metall durch leichten,<br />
günstigen und<br />
langlebigen Kunststoff<br />
ersetzen.<br />
Heute werden diese<br />
Motion Plastics<br />
weltweit eingesetzt<br />
– vom Hafenkran<br />
und Automobilen<br />
»Wir sind das erste<br />
Unternehmen in Europa,<br />
das ein Produktversprechen<br />
durch eine Prüfinstitution<br />
bestätigen lässt.«<br />
Rainer Rössel, Igus<br />
über die Halbleiterindustrie bis hin zu Robotern. Igus<br />
beschäftigt heute 4150 Mitarbeiter und hat Standorte<br />
in 35 Ländern. Das Sortiment ist auf mehr als hunderttausend<br />
Produkte gewachsen – darunter Energieketten<br />
für die Leitungsführungen in Maschinen und<br />
Anlagen, Kunststofflager, Gewindetechnik, Komponenten<br />
für die Low-Cost-Automation sowie das<br />
größte Portfolio an speziell für Energieketten entwickelte<br />
und getestete Leitungen. Bei all diesen „Motion<br />
Plastics“ geht es darum, Technik zu verbessern und<br />
Kosten zu reduzieren, transparent und bewiesen. „Das<br />
ist unser Job!“, sagt der Slogan der Igus-Messe, die<br />
derzeit auf 400 m 2 in Köln aufgebaut und virtuell begehbar<br />
ist. (www.igus.de/virtuellemesse)<br />
Das UL-Prüflabel<br />
Underwriters Laboratories (kurz UL) ist eine<br />
unabhängige Organisation, die Produkte hinsichtlich<br />
ihrer Sicherheit untersucht und zertifiziert. Der<br />
Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in<br />
Northbrook im US-Bundesstaat Illinois.<br />
Das UL-Zeichen besitzt im Prinzip nicht mehr<br />
rechtliches Gewicht als andere Handelsmarken.<br />
In diesem Punkt unterscheidet es sich von der<br />
CE-Kennzeichnung oder der Norm Federal<br />
Communications Commission Part 15, die beide<br />
gesetzlich vorgeschrieben sind. In der Praxis<br />
dürfte es sich jedoch als sehr schwierig erweisen ,<br />
Produkte ohne ein UL-Prüfzeichen auf den USamerikanischen<br />
Markt zu bringen.<br />
germany.ul.com/<br />
Bild: UL<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 49
TITEL » ZULIEFERUNG<br />
Hier, im 3800 m 2<br />
großen Testlabor in<br />
Köln, werden zwei<br />
Milliarden Testzyklen<br />
für Chainflex-<br />
Leitungen pro Jahr<br />
absolviert . Die<br />
generierten Daten<br />
ermöglichen eine<br />
36-Monate-Garantie.<br />
Energiekettensysteme<br />
Die Igus GmbH ist ein weltweiter Hersteller von<br />
Energiekettensystemen und Polymer-Gleitlagern.<br />
Das familiengeführte Unternehmen mit Sitz in<br />
Köln ist in 35 Ländern vertreten und beschäftigt<br />
weltweit 4150 Mitarbeiter. 2019 erwirtschaftete<br />
das Unternehmen mit Motion Plastics, Kunststoffkomponenten<br />
für bewegte Anwendungen, einen<br />
Umsatz von 764 Mio. Euro. Igus betreibt die<br />
größten Testlabore und Fabriken in seiner<br />
Branche , um dem Kunden innovative, auf ihn<br />
zugeschnittene Produkte und Lösungen in kurzer<br />
Zeit anzubieten.<br />
www.igus.de<br />
Ausgestellt auf dem Messestand sind auch zahlreiche<br />
Neuheiten aus dem Leitungsbereich, die genau<br />
das tun: beim Kunden die Technik verbessern und<br />
Kosten einsparen. Diese Chainflex-Leitungen, die<br />
speziell für den Einsatz in Energieketten konzipiert<br />
sind, umfassen mehr als 1350 Kabeltypen, einschließlich<br />
Bus-, Daten-, Glasfaser-, Steuerungs-,<br />
Motor-, Servo- und Roboterkabel für 3D-Anwendungen.<br />
Für alle diese Leitungen gilt: „Chainflex hält.“<br />
Doch wie kann die Aussage bewiesen werden, dass<br />
Chainflex-Leitungen besonders lange halten?<br />
„Kaufen Sie den neuen Wischmopp Supermax, er hält<br />
ein Leben lang“ – solche reinen B2C-Werbesprüche<br />
sind ein No-Go im Industriegeschäft. Maschinenund<br />
Anlagenbauer wollen exakt wissen, wie lang zugekaufte<br />
Komponenten in ihren Anlagen halten.<br />
Um diese Frage zu beantworten, betreibt Igus in der<br />
Kölner Zentrale ein 3800 m 2 großes Test labor. Hier<br />
müssen die Leitungen ab in die „Folterkammer“ und<br />
zahlreiche Belastungstests über sich ergehen lassen,<br />
sich beispielsweise millionenfach biegen oder tordieren<br />
lassen. Insgesamt zwei Milliarden Testzyklen<br />
zählen die Prüfingenieure jedes Jahr. Diese Versuche<br />
sind die Grundlage dafür, dass Igus eine Garantie von<br />
36 Monaten für Leitungen gibt. Und Kunden die<br />
Möglichkeit bietet, vor dem Kauf die Lebensdauer für<br />
ihre Anwendung zu berechnen.<br />
Versprechen auf<br />
Garantie und Lebensdauer<br />
Hier kommt ein Lebensdauerrechner zum Einsatz –<br />
ein bisher einmaliges Online-Tool, gefüttert mit den<br />
Daten aus dem Testlabor. Kunden geben die Parameter<br />
ihrer Anwendung ein. Sekunden später gibt das<br />
Tool eine Angabe zur Lebensdauer der Leitungen in<br />
der individuellen bewegten Anwendung aus und bietet<br />
zusätzlich mögliche Alternativen an. Für beide<br />
Versprechen, Garantie und Lebensdauerberechnung,<br />
wirbt Igus mit dem Claim „Igus 36-month chainflex<br />
cable guarantee and service life calculator based on<br />
2 billion test cycles per year“ – übersetzt: Igus<br />
36-monatige Garantie für Chainflex-Leitungen und<br />
Lebensdauerberechnung auf Grundlage von 2 Milliarden<br />
Testzyklen pro Jahr.<br />
50 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Igus suchte nach einer Möglichkeit, dieses Versprechen<br />
wissenschaftlich bestätigen zu lassen. Und<br />
wurde fündig bei Underwriters Laboratories (UL), einer<br />
1894 gegründeten Prüfinstitution aus Northbrook<br />
im US-Bundesstaat Illinois. UL betreibt ein<br />
weltweit anerkanntes Testlabor für die Prüfung von<br />
Produkten, Komponenten, Materialien, Systemen sowie<br />
Leitungen und Kabeln. Das UL-Prüfsiegel zählt zu<br />
den meistakzeptierten Zertifizierungszeichen weltweit.<br />
Jährlich erscheint es auf 22 Milliarden Produkten.<br />
Und gerade deswegen fällt das Zertifikat nicht<br />
vom Himmel. Igus musste einem umfangreichen Auditierungsverfahren<br />
standhalten. Auditoren des US-<br />
Instituts besuchten das Testlabor in Köln, nahmen an<br />
Werkstoffuntersuchungen, Konstruktionsuntersuchungen,<br />
Qualitätsversuchen und Lebensdauer- und<br />
Langzeittests teil; die Tester prüften die Dokumentationen.<br />
Nach diesem Einblick stellten die Auditoren<br />
das Label „UL verified Marketing Claim“ mit der<br />
Nummer B129699 aus. Das Label bestätigt die Richtigkeit<br />
der Werbeaussage. „Wir sind das erste Unternehmen<br />
in Europa, das den Wahrheitsgehalt eines<br />
Claims durch eine Prüfinstitution bestätigen lässt“,<br />
unterstreicht Rainer Rössel. „Das UL-Siegel bestätigt<br />
auch, dass unser Online-Lebensdauerrechner tatsächlich<br />
verlässlich ist.“<br />
UL-Siegel beschleunigt<br />
Export in die USA<br />
Das UL-Siegel ist somit mehr als Marketing. Es bietet<br />
dem Kunden Sicherheit und vereinfacht darüber hinaus<br />
den Export. Ein Blick auf die Handelsbeziehun-<br />
Bild: Igus<br />
gen zwischen den USA und Europa zeigt: Das Interesse<br />
an Maschinen aus Deutschland ist hoch. Für<br />
deutsche Maschinenbauer machen es unterschiedliche<br />
technische Standards und Normen allerdings<br />
nicht immer leicht, in die USA zu exportieren. Hier<br />
kann das UL-Prüfsiegel Vorgänge beschleunigen. Insgesamt<br />
1044 der über 1350 im Portfolio befindlichen<br />
und ab Lager verfügbaren Chainflex-Leitungen besitzen<br />
bereits eine klassische UL-Zulassung, ohne die<br />
ein Export von Gießereimaschinen, Robotik- und Automationsanlagen,<br />
Werkzeugmaschinen oder Anlagen<br />
für die Druck- und Papiertechnik in Amerika aller<br />
Voraussicht nach weniger reibungslos laufen würde.<br />
Die Kombination aus UL-Zulassung und UL-Marketing-Label<br />
sichert den reibungslosen Export doppelt.<br />
Es erleichtert neben der Verzollung auch die spätere<br />
Inbetriebnahme, da der Hersteller neben dem Nachweis<br />
der elektrischen Sicherheit auch eine Laufzeitgarantie<br />
für 36 Monate bei einer definierten Zykluszahl<br />
an Bewegungen verspricht. Wer UL-zertifizierte<br />
Chainflex-Leitungen verbaut, kommt unkomplizierter<br />
durch den Factory Acceptance Test (FAT). Und<br />
weist mit dem UL-Marketing-Zertifikat nach, dass<br />
die 36 Monate Garantie bei zwei Milliarden Testzyklen<br />
nicht nur eine werbliche Aussage sind. (sas)<br />
Alle Daten aus dem<br />
Testlabor fließen auch<br />
in eine Online-Lebensdauerberechnung.<br />
Hier<br />
können Kunden<br />
kostenfrei und ohne<br />
Registrierung die<br />
Lebensdauer der<br />
Leitungen vergleichen<br />
und die Optimale für<br />
ihre bewegte<br />
Anwendung finden.<br />
Bild: Igus<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 51
ZULIEFERUNG<br />
Hotset-CEO Ralf Schwarzkopf und Engel-Deutschland-Chef Rolf Saß über das Z-System<br />
„Erheblich kürzere Zykluszeiten<br />
sind erreichbar“<br />
Als High-Speed-Verfahren zur partiell-zyklischen Temperierung von Spritzgusswerkzeugen<br />
setzen immer mehr Kunststoffverarbeiter das Z-System von Hotset ein. Als erster<br />
Maschinenbauer bietet nun Engel dessen Integration als Ausstattungsoption seiner<br />
Spritzgießmaschinen an. Hotset-CEO Ralf Schwarzkopf und Rolf Saß, Geschäftsführer<br />
Engel Deutschland, erläutern die Vorteile für die Anwender.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Herr Schwarzkopf,<br />
welche Anwendergruppen der<br />
Kunststoffverarbeitung profitieren vom<br />
Z-System?<br />
Ralf Schwarzkopf: Vor allem all jene<br />
OEM, Tear-1-Zulieferer, Spritzgießer und<br />
Werkzeugbauer, die bei der Fertigung von<br />
Bauteilen und funktionalen Baugruppen<br />
aus technischen Kunststoffen großen<br />
Wert auf Top-Oberflächen ohne Binde -<br />
nähte und matte Stellen legen. Auch<br />
wenn filigrane Designs mit geringen<br />
Wanddicken entstehen sollen, lohnt sich<br />
der Einsatz des Systems. Darüber hinaus<br />
begegnen uns immer wieder neue Anwendungsfälle<br />
und wir sind oft überrascht,<br />
was das Z-System alles zu leisten<br />
vermag.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: In welcher Gestalt<br />
und welchen Varianten bieten Sie<br />
das Z-System derzeit an?<br />
Schwarzkopf:<br />
Das System ist extrem<br />
flexibel und<br />
wird von uns kundenspezifisch<br />
so<br />
konfiguriert, dass<br />
»Die High-Speed-<br />
Lösung leistet auch<br />
einen zentralen Beitrag<br />
für die Optimierung<br />
des gesamten Spritzgussprozesses.«<br />
Ralf Schwarzkopf, Hotset<br />
es sich kompakt<br />
und mit minimalem<br />
Aufwand in<br />
das Werkzeug einfügt<br />
– ähnlich einem<br />
Heißkanalsystem.<br />
Bereits während der Konstruktion<br />
können wir seine Auslegung und Integration<br />
in den Datensatz des Werkzeugs einbringen,<br />
wobei wir dank thermischer<br />
Simulationen schon früh mit großer Genauigkeit<br />
vorhersagen können, welche<br />
Temperaturen an<br />
den Wänden der<br />
Kavitäten herrschen<br />
werden. Da<br />
wir zudem den Einbau<br />
und die Inbetriebnahme<br />
begleiten,<br />
erhält der<br />
Kunde stets ein<br />
360-Grad-Sorglos -<br />
paket. Im besonderen<br />
Maße gilt dies<br />
nun für die neue maschinenintegrierte<br />
Variante des Z-Systems, wie wir sie in Kooperation<br />
mit dem SGM-Hersteller Engel<br />
realisieren.<br />
Hotset-CEO Ralf Schwarzkopf: „Unser Z-System<br />
für die gezielte partiell-dynamische Werkzeugtemperierung<br />
leistet einen zentralen Beitrag zur<br />
Optimierung des Spritzgussprozesses.“<br />
Bild: Hotset<br />
Engel-Deutschland-Geschäftsführer Rolf Saß:<br />
„Mit dem Z-System erhalten die Anwender unserer<br />
SGM eine einfache Plug-and-Play-Lösung, um<br />
Bindenähte und matte Höfe zu vermeiden.“<br />
Bild: Engel<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Herr Saß, welche<br />
Spritzgießmaschinen von Engel verfügen<br />
denn bereits über diese zusätzliche<br />
Option?<br />
Rolf Saß: Unabhängig von der Maschinen-Baureihe<br />
und der eingesetzten Antriebstechnik<br />
bieten wir das Z-System ab<br />
sofort für alle Spritzgießmaschinen unseres<br />
Portfolios an, die mit einer CC300-<br />
Steuerung arbeiten. Hierbei handelt es<br />
sich um unsere <strong>aktuell</strong>e Steuerungsgeneration.<br />
Sie zeichnet sich durch eine intuitive<br />
Bedienung und klare Menüführung<br />
aus und ermöglicht die smarte, hocheffiziente<br />
Navigation durch komplexe Fertigungsprozesse.<br />
52 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Beim konventionell spritzgegossenen Gehäuseteil (li.) bleibt<br />
eine Bindenaht sichtbar und die dünnwandige Passage ist<br />
„gerissen“. Das mit dem Z-System abgeformte Gehäuse (re.)<br />
hat hingegen eine makellose Oberfläche, auf der sich sogar<br />
Mikrostrukturen abbilden lassen.<br />
Bild: Hotset<br />
Das Z-System steht ab sofort auf allen Engel-Spritzgießmaschinen zur Verfügung, die mit<br />
einer CC300-Steuerung arbeiten. An deren Bedienpanel kann der Anwender alle erforderlichen<br />
Parameter für die Werkzeugtemperierung auswählen.<br />
Bild: Engel<br />
Technikum für Anwender<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Und wie dürfen<br />
wir uns die Interaktion des Z-Systems<br />
mit der Steuerung der SGM konkret<br />
vorstellen?<br />
Saß: So wie es der Anwender vom Einsatz<br />
zusätzlicher Druck- oder Temperaturfühler<br />
kennt, wird das Z-System in den<br />
Funktionsumfang unserer Spritzgießmaschine<br />
integriert. Beim Rüsten des Werkzeugs<br />
wird automatisch der prozessspezifische<br />
Einstelldatensatz übernommen, in<br />
dem ja sämtliche relevanten Temperaturund<br />
Zeitparameter hinterlegt sind. Auf einer<br />
eigenen Z-System-Seite am Touch -<br />
screen-Bedienpanel der CC300 sieht der<br />
Anwender dann alle erforderlichen Parameter<br />
und kann auswählen. Er muss also<br />
weder zusätzliche externe Geräte zur Hilfe<br />
nehmen noch zur Rückseite der Maschine<br />
gehen, um dort Justierungen am<br />
Im Sommer 2020 eröffnete Hotset in Lüdenscheid das Systemcenter<br />
für Industrielle Temperiertechnik (SIT). Dabei<br />
handelt es sich um das weltweit erste Technikum zur umfassenden<br />
Präsentation und Demonstration des Z-Systems<br />
zur partiell-zyklischen Temperierung der Kavitäten von<br />
Spritzgusswerkzeugen. Das hochflexible, dynamische High-<br />
Speed-Verfahren wurde vor etwa fünf Jahren vorgestellt<br />
und gilt als wegweisende Weiterentwicklung des Prinzips<br />
der Variothermen Werkzeugtemperierung. Es ist heute bereits<br />
bei zahlreichen Kunststoffverarbeitern der Consumer-<br />
Industrie und des Automobilbaus im Einsatz. Im Hotset-<br />
Technikum ist das Z-System sowohl als Stand-alone- oder<br />
Nachrüstlösung in Aktion zu sehen als auch in der integrierten<br />
Variante in einer 80-Tonnen-Spritzgießmaschine<br />
von Engel. Das konkrete Testszenario kann an die individuellen<br />
Anforderungen des Kunden angepasst werden.<br />
Z-System vorzunehmen. Alle ausgewählten<br />
Werte werden zudem im Produktionsdatensatz<br />
gespeichert. Damit sind sie<br />
sofort abrufbereit, sobald das Werkzeug<br />
erneut auf die Maschine kommt.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Warum haben<br />
Sie sich als Maschinenbauer für die<br />
Integration des Z-Systems von Hotset<br />
entschieden?<br />
Saß: Unsere beiden Unternehmen verbindet<br />
bereits seit vielen Jahren eine sehr<br />
lebhafte Kooperationsarbeit. Und da wir<br />
bei der Thematik „Vermeidung von Bindenähten“<br />
das gleiche Ziel verfolgen, war<br />
es für uns ein wichtiges Anliegen, auch in<br />
diesem Bereich zusammenzuarbeiten.<br />
Zudem fokussieren wir ja als Maschinenbauer<br />
stets zwei – mitunter gegenläufige<br />
– Entwicklungslinien: Einerseits versetzen<br />
wir unsere Kunden in die Lage, die kontinuierlich<br />
steigenden Qualitätsanforderungen<br />
an Sichtbauteile aus Kunststoff zu<br />
erfüllen; andererseits müssen wir den Anwendern<br />
unserer SGM Möglichkeiten bieten,<br />
mit denen sie ihre Verarbeitungsprozesse<br />
noch effizienter und wirtschaftlicher<br />
gestalten können. Aus unserer Sicht<br />
gelingt dieser Spagat mit dem Z-System<br />
besonders gut.<br />
Schwarzkopf: Vor allem, weil diese<br />
High-Speed-Lösung mit ihrer gezielten<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 53
ZULIEFERUNG<br />
Im neuen Systemcenter für Industrielle Temperiertechnik (SIT) von Hotset kann das Z-System sowohl als Stand-alone- und Nachrüstlösung<br />
kundenspezifisch getestet werden als auch als vollintegrierte Variante in einer 80-Tonnen-SGM von Engel.<br />
Bild: Hotset<br />
partiell-dynamischen Temperierung über<br />
die Verbesserung der Teilequalität hinaus<br />
auch einen zentralen Beitrag leistet für<br />
die Optimierung des gesamten Spritzgussprozesses.<br />
Denn durch seine extreme<br />
Aufheizschnelligkeit von nur 60 Kelvin<br />
pro Sekunde und sehr kurze Abkühlraten<br />
von etwa 30 Kelvin pro Sekunde lassen<br />
sich hochdynamische Werkzeugtemperierungen<br />
realisieren, ohne dass sich die<br />
Zykluszeit verlängert. Da diese enorm<br />
schnellen Temperaturwechsel zudem mit<br />
einem durchschnittlichen Energieverbrauch<br />
von nur etwa 100 Watt pro Stunde<br />
erzielt werden, ist das Z-System eine<br />
überaus energieeffiziente Lösung.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Können Sie das<br />
aus der Sicht des Maschinenbauers bestätigen,<br />
Herr Saß?<br />
Saß: Ja, unbedingt! Nicht nur die Energieeffizienz<br />
der Werkzeugtemperierung<br />
verbessert sich messbar, auch der Ausstoß<br />
steigt, da sich im Vergleich zur klassischen<br />
variothermen Temperierung erheblich<br />
kürzere Zykluszeiten erreichen lassen.<br />
Es gibt zum Beispiel keine Einspritzverzögerung<br />
mehr bis zum Erreichen der Zieltemperatur<br />
an der Kavitätswand.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Höhere Energieeffizienz,<br />
bessere Oberflächen und<br />
mehr Produktivität – man könnte meinen,<br />
der Spritzgießer profitiert gleich<br />
dreifach?<br />
Saß: Das ist de facto so! Mit dem Z-System<br />
erhalten unsere Kunden eine einfache<br />
Plug-and-Play-Lösung zur Vermeidung<br />
von Bindenähten und matten Höfen<br />
– ohne dass sie in eine zusätzliche Steuerung<br />
investieren müssen. Das ist also ein<br />
deutlicher Mehrwert. Und angesichts der<br />
zunehmenden Komplexität der Produk -<br />
tionsprozesse in der Kunststoffverarbeitung<br />
steigern die Anwender mit diesem<br />
praktischen Beitrag zur Simplicity – so<br />
nennen wir diesen Trend bei Engel – ihre<br />
Wettbewerbsfähigkeit.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Können Interessenten<br />
das Z-System begutachten<br />
und testen?<br />
Schwarzkopf: Eigens dafür haben wir<br />
in Lüdenscheid vor einigen Monaten das<br />
Systemcenter für Industrielle Temperiertechnik,<br />
das SIT, eröffnet. Diese Einrichtung<br />
ist ein Resultat unserer Kooperation<br />
mit Engel und gibt Interessenten viel<br />
Spielraum, um sich von der Leistungsfähigkeit<br />
des Z-Systems zu überzeugen. Es<br />
steht hier sowohl als integrierte Systemlösung<br />
in einer Engel-SGM zur Verfügung<br />
als auch als separates System mit externer<br />
Steuerung. Dabei können die konkreten<br />
Testbedingungen oder weiterführende<br />
Szenarien je nach Anwendungsfall abgesprochen<br />
werden. Kürzlich erst wurden im<br />
SIT beispielsweise die Auswirkungen des<br />
Z-Systems beim Einsatz teilkristalliner<br />
Werkstoffe getestet – mit erstaunlichen<br />
Ergebnissen.<br />
Julius Moselweiß,<br />
freier Journalist in Darmstadt<br />
FAZIT<br />
Die Qualitätsanforderungen<br />
an Sichtbauteile<br />
aus Kunststoff steigen.<br />
Bindenähte müssen vermieden<br />
werden. Zugleich<br />
müssen die Verarbeiter<br />
ihre Prozesse effizienter<br />
gestalten. Beides<br />
gelingt mit dem Z-System<br />
von Hotset.<br />
54 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Gummi-, Kunststoff- und Lärmschutzplatten<br />
Individuelle Zuschnitte per Mausklick<br />
Platten für jede Anwendung passgenau<br />
per Online-Konfigurator auswählen: Kunden<br />
von Reiff Technische Produkte können<br />
mit dem digitalen Tool Gummi-,<br />
Kunststoff- und Lärmschutzplatten individuell<br />
am Computer zuschneiden und<br />
bestellen. Der Anbieter hat die einfach zu<br />
bedienende Software nun um neue Funktionen<br />
erweitert. Im Kunststoffbereich<br />
kann jetzt noch vielseitiger konfiguriert<br />
werden. So lassen sich mehrere millimetergenaue<br />
Bohrungen zu einer Platte hinzufügen.<br />
Zudem kann der Kunde zwischen<br />
zylindrischer Senkung oder Kegelsenkung<br />
auswählen und die Bohrungen mit ent-<br />
sprechenden Gewinden ergänzen.<br />
Zudem lassen sich<br />
die Standardformen Rechteck,<br />
Kreis und Dreieck für<br />
den Zuschnitt nutzen und<br />
die Ecken noch gezielter<br />
bearbeiten. Im Gummi-,<br />
Kunststoff- und Lärmschutzbereich erleichtert<br />
eine zusätzliche 3D-Ansicht die<br />
Planung und Entscheidungsfindung für<br />
die richtige Platte. In nur drei Schritten<br />
ist die Bestellung abgeschlossen: Per<br />
Mausklick wählt der Kunde Material und<br />
Dicke der Platte, schneidet diese am Bildschirm<br />
zu und sendet den Auftrag ab.<br />
Kunden finden detaillierte Informationen<br />
zu Haupteigenschaften und Einsatzgebieten<br />
der Platten und können ihre Zuschnitte<br />
sowohl nach Maßangabe gestalten als<br />
auch nach eigener technischer Zeichnung,<br />
die dann individuell im Konfigurator<br />
hochgeladen wird. (dk)<br />
www.konfigurator.reiff-tp.com<br />
Bild: Reiff Technische Produkte<br />
Normelemente<br />
Den Keimen keine Chance<br />
Bild: Ganter<br />
Ganter bietet mit seiner Produktfamilie Sanline eine Reihe von Normelementen<br />
mit antimikrobieller Wirkung an. Dabei werden angetragene Keime selbstständig<br />
deaktiviert und an ihrer Übertragung gehindert. Die unterschiedlichen Hand -<br />
habungselemente – Knöpfe, Klemmhebel, Bügelgriffe und Flügelmuttern – nutzen<br />
zwei verschiedene Wirkprinzipien: Kunststoffe werden mittels spezieller Additive<br />
mit Silberionen ausgerüstet, für Metallteile sind Pulverbeschichtungen auf Zinkmolybdat-Basis<br />
erhältlich. Beide Prinzipien zerstören die Zellwände der Mikroorganismen<br />
und töten sie dadurch ab. Für Menschen sei der Kontakt mit solchen<br />
aktivierten Oberflächen absolut unbedenklich, heißt es. Auch bei häufigen Reinigungen<br />
wirken beide Prinzipien den Angaben zufolge über lange Zeit. (dk)<br />
www.ganternorm.com<br />
Kettenspanner<br />
Komplexe Werkstücke sicher gespannt und fixiert<br />
Werkstücke mit unregelmäßigen Konturen<br />
und Formen lassen sich mit Kettenspannern<br />
von Norelem sicher spannen<br />
und fixieren. Auf teure Sonderspannmittel,<br />
die vor allem im Maschinen- und Anlagenbau<br />
im Einsatz sind, kann deshalb<br />
verzichtet werden. Montiert werden die<br />
Kettenspanner mithilfe von Befestigungsschrauben<br />
und T-Nutensteinen auf der<br />
Werkzeugmaschine oder auf einer Aufspannplatte.<br />
Durch die gleichmäßige<br />
Kraftverteilung der Kettenspannung lassen<br />
sich Werkstücke vergleichsweise ver-<br />
zugsfrei spannen. Weitere Vorteile sind<br />
die hohe Spannkraft, der große Verstellbereich<br />
und die Werkstückschonung<br />
durch Kunststoffelemente. Für den einfachen<br />
Einstieg eignen sich die Kettenspannersets,<br />
die aus Spannhaken, Gegenhalter,<br />
Sicherungssatz, vier Rollenketten mit verschiedenen<br />
Längen, vier Verschlussgliedern<br />
und sechs Kunststoffelementen bestehen.<br />
Erhältlich sind die Sets in zwei<br />
Größen, mit denen Spannkräfte von 15<br />
oder 40 kN möglich sind. (dk)<br />
www.norelem.de<br />
Bild: Norelem<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 55
Bild: applezoomzoom/stock.adobe.com<br />
Geschäftsreisen finden weniger häufig statt als vor der Pandemie. Alternativen bieten digitale Kommunikationsformate.<br />
Geschäftsreisen in Corona-Zeiten<br />
Wie die Krise die Reisebranche<br />
beeinflusst hat<br />
Kaum eine Geschäftsaktivität wurde durch die Corona-Pandemie so verändert<br />
wie die Reisetätigkei t. Jeder hat es erfahren: Die Zahl der Geschäftsreisen hat<br />
verglichen mit 2019 stark nachgelassen. Lesen Sie, worauf beim Reisen in<br />
Corona- Zeiten zu achten ist und welche Alternativen es gibt.<br />
» Sanja Döttling<br />
In der Corona-Pandemie ist noch kein Ende in<br />
Sicht. Konnten im Jahr 2020 Außentermine noch<br />
aufgeschoben werden, stellt sich langsam die Frage,<br />
wie man zukünftig mit den Reiseeinschränkungen<br />
umgehen soll, denn Präsenztermine wie Lieferanten -<br />
und Kundenbesuche sind weiterhin wichtig für produzierende<br />
Unternehmen .<br />
Der Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) befragt<br />
regelmäßig seine Mitglieder nach der <strong>aktuell</strong>en<br />
Lage der Geschäftsreisetätigkeit. Dazu interviewen<br />
sie sowohl Unternehmen als auch Anbieter von Geschäftsreisen.<br />
An der <strong>aktuell</strong>en Umfrage Anfang April<br />
2021 nahmen 67 Unternehmen teil. Hier zeigt sich,<br />
dass Geschäftsreisen langsam wieder Teil der<br />
Arbeitstätigkeit werden: 94 Prozent der befragten<br />
Unternehmen erlauben Geschäftsreisen in „begründeten<br />
Ausnahmefällen“ wie zum Beispiel „geschäftskritische<br />
Termine“, fünf Prozent erlauben das Reisen<br />
sogar uneingeschränkt.<br />
Dennoch zeigt die Umfrage deutlich, dass die Häufigkeit<br />
der Reisetätigkeit nachgelassen hat: 31 Prozent<br />
der Unternehmen schätzen, dass nur fünf Prozent<br />
der Geschäftsreisen im Vergleich zum Jahr 2019<br />
stattfanden, bei 37 Prozent sind es unter zehn Prozent,<br />
bei 25 Prozent bis zu 25 Prozent der Geschäftsreisen<br />
vergleichen mit 2019.<br />
Reisen in Deutschland<br />
Bis 18. April war Deutschland im Lockdown (Stand<br />
bei Redaktionsschluss am 12. April 2021). Damit einher<br />
ging ein deutschlandweites Beherbergungsverbot<br />
für touristische Übernachtungen. Geschäftliche<br />
Übernachtungen sind weiterhin mit Einschränkungen<br />
möglich. Hier gelten die jeweiligen Corona-Verordnungen<br />
des Bundeslandes, die auf den jeweiligen<br />
Internetseiten einzusehen sind. Laut dem Barometer<br />
des VDR erlauben 24 Prozent der Befragten innerdeutsche<br />
Geschäftsreisen uneingeschränkt, 66 Prozent<br />
machen die Reisetätigkeit von der Corona-<br />
Situation am Zielort abhängig.<br />
Auch die Art des Reisens ändert sich. Bei Reisen in<br />
Deutschland geben sieben Prozent der Unternehmen<br />
56 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
TRAVEL «<br />
an, dass sie in Zukunft häufiger mit dem Pkw (anstatt<br />
mit Alternativen wie Bahn oder Flugzeug) reisen<br />
werden.<br />
Reisen ins Ausland<br />
Bei Reisen ins Ausland sind Unternehmen vorsichtiger<br />
als bei innerdeutschen Reisen. Komplett verboten<br />
sind interkontinentale Reisen bei 28 Prozent der befragten<br />
Unternehmen. Reisen ins europäische Ausland<br />
verbieten 18 Prozent. Uneingeschränkt erlaubt<br />
sind interkontinentale Reisen bei sechs Prozent der<br />
Befragten (innerhalb Europas: 8 Prozent). Die große<br />
Mehrheit erlaubt interkontinentale Reisen abhängig<br />
von der Corona-Situation im Zielland (56 Prozent);<br />
dies gilt auch für Reisen in Europa (67 Prozent).<br />
Hierbei gilt es vor allem, die Reisewarnungen des<br />
Auswärtigen Amts sowie des Robert-Koch-Instituts<br />
(RKI) zu verfolgen. Beide geben ständig aktualisierte<br />
Listen heraus. Dabei unterscheidet das RKI zwischen<br />
Virusvariantengebieten (mit den strengsten Bestimmungen),<br />
Hochinzidenzgebieten sowie Risikogebieten.<br />
Die Länder haben alle eigene Bestimmungen für die<br />
Einreise. Das Auswärtige Amt hat die Informationen<br />
zu jedem Land zusammengefasst. Für Risikogebiete/<br />
Hochinzidenzgebiete gelten <strong>aktuell</strong>, je nach Bundesland,<br />
folgende Bestimmungen für die Rückreise nach<br />
Deutschland:<br />
• Die Einreiseanmeldung muss ausgefüllt werden.<br />
• Wer zurück nach Deutschland fliegt, muss einen<br />
maximal 48 Stunden alten negativen Test vorweisen.<br />
Dieser muss vor der Rückreise durchgeführt<br />
werden. Hier gilt es, sich frühzeitig über die Lage<br />
vor Ort und die Testmöglichkeiten einschließlich<br />
der Preise dafür zu informieren.<br />
• Bei der Rückreise aus einem sogenannten „Virusvariantengebiet“<br />
ist eine 14-tägige Quarantäne<br />
immer Pflicht, unabhängig vom Testergebnis.<br />
Als Alternativen für Geschäftsreisen haben sich in<br />
den letzten Monaten virtuelle Meetings etabliert. In<br />
welchem Rahmen digitale Kommunikationsmittel<br />
auch nach Lockerung der Reisebeschränkungen verwendet<br />
werden, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht<br />
klar. Vorteile sind sicherlich die Kosten- und Zeiteinsparungen;<br />
dennoch sollte man den zwischenmenschlichen<br />
Aspekt eines Treffens „in persona“<br />
nicht unterschätzen.<br />
Alternativen zu Reisen<br />
Auch Messen haben sich neue, digitale Kommunikationsformen<br />
überlegt. Die Angebote reichen von<br />
mehrtägigen Webinarreihen, digitalen Datensammlungen,<br />
Live-Chats bis hin zu zeitlich unbegrenzt zugängigen,<br />
digitalen Informationsplattformen. Allerdings<br />
fand eine von dem Verband der deutschen<br />
Messewirtschaft (Auma) durchgeführte Studie mit<br />
427 Teilnehmern heraus, dass nur 21 Prozent der befragten<br />
Unternehmen virtuelle Ausstellungen als<br />
„ernsthafte Alternative“ zu physischen Messen sehen.<br />
Das kann auch an den schwachen geschäftlichen<br />
Ergebnissen liegen: Während der virtuellen Messen<br />
haben Unternehmen im Schnitt nur ein Viertel des<br />
Nutzens einer „realen“ Messe erreicht.<br />
Dass diese Alternativen auch nach der Corona-Krise<br />
dennoch wichtig bleiben, impliziert die Umfrage des<br />
VDR: Nur fünf Prozent der Befragten glauben, dass<br />
die Anzahl der Geschäftsreisen wieder auf das<br />
Niveau vor der Pandemie steigen wird. 26 Prozent<br />
vermuten, dass die Anzahl um bis zu zehn Prozent<br />
abnehmen wird, weitere 61 Prozent vermuten, dass<br />
Reisen sogar um bis zu 30 Prozent zurückgehen werden.<br />
Dies lässt vermuten, dass die in der Corona-<br />
Krise getesteten digitalen Kommunikationsmittel<br />
weiterhin ein wichtiger Teil des Arbeitslebens bleiben<br />
werden.<br />
FIRMENREGISTER<br />
ArGeZ 8<br />
BSCC 63<br />
BVL 6<br />
Cargoboard 41<br />
Chembid 12<br />
Dachser 43<br />
DHL 38<br />
DQS 28<br />
Engel 52<br />
EPAL 41<br />
Euroexpo 6<br />
Everstox 43<br />
Evonik 12<br />
Fripa 22<br />
Fuchs Wisura 6<br />
Ganter 55<br />
Helsa 14<br />
HS Niederrhein 62<br />
Hotset 52<br />
Igus 48<br />
Kratzer Automation 41<br />
Lanxess 12<br />
Mercedes-Benz 6, 42<br />
Midea 42<br />
Myclimate 41<br />
Norelem 55<br />
Packlogx 36<br />
Pfenning logistics 42<br />
Porsche 3, 14<br />
Prewave 14<br />
Reiff Technische Produkte 55<br />
RWTH Aachen 34<br />
Sadara Chemical 12<br />
Sanity Group 43<br />
Saphirion 26<br />
SEW-Eurodrive 44<br />
Siemens 6<br />
Smart-Flow 42<br />
SMC 47<br />
Thyssenkrupp Materials Services 10<br />
Timocom 34, 43<br />
TRW 14<br />
Underwriters Laboratories 48<br />
Valantic 40<br />
Valeo 14<br />
Volkswagen 14<br />
Würth Industrie Service 6<br />
Zarges 42<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 57
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58 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
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www.jantsch.de<br />
Die Kunststofftechnik Jantsch GmbH in Nürnberg<br />
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sämtlichen Thermoplasten von 0,001g bis 400g.<br />
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– Klimatisierter Präzisions-Formenbau<br />
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Thermoplaste (z. B. PEEK), Reinraumfertigung<br />
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– Zertifiziert nach DIN ISO 9001, 14001, 50001<br />
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MEDIENBESCHAFFUNG<br />
Schweizer GmbH & Co. KG<br />
www.schweizer-federn.de<br />
Die Schweizer GmbH & Co. KG aus Reutlingen bietet<br />
bereits seit 1986 technische Federn in allen Variationen.<br />
Am Rande der schwäbischen Alb fertigen ca. 120 Mitarbeiter<br />
hochwertige Drahtfedern und Stanzbiegeteile<br />
aus allen gängigen Federmaterialien in Klein- und Großserien.<br />
Das umfangreiche Produktportfolio der Schweizer<br />
GmbH & Co. KG umfasst:<br />
• Druck-, Zug- und Schenkelfedern<br />
• Draht- und Stanzbiegeteile<br />
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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 59
» BME AKTUELL<br />
Fachkongress<br />
56. BME-Symposium 2021 erneut digital<br />
Das 56. Symposium Einkauf und Logistik<br />
findet vom 8. bis 10. November 2021 statt.<br />
„Nach den sehr guten Erfahrungen der Organisatoren<br />
und der positiven Resonanz<br />
unserer mehr als 1200 Teilnehmer*innen<br />
des Vorjahres werden wir die größte Netzwerkveranstaltung<br />
des Bundesverbandes<br />
Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik<br />
e.V. erneut als digitalen Fachkongress<br />
durchführen“, teilte BME-Hauptgeschäftsführer<br />
Dr. Silvius Grobosch mit.<br />
Gleichzeitig halte sich der BME-Bundesvorstand<br />
die Option offen, den Fachkongress<br />
auch hybrid zu organisieren. Eine<br />
Entscheidung darüber werde das Führungsgremium<br />
des Einkäuferverbandes<br />
voraussichtlich im Juli treffen. „Wir sind<br />
absolut davon überzeugt, dass nach der<br />
erfolgreichen Online-Premiere 2020 auch<br />
das diesjährige Symposium DIGITAL regen<br />
Zuspruch finden wird. Der BME garantiert,<br />
dass der von den Teilnehmer*innen so geschätzte<br />
Meinungsaustausch sowohl in<br />
einer Online- als auch Hybrid-Variante<br />
fester Bestandteil des 56. Symposiums<br />
sein wird“, betonte Grobosch. Das gelte<br />
auch für das Networking; es<br />
bleibe ebenfalls eine Säule des<br />
digitalen Kongresses.<br />
Grobosch: „Wir sind uns bewusst,<br />
dass ein digitales Event<br />
das persönliche Treffen nicht<br />
ersetzen kann. Deshalb haben wir bereits<br />
2020 ein Konzept erarbeitet, das weit über<br />
den bloßen Charakter von Webinaren hinausgeht.<br />
Auf dieser Basis werden wir<br />
auch das diesjährige Symposium Einkauf<br />
und Logistik zum Erfolg für Veranstalter,<br />
Teilnehmer und Sponsoren führen.“<br />
Der BME habe in den vergangenen Monaten<br />
sein Know-how bei der Durchführung<br />
zahlreicher digitaler Formate unter Beweis<br />
gestellt und will auf diesem Feld<br />
weiterwachsen. Grobosch erinnerte in<br />
diesem Zusammenhang an zahlreiche erfolgreich<br />
durchgeführte digitale BME-<br />
Veranstaltungsreihen. Dazu zählten beispielsweise<br />
der 1. Digitale Innovationsgipfel<br />
des Verbandes, das 14. BME-/VDV-<br />
Forum Schienengüterverkehr oder die<br />
erstmals digital ausgerichtete Einkaufsinitiative<br />
Westbalkan.<br />
Die Ankündigung des BME, auch das 56.<br />
Symposium digital zu organisieren und<br />
das Veranstaltungsformat im Juli gegebenenfalls<br />
um eine Hybridvariante zu erweitern,<br />
gebe allen Beteiligten ein Höchstmaß<br />
an Planungssicherheit. „Deshalb haben<br />
wir uns für dieses Zwei-Stufen-Modell<br />
entschieden“, fügte Grobosch hinzu.<br />
Sollte im November 2021 auch ein Teil<br />
des Symposiums als Präsenzveranstaltung<br />
stattfinden können, werde der BME für<br />
die Einhaltung aller geltenden Hygieneund<br />
Abstandsregelungen sorgen. „Damit<br />
bieten wir unseren Teilnehmer*innen maximal<br />
mögliche Sicherheit“, so Grobosch<br />
abschließend.<br />
Weitere Infos/Anmeldung:<br />
natalie.popoola@bme.de<br />
www.bme-symposium.de<br />
Bild: Kerstin Schmitt/BME e.V.<br />
Aus- und Weiterbildung<br />
Neu: BME-Online-Kurs „Certified Procurement Manager Level 1“<br />
Wer heutzutage als Neu- oder Quereinsteiger<br />
im Einkauf arbeitet, hat es nicht<br />
leicht. Die Zeit für Vorbereitungen und<br />
Fortbildungen ist meist knapp bemessen.<br />
Und das, obwohl Einkäufer nicht selten<br />
eine Vielzahl zusätzlicher anspruchsvoller<br />
Aufgaben auf den Sektoren Logistik,<br />
Buchhaltung oder Recht zu erfüllen haben.<br />
Der BME-Online-Kurs „Certified Procurement<br />
Manager Level 1“, der im Zeitraum<br />
vom 17.05.-02.07.2021 stattfinden wird,<br />
unterstützt Einsteiger bei der Bewältigung<br />
dieser Herausforderungen. Die Teilnehmer<br />
erhalten einen 360 Grad-Rundumblick.<br />
Folgende Schwerpunktthemen<br />
stehen im Fokus des neuen Online-Angebots:<br />
• Aufgaben und Organisation des Einkaufs<br />
• <strong>Beschaffung</strong>sstrategien<br />
• Lieferantenstrategie und -management<br />
• Verhandlungsführung<br />
• Recht im Einkauf<br />
• Einkaufscontrolling<br />
Der Kurs ist konzipiert, dass die Teilnehmer<br />
den Einkauf aus verschiedenen Perspektiven<br />
kennenlernen können. Alle<br />
Lernmodule finden online statt.<br />
Das Angebot enthält …<br />
• Skripte zum Selbststudium,<br />
• Webinare zum Download,<br />
• interaktive Tutorien, in denen Experten<br />
die Fragen der Teilnehmer beantworten,<br />
sowie<br />
• optional eine Multiple-Choice-Prüfung<br />
zum Abschluss.<br />
Weitere Infos/Anmeldung:<br />
pascal.dumontduvoitel@bme.de<br />
Impressum: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME)<br />
Frankfurter Straße 27, 65760 Eschborn, Tel. 06196 5828-0, Fax –299,<br />
E-Mail: info@bme.de, Internet: www.bme.de<br />
60 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Industrie<br />
Das führende Fachmagazin<br />
für den strategischen Einkauf<br />
Kompetent – glaubwürdig – praxisnah<br />
• <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> ist das Magazin für den Einkauf.<br />
• Hinter der <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> steckt das Einkaufsvolumen<br />
der deutschen Industrie.<br />
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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 61
» KARRIERE<br />
Tipps, wie man online von sich überzeugt<br />
Das professionelle Auftreten in<br />
virtuellen Verhandlungen<br />
Laut einer Metastudie der Hochschule Niederrhein rollt eine Welle der<br />
Preiserhöhungen auf den Einkauf zu. Dies bedeutet jede Menge Verhandlungen,<br />
um Erhöhungen abzublocken und sogar Preisnachlässe zu fordern. Heutzutage<br />
finden Verhandlungen vermehrt im virtuellen Rahmen statt. Dieser Artikel gibt<br />
praktische Tipps für Ihren professionellen Online-Auftritt.<br />
und Mikrofon nutzen wir ja erst seit Kurzem<br />
– hier gilt es zu lernen und dann aktiv<br />
zu gestalten: Wie möchte ich meine Geschichte<br />
erzählen? Wie möchte ich mich<br />
inszenieren?<br />
Bild: metamorworks/stock.adobe.com<br />
Beispiele für eine gute technische Ausstattung, um auch bei virtuellen Verhandlungen professionell<br />
„rüberzukommen“, findet man bei vielen Youtubern.<br />
Wie richte ich meinen onlinefähigen<br />
Arbeitsplatz ein? Wie<br />
präsentiere ich mich vor meiner Kamera?<br />
Wie bringe ich meine Überzeugungen<br />
auch über dieses Medium „rüber“, ohne<br />
meinem Gesprächspartner nur gegenüber<br />
zu sitzen? Das sind nur einige der Fragen,<br />
die sich viele Einkäufer nun stellen.<br />
Es ist wichtig, sich mit den Besonderheiten<br />
virtueller Verhandlungen auseinanderzusetzen<br />
und sich der Möglichkeiten<br />
der eigenen virtuellen Präsenz bewusst zu<br />
werden. Denn je besser Sie sich selbst und<br />
die Regeln von Kamera und Mikrofon<br />
kennenlernen, desto überzeugender können<br />
Sie virtuell verhandeln. Ein paar<br />
grundlegende Besonderheit vorab: Jeder<br />
Beteiligte kann sich seinen Raum so<br />
gestalten, dass er sich wohlfühlt. Jeder<br />
Verhandler hat also die Möglichkeit,<br />
sich bewusst zu inszenieren und damit<br />
die Geschichte, die er erzählen will, zu<br />
gestalten. Dadurch, dass sich jeder in<br />
seiner eigenen Wohlfühlatmosphäre<br />
befindet, werden virtuelle Verhandlungen<br />
oftmals mehr auf Augenhöhe geführt,<br />
da man sich selbst viel besser<br />
von seinem Gegenüber und dem möglichen<br />
Druck abgrenzen kann.<br />
In virtuellen Verhandlungen sind nicht<br />
alle Details der Körpersprache sichtbar<br />
– dadurch gehen viele Informationen<br />
über den Partner verloren, die wir von<br />
der Live-Präsenz gewöhnt sind. Kamera<br />
Der ideale Arbeitsplatz<br />
Im Idealfall investieren Sie in eine externe<br />
Kamera und ein professionelles Mikrofon<br />
oder Kopfhörer (am besten mit Rauschunterdrückung).<br />
Die Kamera sollte auf<br />
Augen höhe ausgerichtet sein, nur so<br />
können Sie sich optimal präsentieren.<br />
Zudem ist es hilfreich, zwei Bildschirme<br />
zu nutzen: Auf dem einen Bildschirm<br />
sehen Sie alle Teilnehmer und auf dem<br />
anderen Ihre Unterlagen – dies hilft Ihnen<br />
auch dabei, richtig in die Kamera zu<br />
schauen.<br />
Tipp: Eine Kamera ist oftmals etwas leblos,<br />
wenn es Ihnen also schwerfällt, in die<br />
Kamera zu lächeln, nehmen Sie ein Foto<br />
eines lieben Menschen und befestigen es<br />
direkt auf oder hinter der Kamera!<br />
Der Hintergrund sollte ordentlich und<br />
möglichst senkrecht sein – eine simple<br />
Wand ohne Bilder oder auch Schrankwände<br />
eignen sich gut. Gerne können Sie<br />
auch aufrollbare Leinwände nutzen, hier<br />
können Sie zusätzlich auch ein Firmenbanner<br />
im Hintergrund präsentieren.<br />
Was bedeutet das eigentlich – virtuelle<br />
Präsenz erlangen? Nun, Sie können nur mit<br />
dem wirken, was im Bild zu sehen ist.<br />
Dementsprechend müssen Sie sich so in<br />
Szene setzen, dass Ihre Präsenz das unterstreicht,<br />
was Sie erreichen wollen.<br />
Bleiben wir zu Beginn bei dem eigent -<br />
lichen Bildausschnitt. Üblicherweise han-<br />
62 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
delt es sich hierbei um eine halbnahe Einstellung.<br />
Dabei sind Ihr Kopf und Oberkörper<br />
bis etwa zum fünften Knopf Ihres<br />
Hemdes oder Ihrer Bluse sichtbar. Dies erlaubt<br />
Ihnen, Ihre Aussagen auch durch Ihre<br />
Körpersprache zu unterstützen. Auch<br />
die Kamera-Achse ist von entscheidender<br />
Bedeutung. Zeigen Sie auf Ihre Kamera,<br />
wird Ihr Zeigefinger ganz dick oder verdeckt<br />
er das Bild. So wissen Sie, in welche<br />
Richtung Sie sprechen sollten, um Ihre<br />
Aussagen erfolgreich<br />
Ihrem Gegenüber<br />
anzutragen.<br />
Technisch gesehen<br />
macht eine Kamera<br />
aus einem dreidimensionalen<br />
Bild<br />
immer ein zweidimensionales<br />
– dies<br />
gilt es zu beachten,<br />
wenn Sie sich vor der Kamera bewegen.<br />
Seitliche Bewegungen können dadurch<br />
schnell hektisch und unruhig wirken, probieren<br />
Sie das ruhig aus und vergleichen<br />
Sie – wie wirkt das Bild, wenn Sie sich<br />
von rechts nach links bewegen, oder<br />
wenn Sie sich auf die Kamera zu und von<br />
ihr weg bewegen? Auch in einer realen<br />
Unterhaltung bewegen Sie sich dynamisch<br />
mit Ihrem Gegenüber – übertragen<br />
Sie dieses Prinzip auf die Kamera-Achse<br />
und bewegen sich auf sie zu und weg: Ihr<br />
Bild wird lebendig. Zudem wirken Sie<br />
weitaus souveräner, je sicherer Sie mit der<br />
Kamera und Ihrer Präsenz spielen können.<br />
Das Gegenüber: die Kamera<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die<br />
Höhen einstellung Ihrer Kamera. Achten<br />
Sie darauf, dass Ihre Kamera auf Augenhöhe<br />
ausgerichtet ist, entweder mit einem<br />
Laptopständer oder mit einer externen<br />
Kamera mit Stativ. Letzteres hat den<br />
Vorteil, dass eine externe Kamera qualitativ<br />
besser und meist auch nachjustierbar<br />
ist und je besser und schärfer Ihr Bild,<br />
desto besser können Sie Ihre Aussagen<br />
rüberbringen.<br />
Achten Sie auch darauf, dass Sie gut ausgeleuchtet<br />
sind, kein Fenster im Hintergrund<br />
haben und dass das Licht von seitlich-vorne<br />
kommt, um Spiegelungen und<br />
Unschärfe zu vermeiden. Ebenso sollten<br />
»Je sicherer Ihr<br />
Bewusstsein für Ihre<br />
eigene Wirkung ist,<br />
desto selbstsicherer<br />
werden Sie!«<br />
Sie auf den Winkel achten, indem Sie in<br />
die Kamera schauen. Wussten Sie, dass<br />
Ihre beiden Gesichtshälften unterschiedlich<br />
wirken? Probieren Sie es aus, decken<br />
Sie abwechselnd eine Gesichtshälfte zu<br />
und fotografieren Sie sich selbst. Es kann<br />
sehr gut sein, dass Sie zwei völlig unterschiedliche<br />
Geschichten erzählen – ohne<br />
überhaupt etwas gesagt zu haben.<br />
Des Weiteren spielt der Blickwinkel, den<br />
Sie zur Kamera einnehmen, eine Rolle:<br />
Vergleichen Sie,<br />
wie Sie wirken,<br />
wenn Sie senkrecht<br />
zur Kamera schauen<br />
oder Ihre Stirn<br />
nach vorne oder<br />
hinten kippen. Sie<br />
werden sehen, wie<br />
unterschiedlich Sie<br />
wirken können.<br />
Je sicherer Ihr Bewusstsein für Ihre eigene<br />
Wirkung ist, desto selbstsicherer werden<br />
Sie. Schließlich können Sie nun entscheiden,<br />
welche Ihrer Seiten Sie für das jeweilige<br />
Gespräch zeigen wollen! Dies<br />
bringt Bestimmtheit und Sicherheit in Ihr<br />
Auftreten. Und das wirkt sich automatisch<br />
auf die Wirkung Ihrer Stimme aus.<br />
Auch Ihre Kleidung kann dies unterstreichen<br />
– wählen Sie einfarbige Kleidung,<br />
die im Kontrast zum Hintergrund steht,<br />
Sie wollen ja schließlich auffallen und<br />
sich nicht tarnen.<br />
Betrachten Sie nun als nächstes Ihre Mimik<br />
und Gestik: Beides überträgt sich<br />
über die Kamera drei- bis fünfmal intensi-<br />
Christoph Hilger<br />
Professor für medienspezifisches<br />
Sprechen.<br />
Schwerpunkt: mediale<br />
Auftritte vor und hinter<br />
der Kamera.<br />
ver. Und wie bereits genannt – Sie sollten<br />
selbst entscheiden, wie Sie sich selbst<br />
präsentieren wollen, wählen Sie also klug.<br />
Nutzen Sie Ihre Stimme<br />
Und nun zu einem der wichtigsten Punkte:<br />
Ihre Stimme. Ihre Stimme sorgt für Ihre<br />
akustische Präsenz. Wenn Sie in ein externes<br />
Mikrofon investieren, erlangen Sie eine<br />
natürlichere Stimmenqualität. Ihr<br />
Stimmenklang wird weniger komprimiert,<br />
allein schon, weil die Membran des Mikros<br />
mehr Frequenzen auffangen und übertragen<br />
kann. Durch die kleinere Distanz<br />
zwischen Mikrofon und Ihnen schwingt<br />
außer dem der Raumhall nicht so mit und<br />
es kann Ihnen leichter fallen, Ihre Stimme<br />
ins Mikrofon zu senden.<br />
Sie müssen Sender Ihrer Botschaft sein.<br />
Stellen Sie sich Ihre Stimme und Worte als<br />
Energie- Impuls vor, der durch das Mikro,<br />
aus den Boxen des Endgerätes Ihres Gegenübers<br />
den Weg bis dessen Ohr finden<br />
muss. Genau gezielt, können dann Ihre<br />
Hörer entscheiden, welcher Teil der Botschaft<br />
für den Kopf, fürs Herz oder den<br />
Bauch gedacht ist. Allein die Vorstellung,<br />
dass Sie Ihren Impuls bis ins Ohr des Gegenübers<br />
senden, macht übrigens bereits<br />
eine Veränderung in der Stimmfärbung<br />
aus.<br />
Planen und entscheiden Sie also genau,<br />
wie Sie wirken wollen. Verstehen Sie, wie<br />
die virtuellen, akustischen und optischen<br />
Aspekte Ihrer Präsenz effektiv über die<br />
Kamera wirken und wie Sie diese gewinnbringend<br />
einsetzen können.<br />
Jörg Köck<br />
Geschäftsführender<br />
Gesellschafter der<br />
BSCC – Better Solutions<br />
Coachingconsulting<br />
GmbH in Locarno.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 63
» BÜCHER<br />
Klimawandel<br />
Ohne Klimaschutz geht es nicht<br />
„Green New Deal“ ist eine Essaysammlung der Journalistin Naomi Klein,<br />
die sich seit Jahrzehnten für den Klimaschutz einsetzt. Ihr Buch zeigt die<br />
Zusammenhänge von Wirtschaft und Umwelt auf und regt zum Umdenken an.<br />
» Sanja Döttling<br />
Bild: Hoffmann und Campe<br />
Warum nur ein Green New Deal<br />
unseren Planeten retten kann.<br />
Klein, Naomi. Hoffmann und Campe,<br />
Hamburg, 2019.<br />
Softcover, 352 Seiten. 15,00 €.<br />
ISBN: 978-3455009835<br />
Die Corona-Pandemie hat sämtliche anderen<br />
Nachrichten aus den Schlagzeilen verbannt.<br />
Vor der Corona-Krise hat die Klimaschutzbewegung,<br />
Stichwort „Fridays for Future“, großen Aufwind erhalten,<br />
weil immer mehr junge Leute sich den weltweiten<br />
Protesten angeschlossen haben.<br />
Das Momentum ist nun, aufgrund der<br />
weltweiten Einschränkungen zur Eindämmung<br />
des Corona-Virus, abgeflaut.<br />
Dabei ist der Klimaschutz ein Thema,<br />
das keinen Aufschub duldet, wie die<br />
kanadische Autorin Naomi Klein in ihrem<br />
Buch „Warum nur ein Green New<br />
Deal unseren Planeten retten kann“ klar<br />
machen möchte. Vor allem der 2018 erschienene<br />
IPCC-Bericht zeigte, laut der<br />
Autorin, dass uns nicht mehr viel Zeit<br />
bleibt, um die schlimmsten Folgen des<br />
Klimawandels von uns abzuwenden:<br />
Nur, wenn wir bis 2050 komplett klimaneutral<br />
wirtschaften, kann die Erderwärmung<br />
auf 1,5 Grad Celsius beschränkt<br />
werden. Schon bei dieser Erhöhung müssen<br />
die Menschen mit negativen Folgen –<br />
abschmelzenden Gletschern, der Erhöhung<br />
des Meeresspiegels und Dürren –<br />
rechnen. Es geht also lange nicht mehr<br />
darum, das Klima zu „retten“, sondern<br />
vielmehr darum, die schlimmsten Folgen<br />
zu verhindern.<br />
Essays aus zehn Jahren<br />
In diesem Buch sammelt Naomi Klein Texte aus den<br />
letzten zehn Jahren, die sich mit dem Klimawandel<br />
befassen. Dabei geht es um konkrete Einzelfälle –<br />
wie das von BP verursachte Ölleck im Golf von Mexiko,<br />
die wirtschaftlichen Folgen des Hurrikans Maria<br />
in Puerto Rico oder die weltweiten zerstörerischen<br />
Brände im Sommer 2017. Eindrucksvoll<br />
beschreibt sie, wie diese Katastrophen schon lange<br />
nicht mehr „natürlich“ sind, sondern menschengemachte<br />
Folgen des Klimawandels – Folgen, die oft<br />
die ärmsten Regionen der Welt auf verehrende Art<br />
und Weise treffen.<br />
Am eindrucksvollsten sind Naomi Kleins Texte<br />
jedoch, wenn sie, wie im Kapitel „Kapitalismus vs<br />
Klima “, eine klare Verbindung zwischen wirtschaft -<br />
lichen Aktivitäten und dem Klimawandel aufzeigt. In<br />
diesem Kapitel beschreibt sie die ablehnende<br />
Haltung des amerikanischen Heartland-Instituts<br />
gegenüber dem Klimawandel, der von den Anhängern<br />
des Instituts in gleichen Teilen geleugnet und<br />
verharmlost wird (und sich dafür von seinen Anhängern<br />
aus der amerikanischen Industrie gut bezahlen<br />
lässt).<br />
Angst vor dem „Ökosozialismus“<br />
Laut Klein haben die rechten Kapitalisten Angst:<br />
Angst, dass Maßnahmen zur Rettung des Klimas<br />
ihren Turbokapitalismus zerstören, Angst vor dem<br />
„Ökosozialismus“.<br />
Klar argumentiert die Autorin, dass die Rechten gar<br />
nicht unrecht haben: Die Rettung des Klimas geht<br />
tatsächlich nicht mit dem Wirtschaftswachstum einher,<br />
den der Kapitalismus einfordert; stattdessen erfordert<br />
er die sinnvolle Bepreisung der Umweltzerstörung,<br />
die große Unternehmen stark in die Pflicht<br />
nehmen würde und eine stärker zentralisierte<br />
Planung , zur Energieversorgung etwa auf Kommunenebene<br />
und zur Koordinierung der Schutzmaßnahmen<br />
auch im globalen Maßstab. All diese Maßnahmen<br />
lassen den „Klima-Kommunismus“ anklingen,<br />
vor dem sich die rechten Kapitalisten so fürchten.<br />
Klimaschutz ist alternativlos<br />
Der Klimaschutz wird die wirtschaftliche Weltordnung<br />
verändern; dass er dennoch alternativlos ist,<br />
hat zumindest die junge Generation verstanden.<br />
Denn sie ist es, die mit den Folgen des unverantwortlichen<br />
Handelns leben muss. Auf einer Schülerklimademonstration<br />
im Jahr 2019 brachte es ein Plakat<br />
auf den Punkt: „Geld zählt nicht mehr, wenn wir alle<br />
tot sind.“<br />
64 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
Arbeitslose – Opfer des<br />
Kapitalismus<br />
Die-Zeit-Journalistin Anna Mayr ist als<br />
Kind arbeitsloser Eltern aufgewachsen. In<br />
diesem Buch geht es allerdings weniger<br />
um ihre persönlichen Erfahrungen, sondern<br />
um ein System, dass Arbeitslose von<br />
der Gesellschaft ausschließt. Sie macht<br />
deutlich: Wer keine Arbeit hat, kann sich<br />
weder über seine Tätigkeit, noch über seinen<br />
Konsum oder seine Hobbys definieren;<br />
all dies ist Arbeitslosen nicht möglich.<br />
Stattdessen werden sie als „Problemfälle“<br />
abgestempelt und mit dem geringsten<br />
Einsatz an Mitteln „verwaltet“. Sie<br />
schreibt: „Die Güte, die unsere Gesellschaft<br />
gegenüber Arbeitslosen zeigt, ist<br />
keine echte Güte. Sie ist vielmehr ein Akt,<br />
den man für notwendig hält, damit das<br />
Elend der anderen für die Mehrheit nicht<br />
zu belastend wird.“<br />
Mayr zeigt wortgewaltig und reflektiert,<br />
mit welcher Verachtung die Politik arbeitslose<br />
Menschen betrachtet. Sie fragt,<br />
wie „gut“ ein Wirtschaftssystem ist, das<br />
solches Elend unterstützt. Sie erklärt, dass<br />
Lösungen wie die höhere Besteuerung<br />
hoher Einkommen helfen könnten,<br />
Arbeitslosen das zu geben, was sie brauchen:<br />
die finanziellen Mittel, an der<br />
Gesellschaft teilhaben zu können. (sd)<br />
Andere erfolgreich von sich<br />
überzeugen<br />
Karrieretipps geben viele, doch wenige<br />
Ratgeber sind so vollgepackt mit guten<br />
Ratschlägen wie dieses Buch. Susanne<br />
Westphal, die Autorin von „Überzeugungstäterin“<br />
besitzt langjährige Erfahrung<br />
als Karriere-Coach und fasst in<br />
diesem praxisnahen Taschenbuch ihre<br />
Ratschläge kurzweilig und unterhaltsam<br />
zusammen.<br />
Sie geht dabei explizit auf Probleme ein,<br />
mit denen Frauen im Berufsalltag konfrontiert<br />
sind. Dazu gehören zum Beispiel<br />
Tricks, wie sich frau in einer überwiegend<br />
männlichen Runde Gehör verschaffen<br />
kann oder wie sie bei der Gehaltsverhandlung<br />
stark bleibt. Andere Themen, die sie<br />
bespricht, betreffen das richtige „Neinsagen“<br />
zu Aufgaben, die die eigene Karriere<br />
nicht weiterbringen, der Umgang<br />
mit Selbstzweifeln sowie Ansätze für eine<br />
gelungene „Selbst-PR“.<br />
Die Autorin Westphal trägt hier die besten<br />
Kniffe für den nächsten Karrieresprung<br />
auf wenig Raum zusammen; da<br />
kann jeder, egal ob Frau oder Mann, noch<br />
etwas dazulernen. (sd)<br />
Machtkampf der<br />
Wirtschaftsformen<br />
Nach Ende des Kalten Krieges wird die<br />
Welt von einem einzigen Wirtschaftssystem<br />
beherrscht: dem Kapitalismus. Dieser<br />
wird allerdings in verschiedenen Ausprägungen<br />
gelebt. In diesem Werk unterscheidet<br />
der Autor und Wirtschaftswissenschaftler<br />
Branko Milanovic den westlichen<br />
„liberalen“ Kapitalismus vom chinesischen<br />
„politischen“ Kapitalismus. Im<br />
letzteren haben politische Eliten eine größere<br />
Autonomie, die nicht unbedingt mit<br />
Demokratie einhergeht; gleichzeitig verspricht<br />
der politische Kapitalismus größere<br />
Wachstumsraten, wie China in den<br />
letzten Jahren gezeigt hat. Mit methodischer<br />
Genauigkeit beleuchtet Milanovic<br />
beide Systeme in Hinblick auf ihre<br />
Schlüsselmerkmale.<br />
Er geht auch auf die Globalisierung, also<br />
die Mobilität von Arbeit und Kapital, ein,<br />
welche die Wertschöpfungsketten weltweit<br />
verändert und weiterhin verändern<br />
wird. Da das Buch vor der Corona-Krise<br />
verfasst wurde, ist diese leider nicht Teil<br />
seiner Betrachtung. Dennoch ist das Buch<br />
für den wirtschaftswirtschaftlich interessierten<br />
Leser ein Muss. (sd)<br />
Die Elenden. Warum unsere<br />
Gesellschaft Arbeitslose verachtet<br />
und sie dennoch braucht.<br />
Mayr, Anna. Hanser Berlin, München,<br />
2020. Hardcover, 208 Seiten. 20,00 €.<br />
ISBN: 978-3446268401<br />
Überzeugungstäterin. Hart in der<br />
Sache, charmant in der Art. So<br />
setzen Sie sich durch!<br />
Westphal, Susanne. Campus Verlag,<br />
Frankfurt a.M., 2020.<br />
Softcover, 227 Seiten. 18,95 €.<br />
ISBN: 978-3593512433<br />
Kapitalismus global. Über die<br />
Zukunft des Systems, das die Welt<br />
beherrscht.<br />
Milanovic, Branko. Suhrkamp Verlag, Berlin,<br />
2020. Hardcover, 404 Seiten, 26,00 €.<br />
ISBN: 978-3518429235<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 65
INSERENTENVERZEICHNIS<br />
IMPRESSUM<br />
Böllhoff GmbH, Bielefeld 7<br />
curecomp Software Services GmbH, AT-Linz 58<br />
Schweizer GmbH & Co.KG, Reutlingen 59<br />
simple system GmbH & Co. KG, München 58, 68<br />
SoftconCIS GmbH, Oberhaching 59<br />
Bild: Melitta<br />
Ejendals AB, SE- Leksand 11<br />
Ferdinand Gross GmbH & Co KG,<br />
Leinfelden-Echterdingen 58<br />
Kunststofftechnik Jantsch GmbH, Nürnberg 59<br />
Keller & Kalmbach GmbH, Unterschleißheim 2, 59<br />
Lederer GmbH, Ennepetal 3, 59<br />
Lehmanns Media GmbH, Köln 59<br />
Onlineprinters GmbH, Neustadt 25<br />
pfenning logistics GmbH, Heddesheim 9<br />
RCT Reichelt Chemietechnik GmbH + Co.,<br />
Heidelberg 31, 59<br />
reichelt elektronik GmbH & Co. KG, Sande 21<br />
Ernst Reiner GmbH & Co. KG, Furtwangen 29<br />
F. Reyher Nchfg. GmbH & Co., Hamburg 59<br />
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FERTIGUNGSTECHNIK<br />
Die digitale Laserbearbeitung kann bei<br />
unzähligen Materialien und Anwendungen<br />
eingesetzt werden. Damit lassen sich<br />
maßgeschneiderte Prozesse für die<br />
Bearbeitung ganz unterschiedlicher<br />
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Technische Akademie Wuppertal e.V.,<br />
Wuppertal 13<br />
Tünkers Maschinenbau GmbH, Ratingen 19<br />
veenion GmbH, Kaiserslautern 59<br />
Dieser Ausgabe liegt ein<br />
Prospekt folgender Firma bei:<br />
Hoppe Unternehmensberatung<br />
Beratung für Informations -<br />
management, Heusenstamm<br />
Wir bitten unsere Leser um<br />
freundliche Beachtung.<br />
INTERVIEW<br />
Christian Bonk, CPO von<br />
Melitta, über den Einkauf<br />
als interner Dienstleister,<br />
nach haltige Verpackungen<br />
und die Bedeutung<br />
eines toolbasierten<br />
Risiko managements.<br />
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Immer mehr Maschinenbauer bieten den<br />
Kunden sichere Fernüberwachungen an.<br />
Die Vielfalt erschwert die Kontrolle bei<br />
den Betreibern und eröffnet Angriffs -<br />
punkte für Cyber-Attacken. Ein modernes<br />
Sicherheitskonzept schafft Abhilfe.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> 6/2021 erscheint am 28.5.2021.<br />
Anzeigenschluss ist am 30.4.2021.<br />
ISSN 1612–7226<br />
Das Magazin für Einkauf, Materialwirtschaft und Logistik<br />
ISSN 0341–4507<br />
Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />
Verlag: Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH<br />
Ernst-Mey-Straße 8,<br />
70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />
Geschäftsführer: Peter Dilger<br />
Verlagsleiter: Peter Dilger<br />
Redaktion:<br />
Chefredakteur:<br />
Dipl.-Ing. (FH) Werner Götz (gö), Phone +49 711 7594–451<br />
Redakteure:<br />
Dipl.-Ing. (FH) Sabine Schulz-Rohde (sas),<br />
Phone +49 711 7594–252;<br />
Dipl.-Betriebswirt (FH) Dietmar Kieser (dk),<br />
Phone +49 711 7594–454;<br />
M. Litt. Sanja Döttling (sd), Phone +49 711 7594–342<br />
Korrespondent:<br />
M.A. Nico Schröder (sc), Phone +49 170 6401879<br />
Freie Mitarbeit:<br />
Ass. Jur. Ulrike Dautzenberg, RA Anja Falkenstein,<br />
Dipl. Ing. (FH) Michael Grupp, M.A. Annette Mühlberger,<br />
M.A. Sabine Ursel<br />
Fachliche Beratung: Prof. Dr. Robert Fieten<br />
Redaktionsassistenz:<br />
Daniela Engel, Phone +49 711 7594–452,<br />
Fax –1452, E-Mail: daniela.engel@konradin.de<br />
Layout: Jennifer Martins, Phone +49 711 7594–262<br />
Gesamtanzeigenleitung:<br />
Joachim Linckh, Phone +49 711 7594–565<br />
Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 64 vom 1.10.2020.<br />
Auftragsmanagement:<br />
Annemarie Olender, Phone +49 711 7594–319<br />
Leserservice: <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>, Phone +49 711 7252–209,<br />
E-Mail: konradinversand@zenit-presse.de<br />
Erscheinungsweise: 10 x jährlich<br />
Bezugspreis jährlich: Inland 151,00 € inkl. MwSt. und Versandkosten<br />
; Ausland 156,00 € inkl. Versandkosten;<br />
Einzelheft Inland: 15,20 € inkl. MwSt. und Versandkosten.<br />
Einzelheft Ausland: 15,70 € inkl. Versandkosten.<br />
Für Schüler, Studenten und Auszubildende gegen Nachweis:<br />
Inland 73,50 € inkl. MwSt. und Versandkosten,<br />
Ausland 78,50 € /119,50 CHF inkl. Versandkosten.<br />
Bestellungen beim Verlag oder beim Buchhandel. Sofern das<br />
Abon nement nicht für einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich<br />
bestellt war, läuft das Abonnement bis auf Widerruf.<br />
Bezugszeit: Das Abonnement kann erstmals vier Wochen<br />
zum Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt werden. Nach<br />
Ablauf des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist von jeweils<br />
vier Wochen zum Quartalsende. Bei Nichterscheinen<br />
aus technischen Gründen oder höherer Gewalt entsteht kein<br />
Anspruch auf Ersatz.<br />
Die Mitglieder des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf<br />
und Logistik e.V. ( BME ) und des ÖPWZ erhalten die Zeitschrift<br />
„<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>“ im Rahmen einer Kooperation.<br />
Auslandsvertretungen: Großbritannien: Jens Smith Partner -<br />
ship, The Court, Long Sutton, Hook, Hamp shire, RG29 1TA,<br />
GB, Phone 01256 862589, Fax 01256 862182, E-Mail:<br />
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10001, Phone +1 212 89 63 881, Fax +1 212 62 93 988,<br />
E-Mail: detleffox@comcast.net<br />
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Leinfelden-Echterdingen<br />
66 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021
MEINUNG «<br />
Globale Lieferketten in der<br />
Zerreißprobe<br />
Im goldenen Dezennium der Globalisierung von 2008 bis 2018<br />
blieben Industrie und Handel hierzulande weitestgehend<br />
verschont von ernsthaften Versorgungskrisen. Es wurden globale<br />
Lieferketten aufgebaut, die unsere Unternehmen aber auch die<br />
Verbraucher in die Lage versetzten, von den Kostenvorteilen einer<br />
global vernetzten Produktion massiv zu profitieren. So bildete sich<br />
eine große Abhängigkeit von Zulieferungen aus Asien heraus. Die<br />
Unternehmen nutzten die Chance der langen Schönwetterperiode<br />
und entwickelten überoptimierte und auf höchste Effizienz<br />
getrimmte globale Lieferketten. Im Global Sourcing ging es um<br />
Kostensenkung und Kosteneffizienz, in der Logistik um JIT-Belieferung<br />
ohne Vorräte. Im Ergebnis entstanden hocheffiziente aber<br />
fragile globale Lieferketten.<br />
Spätestens seit Ausbruch der Pandemie und der damit einhergehenden<br />
Lockdowns und Störungen in den Lieferketten ist deutlich<br />
geworden, dass es für das globale Lieferkettenmanagement ein „Weiter so“ nicht geben<br />
kann. Die jüngste Blockade des Suezkanals und die nun folgenden Staus in den euro -<br />
päischen Häfen sind nur eines von mehreren<br />
Menetekeln an den Wandel: Empfindliche<br />
Prof. Dr. Robert Fieten,<br />
wissenschaftlicher Berater der<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>, Köln<br />
Störungen der maritimen Seewege mit einem<br />
»Es ist deutlich geworden, Rattenschwanz von Folgewirkungen sind jederzeit<br />
möglich. Die anhaltende Verknappung an<br />
dass es für das globale<br />
Containern und die damit einhergehenden<br />
Lieferkettenmanagement ein<br />
explodierenden Frachtraten, insbesondere auf<br />
„Weiter so“ nicht geben kann.« dem Weg von Asien nach Europa, sind weitere<br />
Schläge in die Magengrube des globalen Lieferkettenmanagements.<br />
Lieferausfälle durch<br />
extreme Wetterereignisse wie etwa die jüngste Frostperiode in Texas, die die Kunststoffproduktion<br />
hart getroffen hat, oder die Dürre in Taiwan, die die dort konzentrierte<br />
Halbleiterproduktion schwer beeinträchtigt, dürfen nicht als Ausnahmeereignisse<br />
abgetan werden. Diese Unterbrechungen, aber auch die Lieferstörungen, die mit der<br />
Corona- Pandemie zusammenhängen, bedeuten eine Zerreißprobe für die globalen<br />
Lieferketten und werfen die Fragen auf, ob ihre Architektur noch richtig ist und ob die<br />
Risiken richtig gemanagt werden.<br />
Als weiteres großes politisches Risiko kommen Protektionismus und damit einher -<br />
gehende Handelsblockaden hinzu. Der Globalisierung werden dadurch von der Politik<br />
Giftpillen verabreicht.<br />
Wir müssen heute ernüchtert feststellen, dass ein globales Lieferkettenmanagement, das<br />
Krisenszenarien ausblendet und primär auf Effizienz und JIT statt auf Resilienz setzt, im<br />
Ernstfall nutzlos, ja sogar lebensbedrohend ist. Was ist zu tun? An die Stelle von<br />
Klumpen risiken bei den Lieferquellen muss eine stärkere Diversifizierung treten. Ein<br />
Reshoring , etwa der Chip-Produktion nach Europa, ist geboten. Der JIT-Fetisch muss<br />
gestutzt werden . Vorräte in der Supply Chain sind nicht per se schlecht. Das Risiko -<br />
management in <strong>Beschaffung</strong> und Logistik muss professionalisiert werden. Natürlich hat<br />
dies alles seinen Preis: Es ist der Preis einer resilienten Versorgung. Diesen Preis werden<br />
Industrie, Handel und Verbraucher zahlen müssen.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 67
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68 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021<br />
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