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Beschaffung aktuell 05.2021

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Ausgabe 05 | 2021<br />

www.beschaffung-<strong>aktuell</strong>.de<br />

Einkauf<br />

Materialwirtschaft<br />

Logistik<br />

Interview<br />

Sorgfaltspflichten-§<br />

Was man im<br />

Einkauf wissen muss<br />

» Seite 28<br />

Industrie 4.0<br />

Drahtlose Kommunikation<br />

in der Produktion<br />

» Seite 44<br />

Agilität<br />

Neue Rollen für den<br />

Einkauf von morgen<br />

» Seite 18<br />

Uwe-Karsten Städter, CPO<br />

Porsche AG<br />

» Seite 14<br />

TITEL<br />

Professionell. Innovativ. Einkauf.


eLogistics verbindet.<br />

C-Teile-Management<br />

in der Industrie 4.0<br />

kk-elogistics.de<br />

2 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


» EDITORIAL<br />

Globaler Gambit<br />

Schach ist wieder cool; immer mehr Menschen widmen sich dem altem<br />

Brettspiel. Das berichten übereinstimmend Medien wie die Süddeutsche<br />

und der SWR. Dazu beigetragen hat nicht nur die erfolgreiche Netflix-<br />

Serie „Damengambit“, sondern auch die Corona-Krise. Schach lässt sich<br />

schon zu zweit und gut als Online-Partie spielen. Und lange beschäftigt ist<br />

man auch: denn Schach ist kompliziert. Al-Mamun, Kalif im 9. Jahrhundert,<br />

soll gesagt haben: „Erstaunlich, dass ich die Welt vom Indus im<br />

Osten bis Andalusien im Westen regiere und nicht der 32 Schachfiguren<br />

auf 2 mal 2 Ellen Fläche Herr werde.“ Schach, so kann man meinen, ist<br />

also auch der metaphorische Kommentar zum augenblicklichen Weltgeschehen:<br />

Denn das auf den ersten Blick so einfach wirkende Spiel hat<br />

eine Komplexität, die kaum zu begreifen ist. Ähnlich geht es heute Unternehmen.<br />

Ihre „sicher “ geglaubten Lieferketten, aber auch ihre interne<br />

Unternehmensstruktur ändern sich; unvorhersehbare Komplexität eröffnet<br />

sich in vielen Bereichen, die zuvor als unproblematisch gesehen wurden.<br />

So ist es etwa mit der Komplexität der globalen Lieferbeziehungen. Unser<br />

wissenschaftlicher Berater Robert Fieten bemängelt in seinem Meinungsbeitrag<br />

(Seite 67) überoptimierte Lieferketten, die Klimaveränderungen,<br />

Unfälle wie der im Suezkanal und die Corona-Pandemie nicht mehr abfangen<br />

können, und plädiert für ein besseres (teures) Risikomanagement —<br />

Kosten, die wir unserer Kurzsichtigkeit und der Unterschätzung der<br />

Komplexität zuschreiben müssen. Uwe-Karsten Städter, CPO Porsche AG,<br />

erklärt im großen Einkäuferinterview auf Seite 14, wie er diese Herausforderungen<br />

in der <strong>Beschaffung</strong> angeht.<br />

Auch höhere Anforderungen an die Transparenz der Lieferketten steigern<br />

die Komplexität. Das sogenannte Lieferkettengesetz, das Unternehmen<br />

eine Sorgfaltspflicht für eingekaufte Güter auferlegt, gilt nahezu als<br />

beschlossen (Seite 28). Dies nimmt Unternehmen in die Pflicht, ihren<br />

eigenen <strong>Beschaffung</strong>sprozess transparenter aufzuschlüsseln.<br />

Komplexität bedeutet auch, neue Lieferanten zu finden, um Risiken abzufedern.<br />

Dabei kann die NLPP-Software des Anbieters Saphirion helfen,<br />

die konkrete Zielpreisformeln für ein bestimmtes Produkt oder einen Lieferanten<br />

entwickelt (Seite 26).<br />

Die Welt hat ihre Figuren gespielt.<br />

Jetzt sind Sie,<br />

liebe Einkäufer Innen, am Zug.<br />

Sanja Döttling,<br />

Redakteurin <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong><br />

sanja.doettling@konradin.de<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 3<br />

info@lederer-online.com


» INHALT 05 2021 68. JAHRGANG<br />

Rainer Rössel, Leiter des<br />

Geschäftsbereichs<br />

TITELSTORY<br />

Chainflex-Leitungen<br />

bei Igus, ist vom<br />

UL-Prüf siegel überzeugt.<br />

UL-Sicherheitskennzeichung<br />

im Fokus<br />

» Seite 48<br />

Titelbild: Igus<br />

MAGAZIN<br />

EMI<br />

Industrieproduktion schnellt auf Allzeithoch 8<br />

ArgeZ Geschäftsklima im März<br />

Erholung bei den deutschen Zulieferern festigt sich 8<br />

HWWI-Rohstoffpreisindex im März<br />

Weltwirtschaft stützt Rohölpreise 9<br />

Marktanalyse<br />

Werkstoffmarkt – Wohin geht die Reise? 10<br />

Rohstoff des Monats<br />

Polyurethan 12<br />

MANAGEMENT<br />

* Uwe-Karsten Städter, Porsche AG<br />

„Wir wollen gemeinsam mit unseren<br />

Lieferanten das Richtige tun“ 14<br />

* Agilität im Einkauf<br />

WANTED: Superheld 2.0 18<br />

Carmen Samorski, Fripa<br />

„Wir müssen weit gehen ,<br />

um über den Tellerrand zu blicken“ 22<br />

Entscheidungen einfach gemacht<br />

Lieferantenbewertung<br />

mit NLPP-Simulationsmodellen 26<br />

* Umsetzung des Lieferkettengesetzes<br />

Sorgfaltspflichtengesetz –<br />

was Einkäufer jetzt wissen müssen 28<br />

Rechtsfragen im <strong>Beschaffung</strong>sprozess<br />

Die Nacherfüllung –<br />

nachbessern oder neu liefern 32<br />

LOGISTIK<br />

Frachtenbörsen nutzen<br />

Digitale Plattformen<br />

richtig implementieren 34<br />

Einkauf von Ladungsträgern<br />

Start-up: Paletten digital beschaffen 36<br />

Der Trend Radar von DHL<br />

Was die Logistik bewegt 38<br />

Connected Chain Manager (CCM)<br />

Lieferketten optimieren 40<br />

Brexit-Folgen<br />

Nachfrage für EPAL-Paletten steigt 41<br />

Fachmesse transport logistic 2021<br />

Online-Konferenz vom 4. bis 6. Mai 2021 geplant 43<br />

Neuer Bestwert im Smart Logistics System<br />

Frachtenbörse erreicht Rekordwert 43<br />

HANDLING & MONTAGE<br />

* Drahtlose Kommunikationstechnologien<br />

5G allein ist kein Heilsbringer<br />

in der Produktion 44<br />

Vakuumgreifer für Cobots<br />

Schnell muss es gehen 47<br />

ZULIEFERUNG<br />

TITEL<br />

Was die Zertifizierung für Leitungen bringt<br />

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser 48<br />

Über das Z-System<br />

„Erheblich kürzere Zykluszeiten sind erreichbar“ 52<br />

Produktneuheiten 53<br />

4 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Geschäftsreisen in Corona-Zeiten<br />

Wie die Krise die Reisebranche beeinflusst hat 56<br />

BME<br />

Fachkongress<br />

56. BME-Symposium 2021 erneut digital 60<br />

Aus- und Weiterbildung<br />

Neu: „Certified Procurement Manager Level 1“ 60<br />

Porsche-CPO Uwe-Karsten Städter zählt zu den<br />

erfahrensten Einkaufsspezialisten der Automobilbranche.<br />

» Seite 14<br />

Bild: Porsche<br />

KARRIERE<br />

Tipps, wie online von sich überzeugt<br />

Das professionelle Auftreten<br />

in virtuellen Verhandlungen 62<br />

Buchrezension<br />

„Green New Deal“ von Naomi Klein 64<br />

Kurzrezensionen 65<br />

RURBRIKEN<br />

Editorial 3<br />

Firmenregister 57<br />

Partner des Einkaufs 58<br />

Inserentenverzeichnis, Vorschau, Impressum 66<br />

Ladungsträger lassen sich nun über die digitale Plattform eines 2020<br />

gegründeten Start-ups beschaffen .<br />

» Seite 36<br />

Bild: steuccio79/stock.adobe.com<br />

Meinung: Prof. Dr. Robert Fieten<br />

Globale Lieferketten in der Zerreißprobe 67<br />

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Agilität im Einkauf bedarf nicht der Neuformulierung von<br />

Stellen, sondern der Erarbeitung von Rollen.<br />

» Seite 18<br />

Bild: lassedesignen/stock.adobe.com<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 5


» MAGAZIN<br />

Neue Geschäftsführung<br />

Dreiköpfige Spitze für den BVL<br />

Bild: BVL<br />

Ein dreiköpfiges Team mit Dr. Christian<br />

Grotemeier, Mike J. Holtkamp und Christoph<br />

Meyer bildet ab 1. April 2021 die Geschäftsführung<br />

der Bundesvereinigung<br />

Logistik (BVL) e. V., des BVL Campus und<br />

der BVL Service GmbH.<br />

Dr. Christian Grotemeier kam 2014 als<br />

Leiter Forschung und Veranstaltungen zur<br />

BVL. 2018 wurde der Volkswirt Mitglied<br />

der Geschäftsleitung. Als Geschäftsführer<br />

der BVL wird er sich auf die Bereiche<br />

Marketing/Vertrieb, Produktentwicklung,<br />

die Seminare sowie Digitalisierung und IT<br />

konzentrieren.<br />

Mike J. Holtkamp trat am 15. Februar<br />

2021 als kaufmännischer Geschäftsführer<br />

in die Geschäftsstelle der BVL ein. Der Betriebswirt<br />

und Industriekaufmann war zuletzt<br />

als kaufmännischer Leiter, Finanzen<br />

& Controlling, IT und Personal bei der<br />

Fuchs Wisura GmbH tätig. Über den Finanz-<br />

und Personalbereich hinaus verantwortet<br />

Holtkamp die Bereiche Veranstaltungsorganisation<br />

und Einkauf.<br />

Christoph Meyer leitet seit 2018 den Bereich<br />

Forschung und Veranstaltungen der<br />

BVL und war in den vergangenen Jahren<br />

bereits Projektleiter des Deutschen Logistik-Kongresses.<br />

Der Diplom-Regionalwissenschaftler<br />

kommt von der Jacobs University,<br />

wo er als Koordinator des Fachbereichs<br />

International Logistics tätig war. In<br />

der Geschäftsführung hat Meyer die Federführung<br />

für Inhalte, die Deutsche Außenhandels-<br />

und Verkehrs-Akademie und<br />

das Relationship-Management inne. (sd)<br />

Digitalisierung in der Automobilindustrie<br />

Mercedes-Benz und Siemens schließen strategische Partnerschaft<br />

Bild: Mercedes-Benz AG<br />

Die Mercedes-Benz AG strebt die Digitalisierung<br />

ihrer Produktionsprozesse an. Als<br />

Anbieter im Bereich der Automatisierung,<br />

industriellen Software und intelligenten<br />

Infrastruktur bringt Siemens hierfür<br />

Know-how und Technologien in die Partnerschaft<br />

ein, um gemeinsam eine flexible,<br />

effiziente und nachhaltige Auto -<br />

mobilproduktion zu entwickeln.<br />

In diesem Zusammenhang wird der Mercedes-Benz-Standort<br />

Berlin-Marienfelde<br />

neben der Neugestaltung der Produkti-<br />

onsaktivitäten in ein Kompetenzzentrum<br />

für Digitalisierung mit Fokus auf der Entwicklung<br />

und Implementierung von<br />

MO360, dem digitalen Ökosystem von<br />

Mercedes-Benz Cars, transformiert. In<br />

Berlin werden künftig auch Komponenten<br />

der E-Mobilität montiert. Das Unternehmen<br />

will die Zukunft von Berlin nachhaltig<br />

sichern. Ziel ist es, die in Berlin erprobten<br />

Neuentwicklungen weltweit auszurollen<br />

und die Anwender in den Werken<br />

zu qualifizieren. (sd)<br />

Würth Industrie Service<br />

Krisenfestes Management<br />

Intralogistik-Messe<br />

LogiMAT als Community<br />

Die Würth Industrie Service<br />

GmbH & Co. KG konnte trotz<br />

der Corona-Pandemie im Geschäftsjahr<br />

2020 einen Umsatz<br />

von 536 Millionen Euro<br />

erzielen. „Dank unserer Multikanalstrategie,<br />

das heißt, dass<br />

unsere Kunden über verschiedenste<br />

Kanäle – persönlich,<br />

stationär, aber auch kontaktlos,<br />

digital und elektronisch –<br />

mit uns interagieren können,<br />

bieten wir unseren Kunden<br />

genau die <strong>Beschaffung</strong>smöglichkeiten,<br />

die sie für ein opti-<br />

males C-Teile-Management<br />

unter allen Bedingungen, so<br />

auch in der Pandemie, brauchen“,<br />

so Martin Jauss, Geschäftsführer<br />

der Würth Industrie<br />

Service.<br />

Eine entsprechende Entwicklung<br />

zeigte sich 2020 ebenso<br />

im Würth Industrial Network.<br />

In Summe konnte im vergangenen<br />

Geschäftsjahr weltweit<br />

ein Umsatz von 1,587 Milliarden<br />

Euro erzielt werden.<br />

(kr/sd)<br />

www.wuerth-industrie.com<br />

Der Veranstalter der Fachmesse<br />

LogiMAT, die Euroexpo<br />

Messe- und Kongress-GmbH,<br />

stellt für ihre Aussteller und<br />

Besucher eine digitale Informations-<br />

und Kommunikations-Plattform<br />

bereit.<br />

Die Plattform LogiMAT.digital<br />

steht den Teilnehmern von<br />

April 2021 bis März 2022 zur<br />

Verfügung und wird in dieser<br />

Zeit mit Experten-Talks, Vortragsreihen<br />

und Präsentationen<br />

bespielt. Für die physische<br />

Fachmesse LogiMAT im März<br />

haben sich mehr als 1200<br />

Aussteller angemeldet. Diese<br />

können die Plattform für ihre<br />

Unternehmensprofile, Präsentationen<br />

und Pressekonferenzen<br />

nutzen. Herzstück der<br />

Plattform ist ein interaktives<br />

Matchmaking mit Chat-Funktion<br />

und Live-Streaming. Auf<br />

der Plattform LogiMAT.digital<br />

werden alle Funktionen bis<br />

April 2021 freigeschaltet. Die<br />

ersten Sessions sind für den 3.<br />

und 4. Mai geplant. (sd)<br />

www.logimat.digital<br />

6 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


ECOBIN<br />

Innovatives Behältersystem für das C-Teile-Management<br />

Ausgezeichnet mit dem German Design Award 2020<br />

Dank einer rundum gerundeten Innenkante und vertikal beweglicher Schiebeklappen ist<br />

die Entnahme selbst kleinster Artikel einfacher denn je. Die Anordnung der Klappen an<br />

Kurz- und Längsseite erlaubt zudem eine freie Platzierung der Boxen im Regal.<br />

Durch den speziellen Waffelboden können die Behälter sicher und stabil im<br />

Verbund gestapelt werden.<br />

Die ECOBIN Behälter sind das Herzstück unseres Dienstleistungspaketes<br />

ECOSIT ® . Mit diesem Belieferungssystem übernehmen wir für Sie<br />

die komplette Lieferkette von der Disposition bis ans Band.<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 7


» MAGAZIN<br />

Zahlen im März<br />

Es geht steil bergauf: Einkaufsmanager-Index auf Rekordhoch<br />

Zum Ende des ersten Quartals hat sich<br />

das Wachstumstempo in der Industrie<br />

deutlich beschleunigt. Der saisonbereinigte<br />

IHS-Markit/BME-Einkaufsmanager-<br />

Index stieg im März mit 66,6 Punkten auf<br />

ein neues Allzeithoch. Das ist nicht nur<br />

eine deutliche Verbesserung zum Vormonat<br />

(60,7), sondern auch zum bisherigen<br />

Umfragehoch (63,3) vom Dezember 2017.<br />

Der Aufschwung geht in erster Linie auf<br />

das Wachstum beim Auftragseingang zurück.<br />

Zahlreiche Umfrageteilnehmer meldeten,<br />

dass die Nachfrage nach Investitions-<br />

und Vorleistungsgütern kräftig angezogen<br />

hat. Auch die Exportaufträge<br />

wuchsen mit einer nie da gewesenen Rate.<br />

Infolgedessen wurde die Produktion so<br />

massiv hochgefahren. Dennoch fiel sie<br />

damit niedriger aus als die des Auftragseingangs.<br />

Die unerledigten Aufträge stapelten<br />

sich in rekordverdächtigem Tempo.<br />

Die Fertigwarenlager schrumpften derweil.<br />

Demnach verkauften viele Hersteller<br />

direkt vom Lager, um die hohe Nachfrage<br />

zu bedienen.<br />

Die dringende Notwendigkeit, die Kapazitäten<br />

zu erweitern, führte zum ersten Anstieg<br />

der Beschäftigung in der Industrie<br />

seit Februar 2019. Im März meldeten<br />

76 % der Umfrageteilnehmer eine Verlängerung<br />

der Lieferzeiten.<br />

Zu Engpässen kam es meist, da die Nachfrage<br />

nach Rohmaterialien und Komponenten<br />

die Verfügbarkeit überstieg. Ein<br />

weiterer Grund war die immer noch geringe<br />

Verfügbarkeit von Schiffscontainern.<br />

Folglich zogen die Einkaufspreise<br />

für Rohstoffe und andere Vormaterialien<br />

kräftig an. Die Inflationsrate kletterte auf<br />

den zweithöchsten Wert in dieser Serie<br />

(nach dem von Februar 2011). Die steigenden<br />

Kosten und die hohe Nachfrage<br />

führten zu einer stärkeren Anhebung der<br />

Verkaufspreise. Tatsächlich war es der<br />

stärkste Anstieg seit Beginn der Erfassung<br />

dieser Daten im September 2002. Die Einschätzungen<br />

der Hersteller hinsichtlich<br />

ihrer Geschäftstätigkeit binnen Jahresfrist<br />

fielen optimistisch aus. Dennoch äußerten<br />

einige der Befragten Zweifel, ob<br />

das derzeit hohe Nachfrageniveau aufrechterhalten<br />

werden kann. (sd)<br />

Bild: IHS Markit/BME<br />

Geschäftsklima im März<br />

Erholung bei den deutschen Zulieferern festigt sich<br />

Bild: Ifo München, ArGeZ Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie<br />

In allen Segmenten der deutschen Zulieferindustrie<br />

setzt laut Ifo Institut eine<br />

weitere Erholung der Geschäftslage ein.<br />

Der Saldo kann um 10 Punkte zulegen<br />

und liegt damit bei 23,6 Punkten. Besser<br />

beurteilten die deutschen Zulieferer die<br />

Lage zuletzt vor<br />

zwei Jahren.<br />

Gleichzeitig steigen<br />

zudem die Geschäftsaussichten<br />

für die nächsten<br />

sechs Monate. Der<br />

saisonbereinigte<br />

Saldo liegt bei 23<br />

Punkten – eine<br />

Verbesserung um<br />

fünf Punkte im<br />

Vergleich zum Vormonat.<br />

Nach dem sehr schwierigen Vorjahr ist<br />

der solide Start in das Jahr 2021 von großer<br />

Bedeutung. Ob sich die Erwartungen<br />

für die nächsten sechs Monate jedoch bestätigen,<br />

bleibt ungewiss. Die steigenden<br />

Infektionszahlen und damit verbundene<br />

Restriktionen zeigen, wie dynamisch sich<br />

die Rahmenbedingungen verändern können.<br />

Insbesondere die Verbreitung von Virus-Mutationen<br />

bei der weiterhin schleppend<br />

verlaufenden Impfkampagne können<br />

die Planungen der Betriebe durchkreuzen.<br />

Zudem zeichnet sich ab, dass die<br />

Lieferengpässe bei Elektronikkomponenten<br />

die Produktion weiterhin beeinträchtigen.<br />

Die Wahrscheinlichkeit von Korrekturen<br />

der Prognosen wächst somit. (sd)<br />

8 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


HWWI-Rohstoffpreisindex im März<br />

Weltwirtschaft stützt Rohölpreise<br />

Der HWWI-Rohstoffpreisindex verzeichnete<br />

im März dieses Jahres einen durchschnittlichen<br />

Anstieg von 3,2 Prozent gegenüber<br />

dem Vormonat. Damit übertraf<br />

der Index seinen Vorjahreswert vom März<br />

2020, zu Beginn des ersten Lockdowns,<br />

um 82 Prozent.<br />

Der Anstieg der Energierohstoffpreise<br />

spiegelte vor allem die Entwicklung an<br />

den Rohölmärkten wider. In der ersten<br />

Woche des Monats berieten die Mitglieder<br />

der OPEC+. Anders als erwartet, einigte<br />

sich die Vereinigung der Ölproduzenten<br />

auf eine Verlängerung der Produktionskürzungen<br />

um einen weiteren Monat. Gestützt<br />

wurden die Preise ebenfalls durch<br />

die positive wirtschaftliche Entwicklung<br />

in China und die Impferfolge in den USA.<br />

Am 23. März sorgte ein Angebotsschock<br />

für einen kurzfristigen Preisanstieg an<br />

den Rohölmärkten. Auslöser war die<br />

Blockade des Suezkanals, die für den internationalen<br />

Handel wichtigen Schiffsrouten<br />

zwischen Asien und Europa. Ein<br />

auf Grund gelaufenes Containerschiff<br />

blockierte diese wichtige Handelsroute<br />

und schürte die Angst vor Versorgungsengpässen.<br />

Der dadurch ausgelöste Preisanstieg<br />

auf den Rohölmärkten war allerdings<br />

nur von kurzer Dauer. Insgesamt<br />

stieg der Teilindex der Energierohstoffe<br />

um +3,2 Prozent (Euro: +5,0 %) auf 121<br />

Punkte (Euro: 112,8 Punkte). Auch der<br />

Index für Industrierohstoffe stieg um<br />

4,4 Prozent (Euro: 6,2 %) auf 190 Punkte<br />

(Euro: 177,3 Punkte).<br />

Der Index für Nahrungs- und Genussmittel<br />

erhöhte sich ebenfalls im Monatsdurchschnitt<br />

um 0,3 Prozent (Euro:<br />

+1,9 %) und notierte bei 123,1 Punkten<br />

(Euro: 114,8 Punkte). (sd)<br />

Bild: CREATIVE WONDER/stock.adobe.com<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 9


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Bild: Photo&Graphic Stock<br />

Die Nachfrage ist<br />

wieder hoch, das<br />

Angebot an den Rohund<br />

Werkstoffmärkten<br />

noch nicht. Das führt<br />

zu hohen Preisen.<br />

Nach dem coronabedingten, drastischen Nachfragerückgang<br />

im Frühjahr 2020 und dem damit<br />

verbundenen Preisverfall zeichnet sich seit dem<br />

vierten Quartal 2020 eine spürbare Belebung der<br />

Werk-und Rohstoffnachfrage ab. Ein zusätzlicher<br />

Treiber dieser Entwicklung ist Indien. Die fünftgrößte<br />

Volkswirtschaft der Welt ist schon heute ein bedeutender<br />

Importeur von Edelstahlschrott und wird ihren<br />

Bedarf auch künftig nicht aus dem nationalen<br />

Recyclingprozess decken können. Mit China tritt seit<br />

Jahresbeginn zudem ein weiterer Nachfragegigant in<br />

Erscheinung: Die Volksrepublik hat zum 1. Januar<br />

2021 ihre Importbeschränkungen für Stahlschrott<br />

aufgehoben und mischt die globalen Märkte mit zusätzlicher<br />

Nachfrage auf.<br />

Nachfrage- und Angebotsschock<br />

Die wachsende Nachfrage stößt auf ein weitgehend<br />

unverändertes Angebot. Die verzögerte Reaktion der<br />

Angebotsseite ist typisch für den Werkstoffmarkt,<br />

denn ruhende Produktionsanlagen lassen sich nicht<br />

„mal eben“ hochfahren. Signifikante Preissteigerungen<br />

sind die Folge. Befeuert wird der Preisauftrieb<br />

Thyssenkrupp Materials Services<br />

... ist der größte werksunabhängige Werkstoffhändler und<br />

-dienstleister der westlichen Welt. Das Unternehmen bietet<br />

hochwertige Roh- und Werkstoffe in Verbindung mit technischen<br />

Dienstleistungen und entwickelt intelligente Prozesse<br />

in den Bereichen Automatisierung, Extended Supply<br />

Chain sowie Lager- und Bestandsmanagement. Mit 480 Niederlassungen<br />

in 40 Ländern und rund 18.800 Mitarbeitern<br />

erwirtschaftete Thyssenkrupp Materials Services 11,3 Mrd.<br />

Euro Umsatz im Geschäftsjahr 2019/2020.<br />

www.thyssenkrupp-materials-services.com<br />

durch den <strong>aktuell</strong>en Boom börsengehandelter Metalle<br />

wie Aluminium, Kupfer und Nickel. So stieg etwa<br />

der Nickelpreis seit Beginn der Corona-Pandemie bis<br />

zum Februar 2021 um mehr als 75 Prozent. Analysten<br />

sehen in der Preisentwicklung den Beginn eines<br />

neuen Rohstoff-Superzyklus. Preistreibend wirkt außerdem<br />

die pandemiebedingte Behinderung der internationalen<br />

Transportwege. Die Branche erholt sich<br />

nur langsam, was die Werkstoffknappheit verschärft.<br />

Blick in die Zukunft<br />

Die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage wird sich<br />

bis Ende 2021 voraussichtlich nicht schließen. Wann<br />

die Märkte wieder ins Gleichgewicht kommen, hängt<br />

vor allem von der Entwicklung der Corona-Pandemie<br />

ab. Solange sich die Lage durch Impfungen weiter<br />

entspannt und keine resistenten Mutationen auftreten,<br />

wird sich die Industrie wieder erholen. Doch bis<br />

sie ihr Vor-Krisen-Niveau erreicht, wird es noch dauern.<br />

Indes sind die meisten Werkstoffproduzenten bis<br />

Mitte 2021 ausgebucht, sodass eine Angebotssteigerung<br />

bis Ende des Jahres nicht zu erwarten ist. Entscheidend<br />

ist außerdem, wie schnell sich der internationale<br />

Transportmarkt von der Krise erholt. Auch die<br />

Frage, ob der Rohstoff-Superzyklus tatsächlich eintritt,<br />

spielt eine Rolle. Denn selbst wenn dessen reale<br />

Auswirkungen erst nach 2021 spürbar werden, befeuern<br />

Spekulationen schon heute die Preisspirale an<br />

den internationalen Rohstoffbörsen.<br />

Was bedeutet das für den Einkauf?<br />

Die geschilderten Zusammenhänge lassen vermuten,<br />

dass die <strong>Beschaffung</strong>ssituation für Werkstoffe auch<br />

Ende 2021 angespannter sein wird als vor der Corona-Krise.<br />

<strong>Beschaffung</strong>sverantwortliche stehen vor<br />

komplexen Herausforderungen, insbesondere beim<br />

Supply Chain Management: Unternehmen, die für<br />

kritische Vormaterialien internationale Lieferketten<br />

aufgebaut und dabei auf Single Sourcing gesetzt haben,<br />

müssen ihre Strategie hinterfragen. Denn eine<br />

10 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


einseitige Kostenoptimierung der Lieferkette zulasten<br />

des Risikoprofils kann zum Abriss der Supply<br />

Chain führen. Es empfiehlt sich deshalb, Risikoaspekte<br />

wieder stärker zu berücksichtigen, Stichwort Multi<br />

Sourcing. Zudem gilt es, die Lieferkette angesichts<br />

eines möglichen Rohstoff-Superzyklus gegen Preissteigerungen<br />

abzusichern und krisenbedingten Lieferausfällen<br />

mithilfe einer intelligenten Warehousing-Strategie<br />

vorzubeugen. All diese Herausforderungen<br />

sind für mittelständische Unternehmen nur<br />

mit erheblichem Aufwand zu bewältigen. Hier intern<br />

aufzurüsten, erfordert oft große Investitionen. Vor<br />

diesem Hintergrund ist es ökonomisch sinnvoller,<br />

Spezialisten in die <strong>Beschaffung</strong> einzubinden.<br />

<strong>Beschaffung</strong> Hand in Hand<br />

Globale Werkstoffhändler wie Thyssenkrupp Materials<br />

Services mit ihren internationalen <strong>Beschaffung</strong>s-<br />

Netzwerken, lokalen Experten und langjährigen Lieferantenbeziehungen<br />

sind die strategischen Partner<br />

für eine effiziente und resiliente <strong>Beschaffung</strong>. Sie<br />

leisten mehr als das reine Bereitstellen von Werkstoffen<br />

– zum Kerngeschäft gehört die Optimierung<br />

internationaler Lieferketten in puncto Effizienz, Kosten<br />

und Risiken mit dem Ziel, die Partner zuverlässig<br />

mit Werkstoffen zu versorgen. Wie wichtig effektives<br />

Supply Chain Management ist, um dieses Ziel zu erreichen,<br />

zeigt sich besonders in globalen Krisen wie<br />

der Corona-Pandemie. Auch regionale Veränderungen<br />

erfordern rasches Handeln, zum Beispiel Veränderungen<br />

in der Zollpolitik einzelner Länder oder militärische<br />

Konflikte. Spezialisierte Werkstoffhändler<br />

haben solche Risiken im Blick. Auch das Risiko von<br />

Preisschwankungen wird durch den <strong>Beschaffung</strong>spartner<br />

abgefedert. So schützt Thyssenkrupp Materials<br />

Services seine Lieferketten durch Rohstoffhedging<br />

vor Schwankungen an den Börsen und bietet<br />

seinen Partnern damit<br />

Preissicherheit. Ein weiterer<br />

Vorteil: Unternehmen können<br />

die kostenintensive Lagerhaltung<br />

an den Werkstoffhandel<br />

ausgliedern.<br />

Strategisches Supply Chain<br />

Management ist der Game<br />

Changer im Werkstoffmarkt.<br />

Bei Thyssenkrupp<br />

Materials Services haben Frank Thelen<br />

wir uns mit unserer Strategie<br />

„Materials as a Service“ and Procurement bei<br />

Head of Governance<br />

darauf ausgerichtet. So Thyssenkrupp<br />

können Sie sich voll auf das Materials Services<br />

Wesentliche konzentrieren:<br />

Ihr Kerngeschäft.<br />

Bild: Thyssenkrupp<br />

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Wir schützen Dich, damit Du Dich auf Deine Arbeit<br />

konzentrieren kannst. Deine Gesundheit ist unser Auftrag.<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 11


Bild: petrsvoboda9/stock.adobe.com<br />

Polyurethan bietet Schutz gegen<br />

mechanische, thermische und<br />

chemische Einwirkungen. Bauschäume<br />

überbrücken und isolieren.<br />

Rohstoff des Monats: Polyurethan<br />

Gut gepolsterte Schaumstoffpreise<br />

Wenn Polyethylen vereinfachend für Plastik steht, dann steht Polyurethan für Schaumstoff.<br />

Ein omnipotenter Stoff für die Industrie, eine Herausforderung für EinkäuferInnen.<br />

Denn die <strong>Beschaffung</strong>spreise kennen seit Monaten nur eine Richtung : Es geht aufwärts!<br />

Es gibt mehrere Gründe für die derzeitige<br />

Preisrallye bei Polyurethan: So<br />

sorgen eine überraschend (wieder) erstarkte<br />

Automobilindustrie sowie der Immobilienboom<br />

für einen hohen Bedarf an<br />

Dämm- und Schaumstoffen. Dazu verteuerte<br />

sich allein im letzten halben Jahr der<br />

Ausgangsstoff Benzol von 545 Euro auf<br />

742 Euro pro Tonne – ein Anstieg um<br />

mehr als 36 Prozent. Dazu kommt, dass<br />

wichtige Hersteller ausfallen bzw. ihre<br />

Produktion gedrosselt haben. So sind die<br />

US-amerikanischen Produktionsanlagen<br />

immer noch durch den extremen Wintereinbruch<br />

gekennzeichnet, die TDI-Produktion<br />

von BASF in Ludwigshafen wird<br />

durch zeitweise Abschaltungen beeinträchtigt<br />

und das Dow-Joint Venture Sadara<br />

Chemical führt schon seit Monaten<br />

umfangreiche Wartungsarbeiten durch.<br />

Das alles führt (wie auch bei Polyethylen)<br />

zu einem klassischen Verkäufermarkt. Laut<br />

dem Branchendienst Kunststoff Information<br />

KI verhandeln die Verkäufer derzeit<br />

nicht, sie teilen zu. Allokationen waren in<br />

den letzten Wochen an der Tagesordnung<br />

und wer den verlangten Preis nicht bezahlte,<br />

erhielt nicht einmal verringerte<br />

Kontingente. Für den europäischen Poly -<br />

urethan-Markt ist nach Einschätzung von<br />

KI in den nächsten Wochen kaum mit einer<br />

Entlastung zu rechnen.<br />

PURe Fakten<br />

Die Kunststoffproduktion wächst seit Jahren<br />

konstant auf derzeit 380 Mio. Tonnen<br />

weltweit. Dieser Trend wird vor allem<br />

durch die asiatischen Länder befeuert –<br />

allen voran China. In Europa dagegen<br />

stagnieren die Produktionsmengen. Die<br />

deutsche Kunststoffindustrie ist die größte<br />

ihrer Art in Europa und<br />

macht ungefähr ein Drittel<br />

des europäischen Marktes<br />

aus – allerdings mit<br />

rückläufiger Tendenz.<br />

Am häufigsten wird<br />

Kunststoff in Europa<br />

für Verpackungen genutzt<br />

(40 %), gefolgt<br />

INSIDE<br />

Evonik Venture Capital<br />

beteiligt sich an<br />

der B2B-Plattform<br />

Chembid.<br />

von der Bauindustrie (20 %) sowie der<br />

Automobilbranche (10 %). Polyurethan<br />

macht ungefähr sieben Prozent des weltweit<br />

verarbeiteten Kunststoffes aus.<br />

Die Eigenschaften von Polyurethan (PUR)<br />

werden von den beiden verwendeten Ausgangsmaterialien<br />

bestimmt: Polyol und<br />

Isocyanat. Polyole werden aus Mineralöl<br />

hergestellt und sind bei Raumtemperatur<br />

zähflüssig. Sie dienen neben der PUR-Herstellung<br />

beispielsweise auch als Zuckeraustauschstoff<br />

oder als Frostschutzmittel.<br />

Als Isocyanat dienen Methylen-Diphenyldiisocyanat<br />

(MDI) oder Toluol-Diisocyanat<br />

(TDI). Wird ein Polyol mit einem dieser Isocyanate<br />

vermischt, entsteht durch eine<br />

sogenannte Polyadditionsreaktion<br />

Polyurethan. Geschieht dies<br />

in einer wasserhaltigen<br />

Umgebung, entsteht Gas<br />

und das wiederum führt<br />

zu einer Schaum -<br />

bildung. Dabei wird<br />

zwischen PUR-Hartschäumen<br />

und PUR-<br />

12 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


MAGAZIN «<br />

Die Ausgangsstoffe<br />

von Polyurethanen<br />

verteuern sich stark.<br />

Weichschäumen unterschieden. Diese machen<br />

in Summe etwa 90 Prozent aller<br />

Polyurethan- Produkte aus – zum Beispiel<br />

in Form von Bauschäumen, Dämmplatten,<br />

Autositzen, Polstern, Matratzen und<br />

Schuhsohlen. Ohne H 2 O entstehen dagegen<br />

flexible oder harte Kunststoffe.<br />

Ein besonders anspruchsvolles Anwendungsgebiet<br />

sind Integralschaumstoffe<br />

(Strukturschaumstoffe), deren Dichte von<br />

innen nach außen kontinuierlich zunehmen.<br />

Sie besitzen damit einen porösen<br />

Kern sowie eine nahezu massive Randzone.<br />

Verwendet man bei der<br />

Herstellung höherwertige<br />

Alkohole , entstehen stabile<br />

quervernetze Molekülketten<br />

und in Folge Hartplastik,<br />

Klebstoffe, Farben und<br />

Lacke. Nach der Aushärtung<br />

können sie nur noch<br />

mechanisch verändert werden. Prominentes<br />

Beispiel für solche Duroplaste ist die<br />

Außenkarosserie des Trabant. Von wegen<br />

Pappe!<br />

PUR auf Basis von MDI macht mehr als<br />

die Hälfte des gesamten PUR-Verbrauchs<br />

aus und baut diesen Vorsprung kontinuierlich<br />

weiter aus. Ein Grund dafür ist der<br />

Bedarf der Bauindustrie, die immer mehr<br />

MDI-basiertes PUR verbraucht – eine Folge<br />

der gesetzlichen Vorgabe nach optimierter<br />

Dämmung von Immobilien.<br />

Die Folie über und die Schale unter den<br />

Äpfeln im Supermarkt bestehen zumeist<br />

aus Polyurethan – sind mithin lebensmittelecht<br />

und umweltfreundlich. Das gilt<br />

allerdings nicht für den Herstellungs -<br />

prozess. Für die Produktion werden unter<br />

anderem Chlor und Isocyanat eingesetzt<br />

– beides hochgiftige Stoffe. Auch das<br />

Recycling ist problematisch: PUR-Abfallprodukte<br />

aus der Industrie und von den<br />

Verbrauchern landen größtenteils auf<br />

Mülldeponien und in Verbrennungs -<br />

anlagen.<br />

BUND und Greenpeace sind besorgt: „Bei<br />

der Verbrennung von PUR werden zahlreiche<br />

gefährliche Chemikalien wie Isocyanate,<br />

Blausäure und Dioxine<br />

freigesetzt. In Deponien<br />

»Verkäufer<br />

wirkt der Stoff giftig und<br />

verhandeln zersetzt sich in klimaschädliche<br />

Stoffe“, urteilen die<br />

derzeit nicht,<br />

Umweltschützer.<br />

sie teilen zu.« Substituieren lässt sich<br />

Poly urethan nur mit spürbaren<br />

Qualitäts- und Funktionalitäts-<br />

Abstrichen. Um ihre Umweltbilanz zu verbessern,<br />

arbeiten PUR-Hersteller deshalb<br />

an Prozessverbesserungen. Diese beziehen<br />

sich primär auf die eingesetzten Rohstoffe.<br />

So bietet der Hersteller Lanxess<br />

mit Adipen Green ein Polyurethan an, das<br />

mit Polyolen auf Basis von Stärke hergestellt<br />

wird. Darüber hinaus arbeitet ein<br />

skandinavisches Konsortium derzeit an<br />

einem Verfahren, bei dem PUR-Abfälle in<br />

ihre Grundbausteine zerlegt werden. Diese<br />

Monomere können dann erneut in den<br />

Stoffkreislauf eingehen.<br />

Michael Grupp, Journalist, Stuttgart<br />

Grafik: Kunststoff Information KI<br />

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Seminare der TAW<br />

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· Lehrgänge<br />

· Studium<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 13


MANAGEMENT » Interview<br />

Uwe-Karsten Städter, CPO, Porsche AG<br />

„Wir wollen gemeinsam mit unseren<br />

Lieferanten das Richtige tun“<br />

<strong>Beschaffung</strong>s-Vorstand bei Porsche – für viele Einkäufer ein Traum, den Uwe-Karsten<br />

Städter seit 2011 lebt. Mit ihm sprachen wir über die <strong>aktuell</strong>en Lieferprobleme bei<br />

Halbleitern, fragile Lieferketten und die Folgen zukunftsorientierter Technologien für<br />

den Einkauf.<br />

Uwe-Karsten Städter<br />

ist Einkäufer aus<br />

Passion – und der<br />

Auto mobilbranche seit<br />

vielen Jahren treu:<br />

Dem Volkswagen<br />

Konzern gehört der<br />

gelernte Industriefachwirt<br />

seit 1974 an.<br />

<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Wir hören schon seit<br />

Wochen von Lieferproblemen bei Halbleitern.<br />

Davon sind auch die Automobilhersteller stark<br />

betroffen . Wie steht es <strong>aktuell</strong> um die Lieferkette<br />

bei Porsche?<br />

Uwe-Karsten Städter: Die ganze Industrie ist<br />

von der Halbleiter-Knappheit betroffen. Eine schwierige<br />

Situation für alle. Bei Porsche haben wir die Fertigung<br />

unserer Fahrzeugmodelle planerisch so optimiert<br />

und gesteuert, dass wir bislang glimpflich davongekommen<br />

sind. Lediglich die Produktion des<br />

Macan haben wir kurzfristig drosseln müssen.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: In den vergangenen<br />

Wochen und Monaten haben sich einige Ereignisse<br />

aneinandergereiht, die der Wirtschaft erheblichen<br />

Schaden zufügen …<br />

Bild: Porsche<br />

Städter: In der Tat. Angefangen hat es mit der<br />

Corona– Pandemie, dann kam die Halbleiterknappheit<br />

hinzu. Zuletzt fielen einige Halbleiterwerke durch<br />

Stromausfälle und Brände aus. Und ein Schiff im Suezkanal<br />

blockierte die Seefrachtroute zwischen Asien<br />

und Europa. Außerdem wird in Taiwan wegen der<br />

schlimmsten Dürre seit mehr als 50 Jahren, das –<br />

auch für die Chipindustrie wichtige – Wasser knapp.<br />

Die Lieferprobleme könnten sich ausweiten. Die taiwanesischen<br />

Chiphersteller stehen für fast zwei Drittel<br />

der globalen Halbleiterfertigung und arbeiten<br />

schon heute am Anschlag. Eine solche Aneinanderreihung<br />

von Ereignissen habe ich in meiner gesamten<br />

47-jährigen Berufslaufbahn noch nie erlebt.<br />

<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Haben Sie für fehlenden<br />

Bauteile aus Asien – mal abgesehen von den Halbleitern<br />

– alternative Lieferanten in Europa?<br />

Städter: Porsche ist ein Premiumhersteller. Grundsätzlich<br />

arbeiten wir mit etablierten, hochspezialisierten<br />

Lieferanten zusammen. Es geht um Bauteile<br />

mit Gebrauchsmusterschutz, die wir auch mit den<br />

Lieferanten gemeinsam entwickeln. Dahinter stehen<br />

komplexe Lastenhefte, detailliert geprüft von unserer<br />

technischen Entwicklung und Qualitätssicherung.<br />

Diese Teile können wir nicht auf die Schnelle bei einem<br />

anderen Lieferanten bestellen. Wir legen Wert<br />

auf langjährige Partnerschaften. Unsere Lieferanten<br />

lassen wir in einer Krise nicht alleine.<br />

<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Insgesamt zeigen die Ereignisse<br />

auf, wie fragil diese globalen Lieferketten<br />

sind. Wird sich die Lieferkette in Zukunft ändern?<br />

Werden die Konsequenzen daraus sein, dass man<br />

weggeht von der Globalisierung und wieder mehr<br />

zum Local Sourcing wechselt? Oder welche Konsequenzen<br />

erwarten Sie?<br />

Städter: Die Globalisierung läßt sich nicht zurückdrehen.<br />

Klar ist: Vom globalen Welthandel profitie-<br />

14 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Uwe-Karsten Städter – im Bild vor dem Porsche 911 GT3 – zählt zu den erfahrensten Einkaufsspezialisten der Automobilbranche. Die Porsche-<strong>Beschaffung</strong><br />

wurde unter seiner Führung operativ und strategisch auf die Herausforderungen der Transformation vorbereitet, meinte der Vorstandsvorsitzende der<br />

Porsche AG Oliver Blume anerkennend. Im August wird Städter in den Ruhestand gehen. Seine Nachfolgerin ist bereit benannt: Barbara Frenzel.<br />

Bild: Porsche<br />

ren alle. Ein Mehr an lokaler Produktion ist kein<br />

Allheil mittel. Ein Beispiel: Wir haben einen Single-<br />

Source-Lieferanten in Italien. Während der Corona-<br />

Pandemie musste dieser Partner die Produktion auf<br />

Anweisung der Regierung einstellen. Etwas Ähnliches<br />

könnte auch bei einem Lieferanten direkt um<br />

die Ecke passieren, wenn es in Deutschland pandemiebedingt<br />

oder aus anderen Gründen zu Lieferengpässen<br />

kommt. Allerdings gehe ich davon aus, dass<br />

wir mittelfristig Änderungen sehen. Denn politische<br />

Abschottungstendenzen verstärken sich – nationaler<br />

Protektionismus nimmt gleichzeitig zu. In diesem<br />

Szenario ist es möglich, dass einige Unternehmen die<br />

Supply Chain dichter an die Produktion bringen.<br />

<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Porsche hat im Juli 2019<br />

offiziell mit seinem Sustainability Rating ein<br />

weiteres verbindliches Kriterium im Vergabeprozess<br />

eingeführt.<br />

Städter: Die Nachhaltigkeit beschäftigt uns im Vergabeprozess<br />

schon lange. Mit dem Sustainability Rating<br />

oder S-Rating überprüfen und bewerten wir alle<br />

Lieferanten, die mit uns Geschäfte machen, in Puncto<br />

Nachhaltigkeit. Dabei sind wir konsequent: Erfüllt ein<br />

Lieferant die Nachhaltigkeitskriterien nicht, schließen<br />

wir ihn von der Vergabe aus. Zusätzlich haben<br />

wir bei Porsche eingeführt, dass ein potenzieller Lieferant<br />

darlegen muss, welche Ziele er beim Klimaschutz<br />

verfolgt. Wir fragen genau nach, in welche<br />

Umweltprojekte er investiert oder ob zum Beispiel<br />

grüner Strom genutzt wird. Es geht darum, dass wir<br />

gemeinsam mit unseren Lieferanten das Richtige tun.<br />

<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Sie arbeiten beim<br />

S-Rating seit kurzem auch mit einem Start-up<br />

zusammen . Möchten Sie erklären, was genau Sie<br />

da machen?<br />

Städter: Wir nutzen seit Herbst vergangenen Jahres<br />

Künstliche Intelligenz, um die Lieferkette transparenter<br />

zu machen. Damit können wir insbesondere<br />

Uwe-Karsten Städter<br />

... ist 1956 in Wolfsburg geboren. 1974 hat<br />

er mit einer Ausbildung zum Industriekaufmann<br />

seine Karriere bei Volkswagen<br />

gestartet . Seit 1983 ist er in den unterschiedlichsten<br />

Bereichen und Funktionen<br />

des VW-Einkaufs unterwegs. Mit seinem<br />

Antritt 2011 als Vorstandsmitglied wurde<br />

bei Porsche der Einkauf als Vorstands -<br />

ressort erstmals geschaffen. Mehr als<br />

7 Mrd. Euro im Jahr geben Städter und<br />

seine knapp Mitarbeiter für über mehr als<br />

60.000 Kaufteile aus, damit am Ende der<br />

Produktions kette rund 200.000 neue<br />

Sportwagen vom Band laufen können.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 15


MANAGEMENT » Interview<br />

bei der Elektrifizierung – wir denken in Chancen. Mit<br />

dem Elektroantrieb haben wir bei Porsche Neuland<br />

betreten. Diese Mischung neuer Komponenten und<br />

Lieferanten war eine große Herausforderung. Und<br />

natürlich kann es passieren, dass mit neuen Partnern<br />

nicht alles vom ersten Tag an reibungslos funktioniert.<br />

Wichtig war die gute Vernetzung der Beschaffer<br />

mit der technischen Entwicklung: Sie arbeiten<br />

eng mit den Baureihen und der Qualitätssicherung<br />

zusammen. Das hat allen Beteiligten geholfen, die<br />

neuen Technologien schnell zu durchdringen. Dann<br />

sind wir in den intensiven Austausch mit den Lieferanten<br />

gegangen. Das hat sehr gut funktioniert. Man<br />

sieht es am Taycan, unserem ersten vollelektrischen<br />

Sportwagen. Wir haben daran mit Herzblut gearbeitet.<br />

Der Einsatz hat sich gelohnt: Im letzten Jahr haben<br />

wir 20.000 Fahrzeuge an die Kunden ausgeliefert.<br />

Das Fahrzeug ist hoch innovativ und hat bislang<br />

über 45 Auszeichnungen weltweit bekommen – so<br />

viele wie noch kein Porsche zuvor.<br />

Als technisch denkender<br />

Betriebswirt<br />

kooperier t der<br />

Porsche- CPO Städter<br />

eng mit seinem<br />

Vorstandskollegen aus<br />

der Forschung und<br />

Entwicklung: „Unsere<br />

Ressorts sind eng<br />

verzahnt .“<br />

kritische Rohstoffregionen besser analysieren und<br />

potenzielle Nachhaltigkeitsrisiken schneller aufdecken.<br />

Die Basis bildet ein intelligenter Algorithmus<br />

des österreichischen Start-ups Prewave. Mit der<br />

Technologie werden lieferantenbezogene Nachrichten<br />

aus öffentlich zugänglichen Medien und sozialen<br />

Netzwerken in mehr als 50 Sprachen und aus über<br />

150 Ländern identifiziert und ausgewertet. Bei Anzeichen<br />

von Risiken in der Lieferkette prüfen wir direkt<br />

den Sachverhalt und die Einleitung von Gegenmaßnahmen.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Porsche will bis 2025 die<br />

Hälfte der Fahrzeuge elektrifiziert haben. Das<br />

bedarf neuer, starker Lieferanten. Wie gehen Sie<br />

als einkaufendes Unternehmen damit um, nicht<br />

mehr der dominante Partner zu sein?<br />

Städter: Porsche ist so erfolgreich, weil sich das<br />

Unternehmen immer verändert hat. Das tun wir auch<br />

Bild: Porsche<br />

<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Sie sprachen von einer<br />

guten Vernetzung mit der Entwicklung. Können Sie<br />

das konkretisieren? Wie haben Sie das erreicht?<br />

Städter: Wichtig für ein gutes Miteinander ist eine<br />

offene Kommunikation auf Augenhöhe. <strong>Beschaffung</strong><br />

und Entwicklung haben das gleiche Ziel: Am Ende<br />

muss eine gute Lösung für den Kunden herauskommen.<br />

Wir stimmen uns dabei mit den Entwicklern<br />

frühzeitig ab. Es geht darum, festzulegen, was wir<br />

selber machen und welche Entwicklungsleistung externe<br />

Partner erbringen. Gemeinsam suchen wir dann<br />

einen Lieferanten, teilweise auch mit den Kollegen<br />

der Produktion und Qualitätssicherung. Das ist immer<br />

auch ein Lernprozess. Manchmal merken wir,<br />

dass technisch fast alles möglich, aber der Preis zu<br />

hoch ist. Dafür muss man gemeinsam eine Lösung<br />

finden. Das schweißt zusammen.<br />

<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Wie sieht es in puncto<br />

Weiterbildung bei Porsche aus?<br />

Städter: Wir bilden unsere Mitarbeiter permanent<br />

weiter. Das fängt am ersten Arbeitstag an, und zieht<br />

sich mit maßgeschneiderten Programmen durch die<br />

ganze Laufbahn. <strong>Beschaffung</strong> bedeutet für mich,<br />

Werte schaffendes Wachstum zu erzeugen. Das erreicht<br />

man nur mit topausgebildeten Leuten, die<br />

kontinuierlich an ihren Fähigkeiten arbeiten, sich<br />

weiter verbessern. Dass unsere Angebote gut angenommen<br />

werden, zeigen unsere unternehmensinternen<br />

Mitarbeiterbefragungen. Die Porsche-<strong>Beschaffung</strong><br />

schneidet seit Jahren hervorragend ab: Über<br />

90 % der Kollegen sagen, dass sie mit ihrem Job sehr<br />

zufrieden sind.<br />

16 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Gemeinsam mit Siemens<br />

Energy und einer Reihe von internationalen Unternehmen<br />

entwickelt und realisiert die Porsche AG in<br />

Chile ein Pilotprojekt, aus<br />

dem die weltweit erste integrierte<br />

und kommerzielle<br />

Großanlage zur Herstellung<br />

synthetischer, CO 2 -neutraler<br />

Kraftstoffe (eFuels) hervorgehen<br />

soll. Welche Rolle hat<br />

der Einkauf bei diesem Projekt<br />

gespielt?<br />

Städter: Dieses Projekt haben<br />

mein Kollege Michael<br />

Steiner [Anm. Red.: Vorstand Forschung und Entwicklung<br />

Porsche] und ich gemeinsam initiiert. Die<br />

Entwicklung hat den technischen Teil der regenerativen<br />

Kraftstoffe vorangetrieben, während mein Team<br />

für die Partnersuche und das Vertragliche zuständig<br />

war. Über einen Lenkungskreis haben wir uns permanent<br />

abgestimmt. eFuels sind uns eine Herzensangelegenheit.<br />

Wir sehen uns dabei als Pioniere: Schon im<br />

nächsten Jahr werden wir rund 130.000 Liter aus<br />

Chile beziehen, die wir dann in den Rennsportfahrzeugen<br />

des Porsche Supercups testen. Perspektivisch<br />

wollen wir eFuels auch in unserer Bestandsflotte einsetzen.<br />

Zum Beispiel in unserer Ikone, dem 911. Er<br />

wird immer einen Verbrennungsmotor haben. Mit<br />

eFuels können die Kunden den 911 mit regenerativen<br />

Kraftstoffen und gutem Gewissen fahren.<br />

»Nehmt<br />

Herausforderungen an,<br />

sie gehören im Einkauf<br />

dazu. Deswegen ist<br />

die <strong>Beschaffung</strong> für<br />

mich eine Berufung.«<br />

Städter: Frau Frenkel ist eine exzellente Führungskraft,<br />

mit über 20 Jahren Erfahrung bei Porsche. Sie<br />

kennt die Zulieferindustrie gut, hat für Helsa Werke,<br />

Valeo und TRW gearbeitet. In<br />

ihrer beruflichen Laufbahn<br />

war sie auf sämtlichen Stufen<br />

der automobilen Wertschöpfungskette<br />

tätig: von Qualitätssicherung<br />

über Entwicklung<br />

bis hin zu verschiedenen<br />

Positionen im Vertrieb – auch<br />

international. Aus meiner<br />

Sicht ist dieser breite Blickwinkel<br />

eine optimale Basis. Ich<br />

bin überzeugt, dass Frau Frenkel mit eigenen Akzenten<br />

die Porsche-<strong>Beschaffung</strong> weiter voranbringen<br />

wird.<br />

Das Interview führte Sabine Schulz-Rohde.<br />

Porsche AG<br />

<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Sie haben eine Traum -<br />

karriere im Einkauf hingelegt. Welchen Tipp geben<br />

Sie jungen Menschen, die Ähnliches erreichen<br />

möchten?<br />

Städter: Man braucht Leidenschaft. Eine Karriere<br />

ohne Leidenschaft funktioniert nicht. Ein weiterer<br />

Rat: Nehmt Herausforderungen an, sie gehören im<br />

Einkauf dazu. Seht die Chancen dabei. Deswegen ist<br />

die <strong>Beschaffung</strong> für mich eine Berufung. Wer das<br />

nicht mag, sollte die Finger davon lassen. Jedem Einzelnen,<br />

der bei uns arbeitet, sage ich: Ihr müsst brennen<br />

für die Sache, mit Feuereifer dabei sein. Und behandelt<br />

die Menschen anständig und respektvoll. Nur<br />

so kann man langfristig das Optimum erreichen. Die<br />

<strong>Beschaffung</strong> hat sich zudem mit den Jahren gewandelt:<br />

Einkäufer sind heute Wertschöpfungspartner.<br />

Wir bringen unser Wissen in alle Unternehmensbereiche<br />

ein. Das macht den Beruf so vielseitig – ein<br />

guter Beschaffer kann es sehr weit bringen.<br />

<strong>Beschaffung</strong> Aktuell: Im Sommer geben Sie Ihre<br />

Aufgaben an Barbara Frenkel weiter. Sie kommt<br />

nicht direkt aus dem Einkauf …<br />

Ursprung des Unternehmens ist ein<br />

1931 von Ferdinand Porsche in Stuttgart<br />

gegründetes Konstruktionsbüro,<br />

das nach 1945 in einer Automobilfabrik<br />

aufging. Seit 2009 ist Porsche Teil des<br />

Volkswagen Konzerns. Laut Geschäftsbericht<br />

des Mutterkonzerns erreicht der<br />

Sportwagenhersteller bei einem<br />

Umsatz von 26 Mrd. Euro einen operativen<br />

Gewinn von rund 4 Mrd. Euro.<br />

Keine andere Marke innerhalb des<br />

Konzerns erreicht eine ähnlich hohe<br />

Rentabilität. Wie sich aus dem neuen<br />

Geschäftsbericht für 2020 ergibt,<br />

kommen etwa 50 Prozent des Konzerngewinns<br />

von der Stuttgarter Tochter.<br />

Quelle: Handelsblatt.de<br />

Bild: Porsche<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 17


» MANAGEMENT<br />

Agilität im Einkauf<br />

WANTED: Superheld 2.0<br />

Einkaufsorganisationen, wie wir sie heute kennen, wird es morgen nicht mehr<br />

geben – gleichzeitig kann das „Morgen“ kaum erfasst, beschrieben oder gar<br />

erahnt werden. Dadurch benötigen Einkäufer ständig neue Impulse und Ideen,<br />

die helfen, die zum Teil unbekannten Herausforderungen irgendwie meistern zu<br />

können. Ein moderner und unkonventioneller Ansatz, was bei der<br />

Organisations gestaltung und –weiterentwicklung beachtet werden muss.<br />

Damit die Helden im Einkauf realisiert werden<br />

können, bedarf es nicht der Neu- oder<br />

Anders formulierung von Stellen, sondern der<br />

Erarbeitung von Rollen.<br />

Bild: chaiyapruek/stock.adobe.com<br />

gen und Veränderungen, die einen neuen<br />

Typus von Einkäufern erfordern. In einer<br />

agilen Welt kann das, was gestern noch<br />

funktionierte heute bereits „old school“<br />

sein und übermorgen bereits dem „retroschick“<br />

zugeordnet werden. Da wir nicht<br />

wissen, welches Problem morgen kommt,<br />

welche Tücken es aufweisen wird und wie<br />

es zu lösen ist, wird die Schaffung eines<br />

neuen Typus von Einkäufern unerlässlich.<br />

Eigenschaften<br />

des Superhelden 2.0<br />

So müssen sie einerseits jeder Aufgabe<br />

offen und einfallsreich gegenüberstehen.<br />

Andererseits müssen sie kreativ und ideenreich<br />

sein, um sich das unvorstellbarste<br />

vorstellen sowie das unlösbarste lösen zu<br />

können. Parallel hierzu müssen sie auch<br />

mutig, tapfer und selbstbewusst sein, damit<br />

selbst die unkonventionellsten Lösungen<br />

eingebracht werden. Kurzum: Wir benötigen<br />

den Einkäufer im Unternehmen,<br />

So wie Heimwerker auf das Kriechöl<br />

„WD-40“ schwören, so glaubt das<br />

Management an die Superkraft der „Agilität“.<br />

Sei es als Antwort auf sich ändernde<br />

Rahmenbedingungen, Anforderungen<br />

oder Kundenbedürfnisse – Agilität dient<br />

mittlerweile als „Allrounder“ und „Alleskönner“.<br />

Doch die Formel aus mehr Freiraum,<br />

mehr Flexibilität und mehr Unabhängigkeit<br />

führt nicht automatisch zu<br />

den erhofften kürzeren Entscheidungswegen,<br />

kreativeren Ideen, schnelleren Planungen,<br />

besseren Umsetzungen und am<br />

Ende zu den günstigeren Einkaufspreisen.<br />

Denn Agilität schafft Chaos in einer Welt,<br />

die bisher Stabilität und Kontinuität als ihr<br />

Mantra angesehen hat: Wo gestern noch<br />

klar definierte, einheitliche und etablierte<br />

Strukturen vorherrschten, existieren heute<br />

nur noch „Task Forces“, die sich um die Lösung<br />

<strong>aktuell</strong> bestehender oder zukünftig<br />

vorliegender Herausforderungen kümmern.<br />

Dies führt zu ständigen Anpassunder<br />

denkt, fühlt und handelt wie die Helden<br />

unserer Kindheit.<br />

Damit die Helden im Einkauf realisiert<br />

werden können, bedarf es nicht der Neuoder<br />

Andersformulierung von Stellen,<br />

sondern der Erarbeitung von Rollen. Im<br />

Gegensatz zu Stellen, sind Rollen nämlich<br />

nicht an eine Hierarchie gebunden, die<br />

sich in ein starres Gefüge von Führungsund<br />

Leitregeln einordnet. Auch sind Rollen<br />

nicht einer Person fest zugeordnet<br />

oder auf die Ausübung von einzelnen Bestandteilen<br />

beschränkt. Vielmehr sind<br />

Rollen als eine Art selbststeuernde Einheit<br />

zu verstehen, die je nach Erfordernis und<br />

Situation eingesetzt werden kann.<br />

Ferner kann jeder Einkäufer nach Bedarf<br />

entweder eine oder mehrere Rollen auf<br />

sich vereinen. Dabei enthält jede Rolle ein<br />

„Paket“ aus essenziellen Aufgaben, Erwartungen<br />

und Verantwortlichkeiten sowie<br />

benötigten Kompetenzen und Fähigkeiten.<br />

Die Definition solcher Pakete fin-<br />

18 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


det durch die Organisation selber statt<br />

und wird vom ausführenden Einkäufer<br />

übernommen, interpretiert, durchgesetzt<br />

und gestaltet. Durch diese Übertragung<br />

wird die Rolle form- und gestaltbar, weswegen<br />

eine spontane und individuelle<br />

Anpassung an die jeweiligen Gegebenheiten<br />

möglich wird.<br />

Stelle oder Rolle für den<br />

Einkaufssuperhelden?<br />

Indem die Rolle als Schnittstelle zwischen<br />

Organisation und Einkäufer fungiert, wird<br />

über die Rolle rein die Arbeit und nicht<br />

der Mensch selber organisiert. Gleichzeitig<br />

ermöglicht die Verbindung von Organisation<br />

zu Mensch eine fortdauernde<br />

Konfiguration einer Rolle, welches dem<br />

agilen Verständnis nach einer ständigen<br />

Anpassungsfähigkeit folgt.<br />

Um die unternehmensindividuellen und<br />

erforderlichen Rollen zu definieren, bedarf<br />

es zunächst der Formulierung des organisationalen<br />

Bezugsrahmens, auch „office“<br />

genannt. Das umgebene „office“ definiert<br />

seinerseits das „role set“, welche die Erwartungsträger<br />

– wie zum Beispiel Lieferanten,<br />

Mitarbeiter der Produktion, Abteilungsleiter<br />

oder der Einkäufer selber – einer<br />

Rolle beinhaltet. Dabei können Erwartungsträger<br />

auch zu Bezugsgruppen bzw.<br />

„reference groups“ zusammengefasst werden.<br />

Die „role expectations“ stellen nun<br />

die Vorstellungen der Erwartungsträger an<br />

die zu erledigenden Aufgaben, den zuzustehenden<br />

Verantwortlichkeiten sowie den<br />

benötigten Kompetenzen, Fertig- und Fähigkeiten<br />

dar. So erwartet z. B. ein Mitarbeiter<br />

in der Produktion, dass die Rolle<br />

„Einkäufer“ den benötigten Materialbedarf<br />

zeit- und ortsgenau zur Verfügung stellt.<br />

Dahingegen wünscht sich z. B. der Abteilungsleiter<br />

Einkauf, dass der Bedarf möglichst<br />

kostengünstig unter Einhaltung aller<br />

internen Vorgaben beschafft wird.<br />

Folglich wird dieses Bild einer Rolle wesentlich<br />

durch die Auffassungen, Meinungen,<br />

Motivationen, Überzeugungen und<br />

Einstellungen des „role sets“ geprägt.<br />

Aufgrund dessen können die „Erwartungen“<br />

in ihrer Form, Eindeutigkeit und ihrem<br />

Umfang je Erwartungsträger und je<br />

Situation variieren. Indem die Erwartungsträger<br />

die mit der Rolle einhergehenden<br />

Erwartungen mitteilen, werden<br />

diese zum „role sender“ – wohingegen der<br />

Empfänger der Erwartungen als „focus<br />

role“ verstanden wird. Gerahmt wird das<br />

durchlässige Quartett aus „office“, „role<br />

set“, „role expectations“ und „focus role“<br />

durch die Umwelt der Unternehmung.<br />

Letztere übt nur indirekt Einfluss auf das<br />

„office“ und damit impliziert auf die „focus<br />

role“ aus.<br />

Vorgehen zur Definition<br />

von Rollen im Einkauf<br />

Die nun systematisch erhobenen Erwartungen<br />

bzw. „role expectations“ können<br />

im weiteren Verlauf den vier Eckpfeilern<br />

einer Rolle zugewiesen sowie weiter konkretisiert<br />

werden:<br />

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An diesen Beispielen wird deutlich, dass<br />

die Anreicherung der traditionellen Rollen<br />

mit Superkräften rein einem Zweck dient:<br />

Steigerung der Anpassungsfähigkeit, um<br />

jede Situation, Herausforderung oder Problemstellung<br />

im Einkauf zu meistern.<br />

Rollen ermöglichen es, mit einer ähnlichen Geschwindigkeit auf Veränderungen zu<br />

reagieren , wie sie entstehen und eintreten.<br />

1. Aufgaben: In welchem Arbeitsbereich<br />

ist die Rolle tätig? Welche Aufgaben hat<br />

die Rolle zu erledigen?<br />

2. Verantwortung: Für was ist die Rolle<br />

verantwortlich? Welche Befugnisse sind<br />

für die Rolle notwendig, um die Aufgaben<br />

zu erledigen?<br />

3. Erwartungen: Welche Erwartungen<br />

haben andere an die Rolle? Welche<br />

Ergebnisse oder Leistungen werden von<br />

der Rolle erwartet?<br />

4. Kompetenzen und Fähigkeiten: Welche<br />

Kompetenzen werden zur Ausübung der<br />

Rolle benötigt? Über welche Fähigkeiten<br />

sollte die Rolle verfügen?<br />

Neue Rollen im Einkauf<br />

Im Einkauf sind Rollen nichts Unbekanntes<br />

– es wird nach z. B. operativer Einkäufer,<br />

strategischer Einkäufer, Einkaufsanalyst<br />

oder Schnittstellenmanager unterschieden.<br />

Das Neuartige ist nun die Zuweisung<br />

von klassischen Eigenschaften<br />

unserer Kindheitshelden. Anstatt dem<br />

traditionellen Rollenverständnis des z. B.<br />

„operativen Einkäufers“ zu folgen, welcher<br />

überwiegend für die korrekte Bedarfsermittlung,<br />

-deckung bis zur Rechnungsprüfung<br />

verantwortlich ist, stellt<br />

die selbige Rolle im agilen Verständnis eine<br />

Art „Spider-Man“ dar. Nicht das strikte<br />

und korrekte abarbeiten temporär notwendiger<br />

Aufgaben zur Aufrechterhaltung<br />

der Bedarfsversorgung steht im Mit-<br />

telpunkt, sondern die Art und Weise, wie<br />

das operative Geschäft aufrechterhalten<br />

wird. Hierzu erhält die Rolle unter anderem<br />

die Superkraft einer „übermenschliche<br />

Schnelligkeit“, die sogar schneller ist<br />

als ein beschleunigendes Auto. Gleichzeitig<br />

erhält der operative Einkäufer die Balance,<br />

Koordination und Reflexe von „Spider-Man“,<br />

die ungefähr 40-mal so hoch<br />

sind wie bei gewöhnlichen Menschen.<br />

Mithilfe dieser Eigenschaften kann der<br />

operative Einkäufer die unvorhersehbarsten<br />

und waghalsigsten Herausforderungen<br />

meistern, welche das tägliche Geschäft<br />

aufs Neue bietet. Damit erhält die<br />

Rolle das Rüstzeug, die es im <strong>Beschaffung</strong>sdschungel<br />

benötigt.<br />

Dahingegen gleicht z. B. die Rolle des<br />

„strategischen Einkäufers“ dem Charakter<br />

des „Captain Americas“. Um die langfristig<br />

vorteilhaftesten <strong>Beschaffung</strong>swege aufzudecken,<br />

die geeignetsten Partnerschaften<br />

aufzubauen und die günstigsten Einkaufspreise<br />

zu sichern, benötigt es einen<br />

unglaublich guten Taktiker und Strategen.<br />

Gleichzeitig muss ein unbeugsamer Wille<br />

zur Realisation des besten Einkaufsergebnisses<br />

vorliegen. Hierzu bedarf es guter<br />

kämpferischer Fähigkeiten, damit auch<br />

der höchste Angebotspreis niedergerungen<br />

wird. Parallel hierzu erfordert es<br />

manchmal ein „großes, aber sympathisches<br />

Mundwerk“, um alle Argumente des<br />

Lieferanten schlagen zu können.<br />

Bild: lassedesignen/stock.adobe.com<br />

Superhelden als Treiber<br />

der Anpassungsfähigkeit<br />

In einer agilen Welt steht nicht mehr das<br />

Wissen oder Knowhow im Mittelpunkt,<br />

sondern die Fähigkeiten Unbekanntes und<br />

Neues zu meistern. Sicherlich verfügt jedes<br />

Unternehmen bereits über heldenhafte<br />

Einkäufer – manchmal muss man jedoch<br />

den Einkäufern auch die Möglichkeit<br />

geben, mit heldenhaften Eigenschaften<br />

das Einkaufsgeschehen neu zu ordnen.<br />

Denn Rollen ermöglichen es uns, mit einer<br />

ähnlichen Geschwindigkeit auf Veränderungen<br />

zu reagieren, wie sie entstehen<br />

und eintreten. Mithilfe der Rollen erhalten<br />

wir eine eigene und selbstregulierbare Dynamik,<br />

die uns langfristig hilft, unser<br />

„Überleben“ erfolgreich zu sichern. Gerade<br />

im Einkauf, wo die Kräfte der Veränderung<br />

vom <strong>Beschaffung</strong>s- als auch vom Absatzmarkt<br />

aufeinandertreffen, helfen uns agile<br />

Rollen schneller, flexibler und besser einzukaufen.<br />

So erkannte bereits Darwin im<br />

19. Jahrhundert, dass nicht die größten,<br />

stärksten oder intelligentesten einer Art<br />

überleben werden, sondern diejenigen, die<br />

sich am schnellsten einem Wandel anpassen<br />

können. Und dieser Auswahlprozess<br />

gilt in der heutigen Zeit mehr denn je.<br />

Christine Freye<br />

Purchasing,<br />

Jr. Business- & Process-<br />

Analyst bei einem<br />

deutschen Süßwarenhersteller<br />

20 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 21<br />

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» MANAGEMENT<br />

Carmen Samorski, Leiterin Rohstoffeinkauf und innerbetriebliche Logistik, Fripa<br />

„Wir müssen weit gehen , um über<br />

den Tellerrand zu blicken“<br />

Die Fripa Papierfabrik Albert Friedrich KG ist ein 1911 gegründetes, mittelständisches<br />

Familienunternehmen zur Herstellung von Hygieneprodukten. Mit Carmen Samorski,<br />

Leiterin des Rohstoffeinkaufs und der innerbetrieblichen Logistik bei Fripa, sprach<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> über Hamsterkäufe und Tissue aus Gras, die Generation Z im<br />

Betrieb und die Produktion von Blockbustern in Zeiten der Pandemie.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Frau Samorski,<br />

Sie leiten bei Fripa den Rohstoffeinkauf<br />

und die innerbetriebliche Logistik. Wie<br />

sind Sie zum Einkauf gekommen?<br />

Carmen Samorski: Ich bin Einkäuferin<br />

von der Pike auf. 1983 habe ich bei<br />

Fripa eine Ausbildung zur Industriekauffrau<br />

begonnen, die im Einkauf startete.<br />

Nach vier Monaten bin ich im Rohstoffeinkauf<br />

gelandet, und als dort vier Monate<br />

später eine Stelle frei wurde, hat<br />

man mich gefragt, ob ich mir vorstellen<br />

könnte, den Posten zu übernehmen. Ich<br />

habe zugesagt und dann meine ganze<br />

Ausbildung im Einkauf verbracht. 1989<br />

habe ich den Rohstoffeinkauf übernommen<br />

und ein paar Jahre später die Leitung<br />

für Rohstoffe und innerbetriebliche Logistik.<br />

Ich war also immer bei Fripa<br />

und auch immer im Einkauf,<br />

aber es war nie langweilig,<br />

weil immer wieder neue<br />

Aufgaben dazukamen. Vermutlich<br />

werde ich hier auch<br />

mal in Rente gehen.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wie<br />

ist Ihre Einkaufsorganisation<br />

strukturiert?<br />

Samorski: Unser Einkauf ist geteilt in<br />

technischen Einkauf und Rohstoffeinkauf.<br />

Ich bin für den Rohstoffeinkauf verantwortlich,<br />

also Zellstoff und Mutterrollen.<br />

Daneben bin ich verantwortlich für die<br />

Zertifizierungen und das Thema Nachhaltigkeit.<br />

Der technische Einkauf umfasst<br />

Hilfs- und Betriebsstoffe, technische Teile,<br />

Investitionen, Baumaßnahmen sowie<br />

Carmen Samorski kennt den Betrieb seit ihrer<br />

Ausbildung.<br />

»Wir sind nicht nur diejenigen, die<br />

Lieferanten suchen und günstige<br />

Preise verhandeln, sondern<br />

gestalten auch unsere Produkte<br />

maßgeblich mit.«<br />

Dienstleistungen. Wir sind sieben Personen<br />

im Einkauf, zwei davon im Bereich<br />

Rohstoff, die anderen fünf kümmern sich<br />

um den technischen Bereich.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Fripa stellt unter<br />

anderem Toilettenpapier her, in Coronazeiten<br />

ein gefragtes Gut. Wie haben<br />

sich die Hamsterkäufe der letzten Monate<br />

auf Ihre Abläufe ausgewirkt?<br />

Bild: HeidelbergCement<br />

Samorski: Es gehört zu unserer Strategie,<br />

mit unseren Lieferanten langfristige<br />

Geschäftsbeziehungen einzugehen und zu<br />

pflegen, wir stehen immer in sehr engem<br />

Kontakt miteinander. Deshalb haben wir<br />

hier ein belastbares Fundament mit gewachsenen<br />

und nachhaltigen Verbindungen,<br />

die vor allem auf Vertrauen basieren.<br />

Dadurch haben wir in unseren Lieferantenbeziehungen<br />

eine hohe Qualität, sowohl<br />

bei den Produkten als auch bei nicht<br />

weniger wichtigen Aspekten wie Service<br />

und Zuverlässigkeit. Natürlich wurde es<br />

im letzten Jahr auch mal eng – das fing<br />

Ende Februar mit der ersten Welle an und<br />

hat sich dann in mehr oder weniger dramatischen<br />

Wellenbewegungen durch das<br />

ganze Jahr gezogen. Unsere Lieferanten<br />

sind da sehr gut mitgegangen.<br />

Wir sind grundsätzlich im Lager<br />

recht gut aufgestellt, und<br />

dadurch, dass wir bei unseren<br />

Lieferanten immer sehr langfristig<br />

vorbestellen, sind diese<br />

auch gut auf unsere Bedarfe<br />

eingestellt. Das hat uns sehr<br />

geholfen, denn im letzten<br />

Frühjahr ging dann ja doch alles<br />

relativ schnell. Hinzu kam, dass nicht<br />

nur wir mit unseren Hygieneprodukten in<br />

die Bredouille kamen, sondern auch unsere<br />

Wettbewerber. Und da wir alle ähnliche<br />

Lieferanten haben, wurden diese dementsprechend<br />

mit Aufträgen bombardiert.<br />

Aber es hat alles wunderbar funktioniert –<br />

manchmal war es sehr knapp, aber es hat<br />

immer gereicht, um die Produktion aufrechterhalten<br />

zu können.<br />

22 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Carmen Samorski steht an der Papiermaschine mit einer sogenannten Mutterrolle.<br />

Bild: Fripa<br />

Unsere Abläufe haben wir deutlich gestrafft.<br />

Wir haben in dieser Zeit in Absprache<br />

mit unseren Kunden vor allem die sogenannten<br />

„Blockbuster“ produziert, also<br />

die Produkte, die am meisten Output bringen,<br />

so dass wir die Maschinen hier ohne<br />

viel Produktionsumstellung einfach laufen<br />

lassen konnten – auf kleinere oder Nischenprodukte<br />

haben wir verzichtet. So<br />

haben wir Zeit für Umstellarbeiten gespart<br />

und konnten entsprechend mehr<br />

produzieren. Für unsere Lieferanten bedeutete<br />

das ebenfalls eine gewisse Vereinfachung,<br />

weil auch sie nicht so viele verschiedene<br />

Produkte liefern mussten und<br />

ihre Maschinen laufen lassen konnten.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Da mussten<br />

Sie doch aufgrund der Wellenbewegungen<br />

extrem flexibel sein.<br />

Samorski: Ja, das stimmt. Es ist ja das<br />

Eine zu sagen, wir liefern in Absprache<br />

mit unseren Kunden nur noch ein oder<br />

zwei Produkte, damit wir möglichst viel<br />

produzieren können. Aber irgendwann<br />

ebbt die Welle ab und der Kunde erwartet<br />

dann natürlich, wieder das ganze Sortiment<br />

zu bekommen. Dann sind die Lager<br />

aber erst mal leer. Man braucht mindestens<br />

noch einmal die gleiche Zeit, die man<br />

vorher in der Hoch-Welle hatte, um wieder<br />

alles in Ordnung zu bringen, alle Produkte<br />

wieder auf Lager zu haben und lieferfähig<br />

zu sein. Als alles dann wieder so<br />

lief wie geplant, stand schon fast die<br />

zweite Welle vor der Tür. Und man muss<br />

ehrlich sagen, dass die Belastung für die<br />

Mitarbeiter in dieser Zeit enorm war.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Die sich aus<br />

einer Pandemie ergebenden Gefahren<br />

stehen für 2021 ganz oben im Ranking<br />

der Unternehmensrisiken. Welche Rolle<br />

spielt das Thema Risikomanagement bei<br />

Ihnen?<br />

Samorski: Wir passen unser Risikomanagement<br />

permanent an und waren deshalb<br />

im Großen und Ganzen gut aufgestellt.<br />

Der beste Beweis dafür ist, dass wir<br />

durch alle diese Wellen gekommen sind,<br />

ohne dass uns an irgendeiner Stelle das<br />

Material ausgegangen ist – es war immer<br />

alles da, wir sind nicht leer gelaufen,<br />

konnten produzieren und volle Leistung<br />

fahren. Wir achten immer auf gute Lagerbestände<br />

sowohl beim Material als auch<br />

im Versandbereich. Wir haben lange Vorlaufzeiten<br />

bei den Lieferanten und planen<br />

auch unsere Bestellungen sehr weit im<br />

Voraus. Teilweise haben unsere Lieferanten<br />

bereits das Rohmaterial, beispielsweise<br />

für Verpackungen, für uns gelagert, so<br />

dass sie es nur noch bedrucken müssen.<br />

Wir haben, auch um andere Risiken abzu-<br />

Carmen Samorski<br />

... ist seit Beginn ihrer Ausbildung<br />

zur Industriekauffrau<br />

1983 im Einkauf bei Fripa tätig.<br />

1989 übernahm sie dort<br />

den Rohstoffeinkauf und wurde<br />

einige Jahre später Leiterin<br />

Rohstoffeinkauf und innerbetriebliche<br />

Logistik. Sie schätzt<br />

die Möglichkeit, über den Tellerrand<br />

hinauszublicken, die<br />

ein Familienunternehmen bietet,<br />

und steht bei Produkttests<br />

auch gerne einmal mit an der<br />

Maschine.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 23


» MANAGEMENT<br />

decken wie beispielsweise Brände, das<br />

Material an mehreren Lagerplätzen gelagert.<br />

Für unsere Hauptprodukte haben wir<br />

mehrere Lieferanten und splitten auch<br />

dadurch das Risiko.<br />

Wir haben<br />

damit schon vor<br />

ein paar Jahren<br />

begonnen, als an<br />

so etwas wie Corona<br />

noch gar<br />

nicht zu denken<br />

war, und alle<br />

möglichen Risiken<br />

beleuchtet,<br />

»Die steigenden<br />

Anforderungen sowohl<br />

des Gesetzgebers als<br />

auch der Kunden<br />

werden uns in den<br />

nächsten Jahren<br />

fordern .«<br />

um im Ernstfall<br />

unsere Lieferfähigkeit<br />

aufrechterhalten zu können. Das<br />

hat sich jetzt ausgezahlt.<br />

Neu etabliert wurde das Pandemie-Team,<br />

das sich um alle Fragen des Mitarbeiterschutzes<br />

kümmert. Da wir hygienezertifiziert<br />

sind, gab es schon diverse Vorschriften,<br />

zum Beispiel für Handhygiene, die eine<br />

gute Basis bilden. Aber das allein<br />

reicht natürlich nicht aus. Zusätzliche<br />

Maßnahmen sind beispielsweise Home<br />

Office, virtuelle Meetings, Maskenpflicht,<br />

versetzte Arbeits- und Pausenzeiten und<br />

einiges mehr.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wie sieht Ihre<br />

Einkaufsstrategie aus?<br />

Samorski: Es ist uns sehr wichtig, langfristig<br />

mit den Lieferanten zusammen zu<br />

arbeiten. Uns ist nicht daran gelegen,<br />

kurzfristig das schnelle Geschäft zu machen,<br />

das vielleicht nur preislich interessant<br />

ist; wir setzen auf hohe Qualität, und<br />

die gibt es nur bei einer gemeinsamen<br />

Entwicklung mit unseren Lieferanten. Gerade<br />

in der <strong>aktuell</strong>en Pandemie hat sich<br />

das bewährt, wir ergänzen uns gut und<br />

arbeiten auf einer vertrauensvollen Basis<br />

zusammen. Das Thema Nachhaltigkeit ist<br />

für uns ebenfalls enorm wichtig. Wir stellen<br />

ja Papier aus Holz her, und das ist für<br />

die meisten Menschen ein emotionales<br />

Thema. Schon bevor das Thema Nachhaltigkeit<br />

in aller Munde war, hat Fripa<br />

nachhaltig eingekauft. Wir legen beispielsweise<br />

größten Wert auf kurze Transportwege,<br />

zertifizierte Lieferanten und<br />

nachhaltige Bezugsquellen.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Worauf achten<br />

Sie vor allem bei neuen Lieferanten?<br />

Samorski: Bei allen Lieferanten setzen<br />

wir zum einen auf Regionalität – was<br />

beim Zellstoff nicht<br />

nur Deutschland bedeutet,<br />

sondern<br />

Europa. Wir setzen<br />

ausschließlich TCFgebleichte<br />

Zellstoffe<br />

ein, das heißt es wird<br />

kein Chlor oder<br />

Chlorverbindungen<br />

beim Bleichen verwendet.<br />

Diese Zellstoffe<br />

gibt es bis auf<br />

eine Ausnahme nur<br />

in Europa zu kaufen. Zum anderen müssen<br />

alle Lieferanten, die bei uns liefern<br />

möchten, FSC-oder PEFC-zertifiziert sein,<br />

das sind die beiden großen Forst-Zertifikate,<br />

die es am Markt gibt und die für<br />

nachhaltige Forstwirtschaft stehen. Das<br />

sind die Grundvoraussetzungen, um als<br />

Lieferant aufgenommen zu werden. Und<br />

dann geht es Schritt für Schritt weiter.<br />

Wir tauschen Spezifikationen aus, nach<br />

positiven Erst- und Großversuchen finden<br />

wir dann unter Umständen zueinander. Es<br />

ist ein langwieriger Prozess. Und durch<br />

die hohen Anforderungen, die wir haben,<br />

ist die Lieferantenauswahl schon eingeschränkt,<br />

aber Qualität und Zuverlässigkeit<br />

sind uns sehr wichtig.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wie früh sitzen<br />

Sie als Einkauf bei dieser Art von<br />

Neuentwicklung von Produkten mit am<br />

Tisch?<br />

Samorski: Wir sind von Anfang an mit<br />

dabei. Oft bekommen wir auch Anregungen<br />

von unseren Lieferanten, dann ist der<br />

Einkauf innerhalb des Unternehmens der<br />

Impulsgeber. Umgekehrt ist der Einkauf<br />

auch bei Neuentwicklungen aus dem Produktmanagement<br />

ganz früh mit dabei.<br />

Wir haben kurze Wege und flache Hierarchien,<br />

das ist der Vorteil eines Familienunternehmens.<br />

Bei uns ist der Einkäufer nicht auf seinen<br />

Aufgabenbereich beschränkt. Er steht<br />

auch mal mit an der Maschine, wenn ein<br />

Test läuft, und ist in vielen andere Prozesse<br />

mit eingebunden. Unser Teller ist groß,<br />

wir müssen schon ziemlich weit gehen,<br />

um über den Tellerrand zu blicken. Wir<br />

sind nicht nur diejenigen, die Lieferanten<br />

suchen und günstige Preise verhandeln,<br />

sondern gestalten auch unsere Produkte<br />

maßgeblich mit.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wie wichtig ist<br />

das Thema Digitalisierung für Ihr Unternehmen,<br />

Ihre Produkte und Ihre Einkaufsorganisation?<br />

Samorski: Für das Unternehmen ist es<br />

natürlich sehr wichtig. Heute kommt kein<br />

Unternehmen mehr daran vorbei. Wir haben<br />

ein nahezu papierloses Büro, viele<br />

Abläufe wie zum Beispiel Kennzahlenerfassung<br />

laufen wesentlich einfacher.<br />

Auch die Vertriebswege ändern sich, was<br />

durch die <strong>aktuell</strong>e Pandemie sicher noch<br />

mal verstärkt wird. Wenn wir die Entwicklung<br />

beim Online-Shopping betrachten,<br />

dann laufen immer mehr Produkte<br />

inzwischen über diesen Weg. Das sehen<br />

wir uns sehr genau an.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wo sehen Sie<br />

die größten Herausforderungen für Ihr<br />

Unternehmen, Ihre Einkaufsorganisation<br />

und sich selbst als Einkaufsverantwortlichen<br />

in den kommenden Jahren?<br />

Samorski: Das Thema Nachhaltigkeit,<br />

beschäftigt uns schon lange und wird uns<br />

auch in Zukunft beschäftigen und zwar in<br />

allen Bereichen. Wir dürfen da auch nicht<br />

nur an Ressourcen denken, sondern es<br />

geht auch um Soziales, Ökonomie und<br />

Ökologie – daran hängt viel mehr, als nur<br />

den Wald zu schützen.<br />

Eine weitere Herausforderung, die allerdings<br />

nicht nur den Einkauf betrifft, sondern<br />

alle Unternehmensbereiche, ist es aus<br />

meiner Sicht, eine junge Generation ins<br />

Unternehmen zu integrieren, die eine völlig<br />

andere Einstellung zur Arbeitswelt mitbringt<br />

als die älteren Kollegen, auf die sie<br />

hier treffen – vom Umgang mit digitalen<br />

Tools bis hin zur Work-Life-Balance. Sie<br />

einzubinden und die alten und neuen Kollegen<br />

zusammenzubringen, das wird in<br />

den nächsten Jahren sicher eine große Herausforderung<br />

werden. Beide Seiten müssen<br />

offen sein und aufeinander zugehen.<br />

Für <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> führte<br />

Ulrike Dautzenberg das Interview.<br />

24 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


ADVERTORIAL<br />

Wer bei ONLINEPRINTERS Druckprodukte aus Recycling -<br />

papier bestellt, erhält diese klimaneutral ohne Aufpreis.<br />

Das bedeutet, dass der Kunde den Ausgleich des beim<br />

Herstellungsprozess entstandenen CO 2 -Ausstoßes kostenfrei<br />

dazu bekommt. Die Kompensation erfolgt über den<br />

Klimaschutzspezialisten ClimatePartner.<br />

Gedruckt wird bei ONLINEPRINTERS auf dem eigenen Maschinenpark. Kein Kundenauftrag<br />

verlässt das Werk ohne sorgfältige Prüfung durch geschulte Medientech -<br />

nologen. Für hochwertige Qualität sorgen außerdem Zertifizierungen nach Prozessstandards<br />

für Offset- und Digitaldruck sowie für die hauseigene Weiterverarbeitung.<br />

www.onlineprinters.de<br />

Onlinedruck setzt neue Standards<br />

beim Einkauf von Drucksachen<br />

Ein neues Geschäftsmodell hat die Printbranche<br />

auf den Kopf gestellt: der Onlinedruck.<br />

Immer mehr Einkäufer und Werbeverantwortliche<br />

in Unternehmen und Agenturen bestellen<br />

ihre Drucksachen online. Sie profitieren von<br />

transparenten und günstigen Preisen selbst bei<br />

kleinen Auflagen und haben die Möglichkeit<br />

rund um die Uhr zu bestellen. „Vielleicht kennen<br />

das manche noch: Wer früher ein Druckangebot<br />

einholen wollte, musste Geduld mitbringen.<br />

Das ist dank Onlinedruck alles viel einfacher<br />

und schneller geworden. Unsere Kunden<br />

gehen in unseren Onlineshop, konfigurieren<br />

mit wenigen Klicks das gewünschte Produkt,<br />

wählen die Lieferoption aus und sofort wird<br />

ihnen der Preis angezeigt“, erklärt Roland<br />

Keppler, CEO von ONLINEPRINTERS. Die Onlinedruckerei<br />

beliefert heute mehr als eine Million<br />

Kunden in ganz Europa. Entwickelt hat sich<br />

ONLINEPRINTERS ursprünglich 2004 aus einer<br />

traditionellen Druckerei. Dem hohen Anspruch<br />

an Qualität weiterhin verpflichtet, setzt das<br />

Unternehmen heute auf die Verzahnung von<br />

E-Commerce-typischem Servicelevel mit hoch<br />

industrialisierten Fertigungsprozessen. Im<br />

Sammeldruckverfahren werden gleichartige<br />

Aufträge mehrerer Kunden, die über das Internet<br />

eingesammelt wurden, auf einem Bogen<br />

Papier angeordnet und gemeinsam gedruckt.<br />

Bei diesem Herstellungsprinzip teilen sich<br />

mehrere Kunden die Kosten etwa für Druck -<br />

platten. Das spart Papier und Zeit und ist auch<br />

für die Umwelt vorteilhaft. Kunden müssen dabei<br />

auf nichts verzichten, auch nicht bei der<br />

Auswahl. Im Shop von www.onlineprinters.de<br />

sind über 5.000 Druckprodukte bestellbar, darunter<br />

Flyer, Broschüren, Kalender, Rollups,<br />

Messestände, Werbeartikel und Verpackungen.<br />

Zu den Kunden von ONLINEPRINTERS zählen<br />

Einkäufer und Marketingmanager aus Industrieunternehmen<br />

ebenso wie andere Drucker -<br />

eien, die die hohe Qualität der Onlinedruckerei<br />

mit Produktionssitz im fränkischen Neustadt an<br />

der Aisch zu schätzen wissen. Zu den Kunden<br />

von ONLINEPRINTERS zählen Einkäufer und<br />

Marketingmanager aus Industrieunternehmen<br />

ebenso wie andere Druckereien, die die hohe<br />

Qualität und die attraktiven Preise der Onlinedruckerei<br />

mit Produktionssitz im fränkischen<br />

Neustadt an der Aisch zu schätzen wissen.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 25


» MANAGEMENT<br />

Lieferantenbewertung mit NLPP-Simulationsmodellen<br />

Entscheidungen einfach gemacht<br />

Befeuert durch die Corona-Pandemie machen sich viele Unternehmen auf die Suche<br />

nach neuen Lieferquellen. Bei der Bewertung der Lieferanten hilft die Preisanalyse-<br />

Software NLPP. Sie ermittelt präzise Zielpreisformeln, auf deren Basis EinkäuferInnen<br />

potenzielle Lieferanten miteinander vergleichen können.<br />

In Zeiten von Corona offenbart sich, wie<br />

riskant eine Single- oder Double-Sourcing-Strategie<br />

sein kann: Einst zuverlässige<br />

Vertragspartner liefern nun nicht<br />

mehr termingerecht, so gerät die eigene<br />

Produktion ins Stocken. Ein weiteres Problem:<br />

Wer auf Lieferungen aus Fernost<br />

angewiesen ist, muss horrende Transportaufschläge<br />

zahlen. Nun kann man abwarten<br />

und auf Besserung der Situation hoffen<br />

– oder neue Lieferanten ins Boot holen<br />

und damit die Ausfallsicherheit der<br />

Lieferkette erhöhen.<br />

Die Lieferanten-Zielpreisformel bildet die DNA<br />

eines Lieferanten ab.<br />

Scouting: kein Hexenwerk<br />

Hierfür erfolgt im ersten Schritt ein strukturiertes<br />

Lieferanten-Scouting, bei dem<br />

relevante Unternehmen identifiziert werden.<br />

Dies ist reine Fleißarbeit, denn es<br />

gibt KI-basierte Datenbanken, die Lieferanteninformationen<br />

kumulieren und die<br />

Recherche vereinfachen. Sind interessante<br />

Lieferanten ausgelotet, werden Angebote<br />

eingeholt. Nun folgt die Herausforderung:<br />

die Bewertung der Lieferanten<br />

anhand der eingeholten Angebote. Hierbei<br />

hilft die Methode NLPP (Non-linear<br />

Performance Pricing). NLPP ist eine wissenschaftlich<br />

fundierte Analyse methode,<br />

die als gleichnamige Software-Anwendung<br />

bei dem Unternehmen Saphirion er-<br />

Bild: Saphirion<br />

hältlich ist. Die Software ermittelt aus<br />

den Angebotsinformationen Zielpreisformeln<br />

– sowohl für komplette Produktfamilien<br />

als auch für einzelne Lieferanten:<br />

In die Berechnung der Produktfamilien-<br />

Zielpreisformel (etwa für Schrauben) fließen<br />

die Eigenschaften der Schrauben und<br />

Preise aller Lieferanten ein, die ein Angebot<br />

für Schrauben abgegeben haben. So<br />

entsteht eine Marktbenchmark-Zielpreisformel<br />

für die Produktfamilie.<br />

Darüber hinaus kann für jeden Lieferanten<br />

eine eigene Zielpreisformel berechnet<br />

werden, die auf mehr als einfachen<br />

Durchschnittswerten basiert (siehe Textkasten).<br />

Sie ergibt sich aus allen Angebotsinformationen,<br />

die dieser Lieferant<br />

eingereicht hat. Diese Lieferanten-Zielpreisformel<br />

gilt ebenfalls für eine spezielle<br />

Produktfamilie, zeigt aber nun anhand<br />

der bewerteten Produktmerkmale die<br />

Stärken und Schwächen des Lieferanten<br />

auf.<br />

Verlassen Sie sich nie auf Durchschnittswerte!<br />

NLPP unterscheidet sich grundlegend<br />

von anderen Auswertungsansätzen,<br />

die ihre Berechnungen<br />

mit Durchschnittswerten anstellen.<br />

Bei dieser Herangehensweise berechnet<br />

man nicht für jeden Lieferanten<br />

eine eigenständige Zielpreisformel,<br />

sondern ermittelt nur<br />

einen lieferantenbezogenen Aufbzw.<br />

Abschlag vom Durchschnitt.<br />

Der Durchschnitt hat jedoch wenig<br />

Aussagekraft und macht einen Vergleich<br />

der Lieferanten untereinander<br />

schwer, da ein Lieferant nur<br />

gegen den Durchschnitt und nicht<br />

gegen andere Lieferanten verglichen<br />

wird.<br />

Darum geht NLPP einen anderen<br />

Weg und berechnet eine individuelle<br />

Zielpreisformel für jeden der<br />

potenziellen Lieferanten. Nur so<br />

wird die DNA des Lieferanten in<br />

der Formel abgebildet – inklusive<br />

der Information, für welche Produkte<br />

er besonders gut geeignet<br />

ist. Mit diesen Zielpreisformeln<br />

kann nun jeder Lieferant mit jedem<br />

anderen verglichen werden.<br />

www.saphirion.com<br />

26 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Bei der Auswahl der richtigen Lieferanten kann die NLPP-Software des Anbieters Saphirion helfen.<br />

Bild: New Africa/stock.adobe.com<br />

Zielpreisformel bilden<br />

Im Gegensatz zu anderen Methoden<br />

stützt sich die NLPP-Bewertung nicht auf<br />

Kennzahlen wie Preisindizes für Transportkosten,<br />

Materialpreise oder Kreditwürdigkeit<br />

des potenziellen Lieferanten.<br />

NLPP fokussiert sich auf die zu beschaffenden<br />

Produkte und wertet konkrete<br />

Merkmale und Produkteigenschaften von<br />

Sachnummern sowie die tatsächlichen<br />

Marktpreise aus. Dadurch ergibt sich ein<br />

genaueres Bild als bei der Betrachtung<br />

allgemeiner Kennzahlen. NLPP basiert auf<br />

der Annahme, dass Artikel mit gleichen<br />

Merkmalen gleich viel kosten sollen. Darum<br />

betrachtet NLPP Eigenschaften eines<br />

Produkts, wie Gewicht, Länge, Menge und<br />

Fertigungstoleranz, im Verhältnis zu dessen<br />

Preis, also das Preis-Leistungsverhältnis.<br />

Darauf basierend ermittelt die Software<br />

die oben erwähnten Produkt- und<br />

Lieferanten-Zielpreisformeln.<br />

Mit diesen Lieferanten-Zielpreisformeln<br />

und den Produkteigenschaften ist es nun<br />

möglich, konkrete Preisvorhersagen pro<br />

Lieferant zu treffen – und zwar auf einzelne<br />

Produkte bezogen. Der Einkäufer<br />

kann rasch kalkulieren, was Zeichnungsteil<br />

X oder Baugruppe Y bei Lieferant A, B<br />

oder C kosten würden. Die Zielpreise der<br />

einzelnen Lieferanten können nun miteinander<br />

verglichen werden. Da NLPP die<br />

Vergleiche mit einer grafischen Darstellung<br />

begleitet, findet der Einkäufer einfach<br />

den besten Lieferanten. Dabei definiert<br />

sich „der Beste” nicht als „der Billigste”,<br />

sondern als der Lieferant mit dem<br />

besten Preis-Leistungsverhältnis für das<br />

jeweilige <strong>Beschaffung</strong>sobjekt.<br />

Mengeneffekte überschätzt<br />

Fragmentiert man das <strong>Beschaffung</strong>svolumen<br />

(z. B. von 100 % <strong>Beschaffung</strong>smenge<br />

bei Lieferant A zu jeweils 25 % bei vier<br />

Viele Analysen zeigen: Der<br />

Hauptanteil des Mengeneffekts<br />

wird schon bei<br />

kleinen Abnahmemengen<br />

realisiert. Mengen, die<br />

diesen Punkt überschreiten,<br />

können zur Risikominimierung<br />

ohne Preisnachteil<br />

auf weitere Lieferanten<br />

verteilt werden.<br />

verschiedenen Lieferanten), sorgt das für<br />

eine höhere Ausfallsicherheit in der Supply<br />

Chain. Es steht jedoch die Befürchtung<br />

im Raum, durch die Fragmentierung<br />

monetäre Mengeneffekte zu verlieren.<br />

Auch hier hilft NLPP: Da die Software für<br />

jeden Lieferanten eine individuelle Zielpreisformel<br />

errechnet, lässt sich der Verlagerungseffekt<br />

pro Lieferant abschätzen.<br />

NLPP findet heraus, wie stark jede Eigenschaft<br />

den Zielpreis verändert – also auch<br />

die Eigenschaft „Menge”.<br />

Die Praxis zeigt, dass diese Veränderung<br />

oft nicht konstant (= linear) ist. So kann<br />

es sein, dass der Mengeneffekt vollumfänglich<br />

bereits bei einer Menge von<br />

10.000 Stück eintritt; eine Steigerung von<br />

10.000 auf 100.000 Stück hat dann keinen<br />

Effekt mehr. Mit diesem Wissen sieht<br />

der NLPP-Analyst, in welche „Mengenhäppchen”<br />

die Gesamtmenge unterteilt<br />

werden sollte, um weiterhin von vorhandenen<br />

monetären Mengenvorteilen zu<br />

profitieren.<br />

Bild: Saphirion<br />

Bild: Saphirion<br />

Robert M. Münch<br />

CEO, Saphirion AG<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 27


Bilder: di/stock.adobe.com; N. Theiss/stock.adobe.com<br />

Praktischer Ansatz zur Umsetzung des Lieferkettengesetzes<br />

Sorgfaltspflichtengesetz – was<br />

Einkäufer jetzt wissen müssen<br />

Für Einkäufer betroffener Unternehmen wird es jetzt spannend: Nach zähen<br />

Verhandlungen über die Ausgestaltung zentraler Anforderungen hat die<br />

Bundesregierung den <strong>aktuell</strong>en Entwurf für das neue „Gesetz über die unternehmerischen<br />

Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ am 3. März 2021 beschlossen –<br />

die Verabschiedung im Bundestag gilt als Formsache.<br />

REDAKTIONS-<br />

TIPP<br />

Fakten, Hintergründe<br />

und Meinungen zum<br />

Lieferkettengesetz auf<br />

beschaffung-<strong>aktuell</strong>.de<br />

Betroffene Unternehmen sollten sich intensiv mit<br />

den Kernelementen des neuen, in der Umgangssprache<br />

Lieferkettengesetz genannten Gesetzes auseinandersetzen.<br />

In der Regel ist es der Einkauf, der<br />

sich um die Erfüllung der zahlreichen Pflichten kümmern<br />

und entsprechende Maßnahmen auf den Weg<br />

bringen muss. Hier ein kurzer Überblick, was das<br />

neue Sorgfaltspflichtengesetz fordert, für wen<br />

es relevant ist und welche praktischen Folgen<br />

sich daraus ergeben (können).<br />

Worauf bezieht sich das<br />

Sorgfaltspflichtengesetz ?<br />

Das kurz Sorgfaltspflichtengesetz oder<br />

Lieferkettengesetz genannte Werk verpflichtet<br />

deutsche Unternehmen ab einer<br />

bestimmten Größe, Verantwortung für die<br />

Einhaltung international vereinbarter Menschenrechte<br />

zu übernehmen, indem sie ihrer Sorgfaltspflicht<br />

mit Blick auf ihre Lieferkette nachkommen.<br />

Die Pflicht, Umweltvorgaben einzuhalten, soll<br />

vor allem schädliche Auswirkungen auf den Menschen<br />

verhindern. Eine Anmerkung: Damit ist der<br />

Einkauf aber nicht aus der Pflicht genommen, in der<br />

Lieferkette auf vollumfängliche, zertifizierte Umweltmanagementsysteme<br />

nach ISO 14001 zu achten.<br />

Welche Unternehmen sind von<br />

dem Gesetz betroffen?<br />

Das Gesetz kommt in zwei Stufen: Ab 2023 gelten<br />

die Regelungen zunächst für ca. 600 deutsche Unternehmen<br />

mit mehr als 3000 Mitarbeitern. Ab 2024 erhöht<br />

sich mit der Senkung der Untergrenze auf 1000<br />

Mitarbeiter die Zahl der betroffenen Unternehmen<br />

auf etwa 2900. Die ursprünglich vorgesehene Untergrenze<br />

von 500 Mitarbeitern hatte das Wirtschaftsministerium<br />

wegen der befürchteten negativen Folgen<br />

für die deutsche Wirtschaft abgelehnt.<br />

Bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl werden auch<br />

Leiharbeiter ab sechs Monaten Beschäftigung<br />

28 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


erfasst , bei „verbundenen Unternehmen“ werden die<br />

Beschäftigten aller Gesellschaften gezählt. Für 2026<br />

ist eine Evaluierung des erreichten Schutzes der<br />

Menschenrechte in der Lieferkette geplant, was ggf.<br />

doch noch zu einer Senkung der Untergrenze führen<br />

könnte.<br />

Wie weit reicht das Gesetz in die<br />

Lieferkette hinein?<br />

Das Gesetz gilt für die gesamte Lieferkette, sowohl<br />

für unmittelbare wie für mittelbare Zulieferer. Das<br />

bedeutet, dass die Erfüllung der Sorgfaltspflicht<br />

nicht nur von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen<br />

Produkt gefordert ist, sondern auch für die Aktivität<br />

der Zulieferer von Zulieferern. Während die Einhaltung<br />

der Menschenrechte von unmittelbaren Zulieferern<br />

(pro-)aktiv untersucht, sichergestellt und<br />

überwacht werden muss, greift das Gesetz bei mittelbaren<br />

Zulieferern erst, wenn ein Unternehmen<br />

Kenntnis über mögliche Verstöße erhält.<br />

Welche Pflichten ergeben sich<br />

daraus für Unternehmen?<br />

Neben der Implementierung eines umfassenden Risikomanagements<br />

über die gesamte Lieferkette und<br />

der Durchführung einer Risikoanalyse zur Ermittlung<br />

von Brennpunkten mit hohen Risiken gilt mindestens<br />

Folgendes:<br />

• Erstellung einer Grundsatzerklärung zur unternehmerischen<br />

Menschenrechtsstrategie<br />

• Implementierung von Vorbeugemaßnahmen für<br />

den eigenen Geschäftsbereich und die unmittelbaren<br />

Zulieferer<br />

• Einleitung geeigneter Maßnahmen bei festgestellten<br />

Rechtsverstößen<br />

• Implementierung eines Beschwerdeverfahrens mit<br />

Blick auf Rechtsverstöße<br />

• Dokumentation über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten<br />

und Erstellung eines Berichts<br />

Dafür notwendige Prozesse und die Anpassung vorhandener<br />

Managementsysteme können vom Einkauf<br />

initiiert werden, stellen aber letztlich Anforderungen<br />

quer durch die Verantwortungsbereiche eines Unternehmens<br />

dar.<br />

Was ergibt sich daraus für die<br />

Unternehmens praxis?<br />

Wie bereits erwähnt, wird in der Regel der Einkauf<br />

die Aufgabe übernehmen, die oben genannten<br />

Pflichten im Unternehmen zu implementieren, mit<br />

Blick auf das geforderte Risikomanagement ggf.<br />

auch in Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen<br />

wie Compliance, ggf. Qualitätsmanagement und/<br />

oder Geschäftsführung.<br />

Mobile Kennzeichnungslösungen<br />

auf Inkjet-Basis<br />

• Druck direkt auf Papier, Karton, Holz, Kunststoff<br />

und Metall (Texte, 1D- und 2D-Barcodes,<br />

Grafiken, Datum/Uhrzeit, Zählfunktion)<br />

• Industrielle Tinten für optimale Haftung –<br />

Dokumentenmanagement einfach gemacht<br />

• Handlich und benutzerfreundlich<br />

• Einbindung in ERP-Systeme möglich –<br />

die ideale Schnittstelle zur Digitalisierung<br />

www.reiner.de/digitalisieren<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 29


» MANAGEMENT<br />

»Strafrechtliche<br />

Konsequenzen sind<br />

bislang nicht<br />

vorgesehen .<br />

Es drohen aber hohe<br />

Bußgelder.«<br />

Um die hierfür erforderlichen Maßnahmen auf den<br />

Weg zu bringen und dauerhaft in der Praxis zu verankern,<br />

sollten zunächst die relevanten Beteiligten<br />

im Unternehmen identifiziert, umfassend informiert<br />

und mit ihren Aufgaben und Rollen betraut werden.<br />

Neben der Implementierung des geforderten Risikomanagements<br />

muss festgelegt<br />

werden, welche Stelle die geforderte<br />

Grundsatzerklärung<br />

formuliert, wer das Beschwerdeverfahren<br />

einrichtet und<br />

wer die Dokumentation über<br />

die Erfüllung der Sorgfaltspflichten<br />

und die Erstellung<br />

des Berichts übernimmt.<br />

Um die dafür notwendigen<br />

Informationen zu erhalten,<br />

bedarf es einer gründlichen Vorbereitung, die mit der<br />

Identifizierung und Dokumentation der Liefer ketten<br />

beginnt. Dem folgt zur Ermittlung zentraler Risiken<br />

eine sog. Wesentlichkeitsanalyse, die Auskunft über<br />

Relevanz und Umfang einzelner Themen/ Risiken innerhalb<br />

der Lieferkette(n) gibt.<br />

Wesentlichkeitsanalyse und -matrix<br />

als zentrale Werkzeuge<br />

Die Wesentlichkeitsanalyse (auch „Materialitätsanalyse“)<br />

ist für Unternehmen eine wichtige Methode,<br />

um die wesentlichen Themen ihrer relevanten interessierten<br />

Parteien zu identifizieren, besonders mit<br />

Blick auf die soziale und umweltbezogene Verantwortung<br />

für den eigenen Geschäftsbereich, aber<br />

auch für die Lieferkette. Diese Form der Risikoanalyse<br />

wird von allen bedeutenden Nachhaltigkeits-Formaten<br />

erwartet, die CSR-Richtlinie der EU macht sie<br />

sogar zur Pflicht. Zur Erfüllung der Anforderungen<br />

Sorgfaltspflichtengesetz<br />

Das Sorgfaltspflichtengesetz soll der<br />

Verbesserung der internationalen<br />

Menschenrechtslage dienen, indem es<br />

Anforderungen an ein verantwortliches<br />

Management von Lieferketten für<br />

bestimmte Unternehmen festlegt.<br />

www.bmas.de<br />

aus dem neuen Sorgfaltspflichtengesetz ist sie praktisch<br />

unverzichtbar. Zentrale Tätigkeiten für eine<br />

aussagekräftige Wesentlichkeitsanalyse sind:<br />

• Klärung unternehmensinterner Zielkonflikte<br />

• Ermittlung und Einbindung relevanter interessierter<br />

Parteien<br />

• Identifizierung entscheidender interner und<br />

externer Themen<br />

• Betrachtung damit verbundener Risiken und<br />

Chancen<br />

• Bewertung und Visualisierung der Ergebnisse<br />

• Ableiten von Handlungsbedarf und Kontrollen<br />

Interne Zielkonflikte bestehen oft zwischen Abteilungen,<br />

deren Einschätzung von Nachhaltigkeitsthemen<br />

vor allem aufgaben- und zielbedingt, aber auch<br />

nach deren Wissen unterschiedlich sind. Die Klärung<br />

solcher Konflikte erfolgt durch die Abstimmung der<br />

betroffenen Unternehmensbereiche, z. B. in Workshops<br />

oder Meetings etc.<br />

Interessierte Parteien und ihre<br />

Erwartungen<br />

Die Ermittlung interessierter Parteien und ihrer Erwartungen,<br />

vielen bereits bekannt aus ISO 9001,<br />

konzentriert sich meist auf die Bereiche<br />

• Wirtschaft (Kunden, Lieferanten, Investoren,<br />

Banken …),<br />

• Gesellschaft (Verbraucher, Politik, Behörden …),<br />

• intern (Mitarbeiter, Gewerkschaften, oberste<br />

Leitung …),<br />

• „Anwaltsgruppen“ (NGOs, Verbände,<br />

Umweltgruppen …).<br />

Entscheidend für die Relevanz von und den Umgang<br />

mit interessierten Parteien ist, ob sie Einfluss auf die<br />

Erreichung der Unternehmensziele haben können, ob<br />

sie selbst durch die Aktivität des Unternehmens beeinflusst<br />

werden (können) oder ob beides zutrifft. Ihre<br />

Einbindung erfolgt durch Befragungen, gemeinsame<br />

Workshops oder Kontakte über soziale Netzwerke.<br />

Wird die Wesentlichkeitsanalyse um den Kreis der<br />

Anspruchsgruppen (Stakeholder) erweitert, spricht<br />

man von einer Wesentlichkeitsmatrix.<br />

Ermittlung von Themen, Bewertung<br />

damit verbundener Risiken<br />

Für die Identifizierung entscheidender interner und<br />

externer Themen muss das gesamte Umfeld eines<br />

Unternehmens betrachtet werden. Im Zusammenhang<br />

mit dem Sorgfaltspflichtengesetz ist das – neben<br />

dem eigenen Geschäftsbereich eines Unternehmens<br />

– vor allem die direkte Lieferkette, und zwar in<br />

Zusammenhang mit ökonomischen, ökologischen<br />

und sozialen Themen: Korruption, Rohstoffe, politische/rechtliche<br />

Aspekte, Abfall, Umweltverschmut-<br />

30 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


zung, Löhne, Arbeitszeiten, Diskriminierung etc. Die<br />

Betrachtung der Risiken und Chancen, die sich aus<br />

den einzelnen Themen ergeben, ist ein wesentlicher<br />

Aspekt bei der Auswertung und Visualisierung der<br />

Wesentlichkeitsanalyse. Eine Einschätzung der Risiken<br />

einzelner Themen erfolgt meist in Workshops.<br />

Welche Folgen haben Verstöße?<br />

Den Ergebnissen werden dann Zahlenwerte zugeordnet,<br />

damit sie zur Visualisierung in einer zweidimensionalen<br />

Matrix dargestellt werden können. Die<br />

Wesentlichkeit eines Themas aus Sicht des Unternehmens<br />

wird auf der x-Achse der Matrix abgetragen,<br />

die für die interessierten Parteien wesentlichen<br />

Themen auf der y-Achse. Durch die Zahlenwerte wird<br />

den Themen eine für ihre Wesentlichkeit charakteristische<br />

Lage in der Matrix zugeordnet, die durch die<br />

damit verbundene Priorisierung entsprechenden<br />

Handlungsbedarf signalisiert.<br />

Sind diese Themen/Risiken identifiziert, müssen Maßnahmen<br />

auf den Weg gebracht werden, die mögliche<br />

Menschenrechtsverletzungen schon im Vorfeld verhindern,<br />

bestehende Verstöße aufdecken und nachhaltig<br />

Abhilfe schaffen. Dazu bedarf es interner Audits,<br />

anhand derer die Erfüllung der Sorgfaltspflichten<br />

und die Umsetzung von Maßnahmen im eigenen<br />

Unternehmen überwacht und sichergestellt werden.<br />

Unbedingt sollte geprüft werden, ob ggf. unabhängige<br />

Dritte für externe Audits entlang der Lieferkette<br />

eingekauft werden, deren Erkenntnisse als wesentlicher<br />

Nachweis der Erfüllung der Sorgfaltspflichten in<br />

den geforderten Bericht einfließen und kontrollierenden<br />

Behörden vorgelegt werden können.<br />

Werden Verstöße festgestellt oder angezeigt, können<br />

Zwangs- und Bußgelder verhängt werden, deren<br />

Höhe sich an der Schwere des Verstoßes und dem<br />

Umsatz des Unternehmens orientiert. Die Beträge reichen<br />

für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von<br />

unter 400 Mio. Euro bis zu 8 Mio. Euro, bei höheren<br />

Umsätzen kann ein Bußgeld von bis zu zwei Prozent<br />

des Jahresumsatzes fällig werden. Ab einem bestimmten<br />

Betrag kann ein Unternehmen zusätzlich<br />

für drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen<br />

werden. Strafrechtliche Konsequenzen<br />

sind bislang nicht vorgesehen. Hier bleibt aber abzuwarten,<br />

wie weit die im Entstehen begriffene EU-<br />

Richtlinie zur Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht<br />

von Unternehmen in dieser Hinsicht gehen<br />

wird.<br />

Wie können Betroffene Verstöße<br />

gegen Menschenrechte anzeigen?<br />

Es besteht bereits die (theoretische) Möglichkeit,<br />

gegen Verstöße innerhalb der Lieferkette in Deutschland<br />

am Sitz des Unternehmens zivilrechtlich vorzugehen,<br />

was aber in Ermangelung ausreichender<br />

Kenntnisse und Mittel der Betroffenen praktisch nie<br />

geschieht. Neu ist, dass Opfer von Menschenrechtsverletzungen<br />

künftig Gewerkschaften und NGOs damit<br />

beauftragen können, sie vor<br />

deutschen Gerichten in einem<br />

Zivil verfahren zu vertreten – das<br />

Stichwort hier lautet „besondere<br />

Prozessstandschaft“.<br />

Fazit: Auch wenn die Übergangsfristen<br />

großzügig und die Zahl<br />

der zunächst betroffenen Unternehmen<br />

gering erscheinen mögen:<br />

Unternehmen sollten grundsätzlich<br />

umgehend mit einer Bestandsaufnahme<br />

beginnen und<br />

darauf aufbauend ihre unternehmensspezifische<br />

Strategie zur<br />

Achtung von Menschenrechte<br />

und zum Schutz der Umwelt entwickeln.<br />

Altan Dayankac<br />

Produktmanager und<br />

Auditor der DQS GmbH.<br />

Experte für Nachhaltigkeits-<br />

und Arbeits -<br />

sicherheitsthemen.<br />

Schläuche aus<br />

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Insbesondere gegenüber Mineralölen, Kraftstoffen<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 31


Regelrecht kompliziert wird es bei der Nacherfüllung,<br />

wenn beispielsweise eine bereits<br />

verbaute Pumpe merkwürdige Geräusche von<br />

sich gibt. Werden Mängel erst nach dem Einbau<br />

sichtbar, verlängern sich die Rügezeiten.<br />

Bild: Alex Stemmer/stock.adobe.com<br />

Rechtsfragen im <strong>Beschaffung</strong>sprozess: die Nacherfüllung<br />

Nachbessern oder neu liefern<br />

Das Recht auf Nacherfüllung wurde vom Gesetzgeber in den letzten 20 Jahren<br />

mehrfach neu ausgerichtet. Deshalb sind heute noch teilweise veraltete<br />

Rechtsauffassungen im Umlauf. Hier folgt der <strong>aktuell</strong>e Stand der Rechtsdinge.<br />

V<br />

or der grundlegenden Reform des Schuldrechtes<br />

im Jahr 2002 stand das Recht zuerst einmal<br />

aufseiten des Verkäufers. Hatte dieser eine Bestellung<br />

abgeliefert, so waren damit trotz eventueller<br />

Mängel alle Pflichten aus dem Kaufvertrag erfüllt.<br />

Der Käufer dagegen konnte bei erheblichen Mängeln<br />

nur eine Wandelung des Kaufvertrags oder alternativ<br />

eine Minderung des Kaufpreises verlangen. Sprich: Er<br />

konnte eine objektiv mangelhafte Lieferung ablehnen<br />

und den Kaufvertrag rückgängig machen, aber<br />

nicht die eigentlichen Vertragsleistungen einfordern.<br />

Schadenersatz konnte der Käufer nur bei Nichterfüllung,<br />

beim Fehlen einer konkret zugesicherten Eigenschaft<br />

oder bei arglistiger Täuschung verlangen. Den<br />

Ausgleich eventueller Folgeschäden einer mangel-<br />

Recht im Einkauf<br />

Die Serie „Rechtsprechung für die <strong>Beschaffung</strong> “<br />

behandelt juristische Probleme rund um den Einkauf.<br />

Sie schafft ein Verständnis für den <strong>aktuell</strong>en<br />

Stand der Rechtsprechung, ersetzt aber nicht die<br />

anwaltliche Beratung im Einzelfall.<br />

haften Lieferung wurde vor der Reform nicht durch<br />

das Gesetz geregelt, sondern war Aufgabe nachfolgender<br />

individueller Schadenersatzprozesse.<br />

Mit der Reform von 2002 hat der Gesetzgeber die<br />

Vertragspartner in guten wie in schlechten Tagen<br />

aneinander gekettet – der Kaufvertrag besteht seither<br />

trotz auftretender Mängel weiter und verpflichtet<br />

den Verkäufer zur mängelfreien Lieferung des Kaufgegenstandes.<br />

Als Mangel zählt dabei alles, was im<br />

Kaufvertrag vorher festgelegt wurde. Darunter fallen<br />

nicht nur die eigentlichen Leistungsdaten des Vertragsgegenstandes,<br />

sondern auch dessen Abmessungen,<br />

Materialien, die Optik und gegebenenfalls auch<br />

das Baujahr. Weicht die Soll-Beschaffenheit vom Istzustand<br />

ab, hat der Käufer gemäß § 439 BGB das<br />

Recht auf Nacherfüllung.<br />

Dazu müssen allerdings zwei Dinge gegeben sein. Erstens<br />

muss zwischen den beiden Kaufleuten ein gültiger<br />

Vertrag bestehen. Zweitens greift im B2B-Bereich darüber<br />

hinaus auch noch das Handelsgesetzbuch HGB,<br />

genauer gesagt der § 377 HGB. Dieser sieht ein doppeltes<br />

Eilgebot vor: eine unverzügliche Untersuchung<br />

sowie eine unverzügliche Mängelrüge unmittelbar<br />

nach Entdeckung eventueller Mängel. Unverzüglich ist<br />

allerdings relativ: Bei Just-in-time-Lieferungen, bei<br />

verderblicher Ware und/oder bei offensichtlichen Feh-<br />

32 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


MANAGEMENT «<br />

lern muss die Rüge im besten Fall bei der Warenannahme<br />

oder zumindest innerhalb weniger Stunden erfolgen,<br />

spätestens aber innerhalb von zwei Arbeitstagen<br />

nach Feststellung des Mangels. Entscheidend ist<br />

der jeweilige Einzelfall. Gerichte haben bei der Lieferung<br />

von komplizierten technischen Anlagen auch<br />

schon einen Zeitraum von zwei Wochen als „noch unverzüglich“<br />

beurteilt. Versäumt der Käufer eine fristgerechte<br />

Mängelrüge, „gilt die Ware auch in Ansehung<br />

eines Mangels als genehmigt“. In diesem Fall erlöschen<br />

alle Gewährleistungsansprüche des Käufers. Mit einer<br />

Ausnahme: Wenn der Verkäufer den Mangel arglistig<br />

verschwiegen hat, wenn er also vom Mangel bei der<br />

Auslieferung wusste, bleibt er in der Haftung.<br />

Unverzüglich und verhältnismäßig<br />

Nach einer fristgerechten und berechtigten Mängel -<br />

rüge hat der Käufer prinzipiell das Wahlrecht zwischen<br />

Mängelbeseitigung und Neulieferung. Dabei gilt der<br />

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; sprich der gesunde<br />

Menschenverstand. Der Verkäufer muss sich der Entscheidung<br />

des Käufers beugen – sofern es ihm zumutbar<br />

ist. In der Praxis kann er die Wahl des Käufers nur<br />

dann verweigern, wenn sie nur mit „unverhältnismäßigen<br />

Kosten“ möglich wäre. Was die Frage erhebt, was<br />

„unverhältnismäßig“ in der Praxis bedeutet. Je nach<br />

Vertragsobjekt haben die Gerichte hier eine Kostensteigerung<br />

zwischen 25 und maximal 50 Prozent angesetzt.<br />

Bei der Entscheidungsfindung sind nicht nur<br />

die eigentlichen Nachbesserungskosten zu berücksichtigen,<br />

sondern auch die Bedeutung des Mangels, der<br />

Wert der Sache im mangelfreien Zustand sowie die<br />

Nachteile des Käufers bei der alternativen Art der<br />

Nacherfüllung. Die Beweislast trägt der Verkäufer.<br />

Das Gesetz<br />

Die Nacherfüllung wird in Deutschland<br />

durch BGB und HGB geregelt.<br />

Aus der Praxis<br />

Der Kratzer in einer frisch ausgelieferten Maschine<br />

ist sicherlich kein Grund für eine Neulieferung, andererseits<br />

kann der Käufer aber auch nicht die Nachbesserung<br />

einer fehlerhaften Lieferung von Unterlegscheiben<br />

verlangen – allerdings deren umgehende<br />

Neulieferung. Der Käufer muss eine Nachbesserung<br />

nicht hinnehmen, wenn dadurch der Wert des Kaufobjektes<br />

gemindert wird – das kann beispielsweise<br />

bei der Lieferung eines Fahrzeuges der Fall sein.<br />

Regelrecht kompliziert wird es, wenn beispielsweise<br />

eine bereits verbaute Pumpe merkwürdige Geräusche<br />

von sich gibt. In einer weiteren Novellierung hat der<br />

Gesetzgeber 2018 für solche Fälle die Rechte des<br />

Käufers weiter gestärkt. Demnach ist der Verkäufer<br />

inzwischen verpflichtet, auch die notwendigen Aufwendungen<br />

für Ein- und Ausbau einer mangelhaften<br />

Sache zu erstatten. Dazu zählen nicht nur die reinen<br />

Montagekosten, sondern auch alle Transport-, Wege-,<br />

Arbeits- und Materialkosten. Ersatzfähig sind<br />

aller dings nur Aufwendungen, die vernünftig und<br />

notwendig für die Mängelbeseitigung sind. Dabei<br />

spielt es keine Rolle, ob dem Ausbau ein Austausch<br />

oder eine Reparatur folgt. Zur möglichen Anzahl von<br />

Nachbesserungsversuchen sagt § 440 BGB: „Eine<br />

Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten<br />

Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere<br />

aus der Art der Sache oder des Mangels oder<br />

den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.“<br />

Dominoeffekte<br />

Seit Anfang 2018 regelt das BGB auch die Rechte eines<br />

Käufers am Ende einer Wertschöpfungskette. Vor 2018<br />

war ein Rückgriff in der Lieferkette nur in Form eines<br />

individuellen Schadenersatzprozesses möglich. Deshalb<br />

blieben z. B. Werkunternehmer wie Handwerker<br />

häufig auf ihren Kosten sitzen. Nach dem neuen<br />

§ 445a BGB kann jetzt der Verkäufer einer mangelhaften<br />

Sache wiederum bei seinem Lieferanten Ersatz<br />

aller Aufwendungen verlangen, die sein Käufer bei ihm<br />

geltend macht. Voraussetzung ist, dass der Mangel bereits<br />

vorhanden war. Dies gilt für die gesamte B2B-Lieferkette.<br />

Beim Rückgriff innerhalb der Kette muss jeder<br />

Wiederverkäufer gegenüber seinem Lieferanten nachweisen,<br />

dass der von seinem Käufer geltend gemachte<br />

Mangel bereits beim Gefahrübergang auf ihn selber<br />

bestand. Was nicht immer leicht fallen wird.<br />

Grundsätzlich sind die Vertragsparteien frei, sich individuell<br />

vertraglich zu binden. Widersprechen sich die<br />

AGB oder verletzen diese den juristisch eingeräumten<br />

Gestaltungsfreiheitsraum, gelten die gesetzlichen<br />

Standardregelungen des Staates, in dem der Verkäufer<br />

seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Gerade bei<br />

C-Teile-Lieferanten ist es deshalb ratsam, das europäische<br />

oder deutsche Handelsrecht als gemeinsame<br />

Basis zu nutzen.<br />

Michael Grupp, Journalist, Stuttgart<br />

Bild: N. Theiss/stock.adobe.com<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 33


Das Implementieren digitaler Plattformen<br />

bedarf vorausschauender Planung.<br />

Bild: Rawpixel.com/stock.adobe.com<br />

Frachtenbörsen nutzen<br />

Digitale Plattformen richtig<br />

implementieren<br />

Um digitale Platt formen erfolgreich in das Unternehmen einzubinden, ist es<br />

wichtig , die erforder lichen Änderungsmaßnahmen zu kennen und richtig zu<br />

planen . Das Forschungsprojekt FIT4Plattform des FIR an der RWTH Aachen hat<br />

acht wichtige Handlungsfelder für den Implementationsprozess identifiziert.<br />

Digitale Plattformen haben bereits in<br />

vielen Lebenslagen die Rolle des<br />

Vermittlers eingenommen. Die Coronapandemie<br />

hat auch in der Logistikbranche<br />

den Wandel hin zu digitalen Plattformen,<br />

sogenannten Frachtenbörsen, intensiviert.<br />

Eine Frachtenbörse vermittelt zwischen<br />

Transportdienstleister und Auftraggeber.<br />

Das Geschäft wächst: So hat etwa der<br />

Anbieter Timocom vor Weihnachten einen<br />

Rekord von einer Mio. Angeboten am Tag<br />

erreicht [1]. Solche Frachtenbörsen können<br />

für EinkäuferInnen die operativen<br />

Abläufe der <strong>Beschaffung</strong> verbessern. Administrative<br />

Tätigkeiten werden verringert<br />

und so der Arbeitsaufwand minimalisiert.<br />

Außerdem können Leerfahrten reduziert<br />

werden.<br />

Dagegen stehen nur geringe Risiken in<br />

der Implementierung von Plattformen. Ein<br />

bekanntes Risiko ist der Lock-in-Effekt,<br />

bei dem Unternehmen sehr stark von einer<br />

Plattform abhängig werden. Doch<br />

wenn die Plattform nur ergänzend<br />

genutzt wird, hält sich das Risiko in Grenzen.<br />

Um digitale Plattformen und Digitalisierungsprojekte<br />

im Allgemeinen erfolgreich<br />

in Ihrem Unternehmen zu implementieren,<br />

ist es essenziell, die hier vorgestellten<br />

Änderungsmaßnahmen zu<br />

kennen.<br />

Worauf müssen Sie<br />

bei einer Frachtenbörse<br />

achten?<br />

Digitalisierungsprojekte wie die Integration<br />

einer Frachtenbörse für Logistikdienstleistungen<br />

haben ein großes Potenzial zu<br />

scheitern [2]. Hauptgründe dafür sind die<br />

ineffektive Kommunikation der Ziele und<br />

Strategie sowie eine fehlende Integration<br />

der MitarbeiterInnen [2]. Auch das Forschungsprojekt<br />

FIT4Plattform vom FIR<br />

e.V. an der RWTH Aachen hat sich mit<br />

dem Themenfeld „Implementation von<br />

Plattformen“ beschäftigt. In der dort<br />

durchgeführten Studie wird unter anderem<br />

gezeigt, dass Management- und Führungsverhalten<br />

die wichtigsten Faktoren<br />

für die erfolgreiche Umsetzung von Digi-<br />

FIR an der<br />

RWTH Aachen<br />

Bild: Andreas Horsky<br />

Das FIR an der RWTH Aachen<br />

besteht seit 1954 und<br />

beschäftigt über 50 wissenschaftliche<br />

MitarbeiterInnen<br />

in vier Fachbereichen.<br />

34 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


LOGISTK «<br />

[1] Timocom: 1 Million Angebote an einem<br />

Tag: Frachtenbörse von Timocom erreicht<br />

erneut Rekordwert. Vom 22.12.2020. Online<br />

unter: www.timocom.de/unternehmen/<br />

newsroom/pressemitteilungen/timocombestmarke-1-million-angebote<br />

[2] Bucy, Michael et al. The „how“ of Transformation.<br />

Vom 9.05.2016. Online unter:<br />

www.mckinsey.com/industries/retail/<br />

talisierungsprojekten sind. Auf Basis von<br />

Fallstudien haben die Forscher zudem<br />

acht Handlungsfelder für eine gelungene<br />

Plattformstrategie und Implementierung<br />

aufgezeigt. Als Grundlage haben sie das<br />

Business Transformation Canvas [3] verwendet.<br />

Vision<br />

Die Vision beschreibt den Zielzustand.<br />

Dafür ist es wichtig, den Zweck der Unternehmung<br />

zu kennen und diesen offen<br />

zu kommunizieren. Für Projekte wie eine<br />

Plattformintegration liegt die Vision darin,<br />

die Mitarbeiter zu motivieren und<br />

Ressourcen bereitzustellen.<br />

Strategie<br />

Analog muss das Digitalisierungsprojekt<br />

in die Gesamtstrategie integriert und auf<br />

den Bereich zugeschnitten werden. In der<br />

Strategieentwicklung wird daher die richtige<br />

Plattform ausgewählt. Dazu gilt es zu<br />

klären, was der konkrete Nutzen der<br />

Plattform ist und welche Aufgaben diese<br />

übernehmen kann. Sobald das Zielbild<br />

festgehalten und eine Kosten-Nutzen-<br />

Analyse durchgeführt wurde, muss der<br />

Ressourcenaufwand geplant werden. Anschließend<br />

sollte das Ergebnis in einer<br />

Roadmap mit Meilensteinen festgehalten<br />

werden.<br />

Projektmanagement<br />

Das Projektmanagement setzt die Strategie<br />

um und kontrolliert den Fortschritt. Es<br />

Literaturverzeichnis<br />

our-insights/the-how-of-transformation<br />

[3] Gudergan, Gerhard; Feige, Boris Alexander;<br />

Krechting, Denis (2017). Ordnungsrahmen<br />

für den Prozess der Business-Transformation.<br />

In: Blaeser-Benfer, Andreas;<br />

Pollety, Wolfgang (Hrsg.): Digitalisierung –<br />

betriebliche Handlungsfelder der Unternehmensentwicklung.<br />

Frankfurt am Main,<br />

Frankfurter Allgemeine Buch, S. 155–172<br />

bildet den Baustein der operativen Ebene<br />

von Digitalisierungsprojekten. Dazu wird<br />

eine Detailplanung des Projektablaufes<br />

erstellt. Für Software-Implementierungen<br />

wie digitale Plattformen haben sich agile<br />

Methoden wie Objectives and Key Results<br />

(OKRs) etabliert.<br />

IT-Systeme<br />

IT-Systeme gehörten zur operativen Ebene.<br />

Als integrativer Teil des Digitalisierungsprojektes<br />

gilt es, die unternehmenseigenen<br />

Schnittstellen zu kennen und so<br />

vorzubereiten, dass eine nahtlose Integration<br />

der Plattform gewährleistet werden<br />

kann.<br />

Prozesse<br />

Ebenso gilt es, die eigenen Prozesse zu<br />

überprüfen und zu analysieren, wo Optimierungspotenzial<br />

besteht. Für die<br />

Implementierung müssen bestehende<br />

Einkaufsprozesse mit den Plattform -<br />

prozessen abgeglichen und angepasst<br />

werden. Insbesondere bei der Nutzung<br />

von mehreren Plattformen muss darauf<br />

geachtet werden, dass parallele Prozesse<br />

vermieden werden oder eine ausrei -<br />

chende Schulung der MitarbeiterInnen<br />

durchgeführt wird.<br />

Organisationsstrukturen<br />

Im Fall von größeren Digitalisierungsprojekten<br />

kann es vorkommen, dass die Organisationsstrukturen<br />

angepasst werden<br />

müssen.<br />

Mitarbeiterqualifikation<br />

Die MitarbeiterInnen und deren Qualifikation<br />

sind ein wichtigster Baustein bei<br />

der Einführung von Plattformen. Dabei ist<br />

neben der Qualifikation auch die Motivation<br />

des Einzelnen entscheidend dafür, ob<br />

das Projekt erfolgreich ist.<br />

Kommunikation &<br />

Leadership<br />

Auch Kommunikation und Leadership sind<br />

entscheidende Faktoren, die über den<br />

langfristigen Erfolg eines Digitalisierungsprojektes<br />

entscheiden. Eine transparente<br />

und frühzeitige Kommunikation sichert<br />

die langfristige Zufriedenheit der<br />

Belegschaft und geht Hand in Hand mit<br />

der Vorbildfunktion des Führungsteams.<br />

Das Management- und Führungsverhalten<br />

als wichtigster Erfolgsfaktor kann die<br />

Akzeptanz der Mitarbeitenden enorm erhöhen.<br />

Über besonders motivierte MitarbeiterInnen<br />

kann zudem ein verstärkender<br />

Effekt erzielt werden, der den Rückhalt<br />

in der Belegschaft erhöht.<br />

Fazit: Betrachten Sie den Plattformbeitritt<br />

als Transformationsprozess!<br />

Digitalisierungsprojekte, wie die Einführung<br />

einer Frachtenbörse, sind schwierige<br />

Unterfangen, die ein hohes Maß an Geduld<br />

und Kommunikationstalent benötigen.<br />

Die acht Handlungsfelder helfen dabei,<br />

den Gesamtprozess nicht aus den Augen<br />

zu verlieren, um die Erfolgsquote<br />

nachhaltig zu erhöhen.<br />

Für mehr Informationen zu unserem Forschungsprojekt<br />

und unserem Abschlusstreffen<br />

am 22. Juli in digitaler Form besuchen<br />

Sie gerne unsere Webseite:<br />

www.fit4platform.de<br />

Lukas Stratmann<br />

M. Sc., FIR e.V. an der<br />

RWTH Aachen<br />

Svenja Marek<br />

M.Sc., FIR e.V. an der<br />

RWTH Aachen<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 35


» START UP<br />

Einkauf von Ladungsträgern<br />

Paletten digital beschaffen<br />

Paletten braucht fast jeder. Der Einkauf gestaltete sich dabei bis jetzt<br />

mitunter aufwendig, da es sehr viele Anbieter im Markt gibt. Mit der digitalen<br />

<strong>Beschaffung</strong>splattform Packlogx haben EinkäuferInnen es nun leichter.<br />

» Sanja Döttling<br />

Der Holzpreis steigt,<br />

Paletten brauchen<br />

Unternehmen trotzdem.<br />

Mit einer digitalen<br />

Plattform wie<br />

Packlogx können<br />

Paletten mit wenig<br />

Aufwand beschafft<br />

werden.<br />

Das 2020 gegründete Start-up Packlogx hat eine<br />

digitale Plattform für die <strong>Beschaffung</strong> von Ladungsträgern<br />

entwickelt. Dennis Maschmeyer, Mitgründer<br />

und Geschäftsführer bei Packlogx, erklärt die<br />

Hintergründe: „Wir haben festgestellt, dass die <strong>Beschaffung</strong><br />

von Ladehilfsmitteln oft manuell erfolgte.“<br />

Er kommt selbst aus der Logistikbranche und hat erlebt,<br />

wie EinkäuferInnen einzelne Hersteller und<br />

Händler angeschrieben haben. Ein langwieriges Verfahren<br />

- vor allem, da der Markt für Paletten groß<br />

und unübersichtlich ist: Es gibt europaweit mehr als<br />

800 Palettenhersteller. Maschmeyer sagt: „Es gibt<br />

unzählige Hersteller und Händler, aber auch sehr viele<br />

Unternehmen, die Paletten benötigen. Diese Konstellation<br />

eignet sich hervorragend, um sie auf einer<br />

Plattform aufzufangen.“ fangen.“ Inzwischen<br />

sind knapp 200<br />

Palettenhersteller bei Packlogx und 100 Unternehmen<br />

nutzen die Plattform für die <strong>Beschaffung</strong>.<br />

Wie man heute Paletten bestellt<br />

Die Browser-basierte Plattform Packlogx funktioniert<br />

analog zu Plattformen für andere Warengruppen. Die<br />

Anmeldung auf der Plattform ist für EinkäuferInnen<br />

wie Hersteller kostenlos. Die Hersteller werden einer<br />

Bild: steucc<br />

io79<br />

/sto<br />

ck.a<br />

dobe<br />

.com<br />

Prüfung unterzogen, bei der Steuer-ID sowie EPAL-,<br />

UIC-, CP- und andere Holzlizenzen geprüft werden.<br />

Die EinkäuferIn kann auf der Plattform eine Ausschreibung<br />

erstellen. Bei einer Anfrage handelt es<br />

sich dabei um eine einmalige Bestellung, Ausschreibungen<br />

dienen wiederkehrenden Aufträgen.<br />

„Mit der Veröffentlichung der Anfrage oder Ausschreibung<br />

hat die EinkäuferIn rund 200 Partner auf<br />

der Plattform erreicht“, so Maschmeyer. Das spart<br />

Zeit und Aufwand. Die Hersteller können daraufhin<br />

Angebote abgeben und die EinkäuferIn hat die Möglichkeit,<br />

diese zu vergleichen. Die Angebote werden<br />

anonymisiert, die EinkäuferIn erfährt nur, aus welchem<br />

Land der Hersteller kommt, welche Produktionskapazität<br />

er hat, die Anzahl der MitarbeiterInnen<br />

sowie die plattformeigene Bewertung. Vertragspartner<br />

ist Packlogx. „Damit sind wir auch für die Qualität<br />

der Paletten verantwortlich“, erklärt Maschmeyer.<br />

„Wir kümmern uns um Reklamationen, stehen für<br />

Liefertermine ein und wickeln den Kundenservice bei<br />

uns im Haus ab.“<br />

Verhandlungen standardisieren<br />

Maschmeyer schätzt, dass eine Ausschreibung im<br />

Schnitt drei bis zehn Angebote von Herstellern eller be-<br />

kommt. Er erklärt: „Das kommt darauf an, was für<br />

Paletten man benötigt. Für eine Europalette,<br />

dem<br />

meistgenutzten Ladungsträger in Europa, bekommt<br />

der User in der Regel mehr Angebote e<br />

als für<br />

Paletten<br />

im Sonderformat.“ Die EinkäuferIn kann<br />

daraufhin<br />

die Angebote vergleichen und sich für einen Anbieter<br />

entscheiden. Die Preise gelten dabei immer<br />

als „frei-<br />

Haus-Preise“, das heißt, die Lieferung der Paletten ist<br />

inbegriffen.<br />

„Wir versuchen, den <strong>Beschaffung</strong>sprozess zu stan-<br />

dardisieren und zu vereinfachen“, n“, sagt Maschmeyer.<br />

Über die Plattform ist es möglich, ein Gegenangebot<br />

an die Anbieter zu schicken. Sehen die EinkäuferInnen<br />

dennoch Bedarf für eine Nachverhandlung, kön-<br />

nen sie dies selbst über den Verhandlungsbutton<br />

übernehmen. Auftragsbestätigungen und Rechnun-<br />

gen gibt die Plattform im pdf-Format aus. „Auf Kun-<br />

36 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


denwunsch kann die Plattform an interne ERP-Systeme<br />

wie SAP vernetzt werden“, sagt Maschmeyer. Die<br />

Schnittstellenimplementierung ist für den Kunden<br />

kostenlos.<br />

Und das Einsparpotenzial?<br />

Seit Dezember letzten Jahres ist der Holzpreis in die<br />

Höhe gestiegen. Das liegt unter anderem auch an der<br />

großen Nachfrage aus Asien und Nordamerika, wo<br />

die Produktion wieder voll im Gang ist. Maschmeyer<br />

betont, dass Kunden durch die Nutzung der Plattform<br />

etwa fünf bis sechs Prozent an Einsparpotenzialen<br />

generieren können. Neben den Einsparungseffekten<br />

bei den Stückpreisen verringert die Plattform<br />

die Prozesskosten für Bestellungen. Maschmeyer<br />

empfiehlt EinkäuferInnen in Zeiten von hohen Preisen,<br />

keine langfristigen Verträge abzuschließen, sondern<br />

kurzfristiger zu planen. Sinkt der Preis für Paletten<br />

wieder, können Einkäufer an den Einsparungen<br />

partizipieren. „Über unsere Plattform sind Einkäufer<br />

näher am Markt und können besser von Preisschwankungen<br />

profitieren“, sagt er. Zudem versucht<br />

Packlogx, einen Preis-Forecast<br />

für die Zukunft zu erstellen.<br />

Dieser soll EinkäuferInnen dabei<br />

helfen, den optimalen<br />

Zeitpunkt für eine Bestellung<br />

zu finden.<br />

Das Angebot von Packlogx<br />

konzentriert sich auf Holzpaletten,<br />

auch Kunststoffpaletten<br />

wie H1- und H2-Paletten werden angeboten. Bei<br />

den Holzpaletten umfasst das Angebot genormte<br />

Produkte wie die Europalette oder Chemiepaletten<br />

der Spezifikation CP1 bis CP9. Einwegpaletten in<br />

Größen zwischen 40 cm und 10 Metern sind ebenfalls<br />

im Programm. „Hier kann sich der Kunde die Palette<br />

individuell konfigurieren“, erklärt Maschmeyer.<br />

Auch gebrauchte Paletten vertreibt die Plattform. Ihr<br />

Zustand wird nach den EPAL-Qualitätsklassifizierungen<br />

kategorisiert. „Wir kaufen dem Kunden gebrauchte<br />

Paletten ab und führen sie zurück in die<br />

Kreislaufwirtschaft“, erklärt er.<br />

Genormte Paletten wie Europaletten gelten, anders<br />

als Einwegpaletten, als tauschfähig. Doch Maschmeyer<br />

weiß aus Erfahrung, dass der Tausch, oder das<br />

„Pooling“, nicht so einfach ist. „Das Pooling gehört<br />

nicht zu unserem Hauptgeschäft. Wir sehen uns als<br />

<strong>Beschaffung</strong>splattform, die sich mit dem Ankauf und<br />

Verkauf beschäftigt“, so Maschmeyer. Dafür gibt es<br />

einige Gründe: Da viele Unternehmen ausschließlich<br />

neue Paletten verwenden, macht für sie der Tausch<br />

gegen eine gebrauchte Palette keinen Sinn. Deshalb<br />

verrechnen sie den Palettenpreis oft im Angebots-<br />

»Wir versuchen, den<br />

<strong>Beschaffung</strong>sprozess<br />

zu standardisieren und<br />

zu vereinfachen.«<br />

Dennis Maschmeyer, Packlogx<br />

Auf der Weboberfläche von Packlogx lassen sich Anfragen einfach konfigurieren und<br />

erreichen bis zu 200 Hersteller in ganz Europa.<br />

preis. Bei Exportgeschäften ist eine Rückführung der<br />

Paletten oft zu teuer. Der Palettentausch erfordert<br />

zudem einen hohen manuellen Verwaltungsaufwand.<br />

Wie es weitergeht<br />

Maschmeyer erklärt, welche<br />

Pläne das junge Unternehmen<br />

für die Zukunft hat: „Unser<br />

Produktportfolio wird in den<br />

nächsten Monaten noch<br />

wachsen.“ Dazukommen sollen<br />

weitere Kunststoffpaletten<br />

sowie Verpackungen, etwa Schnittholz und Transportkisten.<br />

Maschmeyer und sein Team denken ebenfalls<br />

darüber nach, eigene Lagerräume anzumieten,<br />

um Just-in-time-Lieferungen umsetzen zu können.<br />

Packlogx ist ein junges Unternehmen, das zu Beginn<br />

der Corona-Krise seine Geschäfte aufgenommen hat.<br />

Dennoch hat die Plattform schon viele Kunden gewinnen<br />

können, was positiv für die Zukunft stimmt.<br />

Packlogx im Überblick<br />

Name: Packlogx GmbH<br />

Sitz: Bottrop, Deutschland<br />

Geschäftsbereich: Digitale <strong>Beschaffung</strong>splattform<br />

für Ladungsträger<br />

Gegründet: 2020<br />

Partner: 200 Hersteller europaweit<br />

Kunden: 100 einkaufende Unternehmen<br />

www.packlogx.com<br />

Bilder: Packlogx<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 37


Der Trend Radar erscheint in 5. Auflage<br />

Was die Logistik bewegt<br />

Blockchain, künstliche Intelligenz und autonome Fahrzeuge sind nur einige<br />

Stichwörter, die den Wandel der Logistikbranche beschreiben. Im „Logistics<br />

Trend Radar“, der jüngst von DHL herausgegeben wurde, sammeln Experten<br />

diese und andere Schlüsselthemen der Zukunft. Eine Übersicht.<br />

» Sanja Döttling<br />

Bild: Roman Motizov/stock.adobe.com<br />

Die Welt der Logistik verändert sich. Die Corona-<br />

Pandemie zeigt deutlich auf, wo Schwachstellen<br />

in den Lieferketten liegen und hat Themengebiete<br />

wie das Multisourcing in den Vordergrund gerückt.<br />

Supply Chain ManagerInnen sollten nun die Trends<br />

der Branche umso genauer beobachten und in ihre<br />

Strategien einbinden. Um wichtige Themen zu identifizieren,<br />

können sie den „Logistics Trend Radar“ zu<br />

Rate ziehen, der alle zwei Jahre von DHL veröffentlicht<br />

wird. Unterteilt in soziale/wirtschaftliche und<br />

technologische Entwicklungen beleuchtet der Radar<br />

29 Schlüsselthemen, die die Zukunft der Logistik beeinflussen<br />

können.<br />

Neu auf dem Radar<br />

Einige Themen sind in diesem Jahr zum ersten Mal<br />

auf dem Trend Radar vertreten:<br />

• Next-Generation-Security: Mit der zunehmenden<br />

Digitalisierung wird Cybersecurity immer<br />

wichtiger. Dazu gehören: physische Sicherheitssysteme,<br />

der Schutz personenbezogener Daten sowie<br />

der Schutz vor Fälschungen.<br />

• Multisourcing: Um Lieferketten in unsicheren<br />

Zeiten resilienter zu machen, bietet sich eine<br />

Diversifizierung der Lieferanten an.<br />

• Rethinking Packaging: Bei steigender Nachfrage<br />

tritt die Nachhaltigkeit in den Vordergrund. Stichwörter<br />

sind die Kreislaufwirtschaft und Recycling.<br />

• Space Logistics: Noch Zukunftsmusik, aber dennoch<br />

wird die Logistik von Gütern über die Erd -<br />

atmosphäre hinaus Teil des neuen „Weltraum-<br />

Wettlaufs“.<br />

• Quantum Computing wird noch einige Jahre<br />

brauchen, um sich durchzusetzen. Doch die hohen<br />

Kapazitäten der ersten kommerziellen Quantum-<br />

Computer lassen großes Potenzial erahnen.<br />

Die nächsten fünf Jahre<br />

Vom zehn- in den fünf-Jahres-Horizont sind folgende<br />

Themenbereiche gerutscht:<br />

• Mass Personalization: Produkte können für immer<br />

weniger Geld individueller werden. Das gilt<br />

für die medizinische Behandlung ebenso wie für<br />

Konsumgüter wie Kleidung.<br />

• Silver Economy: 2030 werden eine Milliarde<br />

Menschen über 65 Jahre alt sein. Unternehmen<br />

müssen sich also auf ältere Mitarbeiter und<br />

Kunden einstellen.<br />

• Artificial Intelligence (AI): Eine große Wirkung<br />

verspricht der Radar der AI. Bilderkennungsalgorithmen<br />

etwa für autonome Fahrzeuge, Workflow-<br />

Automatisierung und die vorausschauende Datenanalyse<br />

sind wichtige Anwendungen.<br />

• Die Blockchain bietet Transparenz und Nachverfolgbarkeit<br />

in der Lieferkette. Kryptowährungen<br />

für die Zahlungsabwicklung sowie „selbstaus-<br />

38 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


At a Glance: The Logistics Trend Radar<br />

HIGH IMPACT<br />

Experience the interactive<br />

digital radar!<br />

Supergrid<br />

Logistics<br />

High Impact:<br />

revolutionary applications that are potentially disruptive<br />

Low Impact:<br />

evolutionary changes with incremental improvements<br />

Self-Driving<br />

Vehicles<br />

Relevancy:<br />

when a trend will become ubiquitous or commonplace in<br />

the logistics industry as a whole<br />

Social & Business<br />

Trends<br />

<br />

<br />

Multisourcing<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Logistics<br />

Rethinking<br />

<br />

<br />

Logistics<br />

<br />

Future<br />

of Work<br />

<br />

Logistics<br />

<br />

Intelligence<br />

Robotics &<br />

<br />

Internet of<br />

Things<br />

<br />

<br />

Cloud & APIs<br />

<br />

Next-<br />

<br />

Wireless<br />

3D Printing<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Computing<br />

Technology<br />

Trends<br />

Silver<br />

<br />

Augmented &<br />

<br />

Bionic<br />

<br />

LOW IMPACT<br />

<br />

RELEVANT 5-10 YEARS<br />

RELEVANT < 5 YEARS<br />

High Impact:<br />

<br />

RELEVANT < 5 YEARS<br />

RELEVANT 5-10 YEARS<br />

LOW IMPACT<br />

Bild: DHL<br />

Markplätze, Omnichannel-Logistik und Big Data sind Themen, die die Logistik laut dem Trend Radar in naher Zukunft verändern werden.<br />

lösende“ Prozesse gehen ebenfalls mit diesem<br />

Trend einher.<br />

• Next-Generation-Wireless: Hiermit sind vor<br />

allem Technologien wie RFID, NFC, Wi-Fi 6, UWB<br />

und 5G gemeint.<br />

Die Dauerbrenner<br />

Der Trend Radar listet weitere Trends, die die Logistik<br />

in der Zukunft prägen werden. Themen, die im Radar<br />

mit „hohem Wirkungsgrad“ gekennzeichnet sind,<br />

schauen wir hier genauer an.<br />

• „Future of Work“: Immer mehr Arbeiten werden<br />

in Zusammenarbeit von Mensch und Maschine<br />

verrichtet. Arbeitszeiten werden flexibler, die Weiterbildung<br />

der Mitarbeiter wichtiger.<br />

• Logistic Marketplaces: Plattformen für die Vermittlung<br />

von Transport, Lagerhaltung und Last-<br />

Mile-Auslieferungen gewinnen an Bedeutung.<br />

• Supergrid Logistics: Neue Player integrieren die<br />

gesamte Abwicklung der globalen Logistikauf -<br />

gaben unter einem Dach.<br />

• Sustainable Logistics: Nachhaltige Konzepte für<br />

die Branche umfassen unter anderem die Routenoptimierung,<br />

emissionslose Flotten sowie die<br />

Standortplanung für Lager.<br />

• Cloud und APIs tragen zum bruchfreien Austausch<br />

von Daten entlang der Liefer kette bei.<br />

• Internet of Things: Das Internet der Dinge ermöglicht<br />

die Nachverfolgbarkeit von Sendungen,<br />

vernetzt Geräte und regelt etwa Temperatur und<br />

Beleuchtung in Lagerhallen.<br />

• Self-Driving Vehicles, also autonome Fahrzeuge,<br />

sind Realität in vielen Lagern. Selbstfahrende Lkw<br />

für die Straße und Fahrzeuge für die letzte Meile<br />

stellen die nächsten Herausforderungen dar.<br />

• Unmanned Aerial Vehicles: Unbemannte Luftfahrzeuge,<br />

vor allem Drohnen, können Inventur<br />

und Überwachung sowie weitere Aufgaben in der<br />

Intralogistik übernehmen. Auch der Einsatz auf<br />

der letzten Meile könnte möglich werden.<br />

Dies sind nur einige der Themen, die laut dem Trend<br />

Radar die Zukunft der Logistik beeinflussen werden.<br />

Doch sie zeigen, wie vielseitig die Entwicklung der<br />

Branche voranschreitet. Umso wichtiger ist es, stets<br />

den Überblick zu behalten.<br />

Im Überblick<br />

Anfang des Jahres hat DHL Trend<br />

Research die 5. Auflage des Trend<br />

Radar s herausgebracht. Die Studie<br />

erscheint alle zwei Jahre und zeigt<br />

29 Schlüsseltechnologien, die die<br />

Logistik in den nächsten Jahren<br />

beeinflussen werden.<br />

Direkt zur Webseite des Trend Radars:<br />

www.hier.pro/DHL2021<br />

Bild: DHL<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 39


» LOGISTK<br />

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Bild: j-mel/stock.adobe.com<br />

Ein gutes Supply Chain Management<br />

sorgt dafür, dass die richtige Ware<br />

zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort<br />

ist. Aber Vorsicht: Fehlt nur ein Glied,<br />

dann fällt die gesamte Kette auseinander.<br />

Gerade in Zeiten von Corona drohten von<br />

vielen Seiten Engpässe und Ausfälle für<br />

die Lieferkette. Der Lkw steht im Stau, das<br />

Containerschiff ist defekt, bei einem Zulieferer<br />

streiken die Mitarbeiter – schon<br />

ist die Lieferkette unterbrochen und die<br />

Maschinen stehen still. Stillstand ist vor<br />

allem eines: teuer. Supply Chain Manager<br />

sollten deshalb rechtzeitig die Weichen<br />

stellen, um kostenintensive Engpässe zu<br />

vermeiden. Das Zauberwort heißt Transparenz<br />

durch Kollaboration.<br />

Der Connected Chain Manager (CCM) von<br />

Valantic bietet Unternehmen eine einheitliche<br />

Kollaborationslösung für die unternehmensübergreifende<br />

Zusammenarbeit.<br />

Als Software-as-a Service-Plattform<br />

verbindet er über eine Schnittstelle alle<br />

Partner innerhalb der gesamten Lieferkette.<br />

Vor allem drei Vorteile sprechen dafür,<br />

Supply Chains mit dem CCM zu optimieren.<br />

Denn ein Blick auf die Lieferkette ist<br />

stets auch ein Blick in die Zukunft.<br />

1. Transparenz durch<br />

Supply-Chain-Kollaboration<br />

Ein wesentliches Erfolgskriterium ist die<br />

unterbruchfreie Überwachung der Lieferkette.<br />

Nur in einer transparenten Supply<br />

Chain, in der alle Partner miteinander<br />

kollaborieren, lassen sich Engpässe auf<br />

Grundlage der Bestände, Lagerorte und<br />

Lieferzeiten frühzeitig erkennen. Der Connected<br />

Chain Manager bindet in einem<br />

ersten Schritt beliebig viele Lieferanten<br />

und Kunden an und visualisiert das gesamte<br />

Liefernetzwerk inklusive aller relevanten<br />

Informationen wie Beständen,<br />

Durchlaufzeiten, Stücklisten, Bedarfen<br />

und Kapazitäten. Das Ziel sollte eine<br />

gemeinsame Datenbasis aller Supply-<br />

Chain-Partner in der Cloud sein, ein<br />

„Single Point of Truth“. So gelingen eine<br />

stufen- und unternehmensübergreifende<br />

Transparenz und ein ganzheitlicher Blick<br />

auf die gesamte Supply Chain.<br />

Neben der Transparenz bleibt auch die<br />

Datensicherheit jederzeit gewährleistet.<br />

Jeder Supply-Chain-Partner hat die Hoheit<br />

über seine Daten und entscheidet<br />

selbst, wer diese sehen darf. Die Cloud-<br />

Software ist online konfigurierbar und<br />

eignet sich somit sehr gut für kritische<br />

Situationen, in denen es auf schnelle Entscheidungen<br />

in der Lieferkette ankommt.<br />

Unternehmerische Entscheidungsträger<br />

können mit dem CCM ihre <strong>aktuell</strong>e Versorgungslage<br />

sehr detailliert, standortund<br />

materialnummerngenau analysieren.<br />

2. Optimierung bestehender<br />

Prozesse in der Lieferkette<br />

Durch die neu geschaffene Transparenz<br />

sind Entscheidungsträger in der Lage,<br />

Prozesse, Abhängigkeiten und Wechselwirkungen<br />

über Unternehmensgrenzen<br />

hinweg zu analysieren. In Folge lassen<br />

sich Optimierungspotenziale erkennen,<br />

geeignete Maßnahmen festgelegen und<br />

Prozesse optimieren. Kennzahlen unterstützen<br />

dabei, bereits laufende Maßnahmen<br />

zu tracken und neue Optimierungspotenziale<br />

zu erkennen.<br />

3. Kosten und Aufwände in<br />

Lieferketten reduzieren<br />

Transparenz ist die wesentliche Voraussetzung<br />

für die Optimierung der Supply<br />

Chain. So lässt sich auch an Stellschrauben<br />

drehen, die nicht direkt im eigenen<br />

Unternehmen liegen. Unnötige Kosten<br />

entstehen etwa durch Überbestände, zu<br />

hohe oder zu niedrige Kapazitäten, überflüssige<br />

Fahrten oder falsche beziehungsweise<br />

unvollständige Lieferungen. Der<br />

Connected Chain Manager minimiert unnötige<br />

Kosten und erhöht gleichzeitig die<br />

Service Levels.<br />

Mit dem Dreiklang aus Transparenz durch<br />

Kollaboration, der darauf aufsetzenden<br />

Prozessoptimierung und den daraus resultierenden<br />

Kostensenkungen sind Supply<br />

Chain Manager in der Lage, ihre Lieferketten<br />

nachhaltig und gesamtheitlich<br />

zu optimieren. Engpässe werden frühzeitig<br />

vermieden. Falls doch mal wieder ein<br />

Lkw im Stau steht, reagieren Supply<br />

Chain Manager mit CCM schnell und<br />

proaktiv, bevor ein Schaden entsteht.<br />

Markus Schedel<br />

Produktmanager bei<br />

Valantic<br />

40 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Klimaneutraler Versand<br />

Cargoboard arbeitet mit Myclimate<br />

Ab dem 16. März bietet das Paderborner<br />

Logistik-Start-up Cargoboard einen klimaneutralen<br />

Versand auf seiner Plattform<br />

an. Basierend auf einer Formel, die unter<br />

anderem die Auslastung der Lkws, den<br />

Dieselverbrauch und die zurückgelegte<br />

Entfernung berücksichtigt, berechnet<br />

Cargoboard den genauen Ausstoß von<br />

Treibhausgasen beim Versand von Waren.<br />

Aufbauend auf dem ermittelten Ausstoß<br />

wird ein Kompensationsbetrag berechnet,<br />

der von der gemeinnützigen Stiftung<br />

Myclimate für weltweit ausgewählte Klimaschutzprojekte<br />

verwendet wird. Der<br />

klimaneutrale Transport kann auch von<br />

nicht registrierten Kunden auf<br />

der Cargoboard-Plattform gebucht<br />

werden. Nach der Eingabe<br />

der Sendungsdaten kann<br />

sich der Kunde neben einem<br />

Standard- oder Express-Transport<br />

nun auch zusätzlich für<br />

den klimaneutralen Versand<br />

entscheiden.<br />

Beim nationalen Versand einer einzelnen<br />

Palette mit einem Gewicht von 150 kg ergibt<br />

sich beispielsweise ein Neutralisa -<br />

tionsbetrag in Höhe von 46 Cent, der bei<br />

Wahl des klimaneutralen Versands zusätzlich<br />

zu den Transportkosten berech-<br />

net wird. Durch verschiedene Auszeichnungen,<br />

wie etwa Neutralisationsurkunden<br />

und grüne Versandlabels, können<br />

Kunden ihre Unternehmensphilosophie<br />

auch nach außen präsentieren. (sd/kr)<br />

www.cargoboard.de<br />

Bild: Cargoboard GmbH & Co.KG<br />

Fünf Trends & Entwicklungen<br />

Kratzer Automation präsentiert „Logistik-Trends 2021“<br />

Bild: photostriker/stock.adobe.com<br />

Die Kratzer Automation AG hat ein Thesenpapier veröffentlicht, das die zu<br />

erwartenden Entwicklungen in der Logistik-Branche vorstellt und bewertet.<br />

Im Mittelpunkt stehen fünf Trends, die das Transportwesen in und nach der<br />

Pandemie prägen werden:<br />

• Bleibende Erfahrungen aus der Corona-Krise<br />

• Steigende Bedeutung von Customer Experience<br />

• Nachhaltigkeit in der Lieferkette<br />

• Neue Technologien<br />

• Big Data im Transportwesen<br />

Das Thesenpapier kann kostenlos heruntergeladen werden:<br />

www.hier.pro/Kratzer2021 (sd/kr)<br />

www.kratzer-automation.com<br />

Brexit-Folgen<br />

Nachfrage für ISPM-15-standardisierte EPAL-Paletten steigt<br />

Nach dem Ablauf der Übergangsfrist zur<br />

Regelung des Brexit sind Auswirkungen<br />

auf den Warenverkehr zwischen Großbritannien<br />

und der EU spürbar. Seit Jahresbeginn<br />

müssen Transportmittel aus Holz<br />

dem ISPM-15-Standard entsprechen, und<br />

so steigt der Bedarf an ISPM-15-standardisierte-Holzpaletten<br />

rapide an. Heimische<br />

Wälder und Ökosysteme sollen dabei<br />

durch die seit 2002 bestehende Vorschrift<br />

der International Plant Protection Convention<br />

(IPPC) besser geschützt werden.<br />

EPAL setzt seit 2010 auf die Einhaltung<br />

dieses Standards. Bei der Umstellung tun<br />

sich jedoch diejenigen Prozessbeteiligten<br />

schwer, die bislang noch kein IPPC-behandelten<br />

Holzladungsträger eingesetzt<br />

haben. Die Folge daraus: Versorgungsketten<br />

werden unterbrochen, da nicht ausreichend<br />

ISPM-15-Standard Paletten eingekauft<br />

worden sind. Es kommt zu Lieferengpässen<br />

und leeren Regalen. (sd/kr)<br />

www.gpal.de<br />

www.ekom.de<br />

Bild: European Pallet Association e. V.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 41


» LOGISTK<br />

Kunststoff-Leichtpaletten<br />

Neue Paletten von Smart-Flow<br />

Bild: Smart-Flow<br />

Die neuen, nestbaren und platzsparenden<br />

Exportpaletten von Smart-Flow eignen<br />

sich durch ihr quadratisches Format für<br />

den Transport und das Container-Shipping.<br />

So lässt sich teurer Frachtraum bis<br />

in die letzte Ecke ausnutzen.<br />

Die Paletten sind aus HDPE-Kunststoff<br />

gespritzt und können wahlweise als Reinwarenprodukte<br />

oder aus recyceltem<br />

Kunststoff produziert werden. Gegenüber<br />

Holzpaletten nehmen sie keine Feuchtig-<br />

keit auf und Schädlinge<br />

können sich nicht<br />

in den Paletten einnisten.<br />

Die quadratischen Leichtpaletten sind in<br />

den Maßen 1100 x 1100, 1140 x 1140 und<br />

1200 x 1200 mm erhältlich. Alle Varianten<br />

besitzen eine Höhe von 145 mm und<br />

sind jeweils mit 9 abgerundeten 7-mm-<br />

Füßen ausgestattet.<br />

Die offene Struktur des Decks lässt sich<br />

gründlich reinigen. Die Palette kann auf-<br />

grund ihrer<br />

Robustheit und Qualität in vielen Umläufen<br />

dauerhaft eingesetzt werden und ist<br />

am Ende der Nutzungsdauer zu 100 Prozent<br />

recycelbar. (sd/kr)<br />

www.smart-flow.com<br />

Behälter für mehr Sicherheit beim Impfstofftransport<br />

Zarges bietet temperaturgeführten Transport<br />

Bild: Zarges<br />

Mit dem Beginn der landesweiten Einführung<br />

der COVID-19-Impfung rückte auch<br />

der sichere Transport in den Vordergrund.<br />

Sowohl die Pfizer- als auch die Moderna-<br />

Variante müssen bei niedrigen Temperaturen<br />

sicher gelagert werden, um die Verwendbarkeit<br />

zu gewährleisten. Als Anbieter<br />

von Lager- und Transportbehältern für<br />

Medizinprodukte und Gefahrgut bietet<br />

Zarges hierzu eine Reihe von Lösungen<br />

für den Versand von temperaturempfindlichen<br />

Gütern an.<br />

Dazu gehört die Universalkiste K 470, eine<br />

leichte Transportbox aus Aluminium, die<br />

in 25 Standardgrößen und -volumen von<br />

13 bis 829 Litern erhältlich ist. (sd/kr)<br />

www.zarges.de<br />

Elektro oder nicht?<br />

Probefahrt mit Mercedes-Benz-App<br />

Kontraktlogistik<br />

Pfenning Logistics und Midea<br />

Weil beim Umstieg auf elektrische<br />

Antriebe oftmals Fragen<br />

auftauchen, stellt Mercedes-<br />

Benz eine Reihe kostenloser<br />

Apps als Entscheidungshilfen<br />

bereit. Eine davon ist die EQ<br />

Ready App. Anhand betriebsspezifischer<br />

Informationen informiert<br />

sie über die Wirtschaftlichkeit<br />

von eSprinter,<br />

eVito, eVito Tourer sowie EQV.<br />

Die App zeichnet auf Wunsch<br />

reale Fahrstrecken mit zahlreichen<br />

Parametern auf. Es folgt<br />

eine Auswertung des Ladezustandes<br />

der Batterie, als ob die<br />

Fahrt mit einem elektrisch angetriebenen<br />

Van stattgefunden<br />

hätte. (sa/kr)<br />

www.mercedes-benz.com<br />

Bild: Daimler<br />

Die Pfenning Logistics Group,<br />

ein Kontraktlogistiker für Konsumgüter,<br />

übernimmt künftig<br />

logistische und logistiknahe<br />

Aufgaben für Midea, ein Hersteller<br />

von Haushaltsgeräten.<br />

Die Zusammenarbeit erstreckt<br />

sich auf das gesamte Warensortiment<br />

von Groß- und<br />

Kleingeräten für den Haushalt<br />

sowie Klimaanlagen der Marken<br />

Midea, comfee und Toshiba.<br />

Der operative Betrieb am Logistikstandort<br />

Philippsburg<br />

startet Anfang 2021 mit den<br />

Midea-Produktportfolios Klimaanlagen,<br />

Kühl- und Gefriergeräte,<br />

Haushaltsmaschinen<br />

und Küchenkleingeräte – insgesamt<br />

mehr als 400 Artikel.<br />

(sd/kr)<br />

www.pfenning-logistics.com<br />

Bild: Midea Group<br />

42 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


transport logistic 2021<br />

Online-Konferenz vom 4. bis 6. Mai 2021 geplant<br />

Die transport logistic 2021 findet nicht<br />

vor Ort statt. Hintergrund sind die zahlreichen<br />

internationalen Reisebeschränkungen.<br />

Austausch und Wissenstransfer ermöglicht<br />

die transport logistic stattdessen mit<br />

einer Online-Konferenz zum ursprünglichen<br />

Messezeitpunkt vom 4. bis 6. Mai<br />

2021 – ein Brückenschlag zu den weiteren<br />

Events im transport-logistic–Netzwerk<br />

im September in San Francisco, im<br />

November in Istanbul, im Februar 2022 in<br />

Mumbai, im Juni 2022 in Shanghai und<br />

im Februar 2023 in Johannesburg. Birgit<br />

Kastner-Simon, Mitglied des Ausstellerbeirats<br />

und Director Corporate Marketing<br />

bei Dachser, erklärt<br />

dazu: „Der Bedarf,<br />

mit internationalen<br />

Partnern und Kunden<br />

in den Austausch<br />

zu treten,<br />

ist gerade in diesen<br />

herausfordernden<br />

Zeiten größer denn<br />

je. Die transport logistic wäre zu normalen<br />

Zeiten dafür die beste Plattform. Wir<br />

werden die kommenden Veranstaltungen<br />

im transport-logistic–Netzwerk bestmöglich<br />

für uns nutzen – und spätestens 2023<br />

in München erneut zusammenkommen<br />

und den internationalen Branchentreff<br />

der Logistik wieder zu einem vollen Erfolg<br />

machen.“<br />

Die nächste transport logistic als physische<br />

Messe findet vom 9. bis 12. Mai<br />

2023 statt. (sd/kr)<br />

www.transportlogistic.de<br />

Bild: m.mphoto/stock.adobe.com<br />

Neuer Bestwert im Smart Logistics System<br />

Frachtenbörse von Timocom erreicht Rekordwert<br />

Am 15. Dezember 2020 waren eine Million Fracht- und Laderaumangebote<br />

im Smart Logistics System von Timocom eingestellt.<br />

So viele Angebote waren noch nie zuvor an einem einzigen<br />

Tag in der Frachtenbörse verfügbar. Neben dem saisonalen<br />

Einfluss fungieren sowohl der Lockdown als auch der Brexit als<br />

mögliche Treiber der Entwicklung. Bereits im März 2020 kam es<br />

zu hohen Angebotszahlen vor Beginn des ersten bundesweiten<br />

Lockdowns. Bisher lag der Spitzenwert bei täglich bis zu<br />

750.000 internationalen Fracht- und Laderaumangeboten. Seit<br />

Dezember 2020 lagen die Angebotszahlen konstant über dieser<br />

bisherigen Bestmarke. (sd/kr)<br />

www.timocom.de<br />

Logistik-Antwort auf den Brexit<br />

VAAY ist neuer Kunde bei Everstox<br />

Everstox, Betreiber der gleichnamigen,<br />

API-basierten Logistikplattform, gewinnt<br />

die CBD-Marke VAAY (Sanity Group) als<br />

neuen Kunden. Mit Lifestyle-Artikeln wie<br />

Badekugeln, Schlafölen und Sportgels<br />

setzt VAAY, die Marke des Berliner Startups<br />

Sanity Group, Akzente im Bereich innovativer<br />

CBD-haltiger Wellbeing- und<br />

Kosmetikprodukte. Ihre Produktdistribu -<br />

tion in Großbritannien wickelt VAAY jetzt<br />

über unabhängige Logistikdienstleister<br />

aus dem Everstox-Netzwerk ab. Mit der<br />

Entscheidung für ein lokales Logistik-<br />

Setup in Großbritannien verfolgt VAAY<br />

die Strategie, auch nach dem Brexit<br />

lückenlose Lieferketten sicherstellen zu<br />

können. Das Logistik-Setup über das<br />

Everstox-Netzwerk ermöglicht Einsparungen<br />

bei neuen, durch den Brexit drohenden<br />

Import- und Zollsteuern sowie<br />

Versandkosten. (sd/kr)<br />

www.everstox.com<br />

Bild: Everstox<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 43


» HANDLING & MONTAGE<br />

Drahtlose Kommunikationstechnologien in der Produktion<br />

5G allein ist kein Heilsbringer<br />

Die Zunahme mobiler Systeme und die Wandlung von statischen Produktions -<br />

anlagen hin zu einem modularisierten Fabrikaufbau begünstigen den Einsatz<br />

von drahtlosen Kommunikationstechnologien. Die Anforderungen der Industrie<br />

hat der Antriebstechnikspezialist SEW-Eurodrive analysiert und sie mit der<br />

Leistung <strong>aktuell</strong>er und künftiger Kommunikationstechnologien verglichen.<br />

Fahrerlose Transportsysteme von<br />

SEW-Eurodrive treiben neben der<br />

bekannten Sensorfusion gleichzeitig<br />

die Nutzung unterschied -<br />

licher Kommunikationstechno -<br />

logien voran.<br />

Bild: SEW-Eurodrive<br />

Unterstützt durch die Digitalisierung, kurz<br />

Industrie 4.0, verlagert sich die Fabrikautomatisierung<br />

derzeit in Richtung einer intelligenten und<br />

vernetzten Smart Factory. Die Vision ist eine Fabrik<br />

der Zukunft, die extrem flexibel ist und sich an verschiedene<br />

Herausforderungen anpassen lässt, einschließlich<br />

einer großen Produktvielfalt und Flexibilität<br />

bis zur Losgröße eins.<br />

In einer solchen Umgebung wird Mobilität immer<br />

notwendiger, beispielsweise über fahrerlose Transportfahrzeuge<br />

(FTF). Dabei hilft die Kooperation zwischen<br />

Mensch und Maschine, die Produktionsanlagen<br />

von morgen flexibler und effizienter zu gestalten.<br />

Dazu gehört auch eine engmaschige Kommunikation,<br />

die all diese Systeme miteinander verbindet.<br />

Letztlich ist es erforderlich, die gesamte Wertschöpfungskette<br />

nahtlos in das Kommunikationsnetz der<br />

Fabrik zu integrieren. Aktuell verfügbare drahtlose<br />

Kommunikationssysteme sind jedoch oft nicht dafür<br />

ausgelegt, die hohen technischen Anforderungen in<br />

der zukünftigen Smart Factory zu erfüllen.<br />

Mobile Systeme bietet SEW-Eurodrive in Form fahrerloser<br />

Transportfahrzeuge, auch Automated Guided<br />

Vehicle (AGV) genannt. Diese sind heute hauptsächlich<br />

per WLAN vernetzt. Allerdings wird dieses lokale<br />

Funknetz nicht in der Lage sein, künftige FTF-<br />

Anwendungsfälle in einer flexiblen Produktions um -<br />

gebung zu ermöglichen. Mobile Roboter, massive<br />

drahtlose Sensornetzwerke und mobile Bedienpanels<br />

mit Sicherheitsfunktionen sind einige Beispiele für<br />

44 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Anwendungen, deren Kommunikationsanforderungen<br />

WLAN nicht stemmen kann.<br />

Matrix-Produktion extrem flexibel<br />

Ein mögliches Konzept für die Fabrik der Zukunft ist<br />

die Matrix-Produktion. Sie teilt die automatisierte<br />

Produktion von Waren in die für die Herstellung<br />

erforderlichen Schritte auf und weist diese Produk -<br />

tionszellen zu. Werkstücke werden einer Produktionszelle<br />

zugeführt, wo sie einem bestimmten Prozess<br />

unterzogen werden, etwa einem Umbau, einem Zusammenbau<br />

oder einer Prüfung. Anschließend verlässt<br />

das modifizierte Werkstück die Zelle. Wird der<br />

Weg des Werkstücks durch die Fabrik verändert, lässt<br />

sich ein anderes Produkt herstellen. Diese ausgesprochen<br />

flexible Idee erfordert es, alle Prozesse präzise<br />

zu orchestrieren.<br />

Für die Warenbewegung zwischen den Produktionszellen<br />

sorgen mobile Assistenten und intelligente<br />

Logistiksysteme. Als weiterentwickelte Versionen des<br />

klassischen FTF sind sie in der Lage, die hohen Anforderungen<br />

des Matrix-Produktions-Konzeptes zu erfüllen.<br />

Dabei übernehmen sie verschiedene Aufgaben<br />

wie den Transport, die Bearbeitung von Waren oder<br />

die direkte Unterstützung des Menschen.<br />

Das Netzwerkbeispiel zeigt: In der zukünftigen Smart Factory ist die gesamte Wertschöpfungskette<br />

nahtlos in das Kommunikationsnetz integriert. Die derzeitigen Funkstandards<br />

sind jedoch oft nicht dafür ausgelegt.<br />

Typische Anwendungsfälle<br />

Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: In einer Matrix-<br />

Produktion müssen bis zu 1000 mobile Teilnehmer<br />

und 100 Produktionszellen auf einer Fläche von<br />

10.000 m² an die drahtlose Kommunikation angebunden<br />

werden. Anwendungsfälle in der Fabrik der<br />

Zukunft sind daher sehr vielfältig und haben unterschiedliche<br />

Ziele. Ein drahtloses Sensornetzwerk beispielsweise<br />

überträgt wenige Informationen, benötigt<br />

jedoch eine Kommunikationsmethode mit sehr<br />

geringem Energiebedarf. Bedienpanels erzeugen unvorhersehbare<br />

Datenraten. Es können E-Mails, Videos<br />

oder Dokumente übertragen werden. Das genutzte<br />

Kommunikationsmedium muss mit diesen unterschiedlichen<br />

Beanspruchungen effizient umgehen.<br />

Auch die Kommunikation der mobilen Assistenten<br />

kann sehr heterogen sein. Als Beispiel soll hier die<br />

Fernsteuerung durch einen Operator dienen. Von<br />

dem mobilen Assistenten zum Operator müssen Sensordaten<br />

übertragen werden, die einen hohen Durchsatz<br />

benötigen, beispielsweise ein Live-Video. In ent-<br />

Bild: SEW-Eurodrive<br />

Aktuell verfügbare Kommunikationstechnologien<br />

• IEEE 802-Standards: IEEE 802.11<br />

(WLAN) ist die am meisten verwendete<br />

drahtlose Kommunikationstechnologie<br />

für mobile Roboter<br />

im industriellen Umfeld. In<br />

Spezialfällen können auch Standards<br />

wie Bluetooth und Zig-Bee<br />

effektiv eingesetzt werden.<br />

• Induktive Kommunikation: NFC<br />

und RFID ermöglichen Datenaustausch<br />

über kurze Distanzen.<br />

Durch die kurze Reichweite<br />

kommt es kaum zu Interferenzen<br />

mit anderen Kommunikationsstandards.<br />

Proprietäre Lösungen<br />

können auch genügend Energie<br />

liefern, um akkubetriebene<br />

mobile Systeme aufzuladen.<br />

• Visible Light Communication:<br />

VLC ist ein drahtloses Peer-to-<br />

Peer-Kommunikationssystem,<br />

das für die Datenübertragung<br />

das (nahezu) sichtbare Licht<br />

nutzt. Ihre hohe Zuverlässigkeit<br />

und geringe Störungsanfälligkeit<br />

macht die Technologie für den<br />

Anwendungsfall des kooperativen<br />

Fahrens interessant.<br />

• Radarkommunikation: Radarsensoren<br />

sind kostengünstig und<br />

daher für Anwendungen im<br />

Bereich der Fabrikautomation<br />

geeignet. Ihre Hauptfunktionen<br />

sind Objekterkennung und Entfernungsmessung,<br />

aber es ist<br />

auch möglich, Daten auf das<br />

gesendete Signal zu modulieren.<br />

Die Technologie befindet sich<br />

noch in der Experimentierphase,<br />

aber das breite Frequenzband<br />

lässt erwarten, dass hohe Datenraten<br />

erreichbar sein werden.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 45


» HANDLING & MONTAGE<br />

Praktische Umsetzung<br />

Mobile Assistenzsysteme wie dieses Beispiel aus der Auto -<br />

mobilproduktion vernetzen die einzelnen Produktions- und<br />

Montageprozesse.<br />

Bild: SEW-Eurodirve<br />

Eine enge Kooperation zwischen Industrie und Forschung<br />

gab es bereits mit einem Kunden des Systemlösungsbereiches<br />

Maxolution von SEW-Eurodrive.<br />

Hier wurde in einer frühen Phase in ein Fahrzeug,<br />

das für die Automobilproduktion verwendet wird,<br />

entsprechende Technologie eingebaut. Erste Tests<br />

zur Verfügbarkeit und Handhabbarkeit verliefen sehr<br />

vielversprechend. Der Bruchsaler Antriebstechnikspezialist<br />

forciert mit Maxolution ebenfalls mobile<br />

Systeme, die neben der bereits bekannten Sensor -<br />

fusion die gleichzeitige Nutzung unterschiedlicher<br />

Kommunikationstechnologien vorantreiben werden.<br />

Verschiedene Systeme werden hier neben dem klassischen<br />

WLAN mit Cutting-Edge-Kommunikation<br />

(in diesem Beispiel Lichtkommunikation) ausgestattet,<br />

um situativ richtig und ressourcenoptimiert mit<br />

dem Gegenpart zu kommunizieren.<br />

gegengesetzter Richtung überträgt der Operator Bewegungsbefehle<br />

an den mobilen Assistenten, wobei<br />

es nicht zu Paketverlusten kommen darf. Für Up- und<br />

Down-Link wird eine geringe Latenz benötigt, damit<br />

der Operator den mobilen Assistenten steuern kann.<br />

Grenzen heutiger Technologien<br />

Die Herausforderungen, die ein Anwendungsfall an<br />

das Kommunikationssystem stellt, hängen von der<br />

Gesamtheit seiner Eigenschaften ab. Somit stellt das<br />

drahtlose Sensornetzwerk keine Herausforderung<br />

aufgrund der Datenrate dar, sondern vielmehr aufgrund<br />

der Anzahl der Geräte, wobei nur für eine Teilmenge<br />

der Knoten niedrige Latenzzeiten und genaue<br />

Taktzeiten erforderlich sind. Bei den mobilen Bedienpanels<br />

gibt es eine andere Herausforderung: Innerhalb<br />

eines Gerätes kann es sowohl datenintensive als<br />

auch latenz- und zuverlässigkeitskritische Anwendungen<br />

geben. Hier vermittelt ein Gleichzeitigkeitsfaktor<br />

einen guten Eindruck von der durchschnittlichen<br />

Datenrate, aber es werden auch höhere Spitzenwerte<br />

auftreten.<br />

Werden <strong>aktuell</strong>e Feldversuche berücksichtigt, kann<br />

die 5. Mobilfunkgeneration nur knapp die Anforderungen<br />

dieser Beispielfabrik mit 10.000 m² erfüllen.<br />

Geht man jedoch etwa von Spitzenlasten im Netzwerk<br />

aus, reichen die Ressourcen nicht mehr aus. Zukünftige<br />

Feldversuche und die Leistung von Release<br />

16 und 17 des 5G-Standards sind in diesem Zusammenhang<br />

von großem Interesse.<br />

Das Fazit: 5G zieht bereits viel Aufmerksamkeit auf<br />

sich. Die ersten Implementierungen in Fabrikhallen<br />

laufen an. Derzeit ist es möglich, erste Eindrücke anhand<br />

privater LTE- oder 5G-Non-Standalone-Lösungen<br />

zu gewinnen. Die 802.11-Familie des WLAN-<br />

Standards ist eine ausgereifte Technologie, die nicht<br />

für den Einsatz in der Fabrikautomation vorgesehen<br />

ist, aber dennoch die Anforderungen einiger Anwendungsfälle<br />

erfüllt. Andere Cutting-Edge-Kommunikationsmethoden<br />

nähern sich der Marktreife (Licht-<br />

Kommunikation oder Radar-Kommunikation) – ihre<br />

Integration wird durch den Einsatz flexibler Routing-<br />

Technologien ermöglicht. Die generelle Frage nach<br />

Wahl der richtigen Technologie für jeden Anwendungsfall<br />

muss immer einzeln beantwortet werden.<br />

Die Lösungen der Zukunft können nur durch eine<br />

enge Kooperation zwischen Industrie und Forschung<br />

entstehen.<br />

Eike Lyczkowski,<br />

Andreas Wanjek,<br />

Christian Sauer<br />

Mitarbeiter des Fachkreises<br />

„Funk und<br />

Navigation“ bei SEW-<br />

Eurodrive in Bruchsal.<br />

46 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Vakuumgreifer für Cobots<br />

Schnell muss es gehen<br />

Vakuumgreifer an kollaborativen Robotern ermöglichen sichere und zugleich schnelle<br />

Prozesse. Um deren Installation und Wartung zu beschleunigen und noch flexibler bei<br />

verschiedensten Anwendungsfällen zu sein, hat SMC mit der Serie ZXP-X1 sein Vakuum-<br />

Portfolio erneut weiterentwickelt. Das Plug-and-play verschafft Anwendern viele Vorteile.<br />

An einem kollaborativen Roboter, kurz Cobot, ermöglicht die Vakuumgreifereinheit<br />

der Serie ZXP-X1 eine schnelle und einfache Plug-and-play-Montage. Viele Varianten<br />

sorgen für Flexibilität beim Bestücken für zahlreiche Anwendungsfälle.<br />

Kundenanforderungen ändern sich<br />

immer wieder. Gleichzeitig sind<br />

Wartung und Instandhaltung unverzichtbar,<br />

um die Prozesssicherheit zu gewährleisten.<br />

Das gilt auch für die Fälle, in denen<br />

Vakuumgreifer etwa an Cobots für<br />

Pick-and-Place-Anwendungen bis hin<br />

zum Etikettieren oder Palettieren ein -<br />

gesetzt werden. SMC, der Spezialist für<br />

pneumatische und elektrische Automatisierung,<br />

bietet daher mit der Vakuumgreifereinheit<br />

der Serie ZXP-X1 eine neue<br />

Lösung, von der Anwender umfangreich<br />

profitieren: Zeitersparnis bei Installation<br />

und Wartung, mehr Flexibilität dank einer<br />

variierbaren Anzahl an Vakuumsaugern<br />

und individueller Befestigungsmöglichkeiten<br />

sowie Platzersparnis durch eine<br />

Bild: SMC<br />

All-in-one-Einheit mit beispielsweise integriertem<br />

Vakuumerzeuger und Drucksensor.<br />

Der Anschluss des Vakuumgreifers<br />

ZXP-X1 erfolgt nach dem Plug-and-play-<br />

Prinzip: Die einfache sowie intuitive Programmierung<br />

ermöglicht die rasche Inbetriebnahme<br />

durch müheloses Anschließen<br />

der Luftversorgungsleitung und der elektrischen<br />

Verdrahtung per M8-Steckverbindung.<br />

Mittels normiertem Montageflansch<br />

lässt sich auch der Greifer mit<br />

wenig Aufwand anbringen. Ferner verhindert<br />

ein am Vakuumanschluss angebrachtes<br />

Gittergewebe, dass Fremdkörper eindringen.<br />

„Anwender erhalten eine Lösung,<br />

die ihnen eine Zeitersparnis bei Installation<br />

und Wartung bietet – und damit Kosten<br />

spart“, meint Produktmanagerin Irina<br />

Hermann.<br />

Je nach Anwendungsfall lassen sich nicht<br />

nur einer, zwei oder vier Vakuumsauger<br />

am Greifer anbringen, sondern auch<br />

diverse Saugervarianten – ob hinsichtlich<br />

Durchmesser, Saugerform (flach, flach mit<br />

Rippen, dünn flach, Faltenbalg oder<br />

mehrstufiger Faltenbalg) oder Material<br />

(NBR, Silikonkautschuk, Urethankautschuk<br />

oder FKM). Außerdem können die<br />

Sauger dank Befestigungsflansch einerseits<br />

mit unterschiedlichen Abständen<br />

befestigt und andererseits bei externer<br />

Vakuumquelle separat verwendet werden.<br />

Zudem lässt sich durch das optionale Anbringen<br />

des Vakuumsicherheitsventils der<br />

Serie ZP2V von SMC der Prozess optimieren<br />

und das Vakuum auch bei nicht belegten<br />

Saugern beim Transfer aufrecht -<br />

erhalten. Die Zertifizierung der Serie<br />

ZXP-X1 für Universalroboter der Serien<br />

UR3(e), UR5(e), UR10(e), UR16e (kollaborative<br />

Roboter/Cobots) ermöglicht darüber<br />

hinaus den Einsatz an verschiedenen<br />

Robotersystemen.<br />

Den Greifer auf Diät gesetzt<br />

Überdies hat SMC dem Greifer eine Diät<br />

verpasst: Die Zahl der Komponenten wurde<br />

reduziert und die äußeren Dimensionen<br />

verschlankt. Dies reduziert das Gewicht<br />

um weitere 5 Prozent. Da Vakuumerzeuger,<br />

Vakuumsauger, Ventile und<br />

Drucksensoren in einer Einheit verbaut<br />

sind, ist die Serie ZXP-X1 als All-in-one-<br />

Einheit mit ihren vielfältigen Vorteilen<br />

branchenweit und für verschiedenste<br />

Aufgaben geeignet – von der Nahrungsmitte-<br />

über die Papier- und Verpackungsindustrie<br />

bis hin zur Automatisierungsund<br />

Fertigungsindustrie. (dk)<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 47


TITEL » ZULIEFERUNG<br />

Bild: Igus<br />

36-monatige Igus-Garantie für Chainflex-<br />

Leitungen und Lebensdauer berechnung auf<br />

Grundlage von zwei Milliarden Testzyklen pro<br />

Jahr – so lautet das zertifizierte<br />

Qualitätsversprechen für Chainflex-Leitungen.<br />

Was die Zertifizierung für bewegte Leitungen dem Anwender bringt<br />

Vertrauen ist gut,<br />

Kontrolle ist besser<br />

In einer Zeit, in der sich wirtschaftliche Rahmenbedingungen schnell verändern,<br />

zählen vor allem Vertrauen und Sicherheit für die Geschäftsbeziehungen, den Vertrieb<br />

und schlussendlich für den Gebrauch von Industriegütern. Die Zertifizierung<br />

eines Nutzenversprechens und die damit einhergehende verbriefte Qualität von<br />

Maschinen, Komponenten und Bauteilen leisten einen nicht zu unterschätzenden<br />

Beitrag für mehr Sicherheit und vereinfachen auch Exporte in die USA.<br />

48 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Igus hat als Spezialist für bewegte Leitungen in<br />

Energieketten jetzt sein Werbeversprechen für seine<br />

Chainflex-Leitungen von den renommierten<br />

Underwriters Laboratories verifizieren lassen – als<br />

erstes europäisches Unternehmen. Und stellt Kunden<br />

damit noch mehr Sicherheit und einen vereinfachten<br />

Export in die USA in Aussicht.<br />

Zugekaufte Bauteile, die zu früh verschleißen: Für<br />

Hersteller von Automatisierungstechnik ein Alptraum.<br />

Die Performance ihrer Anlagen leidet,<br />

schlimmstenfalls kommt es beim Anwender zu teuren<br />

Produktionsausfällen mit hohen Reparaturkosten.<br />

Das Renommee des Herstellers nimmt Schaden.<br />

Doch wie lässt sich dieses Szenario abwenden?<br />

36 Monate Garantie und ein<br />

Online- Lebensdauerrechner<br />

„In der Regel beweist im Industriebereich erst die<br />

Praxis, ob ein Produkt hält, was die Marketingaus -<br />

sage verspricht. Doch dann kann es oft schon zu spät<br />

sein“, sagt Rainer Rössel, Leiter des Geschäftsbereichs<br />

Chainflex-Leitungen bei Igus. „Deswegen war<br />

unser Ansatz ein anderer und wir wollten unser Marketingversprechen<br />

für Leitungen wissenschaftlich<br />

beweisen. Ziel war und ist es, dass unsere Aussagen<br />

eine verlässliche Orientierungshilfe sind und Entscheidern<br />

noch mehr Planungssicherheit ermöglichen.<br />

Das gelingt uns mit einer Verifizierung durch<br />

eine unabhängige Prüfinstanz.“<br />

Um zu verstehen, was sich Igus zertifizieren lässt,<br />

lohnt ein Blick auf das Unternehmen. Die Geschichte<br />

reicht zurück ins Jahr 1964. Günter Blase gründete<br />

den Betrieb damals in einer Garage in Köln Mülheim.<br />

Die Idee: In bewegten<br />

Anwendungen<br />

Metall durch leichten,<br />

günstigen und<br />

langlebigen Kunststoff<br />

ersetzen.<br />

Heute werden diese<br />

Motion Plastics<br />

weltweit eingesetzt<br />

– vom Hafenkran<br />

und Automobilen<br />

»Wir sind das erste<br />

Unternehmen in Europa,<br />

das ein Produktversprechen<br />

durch eine Prüfinstitution<br />

bestätigen lässt.«<br />

Rainer Rössel, Igus<br />

über die Halbleiterindustrie bis hin zu Robotern. Igus<br />

beschäftigt heute 4150 Mitarbeiter und hat Standorte<br />

in 35 Ländern. Das Sortiment ist auf mehr als hunderttausend<br />

Produkte gewachsen – darunter Energieketten<br />

für die Leitungsführungen in Maschinen und<br />

Anlagen, Kunststofflager, Gewindetechnik, Komponenten<br />

für die Low-Cost-Automation sowie das<br />

größte Portfolio an speziell für Energieketten entwickelte<br />

und getestete Leitungen. Bei all diesen „Motion<br />

Plastics“ geht es darum, Technik zu verbessern und<br />

Kosten zu reduzieren, transparent und bewiesen. „Das<br />

ist unser Job!“, sagt der Slogan der Igus-Messe, die<br />

derzeit auf 400 m 2 in Köln aufgebaut und virtuell begehbar<br />

ist. (www.igus.de/virtuellemesse)<br />

Das UL-Prüflabel<br />

Underwriters Laboratories (kurz UL) ist eine<br />

unabhängige Organisation, die Produkte hinsichtlich<br />

ihrer Sicherheit untersucht und zertifiziert. Der<br />

Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in<br />

Northbrook im US-Bundesstaat Illinois.<br />

Das UL-Zeichen besitzt im Prinzip nicht mehr<br />

rechtliches Gewicht als andere Handelsmarken.<br />

In diesem Punkt unterscheidet es sich von der<br />

CE-Kennzeichnung oder der Norm Federal<br />

Communications Commission Part 15, die beide<br />

gesetzlich vorgeschrieben sind. In der Praxis<br />

dürfte es sich jedoch als sehr schwierig erweisen ,<br />

Produkte ohne ein UL-Prüfzeichen auf den USamerikanischen<br />

Markt zu bringen.<br />

germany.ul.com/<br />

Bild: UL<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 49


TITEL » ZULIEFERUNG<br />

Hier, im 3800 m 2<br />

großen Testlabor in<br />

Köln, werden zwei<br />

Milliarden Testzyklen<br />

für Chainflex-<br />

Leitungen pro Jahr<br />

absolviert . Die<br />

generierten Daten<br />

ermöglichen eine<br />

36-Monate-Garantie.<br />

Energiekettensysteme<br />

Die Igus GmbH ist ein weltweiter Hersteller von<br />

Energiekettensystemen und Polymer-Gleitlagern.<br />

Das familiengeführte Unternehmen mit Sitz in<br />

Köln ist in 35 Ländern vertreten und beschäftigt<br />

weltweit 4150 Mitarbeiter. 2019 erwirtschaftete<br />

das Unternehmen mit Motion Plastics, Kunststoffkomponenten<br />

für bewegte Anwendungen, einen<br />

Umsatz von 764 Mio. Euro. Igus betreibt die<br />

größten Testlabore und Fabriken in seiner<br />

Branche , um dem Kunden innovative, auf ihn<br />

zugeschnittene Produkte und Lösungen in kurzer<br />

Zeit anzubieten.<br />

www.igus.de<br />

Ausgestellt auf dem Messestand sind auch zahlreiche<br />

Neuheiten aus dem Leitungsbereich, die genau<br />

das tun: beim Kunden die Technik verbessern und<br />

Kosten einsparen. Diese Chainflex-Leitungen, die<br />

speziell für den Einsatz in Energieketten konzipiert<br />

sind, umfassen mehr als 1350 Kabeltypen, einschließlich<br />

Bus-, Daten-, Glasfaser-, Steuerungs-,<br />

Motor-, Servo- und Roboterkabel für 3D-Anwendungen.<br />

Für alle diese Leitungen gilt: „Chainflex hält.“<br />

Doch wie kann die Aussage bewiesen werden, dass<br />

Chainflex-Leitungen besonders lange halten?<br />

„Kaufen Sie den neuen Wischmopp Supermax, er hält<br />

ein Leben lang“ – solche reinen B2C-Werbesprüche<br />

sind ein No-Go im Industriegeschäft. Maschinenund<br />

Anlagenbauer wollen exakt wissen, wie lang zugekaufte<br />

Komponenten in ihren Anlagen halten.<br />

Um diese Frage zu beantworten, betreibt Igus in der<br />

Kölner Zentrale ein 3800 m 2 großes Test labor. Hier<br />

müssen die Leitungen ab in die „Folterkammer“ und<br />

zahlreiche Belastungstests über sich ergehen lassen,<br />

sich beispielsweise millionenfach biegen oder tordieren<br />

lassen. Insgesamt zwei Milliarden Testzyklen<br />

zählen die Prüfingenieure jedes Jahr. Diese Versuche<br />

sind die Grundlage dafür, dass Igus eine Garantie von<br />

36 Monaten für Leitungen gibt. Und Kunden die<br />

Möglichkeit bietet, vor dem Kauf die Lebensdauer für<br />

ihre Anwendung zu berechnen.<br />

Versprechen auf<br />

Garantie und Lebensdauer<br />

Hier kommt ein Lebensdauerrechner zum Einsatz –<br />

ein bisher einmaliges Online-Tool, gefüttert mit den<br />

Daten aus dem Testlabor. Kunden geben die Parameter<br />

ihrer Anwendung ein. Sekunden später gibt das<br />

Tool eine Angabe zur Lebensdauer der Leitungen in<br />

der individuellen bewegten Anwendung aus und bietet<br />

zusätzlich mögliche Alternativen an. Für beide<br />

Versprechen, Garantie und Lebensdauerberechnung,<br />

wirbt Igus mit dem Claim „Igus 36-month chainflex<br />

cable guarantee and service life calculator based on<br />

2 billion test cycles per year“ – übersetzt: Igus<br />

36-monatige Garantie für Chainflex-Leitungen und<br />

Lebensdauerberechnung auf Grundlage von 2 Milliarden<br />

Testzyklen pro Jahr.<br />

50 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Igus suchte nach einer Möglichkeit, dieses Versprechen<br />

wissenschaftlich bestätigen zu lassen. Und<br />

wurde fündig bei Underwriters Laboratories (UL), einer<br />

1894 gegründeten Prüfinstitution aus Northbrook<br />

im US-Bundesstaat Illinois. UL betreibt ein<br />

weltweit anerkanntes Testlabor für die Prüfung von<br />

Produkten, Komponenten, Materialien, Systemen sowie<br />

Leitungen und Kabeln. Das UL-Prüfsiegel zählt zu<br />

den meistakzeptierten Zertifizierungszeichen weltweit.<br />

Jährlich erscheint es auf 22 Milliarden Produkten.<br />

Und gerade deswegen fällt das Zertifikat nicht<br />

vom Himmel. Igus musste einem umfangreichen Auditierungsverfahren<br />

standhalten. Auditoren des US-<br />

Instituts besuchten das Testlabor in Köln, nahmen an<br />

Werkstoffuntersuchungen, Konstruktionsuntersuchungen,<br />

Qualitätsversuchen und Lebensdauer- und<br />

Langzeittests teil; die Tester prüften die Dokumentationen.<br />

Nach diesem Einblick stellten die Auditoren<br />

das Label „UL verified Marketing Claim“ mit der<br />

Nummer B129699 aus. Das Label bestätigt die Richtigkeit<br />

der Werbeaussage. „Wir sind das erste Unternehmen<br />

in Europa, das den Wahrheitsgehalt eines<br />

Claims durch eine Prüfinstitution bestätigen lässt“,<br />

unterstreicht Rainer Rössel. „Das UL-Siegel bestätigt<br />

auch, dass unser Online-Lebensdauerrechner tatsächlich<br />

verlässlich ist.“<br />

UL-Siegel beschleunigt<br />

Export in die USA<br />

Das UL-Siegel ist somit mehr als Marketing. Es bietet<br />

dem Kunden Sicherheit und vereinfacht darüber hinaus<br />

den Export. Ein Blick auf die Handelsbeziehun-<br />

Bild: Igus<br />

gen zwischen den USA und Europa zeigt: Das Interesse<br />

an Maschinen aus Deutschland ist hoch. Für<br />

deutsche Maschinenbauer machen es unterschiedliche<br />

technische Standards und Normen allerdings<br />

nicht immer leicht, in die USA zu exportieren. Hier<br />

kann das UL-Prüfsiegel Vorgänge beschleunigen. Insgesamt<br />

1044 der über 1350 im Portfolio befindlichen<br />

und ab Lager verfügbaren Chainflex-Leitungen besitzen<br />

bereits eine klassische UL-Zulassung, ohne die<br />

ein Export von Gießereimaschinen, Robotik- und Automationsanlagen,<br />

Werkzeugmaschinen oder Anlagen<br />

für die Druck- und Papiertechnik in Amerika aller<br />

Voraussicht nach weniger reibungslos laufen würde.<br />

Die Kombination aus UL-Zulassung und UL-Marketing-Label<br />

sichert den reibungslosen Export doppelt.<br />

Es erleichtert neben der Verzollung auch die spätere<br />

Inbetriebnahme, da der Hersteller neben dem Nachweis<br />

der elektrischen Sicherheit auch eine Laufzeitgarantie<br />

für 36 Monate bei einer definierten Zykluszahl<br />

an Bewegungen verspricht. Wer UL-zertifizierte<br />

Chainflex-Leitungen verbaut, kommt unkomplizierter<br />

durch den Factory Acceptance Test (FAT). Und<br />

weist mit dem UL-Marketing-Zertifikat nach, dass<br />

die 36 Monate Garantie bei zwei Milliarden Testzyklen<br />

nicht nur eine werbliche Aussage sind. (sas)<br />

Alle Daten aus dem<br />

Testlabor fließen auch<br />

in eine Online-Lebensdauerberechnung.<br />

Hier<br />

können Kunden<br />

kostenfrei und ohne<br />

Registrierung die<br />

Lebensdauer der<br />

Leitungen vergleichen<br />

und die Optimale für<br />

ihre bewegte<br />

Anwendung finden.<br />

Bild: Igus<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 51


ZULIEFERUNG<br />

Hotset-CEO Ralf Schwarzkopf und Engel-Deutschland-Chef Rolf Saß über das Z-System<br />

„Erheblich kürzere Zykluszeiten<br />

sind erreichbar“<br />

Als High-Speed-Verfahren zur partiell-zyklischen Temperierung von Spritzgusswerkzeugen<br />

setzen immer mehr Kunststoffverarbeiter das Z-System von Hotset ein. Als erster<br />

Maschinenbauer bietet nun Engel dessen Integration als Ausstattungsoption seiner<br />

Spritzgießmaschinen an. Hotset-CEO Ralf Schwarzkopf und Rolf Saß, Geschäftsführer<br />

Engel Deutschland, erläutern die Vorteile für die Anwender.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Herr Schwarzkopf,<br />

welche Anwendergruppen der<br />

Kunststoffverarbeitung profitieren vom<br />

Z-System?<br />

Ralf Schwarzkopf: Vor allem all jene<br />

OEM, Tear-1-Zulieferer, Spritzgießer und<br />

Werkzeugbauer, die bei der Fertigung von<br />

Bauteilen und funktionalen Baugruppen<br />

aus technischen Kunststoffen großen<br />

Wert auf Top-Oberflächen ohne Binde -<br />

nähte und matte Stellen legen. Auch<br />

wenn filigrane Designs mit geringen<br />

Wanddicken entstehen sollen, lohnt sich<br />

der Einsatz des Systems. Darüber hinaus<br />

begegnen uns immer wieder neue Anwendungsfälle<br />

und wir sind oft überrascht,<br />

was das Z-System alles zu leisten<br />

vermag.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: In welcher Gestalt<br />

und welchen Varianten bieten Sie<br />

das Z-System derzeit an?<br />

Schwarzkopf:<br />

Das System ist extrem<br />

flexibel und<br />

wird von uns kundenspezifisch<br />

so<br />

konfiguriert, dass<br />

»Die High-Speed-<br />

Lösung leistet auch<br />

einen zentralen Beitrag<br />

für die Optimierung<br />

des gesamten Spritzgussprozesses.«<br />

Ralf Schwarzkopf, Hotset<br />

es sich kompakt<br />

und mit minimalem<br />

Aufwand in<br />

das Werkzeug einfügt<br />

– ähnlich einem<br />

Heißkanalsystem.<br />

Bereits während der Konstruktion<br />

können wir seine Auslegung und Integration<br />

in den Datensatz des Werkzeugs einbringen,<br />

wobei wir dank thermischer<br />

Simulationen schon früh mit großer Genauigkeit<br />

vorhersagen können, welche<br />

Temperaturen an<br />

den Wänden der<br />

Kavitäten herrschen<br />

werden. Da<br />

wir zudem den Einbau<br />

und die Inbetriebnahme<br />

begleiten,<br />

erhält der<br />

Kunde stets ein<br />

360-Grad-Sorglos -<br />

paket. Im besonderen<br />

Maße gilt dies<br />

nun für die neue maschinenintegrierte<br />

Variante des Z-Systems, wie wir sie in Kooperation<br />

mit dem SGM-Hersteller Engel<br />

realisieren.<br />

Hotset-CEO Ralf Schwarzkopf: „Unser Z-System<br />

für die gezielte partiell-dynamische Werkzeugtemperierung<br />

leistet einen zentralen Beitrag zur<br />

Optimierung des Spritzgussprozesses.“<br />

Bild: Hotset<br />

Engel-Deutschland-Geschäftsführer Rolf Saß:<br />

„Mit dem Z-System erhalten die Anwender unserer<br />

SGM eine einfache Plug-and-Play-Lösung, um<br />

Bindenähte und matte Höfe zu vermeiden.“<br />

Bild: Engel<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Herr Saß, welche<br />

Spritzgießmaschinen von Engel verfügen<br />

denn bereits über diese zusätzliche<br />

Option?<br />

Rolf Saß: Unabhängig von der Maschinen-Baureihe<br />

und der eingesetzten Antriebstechnik<br />

bieten wir das Z-System ab<br />

sofort für alle Spritzgießmaschinen unseres<br />

Portfolios an, die mit einer CC300-<br />

Steuerung arbeiten. Hierbei handelt es<br />

sich um unsere <strong>aktuell</strong>e Steuerungsgeneration.<br />

Sie zeichnet sich durch eine intuitive<br />

Bedienung und klare Menüführung<br />

aus und ermöglicht die smarte, hocheffiziente<br />

Navigation durch komplexe Fertigungsprozesse.<br />

52 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Beim konventionell spritzgegossenen Gehäuseteil (li.) bleibt<br />

eine Bindenaht sichtbar und die dünnwandige Passage ist<br />

„gerissen“. Das mit dem Z-System abgeformte Gehäuse (re.)<br />

hat hingegen eine makellose Oberfläche, auf der sich sogar<br />

Mikrostrukturen abbilden lassen.<br />

Bild: Hotset<br />

Das Z-System steht ab sofort auf allen Engel-Spritzgießmaschinen zur Verfügung, die mit<br />

einer CC300-Steuerung arbeiten. An deren Bedienpanel kann der Anwender alle erforderlichen<br />

Parameter für die Werkzeugtemperierung auswählen.<br />

Bild: Engel<br />

Technikum für Anwender<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Und wie dürfen<br />

wir uns die Interaktion des Z-Systems<br />

mit der Steuerung der SGM konkret<br />

vorstellen?<br />

Saß: So wie es der Anwender vom Einsatz<br />

zusätzlicher Druck- oder Temperaturfühler<br />

kennt, wird das Z-System in den<br />

Funktionsumfang unserer Spritzgießmaschine<br />

integriert. Beim Rüsten des Werkzeugs<br />

wird automatisch der prozessspezifische<br />

Einstelldatensatz übernommen, in<br />

dem ja sämtliche relevanten Temperaturund<br />

Zeitparameter hinterlegt sind. Auf einer<br />

eigenen Z-System-Seite am Touch -<br />

screen-Bedienpanel der CC300 sieht der<br />

Anwender dann alle erforderlichen Parameter<br />

und kann auswählen. Er muss also<br />

weder zusätzliche externe Geräte zur Hilfe<br />

nehmen noch zur Rückseite der Maschine<br />

gehen, um dort Justierungen am<br />

Im Sommer 2020 eröffnete Hotset in Lüdenscheid das Systemcenter<br />

für Industrielle Temperiertechnik (SIT). Dabei<br />

handelt es sich um das weltweit erste Technikum zur umfassenden<br />

Präsentation und Demonstration des Z-Systems<br />

zur partiell-zyklischen Temperierung der Kavitäten von<br />

Spritzgusswerkzeugen. Das hochflexible, dynamische High-<br />

Speed-Verfahren wurde vor etwa fünf Jahren vorgestellt<br />

und gilt als wegweisende Weiterentwicklung des Prinzips<br />

der Variothermen Werkzeugtemperierung. Es ist heute bereits<br />

bei zahlreichen Kunststoffverarbeitern der Consumer-<br />

Industrie und des Automobilbaus im Einsatz. Im Hotset-<br />

Technikum ist das Z-System sowohl als Stand-alone- oder<br />

Nachrüstlösung in Aktion zu sehen als auch in der integrierten<br />

Variante in einer 80-Tonnen-Spritzgießmaschine<br />

von Engel. Das konkrete Testszenario kann an die individuellen<br />

Anforderungen des Kunden angepasst werden.<br />

Z-System vorzunehmen. Alle ausgewählten<br />

Werte werden zudem im Produktionsdatensatz<br />

gespeichert. Damit sind sie<br />

sofort abrufbereit, sobald das Werkzeug<br />

erneut auf die Maschine kommt.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Warum haben<br />

Sie sich als Maschinenbauer für die<br />

Integration des Z-Systems von Hotset<br />

entschieden?<br />

Saß: Unsere beiden Unternehmen verbindet<br />

bereits seit vielen Jahren eine sehr<br />

lebhafte Kooperationsarbeit. Und da wir<br />

bei der Thematik „Vermeidung von Bindenähten“<br />

das gleiche Ziel verfolgen, war<br />

es für uns ein wichtiges Anliegen, auch in<br />

diesem Bereich zusammenzuarbeiten.<br />

Zudem fokussieren wir ja als Maschinenbauer<br />

stets zwei – mitunter gegenläufige<br />

– Entwicklungslinien: Einerseits versetzen<br />

wir unsere Kunden in die Lage, die kontinuierlich<br />

steigenden Qualitätsanforderungen<br />

an Sichtbauteile aus Kunststoff zu<br />

erfüllen; andererseits müssen wir den Anwendern<br />

unserer SGM Möglichkeiten bieten,<br />

mit denen sie ihre Verarbeitungsprozesse<br />

noch effizienter und wirtschaftlicher<br />

gestalten können. Aus unserer Sicht<br />

gelingt dieser Spagat mit dem Z-System<br />

besonders gut.<br />

Schwarzkopf: Vor allem, weil diese<br />

High-Speed-Lösung mit ihrer gezielten<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 53


ZULIEFERUNG<br />

Im neuen Systemcenter für Industrielle Temperiertechnik (SIT) von Hotset kann das Z-System sowohl als Stand-alone- und Nachrüstlösung<br />

kundenspezifisch getestet werden als auch als vollintegrierte Variante in einer 80-Tonnen-SGM von Engel.<br />

Bild: Hotset<br />

partiell-dynamischen Temperierung über<br />

die Verbesserung der Teilequalität hinaus<br />

auch einen zentralen Beitrag leistet für<br />

die Optimierung des gesamten Spritzgussprozesses.<br />

Denn durch seine extreme<br />

Aufheizschnelligkeit von nur 60 Kelvin<br />

pro Sekunde und sehr kurze Abkühlraten<br />

von etwa 30 Kelvin pro Sekunde lassen<br />

sich hochdynamische Werkzeugtemperierungen<br />

realisieren, ohne dass sich die<br />

Zykluszeit verlängert. Da diese enorm<br />

schnellen Temperaturwechsel zudem mit<br />

einem durchschnittlichen Energieverbrauch<br />

von nur etwa 100 Watt pro Stunde<br />

erzielt werden, ist das Z-System eine<br />

überaus energieeffiziente Lösung.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Können Sie das<br />

aus der Sicht des Maschinenbauers bestätigen,<br />

Herr Saß?<br />

Saß: Ja, unbedingt! Nicht nur die Energieeffizienz<br />

der Werkzeugtemperierung<br />

verbessert sich messbar, auch der Ausstoß<br />

steigt, da sich im Vergleich zur klassischen<br />

variothermen Temperierung erheblich<br />

kürzere Zykluszeiten erreichen lassen.<br />

Es gibt zum Beispiel keine Einspritzverzögerung<br />

mehr bis zum Erreichen der Zieltemperatur<br />

an der Kavitätswand.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Höhere Energieeffizienz,<br />

bessere Oberflächen und<br />

mehr Produktivität – man könnte meinen,<br />

der Spritzgießer profitiert gleich<br />

dreifach?<br />

Saß: Das ist de facto so! Mit dem Z-System<br />

erhalten unsere Kunden eine einfache<br />

Plug-and-Play-Lösung zur Vermeidung<br />

von Bindenähten und matten Höfen<br />

– ohne dass sie in eine zusätzliche Steuerung<br />

investieren müssen. Das ist also ein<br />

deutlicher Mehrwert. Und angesichts der<br />

zunehmenden Komplexität der Produk -<br />

tionsprozesse in der Kunststoffverarbeitung<br />

steigern die Anwender mit diesem<br />

praktischen Beitrag zur Simplicity – so<br />

nennen wir diesen Trend bei Engel – ihre<br />

Wettbewerbsfähigkeit.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Können Interessenten<br />

das Z-System begutachten<br />

und testen?<br />

Schwarzkopf: Eigens dafür haben wir<br />

in Lüdenscheid vor einigen Monaten das<br />

Systemcenter für Industrielle Temperiertechnik,<br />

das SIT, eröffnet. Diese Einrichtung<br />

ist ein Resultat unserer Kooperation<br />

mit Engel und gibt Interessenten viel<br />

Spielraum, um sich von der Leistungsfähigkeit<br />

des Z-Systems zu überzeugen. Es<br />

steht hier sowohl als integrierte Systemlösung<br />

in einer Engel-SGM zur Verfügung<br />

als auch als separates System mit externer<br />

Steuerung. Dabei können die konkreten<br />

Testbedingungen oder weiterführende<br />

Szenarien je nach Anwendungsfall abgesprochen<br />

werden. Kürzlich erst wurden im<br />

SIT beispielsweise die Auswirkungen des<br />

Z-Systems beim Einsatz teilkristalliner<br />

Werkstoffe getestet – mit erstaunlichen<br />

Ergebnissen.<br />

Julius Moselweiß,<br />

freier Journalist in Darmstadt<br />

FAZIT<br />

Die Qualitätsanforderungen<br />

an Sichtbauteile<br />

aus Kunststoff steigen.<br />

Bindenähte müssen vermieden<br />

werden. Zugleich<br />

müssen die Verarbeiter<br />

ihre Prozesse effizienter<br />

gestalten. Beides<br />

gelingt mit dem Z-System<br />

von Hotset.<br />

54 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Gummi-, Kunststoff- und Lärmschutzplatten<br />

Individuelle Zuschnitte per Mausklick<br />

Platten für jede Anwendung passgenau<br />

per Online-Konfigurator auswählen: Kunden<br />

von Reiff Technische Produkte können<br />

mit dem digitalen Tool Gummi-,<br />

Kunststoff- und Lärmschutzplatten individuell<br />

am Computer zuschneiden und<br />

bestellen. Der Anbieter hat die einfach zu<br />

bedienende Software nun um neue Funktionen<br />

erweitert. Im Kunststoffbereich<br />

kann jetzt noch vielseitiger konfiguriert<br />

werden. So lassen sich mehrere millimetergenaue<br />

Bohrungen zu einer Platte hinzufügen.<br />

Zudem kann der Kunde zwischen<br />

zylindrischer Senkung oder Kegelsenkung<br />

auswählen und die Bohrungen mit ent-<br />

sprechenden Gewinden ergänzen.<br />

Zudem lassen sich<br />

die Standardformen Rechteck,<br />

Kreis und Dreieck für<br />

den Zuschnitt nutzen und<br />

die Ecken noch gezielter<br />

bearbeiten. Im Gummi-,<br />

Kunststoff- und Lärmschutzbereich erleichtert<br />

eine zusätzliche 3D-Ansicht die<br />

Planung und Entscheidungsfindung für<br />

die richtige Platte. In nur drei Schritten<br />

ist die Bestellung abgeschlossen: Per<br />

Mausklick wählt der Kunde Material und<br />

Dicke der Platte, schneidet diese am Bildschirm<br />

zu und sendet den Auftrag ab.<br />

Kunden finden detaillierte Informationen<br />

zu Haupteigenschaften und Einsatzgebieten<br />

der Platten und können ihre Zuschnitte<br />

sowohl nach Maßangabe gestalten als<br />

auch nach eigener technischer Zeichnung,<br />

die dann individuell im Konfigurator<br />

hochgeladen wird. (dk)<br />

www.konfigurator.reiff-tp.com<br />

Bild: Reiff Technische Produkte<br />

Normelemente<br />

Den Keimen keine Chance<br />

Bild: Ganter<br />

Ganter bietet mit seiner Produktfamilie Sanline eine Reihe von Normelementen<br />

mit antimikrobieller Wirkung an. Dabei werden angetragene Keime selbstständig<br />

deaktiviert und an ihrer Übertragung gehindert. Die unterschiedlichen Hand -<br />

habungselemente – Knöpfe, Klemmhebel, Bügelgriffe und Flügelmuttern – nutzen<br />

zwei verschiedene Wirkprinzipien: Kunststoffe werden mittels spezieller Additive<br />

mit Silberionen ausgerüstet, für Metallteile sind Pulverbeschichtungen auf Zinkmolybdat-Basis<br />

erhältlich. Beide Prinzipien zerstören die Zellwände der Mikroorganismen<br />

und töten sie dadurch ab. Für Menschen sei der Kontakt mit solchen<br />

aktivierten Oberflächen absolut unbedenklich, heißt es. Auch bei häufigen Reinigungen<br />

wirken beide Prinzipien den Angaben zufolge über lange Zeit. (dk)<br />

www.ganternorm.com<br />

Kettenspanner<br />

Komplexe Werkstücke sicher gespannt und fixiert<br />

Werkstücke mit unregelmäßigen Konturen<br />

und Formen lassen sich mit Kettenspannern<br />

von Norelem sicher spannen<br />

und fixieren. Auf teure Sonderspannmittel,<br />

die vor allem im Maschinen- und Anlagenbau<br />

im Einsatz sind, kann deshalb<br />

verzichtet werden. Montiert werden die<br />

Kettenspanner mithilfe von Befestigungsschrauben<br />

und T-Nutensteinen auf der<br />

Werkzeugmaschine oder auf einer Aufspannplatte.<br />

Durch die gleichmäßige<br />

Kraftverteilung der Kettenspannung lassen<br />

sich Werkstücke vergleichsweise ver-<br />

zugsfrei spannen. Weitere Vorteile sind<br />

die hohe Spannkraft, der große Verstellbereich<br />

und die Werkstückschonung<br />

durch Kunststoffelemente. Für den einfachen<br />

Einstieg eignen sich die Kettenspannersets,<br />

die aus Spannhaken, Gegenhalter,<br />

Sicherungssatz, vier Rollenketten mit verschiedenen<br />

Längen, vier Verschlussgliedern<br />

und sechs Kunststoffelementen bestehen.<br />

Erhältlich sind die Sets in zwei<br />

Größen, mit denen Spannkräfte von 15<br />

oder 40 kN möglich sind. (dk)<br />

www.norelem.de<br />

Bild: Norelem<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 55


Bild: applezoomzoom/stock.adobe.com<br />

Geschäftsreisen finden weniger häufig statt als vor der Pandemie. Alternativen bieten digitale Kommunikationsformate.<br />

Geschäftsreisen in Corona-Zeiten<br />

Wie die Krise die Reisebranche<br />

beeinflusst hat<br />

Kaum eine Geschäftsaktivität wurde durch die Corona-Pandemie so verändert<br />

wie die Reisetätigkei t. Jeder hat es erfahren: Die Zahl der Geschäftsreisen hat<br />

verglichen mit 2019 stark nachgelassen. Lesen Sie, worauf beim Reisen in<br />

Corona- Zeiten zu achten ist und welche Alternativen es gibt.<br />

» Sanja Döttling<br />

In der Corona-Pandemie ist noch kein Ende in<br />

Sicht. Konnten im Jahr 2020 Außentermine noch<br />

aufgeschoben werden, stellt sich langsam die Frage,<br />

wie man zukünftig mit den Reiseeinschränkungen<br />

umgehen soll, denn Präsenztermine wie Lieferanten -<br />

und Kundenbesuche sind weiterhin wichtig für produzierende<br />

Unternehmen .<br />

Der Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) befragt<br />

regelmäßig seine Mitglieder nach der <strong>aktuell</strong>en<br />

Lage der Geschäftsreisetätigkeit. Dazu interviewen<br />

sie sowohl Unternehmen als auch Anbieter von Geschäftsreisen.<br />

An der <strong>aktuell</strong>en Umfrage Anfang April<br />

2021 nahmen 67 Unternehmen teil. Hier zeigt sich,<br />

dass Geschäftsreisen langsam wieder Teil der<br />

Arbeitstätigkeit werden: 94 Prozent der befragten<br />

Unternehmen erlauben Geschäftsreisen in „begründeten<br />

Ausnahmefällen“ wie zum Beispiel „geschäftskritische<br />

Termine“, fünf Prozent erlauben das Reisen<br />

sogar uneingeschränkt.<br />

Dennoch zeigt die Umfrage deutlich, dass die Häufigkeit<br />

der Reisetätigkeit nachgelassen hat: 31 Prozent<br />

der Unternehmen schätzen, dass nur fünf Prozent<br />

der Geschäftsreisen im Vergleich zum Jahr 2019<br />

stattfanden, bei 37 Prozent sind es unter zehn Prozent,<br />

bei 25 Prozent bis zu 25 Prozent der Geschäftsreisen<br />

vergleichen mit 2019.<br />

Reisen in Deutschland<br />

Bis 18. April war Deutschland im Lockdown (Stand<br />

bei Redaktionsschluss am 12. April 2021). Damit einher<br />

ging ein deutschlandweites Beherbergungsverbot<br />

für touristische Übernachtungen. Geschäftliche<br />

Übernachtungen sind weiterhin mit Einschränkungen<br />

möglich. Hier gelten die jeweiligen Corona-Verordnungen<br />

des Bundeslandes, die auf den jeweiligen<br />

Internetseiten einzusehen sind. Laut dem Barometer<br />

des VDR erlauben 24 Prozent der Befragten innerdeutsche<br />

Geschäftsreisen uneingeschränkt, 66 Prozent<br />

machen die Reisetätigkeit von der Corona-<br />

Situation am Zielort abhängig.<br />

Auch die Art des Reisens ändert sich. Bei Reisen in<br />

Deutschland geben sieben Prozent der Unternehmen<br />

56 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


TRAVEL «<br />

an, dass sie in Zukunft häufiger mit dem Pkw (anstatt<br />

mit Alternativen wie Bahn oder Flugzeug) reisen<br />

werden.<br />

Reisen ins Ausland<br />

Bei Reisen ins Ausland sind Unternehmen vorsichtiger<br />

als bei innerdeutschen Reisen. Komplett verboten<br />

sind interkontinentale Reisen bei 28 Prozent der befragten<br />

Unternehmen. Reisen ins europäische Ausland<br />

verbieten 18 Prozent. Uneingeschränkt erlaubt<br />

sind interkontinentale Reisen bei sechs Prozent der<br />

Befragten (innerhalb Europas: 8 Prozent). Die große<br />

Mehrheit erlaubt interkontinentale Reisen abhängig<br />

von der Corona-Situation im Zielland (56 Prozent);<br />

dies gilt auch für Reisen in Europa (67 Prozent).<br />

Hierbei gilt es vor allem, die Reisewarnungen des<br />

Auswärtigen Amts sowie des Robert-Koch-Instituts<br />

(RKI) zu verfolgen. Beide geben ständig aktualisierte<br />

Listen heraus. Dabei unterscheidet das RKI zwischen<br />

Virusvariantengebieten (mit den strengsten Bestimmungen),<br />

Hochinzidenzgebieten sowie Risikogebieten.<br />

Die Länder haben alle eigene Bestimmungen für die<br />

Einreise. Das Auswärtige Amt hat die Informationen<br />

zu jedem Land zusammengefasst. Für Risikogebiete/<br />

Hochinzidenzgebiete gelten <strong>aktuell</strong>, je nach Bundesland,<br />

folgende Bestimmungen für die Rückreise nach<br />

Deutschland:<br />

• Die Einreiseanmeldung muss ausgefüllt werden.<br />

• Wer zurück nach Deutschland fliegt, muss einen<br />

maximal 48 Stunden alten negativen Test vorweisen.<br />

Dieser muss vor der Rückreise durchgeführt<br />

werden. Hier gilt es, sich frühzeitig über die Lage<br />

vor Ort und die Testmöglichkeiten einschließlich<br />

der Preise dafür zu informieren.<br />

• Bei der Rückreise aus einem sogenannten „Virusvariantengebiet“<br />

ist eine 14-tägige Quarantäne<br />

immer Pflicht, unabhängig vom Testergebnis.<br />

Als Alternativen für Geschäftsreisen haben sich in<br />

den letzten Monaten virtuelle Meetings etabliert. In<br />

welchem Rahmen digitale Kommunikationsmittel<br />

auch nach Lockerung der Reisebeschränkungen verwendet<br />

werden, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht<br />

klar. Vorteile sind sicherlich die Kosten- und Zeiteinsparungen;<br />

dennoch sollte man den zwischenmenschlichen<br />

Aspekt eines Treffens „in persona“<br />

nicht unterschätzen.<br />

Alternativen zu Reisen<br />

Auch Messen haben sich neue, digitale Kommunikationsformen<br />

überlegt. Die Angebote reichen von<br />

mehrtägigen Webinarreihen, digitalen Datensammlungen,<br />

Live-Chats bis hin zu zeitlich unbegrenzt zugängigen,<br />

digitalen Informationsplattformen. Allerdings<br />

fand eine von dem Verband der deutschen<br />

Messewirtschaft (Auma) durchgeführte Studie mit<br />

427 Teilnehmern heraus, dass nur 21 Prozent der befragten<br />

Unternehmen virtuelle Ausstellungen als<br />

„ernsthafte Alternative“ zu physischen Messen sehen.<br />

Das kann auch an den schwachen geschäftlichen<br />

Ergebnissen liegen: Während der virtuellen Messen<br />

haben Unternehmen im Schnitt nur ein Viertel des<br />

Nutzens einer „realen“ Messe erreicht.<br />

Dass diese Alternativen auch nach der Corona-Krise<br />

dennoch wichtig bleiben, impliziert die Umfrage des<br />

VDR: Nur fünf Prozent der Befragten glauben, dass<br />

die Anzahl der Geschäftsreisen wieder auf das<br />

Niveau vor der Pandemie steigen wird. 26 Prozent<br />

vermuten, dass die Anzahl um bis zu zehn Prozent<br />

abnehmen wird, weitere 61 Prozent vermuten, dass<br />

Reisen sogar um bis zu 30 Prozent zurückgehen werden.<br />

Dies lässt vermuten, dass die in der Corona-<br />

Krise getesteten digitalen Kommunikationsmittel<br />

weiterhin ein wichtiger Teil des Arbeitslebens bleiben<br />

werden.<br />

FIRMENREGISTER<br />

ArGeZ 8<br />

BSCC 63<br />

BVL 6<br />

Cargoboard 41<br />

Chembid 12<br />

Dachser 43<br />

DHL 38<br />

DQS 28<br />

Engel 52<br />

EPAL 41<br />

Euroexpo 6<br />

Everstox 43<br />

Evonik 12<br />

Fripa 22<br />

Fuchs Wisura 6<br />

Ganter 55<br />

Helsa 14<br />

HS Niederrhein 62<br />

Hotset 52<br />

Igus 48<br />

Kratzer Automation 41<br />

Lanxess 12<br />

Mercedes-Benz 6, 42<br />

Midea 42<br />

Myclimate 41<br />

Norelem 55<br />

Packlogx 36<br />

Pfenning logistics 42<br />

Porsche 3, 14<br />

Prewave 14<br />

Reiff Technische Produkte 55<br />

RWTH Aachen 34<br />

Sadara Chemical 12<br />

Sanity Group 43<br />

Saphirion 26<br />

SEW-Eurodrive 44<br />

Siemens 6<br />

Smart-Flow 42<br />

SMC 47<br />

Thyssenkrupp Materials Services 10<br />

Timocom 34, 43<br />

TRW 14<br />

Underwriters Laboratories 48<br />

Valantic 40<br />

Valeo 14<br />

Volkswagen 14<br />

Würth Industrie Service 6<br />

Zarges 42<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 57


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schneller und damit kostengünstiger abgewickelt.<br />

Dies führt in Summe zu einer signifikanten Arbeitsentlastung<br />

Ihrer Mitarbeiter und Verhinderung von<br />

Fehlern durch manuelle Datenerfassungen. Unsere<br />

Expertise und unser Fokus liegen dabei beim direkten<br />

Produktionsmaterial und bei produzierenden<br />

Unternehmen. Bei curecomp dreht sich alles um<br />

den Erfolg unserer Kunden und deren Lieferanten.<br />

Jedes Unternehmen und jede Branche steht vor spezifischen<br />

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E-Mail: consulting@simplesystem.com<br />

Tel. 089/998 2987 26<br />

Ferdinand Gross GmbH & Co. KG<br />

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Ferdinand Gross ist Spezialist für Verbindungstechnik<br />

und C-Teile-Management und bietet Kunden und<br />

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58 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


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Breite Produktpalette für Produktion & Instandhaltung:<br />

Schrauben, Dübel, Hand-/Elektrowerkzeuge, Hebetechnik,<br />

Arbeitsschutz, Betriebseinrichtungen, Chemische<br />

Produkte, Sonder- und Zeichnungsteile und<br />

Industrieteile.<br />

Produkte & Lösungen aus einer Hand:<br />

Maßgeschneiderte Logistiksysteme, individuelle<br />

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Zuverlässig seit 1878.<br />

Lederer GmbH<br />

www.c-teile-management.info<br />

Wenn es um C-Teile-Management geht, Kanban, Konsignation<br />

& Co., ist Lederer Ihr Partner: Norm- und Standardteile,<br />

Sonder- und Zeichnungsteile, Verbindungselemente<br />

u.v.m. auf Basis aller logistischen Lösungen<br />

und Systeme (eBusiness, RFID, Ein- und Mehr-Behälter-<br />

Kanban etc.). Lederer übernimmt für Sie die Lieferantensuche,<br />

Bestellung und <strong>Beschaffung</strong>, Bevorratung<br />

und Bereitstellung, Lagerbewirtschaftung und Qualitäts<br />

sicherung, Systempflege und Prozessverbesserung.<br />

– Verbindungselemente<br />

– Norm- und Standardartikel<br />

– Sonder- und Zeichnungsteile<br />

– C-Teile-Management<br />

F. REYHER Nchfg. GmbH & Co. KG<br />

www.reyher.de<br />

E-Business-Lösungen, Kanban-Versorgungssysteme,<br />

Bausätze, Konfektionierungen, Sonderteile – wenn<br />

es um Verbindungselemente und Befestigungs technik<br />

geht, ist REYHER Ihr kompetenter Partner. Hohes<br />

Qualitätsbewusstsein und ausgeprägte tech nische<br />

Kompetenz haben eine lange Unternehmens tradition.<br />

Über 130 000 verschiedene Artikel stehen bei einer<br />

Lieferbereitschaft von 99 % branchenübergreifend<br />

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Schrauben-Logistikzentren schnell und zuverlässig<br />

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ENTWICKLUNG + FERTIGUNG<br />

SoftconCIS GmbH<br />

www.softconcis.de, www.Einkaufscontrolling.de<br />

SoftconCIS ist mit über 400 Kunden weltweit und mehr<br />

als 20 Jahren Erfahrung der führende Anbieter von<br />

Informationssystemen für Einkaufscontrolling und<br />

strategischen Einkauf.<br />

Dabei ist SoftconCIS der einzige Anbieter, der intelligente<br />

Software mit mehr als 450 Kennzahlen und Dashboards,<br />

fertigen Schnittstellen, Fachwissen/Consulting,<br />

Hosting im eigenen zertifizierten, deutschen Rechenzentrum<br />

und Weiterbildung zu folgenden Themen<br />

vereint:<br />

– Einkaufscontrolling & Einkaufsplanung<br />

– Erfolgsmessung & Dashboarding<br />

– SRM, Lieferantenbewertung & RM<br />

– Maßnahmenmanagement u. v. m.<br />

veenion GmbH<br />

www.veenion.de<br />

Die veenion GmbH hat sich auf Lösungen rund um das<br />

elektronische <strong>Beschaffung</strong>s- und Handelswesen spezialisiert.<br />

Durch den individuellen Einsatz der multifunktionalen<br />

Softwarelösungen impact ordering und<br />

open ordering werden sämtliche operative <strong>Beschaffung</strong>s-,<br />

Rechnungs- und Handelsprozesse optimiert<br />

und an Ihre Bedürfnisse und Anforderungen angepasst.<br />

Neben privaten Unternehmen gehören auch<br />

zahlreiche Non-Profit-Organisationen und öffentliche<br />

Auftraggeber zu den Kunden von veenion-Anwendungen.<br />

Kunststofftechnik Jantsch GmbH<br />

www.jantsch.de<br />

Die Kunststofftechnik Jantsch GmbH in Nürnberg<br />

fertigt spritzgegossene Präzisions-Kunststoffteile aus<br />

sämtlichen Thermoplasten von 0,001g bis 400g.<br />

Wir bieten die komplette Prozesskette an:<br />

– Kunststoffgerechte Teileentwicklung<br />

– Füllsimulation mit Cadmould<br />

– Rapid Prototyping: 3D-Druck, Vakuumgießen<br />

– Klimatisierter Präzisions-Formenbau<br />

– Spritzgießfertigung, auch 2K, Hochtemperatur-<br />

Thermoplaste (z. B. PEEK), Reinraumfertigung<br />

– Automatisiertes Einlegen und Entnehmen<br />

– Zertifiziert nach DIN ISO 9001, 14001, 50001<br />

Wir sind Ihr Entwicklungs- und Fertigungspartner!<br />

FEDERN<br />

KOMPONENTEN + SYSTEME<br />

MEDIENBESCHAFFUNG<br />

Schweizer GmbH & Co. KG<br />

www.schweizer-federn.de<br />

Die Schweizer GmbH & Co. KG aus Reutlingen bietet<br />

bereits seit 1986 technische Federn in allen Variationen.<br />

Am Rande der schwäbischen Alb fertigen ca. 120 Mitarbeiter<br />

hochwertige Drahtfedern und Stanzbiegeteile<br />

aus allen gängigen Federmaterialien in Klein- und Großserien.<br />

Das umfangreiche Produktportfolio der Schweizer<br />

GmbH & Co. KG umfasst:<br />

• Druck-, Zug- und Schenkelfedern<br />

• Draht- und Stanzbiegeteile<br />

• Mikrofedern und Laserschneidteile<br />

RCT® Reichelt Chemietechnik GmbH + Co.<br />

www.rct-online.de<br />

Reichelt Chemietechnik steht für das Prinzip<br />

„Angebot und Vertrieb der kleinen Quantität“ gepaart<br />

mit einer viele Bereiche umfassenden Produktvielfalt<br />

und einem hohen technischen Beratungsservice.<br />

Das Angebot von Reichelt Chemietechnik umfasst<br />

ca. 80 000 Artikel, die aus den Bereichen Schlauchtechnik,<br />

Verbindungselemente, Durchflusstechnik,<br />

Labortechnik, Halbzeuge, Befestigungselemente,<br />

Filtration und Antriebstechnik stammen.<br />

Reichelt Chemietechnik GmbH + Co.<br />

Englerstraße 18, 69126 Heidelberg<br />

Tel. 0 62 21/3 12 50, info@rct-online.de<br />

Lehmanns Media GmbH<br />

www.lehmannspro.de<br />

Lehmanns Media ist einer der führenden Fachinformationshändler<br />

für Bücher, Fachzeitschriften und elektronische<br />

Medien. Wir stellen ein breites Angebot an spezialisierten<br />

Dienstleistungen zur Medienbeschaffung für untersch. Zielgruppen<br />

wie Bibliotheken, Kliniken, Praxen, Anwaltskanzleien,<br />

Unternehmen und Verbände, zur Verfügung:<br />

<strong>Beschaffung</strong>s-Portal (Le2B): mehr als 40 Mio. Artikel<br />

• individuelle Bestell- und Verwaltungsvorgänge<br />

• Anbindung an ERP<br />

Passgenaue Integration:<br />

• eBilling, Rechte- und Nutzermanagement<br />

Fachbuchhandlungen in 16 Städten; Support vor Ort<br />

Besuchen Sie unsere Website für Professionals:<br />

www.lehmannspro.de<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 59


» BME AKTUELL<br />

Fachkongress<br />

56. BME-Symposium 2021 erneut digital<br />

Das 56. Symposium Einkauf und Logistik<br />

findet vom 8. bis 10. November 2021 statt.<br />

„Nach den sehr guten Erfahrungen der Organisatoren<br />

und der positiven Resonanz<br />

unserer mehr als 1200 Teilnehmer*innen<br />

des Vorjahres werden wir die größte Netzwerkveranstaltung<br />

des Bundesverbandes<br />

Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik<br />

e.V. erneut als digitalen Fachkongress<br />

durchführen“, teilte BME-Hauptgeschäftsführer<br />

Dr. Silvius Grobosch mit.<br />

Gleichzeitig halte sich der BME-Bundesvorstand<br />

die Option offen, den Fachkongress<br />

auch hybrid zu organisieren. Eine<br />

Entscheidung darüber werde das Führungsgremium<br />

des Einkäuferverbandes<br />

voraussichtlich im Juli treffen. „Wir sind<br />

absolut davon überzeugt, dass nach der<br />

erfolgreichen Online-Premiere 2020 auch<br />

das diesjährige Symposium DIGITAL regen<br />

Zuspruch finden wird. Der BME garantiert,<br />

dass der von den Teilnehmer*innen so geschätzte<br />

Meinungsaustausch sowohl in<br />

einer Online- als auch Hybrid-Variante<br />

fester Bestandteil des 56. Symposiums<br />

sein wird“, betonte Grobosch. Das gelte<br />

auch für das Networking; es<br />

bleibe ebenfalls eine Säule des<br />

digitalen Kongresses.<br />

Grobosch: „Wir sind uns bewusst,<br />

dass ein digitales Event<br />

das persönliche Treffen nicht<br />

ersetzen kann. Deshalb haben wir bereits<br />

2020 ein Konzept erarbeitet, das weit über<br />

den bloßen Charakter von Webinaren hinausgeht.<br />

Auf dieser Basis werden wir<br />

auch das diesjährige Symposium Einkauf<br />

und Logistik zum Erfolg für Veranstalter,<br />

Teilnehmer und Sponsoren führen.“<br />

Der BME habe in den vergangenen Monaten<br />

sein Know-how bei der Durchführung<br />

zahlreicher digitaler Formate unter Beweis<br />

gestellt und will auf diesem Feld<br />

weiterwachsen. Grobosch erinnerte in<br />

diesem Zusammenhang an zahlreiche erfolgreich<br />

durchgeführte digitale BME-<br />

Veranstaltungsreihen. Dazu zählten beispielsweise<br />

der 1. Digitale Innovationsgipfel<br />

des Verbandes, das 14. BME-/VDV-<br />

Forum Schienengüterverkehr oder die<br />

erstmals digital ausgerichtete Einkaufsinitiative<br />

Westbalkan.<br />

Die Ankündigung des BME, auch das 56.<br />

Symposium digital zu organisieren und<br />

das Veranstaltungsformat im Juli gegebenenfalls<br />

um eine Hybridvariante zu erweitern,<br />

gebe allen Beteiligten ein Höchstmaß<br />

an Planungssicherheit. „Deshalb haben<br />

wir uns für dieses Zwei-Stufen-Modell<br />

entschieden“, fügte Grobosch hinzu.<br />

Sollte im November 2021 auch ein Teil<br />

des Symposiums als Präsenzveranstaltung<br />

stattfinden können, werde der BME für<br />

die Einhaltung aller geltenden Hygieneund<br />

Abstandsregelungen sorgen. „Damit<br />

bieten wir unseren Teilnehmer*innen maximal<br />

mögliche Sicherheit“, so Grobosch<br />

abschließend.<br />

Weitere Infos/Anmeldung:<br />

natalie.popoola@bme.de<br />

www.bme-symposium.de<br />

Bild: Kerstin Schmitt/BME e.V.<br />

Aus- und Weiterbildung<br />

Neu: BME-Online-Kurs „Certified Procurement Manager Level 1“<br />

Wer heutzutage als Neu- oder Quereinsteiger<br />

im Einkauf arbeitet, hat es nicht<br />

leicht. Die Zeit für Vorbereitungen und<br />

Fortbildungen ist meist knapp bemessen.<br />

Und das, obwohl Einkäufer nicht selten<br />

eine Vielzahl zusätzlicher anspruchsvoller<br />

Aufgaben auf den Sektoren Logistik,<br />

Buchhaltung oder Recht zu erfüllen haben.<br />

Der BME-Online-Kurs „Certified Procurement<br />

Manager Level 1“, der im Zeitraum<br />

vom 17.05.-02.07.2021 stattfinden wird,<br />

unterstützt Einsteiger bei der Bewältigung<br />

dieser Herausforderungen. Die Teilnehmer<br />

erhalten einen 360 Grad-Rundumblick.<br />

Folgende Schwerpunktthemen<br />

stehen im Fokus des neuen Online-Angebots:<br />

• Aufgaben und Organisation des Einkaufs<br />

• <strong>Beschaffung</strong>sstrategien<br />

• Lieferantenstrategie und -management<br />

• Verhandlungsführung<br />

• Recht im Einkauf<br />

• Einkaufscontrolling<br />

Der Kurs ist konzipiert, dass die Teilnehmer<br />

den Einkauf aus verschiedenen Perspektiven<br />

kennenlernen können. Alle<br />

Lernmodule finden online statt.<br />

Das Angebot enthält …<br />

• Skripte zum Selbststudium,<br />

• Webinare zum Download,<br />

• interaktive Tutorien, in denen Experten<br />

die Fragen der Teilnehmer beantworten,<br />

sowie<br />

• optional eine Multiple-Choice-Prüfung<br />

zum Abschluss.<br />

Weitere Infos/Anmeldung:<br />

pascal.dumontduvoitel@bme.de<br />

Impressum: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME)<br />

Frankfurter Straße 27, 65760 Eschborn, Tel. 06196 5828-0, Fax –299,<br />

E-Mail: info@bme.de, Internet: www.bme.de<br />

60 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Industrie<br />

Das führende Fachmagazin<br />

für den strategischen Einkauf<br />

Kompetent – glaubwürdig – praxisnah<br />

• <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> ist das Magazin für den Einkauf.<br />

• Hinter der <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> steckt das Einkaufsvolumen<br />

der deutschen Industrie.<br />

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Sie und Ihre Branche:<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 61


» KARRIERE<br />

Tipps, wie man online von sich überzeugt<br />

Das professionelle Auftreten in<br />

virtuellen Verhandlungen<br />

Laut einer Metastudie der Hochschule Niederrhein rollt eine Welle der<br />

Preiserhöhungen auf den Einkauf zu. Dies bedeutet jede Menge Verhandlungen,<br />

um Erhöhungen abzublocken und sogar Preisnachlässe zu fordern. Heutzutage<br />

finden Verhandlungen vermehrt im virtuellen Rahmen statt. Dieser Artikel gibt<br />

praktische Tipps für Ihren professionellen Online-Auftritt.<br />

und Mikrofon nutzen wir ja erst seit Kurzem<br />

– hier gilt es zu lernen und dann aktiv<br />

zu gestalten: Wie möchte ich meine Geschichte<br />

erzählen? Wie möchte ich mich<br />

inszenieren?<br />

Bild: metamorworks/stock.adobe.com<br />

Beispiele für eine gute technische Ausstattung, um auch bei virtuellen Verhandlungen professionell<br />

„rüberzukommen“, findet man bei vielen Youtubern.<br />

Wie richte ich meinen onlinefähigen<br />

Arbeitsplatz ein? Wie<br />

präsentiere ich mich vor meiner Kamera?<br />

Wie bringe ich meine Überzeugungen<br />

auch über dieses Medium „rüber“, ohne<br />

meinem Gesprächspartner nur gegenüber<br />

zu sitzen? Das sind nur einige der Fragen,<br />

die sich viele Einkäufer nun stellen.<br />

Es ist wichtig, sich mit den Besonderheiten<br />

virtueller Verhandlungen auseinanderzusetzen<br />

und sich der Möglichkeiten<br />

der eigenen virtuellen Präsenz bewusst zu<br />

werden. Denn je besser Sie sich selbst und<br />

die Regeln von Kamera und Mikrofon<br />

kennenlernen, desto überzeugender können<br />

Sie virtuell verhandeln. Ein paar<br />

grundlegende Besonderheit vorab: Jeder<br />

Beteiligte kann sich seinen Raum so<br />

gestalten, dass er sich wohlfühlt. Jeder<br />

Verhandler hat also die Möglichkeit,<br />

sich bewusst zu inszenieren und damit<br />

die Geschichte, die er erzählen will, zu<br />

gestalten. Dadurch, dass sich jeder in<br />

seiner eigenen Wohlfühlatmosphäre<br />

befindet, werden virtuelle Verhandlungen<br />

oftmals mehr auf Augenhöhe geführt,<br />

da man sich selbst viel besser<br />

von seinem Gegenüber und dem möglichen<br />

Druck abgrenzen kann.<br />

In virtuellen Verhandlungen sind nicht<br />

alle Details der Körpersprache sichtbar<br />

– dadurch gehen viele Informationen<br />

über den Partner verloren, die wir von<br />

der Live-Präsenz gewöhnt sind. Kamera<br />

Der ideale Arbeitsplatz<br />

Im Idealfall investieren Sie in eine externe<br />

Kamera und ein professionelles Mikrofon<br />

oder Kopfhörer (am besten mit Rauschunterdrückung).<br />

Die Kamera sollte auf<br />

Augen höhe ausgerichtet sein, nur so<br />

können Sie sich optimal präsentieren.<br />

Zudem ist es hilfreich, zwei Bildschirme<br />

zu nutzen: Auf dem einen Bildschirm<br />

sehen Sie alle Teilnehmer und auf dem<br />

anderen Ihre Unterlagen – dies hilft Ihnen<br />

auch dabei, richtig in die Kamera zu<br />

schauen.<br />

Tipp: Eine Kamera ist oftmals etwas leblos,<br />

wenn es Ihnen also schwerfällt, in die<br />

Kamera zu lächeln, nehmen Sie ein Foto<br />

eines lieben Menschen und befestigen es<br />

direkt auf oder hinter der Kamera!<br />

Der Hintergrund sollte ordentlich und<br />

möglichst senkrecht sein – eine simple<br />

Wand ohne Bilder oder auch Schrankwände<br />

eignen sich gut. Gerne können Sie<br />

auch aufrollbare Leinwände nutzen, hier<br />

können Sie zusätzlich auch ein Firmenbanner<br />

im Hintergrund präsentieren.<br />

Was bedeutet das eigentlich – virtuelle<br />

Präsenz erlangen? Nun, Sie können nur mit<br />

dem wirken, was im Bild zu sehen ist.<br />

Dementsprechend müssen Sie sich so in<br />

Szene setzen, dass Ihre Präsenz das unterstreicht,<br />

was Sie erreichen wollen.<br />

Bleiben wir zu Beginn bei dem eigent -<br />

lichen Bildausschnitt. Üblicherweise han-<br />

62 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


delt es sich hierbei um eine halbnahe Einstellung.<br />

Dabei sind Ihr Kopf und Oberkörper<br />

bis etwa zum fünften Knopf Ihres<br />

Hemdes oder Ihrer Bluse sichtbar. Dies erlaubt<br />

Ihnen, Ihre Aussagen auch durch Ihre<br />

Körpersprache zu unterstützen. Auch<br />

die Kamera-Achse ist von entscheidender<br />

Bedeutung. Zeigen Sie auf Ihre Kamera,<br />

wird Ihr Zeigefinger ganz dick oder verdeckt<br />

er das Bild. So wissen Sie, in welche<br />

Richtung Sie sprechen sollten, um Ihre<br />

Aussagen erfolgreich<br />

Ihrem Gegenüber<br />

anzutragen.<br />

Technisch gesehen<br />

macht eine Kamera<br />

aus einem dreidimensionalen<br />

Bild<br />

immer ein zweidimensionales<br />

– dies<br />

gilt es zu beachten,<br />

wenn Sie sich vor der Kamera bewegen.<br />

Seitliche Bewegungen können dadurch<br />

schnell hektisch und unruhig wirken, probieren<br />

Sie das ruhig aus und vergleichen<br />

Sie – wie wirkt das Bild, wenn Sie sich<br />

von rechts nach links bewegen, oder<br />

wenn Sie sich auf die Kamera zu und von<br />

ihr weg bewegen? Auch in einer realen<br />

Unterhaltung bewegen Sie sich dynamisch<br />

mit Ihrem Gegenüber – übertragen<br />

Sie dieses Prinzip auf die Kamera-Achse<br />

und bewegen sich auf sie zu und weg: Ihr<br />

Bild wird lebendig. Zudem wirken Sie<br />

weitaus souveräner, je sicherer Sie mit der<br />

Kamera und Ihrer Präsenz spielen können.<br />

Das Gegenüber: die Kamera<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die<br />

Höhen einstellung Ihrer Kamera. Achten<br />

Sie darauf, dass Ihre Kamera auf Augenhöhe<br />

ausgerichtet ist, entweder mit einem<br />

Laptopständer oder mit einer externen<br />

Kamera mit Stativ. Letzteres hat den<br />

Vorteil, dass eine externe Kamera qualitativ<br />

besser und meist auch nachjustierbar<br />

ist und je besser und schärfer Ihr Bild,<br />

desto besser können Sie Ihre Aussagen<br />

rüberbringen.<br />

Achten Sie auch darauf, dass Sie gut ausgeleuchtet<br />

sind, kein Fenster im Hintergrund<br />

haben und dass das Licht von seitlich-vorne<br />

kommt, um Spiegelungen und<br />

Unschärfe zu vermeiden. Ebenso sollten<br />

»Je sicherer Ihr<br />

Bewusstsein für Ihre<br />

eigene Wirkung ist,<br />

desto selbstsicherer<br />

werden Sie!«<br />

Sie auf den Winkel achten, indem Sie in<br />

die Kamera schauen. Wussten Sie, dass<br />

Ihre beiden Gesichtshälften unterschiedlich<br />

wirken? Probieren Sie es aus, decken<br />

Sie abwechselnd eine Gesichtshälfte zu<br />

und fotografieren Sie sich selbst. Es kann<br />

sehr gut sein, dass Sie zwei völlig unterschiedliche<br />

Geschichten erzählen – ohne<br />

überhaupt etwas gesagt zu haben.<br />

Des Weiteren spielt der Blickwinkel, den<br />

Sie zur Kamera einnehmen, eine Rolle:<br />

Vergleichen Sie,<br />

wie Sie wirken,<br />

wenn Sie senkrecht<br />

zur Kamera schauen<br />

oder Ihre Stirn<br />

nach vorne oder<br />

hinten kippen. Sie<br />

werden sehen, wie<br />

unterschiedlich Sie<br />

wirken können.<br />

Je sicherer Ihr Bewusstsein für Ihre eigene<br />

Wirkung ist, desto selbstsicherer werden<br />

Sie. Schließlich können Sie nun entscheiden,<br />

welche Ihrer Seiten Sie für das jeweilige<br />

Gespräch zeigen wollen! Dies<br />

bringt Bestimmtheit und Sicherheit in Ihr<br />

Auftreten. Und das wirkt sich automatisch<br />

auf die Wirkung Ihrer Stimme aus.<br />

Auch Ihre Kleidung kann dies unterstreichen<br />

– wählen Sie einfarbige Kleidung,<br />

die im Kontrast zum Hintergrund steht,<br />

Sie wollen ja schließlich auffallen und<br />

sich nicht tarnen.<br />

Betrachten Sie nun als nächstes Ihre Mimik<br />

und Gestik: Beides überträgt sich<br />

über die Kamera drei- bis fünfmal intensi-<br />

Christoph Hilger<br />

Professor für medienspezifisches<br />

Sprechen.<br />

Schwerpunkt: mediale<br />

Auftritte vor und hinter<br />

der Kamera.<br />

ver. Und wie bereits genannt – Sie sollten<br />

selbst entscheiden, wie Sie sich selbst<br />

präsentieren wollen, wählen Sie also klug.<br />

Nutzen Sie Ihre Stimme<br />

Und nun zu einem der wichtigsten Punkte:<br />

Ihre Stimme. Ihre Stimme sorgt für Ihre<br />

akustische Präsenz. Wenn Sie in ein externes<br />

Mikrofon investieren, erlangen Sie eine<br />

natürlichere Stimmenqualität. Ihr<br />

Stimmenklang wird weniger komprimiert,<br />

allein schon, weil die Membran des Mikros<br />

mehr Frequenzen auffangen und übertragen<br />

kann. Durch die kleinere Distanz<br />

zwischen Mikrofon und Ihnen schwingt<br />

außer dem der Raumhall nicht so mit und<br />

es kann Ihnen leichter fallen, Ihre Stimme<br />

ins Mikrofon zu senden.<br />

Sie müssen Sender Ihrer Botschaft sein.<br />

Stellen Sie sich Ihre Stimme und Worte als<br />

Energie- Impuls vor, der durch das Mikro,<br />

aus den Boxen des Endgerätes Ihres Gegenübers<br />

den Weg bis dessen Ohr finden<br />

muss. Genau gezielt, können dann Ihre<br />

Hörer entscheiden, welcher Teil der Botschaft<br />

für den Kopf, fürs Herz oder den<br />

Bauch gedacht ist. Allein die Vorstellung,<br />

dass Sie Ihren Impuls bis ins Ohr des Gegenübers<br />

senden, macht übrigens bereits<br />

eine Veränderung in der Stimmfärbung<br />

aus.<br />

Planen und entscheiden Sie also genau,<br />

wie Sie wirken wollen. Verstehen Sie, wie<br />

die virtuellen, akustischen und optischen<br />

Aspekte Ihrer Präsenz effektiv über die<br />

Kamera wirken und wie Sie diese gewinnbringend<br />

einsetzen können.<br />

Jörg Köck<br />

Geschäftsführender<br />

Gesellschafter der<br />

BSCC – Better Solutions<br />

Coachingconsulting<br />

GmbH in Locarno.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 63


» BÜCHER<br />

Klimawandel<br />

Ohne Klimaschutz geht es nicht<br />

„Green New Deal“ ist eine Essaysammlung der Journalistin Naomi Klein,<br />

die sich seit Jahrzehnten für den Klimaschutz einsetzt. Ihr Buch zeigt die<br />

Zusammenhänge von Wirtschaft und Umwelt auf und regt zum Umdenken an.<br />

» Sanja Döttling<br />

Bild: Hoffmann und Campe<br />

Warum nur ein Green New Deal<br />

unseren Planeten retten kann.<br />

Klein, Naomi. Hoffmann und Campe,<br />

Hamburg, 2019.<br />

Softcover, 352 Seiten. 15,00 €.<br />

ISBN: 978-3455009835<br />

Die Corona-Pandemie hat sämtliche anderen<br />

Nachrichten aus den Schlagzeilen verbannt.<br />

Vor der Corona-Krise hat die Klimaschutzbewegung,<br />

Stichwort „Fridays for Future“, großen Aufwind erhalten,<br />

weil immer mehr junge Leute sich den weltweiten<br />

Protesten angeschlossen haben.<br />

Das Momentum ist nun, aufgrund der<br />

weltweiten Einschränkungen zur Eindämmung<br />

des Corona-Virus, abgeflaut.<br />

Dabei ist der Klimaschutz ein Thema,<br />

das keinen Aufschub duldet, wie die<br />

kanadische Autorin Naomi Klein in ihrem<br />

Buch „Warum nur ein Green New<br />

Deal unseren Planeten retten kann“ klar<br />

machen möchte. Vor allem der 2018 erschienene<br />

IPCC-Bericht zeigte, laut der<br />

Autorin, dass uns nicht mehr viel Zeit<br />

bleibt, um die schlimmsten Folgen des<br />

Klimawandels von uns abzuwenden:<br />

Nur, wenn wir bis 2050 komplett klimaneutral<br />

wirtschaften, kann die Erderwärmung<br />

auf 1,5 Grad Celsius beschränkt<br />

werden. Schon bei dieser Erhöhung müssen<br />

die Menschen mit negativen Folgen –<br />

abschmelzenden Gletschern, der Erhöhung<br />

des Meeresspiegels und Dürren –<br />

rechnen. Es geht also lange nicht mehr<br />

darum, das Klima zu „retten“, sondern<br />

vielmehr darum, die schlimmsten Folgen<br />

zu verhindern.<br />

Essays aus zehn Jahren<br />

In diesem Buch sammelt Naomi Klein Texte aus den<br />

letzten zehn Jahren, die sich mit dem Klimawandel<br />

befassen. Dabei geht es um konkrete Einzelfälle –<br />

wie das von BP verursachte Ölleck im Golf von Mexiko,<br />

die wirtschaftlichen Folgen des Hurrikans Maria<br />

in Puerto Rico oder die weltweiten zerstörerischen<br />

Brände im Sommer 2017. Eindrucksvoll<br />

beschreibt sie, wie diese Katastrophen schon lange<br />

nicht mehr „natürlich“ sind, sondern menschengemachte<br />

Folgen des Klimawandels – Folgen, die oft<br />

die ärmsten Regionen der Welt auf verehrende Art<br />

und Weise treffen.<br />

Am eindrucksvollsten sind Naomi Kleins Texte<br />

jedoch, wenn sie, wie im Kapitel „Kapitalismus vs<br />

Klima “, eine klare Verbindung zwischen wirtschaft -<br />

lichen Aktivitäten und dem Klimawandel aufzeigt. In<br />

diesem Kapitel beschreibt sie die ablehnende<br />

Haltung des amerikanischen Heartland-Instituts<br />

gegenüber dem Klimawandel, der von den Anhängern<br />

des Instituts in gleichen Teilen geleugnet und<br />

verharmlost wird (und sich dafür von seinen Anhängern<br />

aus der amerikanischen Industrie gut bezahlen<br />

lässt).<br />

Angst vor dem „Ökosozialismus“<br />

Laut Klein haben die rechten Kapitalisten Angst:<br />

Angst, dass Maßnahmen zur Rettung des Klimas<br />

ihren Turbokapitalismus zerstören, Angst vor dem<br />

„Ökosozialismus“.<br />

Klar argumentiert die Autorin, dass die Rechten gar<br />

nicht unrecht haben: Die Rettung des Klimas geht<br />

tatsächlich nicht mit dem Wirtschaftswachstum einher,<br />

den der Kapitalismus einfordert; stattdessen erfordert<br />

er die sinnvolle Bepreisung der Umweltzerstörung,<br />

die große Unternehmen stark in die Pflicht<br />

nehmen würde und eine stärker zentralisierte<br />

Planung , zur Energieversorgung etwa auf Kommunenebene<br />

und zur Koordinierung der Schutzmaßnahmen<br />

auch im globalen Maßstab. All diese Maßnahmen<br />

lassen den „Klima-Kommunismus“ anklingen,<br />

vor dem sich die rechten Kapitalisten so fürchten.<br />

Klimaschutz ist alternativlos<br />

Der Klimaschutz wird die wirtschaftliche Weltordnung<br />

verändern; dass er dennoch alternativlos ist,<br />

hat zumindest die junge Generation verstanden.<br />

Denn sie ist es, die mit den Folgen des unverantwortlichen<br />

Handelns leben muss. Auf einer Schülerklimademonstration<br />

im Jahr 2019 brachte es ein Plakat<br />

auf den Punkt: „Geld zählt nicht mehr, wenn wir alle<br />

tot sind.“<br />

64 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


Arbeitslose – Opfer des<br />

Kapitalismus<br />

Die-Zeit-Journalistin Anna Mayr ist als<br />

Kind arbeitsloser Eltern aufgewachsen. In<br />

diesem Buch geht es allerdings weniger<br />

um ihre persönlichen Erfahrungen, sondern<br />

um ein System, dass Arbeitslose von<br />

der Gesellschaft ausschließt. Sie macht<br />

deutlich: Wer keine Arbeit hat, kann sich<br />

weder über seine Tätigkeit, noch über seinen<br />

Konsum oder seine Hobbys definieren;<br />

all dies ist Arbeitslosen nicht möglich.<br />

Stattdessen werden sie als „Problemfälle“<br />

abgestempelt und mit dem geringsten<br />

Einsatz an Mitteln „verwaltet“. Sie<br />

schreibt: „Die Güte, die unsere Gesellschaft<br />

gegenüber Arbeitslosen zeigt, ist<br />

keine echte Güte. Sie ist vielmehr ein Akt,<br />

den man für notwendig hält, damit das<br />

Elend der anderen für die Mehrheit nicht<br />

zu belastend wird.“<br />

Mayr zeigt wortgewaltig und reflektiert,<br />

mit welcher Verachtung die Politik arbeitslose<br />

Menschen betrachtet. Sie fragt,<br />

wie „gut“ ein Wirtschaftssystem ist, das<br />

solches Elend unterstützt. Sie erklärt, dass<br />

Lösungen wie die höhere Besteuerung<br />

hoher Einkommen helfen könnten,<br />

Arbeitslosen das zu geben, was sie brauchen:<br />

die finanziellen Mittel, an der<br />

Gesellschaft teilhaben zu können. (sd)<br />

Andere erfolgreich von sich<br />

überzeugen<br />

Karrieretipps geben viele, doch wenige<br />

Ratgeber sind so vollgepackt mit guten<br />

Ratschlägen wie dieses Buch. Susanne<br />

Westphal, die Autorin von „Überzeugungstäterin“<br />

besitzt langjährige Erfahrung<br />

als Karriere-Coach und fasst in<br />

diesem praxisnahen Taschenbuch ihre<br />

Ratschläge kurzweilig und unterhaltsam<br />

zusammen.<br />

Sie geht dabei explizit auf Probleme ein,<br />

mit denen Frauen im Berufsalltag konfrontiert<br />

sind. Dazu gehören zum Beispiel<br />

Tricks, wie sich frau in einer überwiegend<br />

männlichen Runde Gehör verschaffen<br />

kann oder wie sie bei der Gehaltsverhandlung<br />

stark bleibt. Andere Themen, die sie<br />

bespricht, betreffen das richtige „Neinsagen“<br />

zu Aufgaben, die die eigene Karriere<br />

nicht weiterbringen, der Umgang<br />

mit Selbstzweifeln sowie Ansätze für eine<br />

gelungene „Selbst-PR“.<br />

Die Autorin Westphal trägt hier die besten<br />

Kniffe für den nächsten Karrieresprung<br />

auf wenig Raum zusammen; da<br />

kann jeder, egal ob Frau oder Mann, noch<br />

etwas dazulernen. (sd)<br />

Machtkampf der<br />

Wirtschaftsformen<br />

Nach Ende des Kalten Krieges wird die<br />

Welt von einem einzigen Wirtschaftssystem<br />

beherrscht: dem Kapitalismus. Dieser<br />

wird allerdings in verschiedenen Ausprägungen<br />

gelebt. In diesem Werk unterscheidet<br />

der Autor und Wirtschaftswissenschaftler<br />

Branko Milanovic den westlichen<br />

„liberalen“ Kapitalismus vom chinesischen<br />

„politischen“ Kapitalismus. Im<br />

letzteren haben politische Eliten eine größere<br />

Autonomie, die nicht unbedingt mit<br />

Demokratie einhergeht; gleichzeitig verspricht<br />

der politische Kapitalismus größere<br />

Wachstumsraten, wie China in den<br />

letzten Jahren gezeigt hat. Mit methodischer<br />

Genauigkeit beleuchtet Milanovic<br />

beide Systeme in Hinblick auf ihre<br />

Schlüsselmerkmale.<br />

Er geht auch auf die Globalisierung, also<br />

die Mobilität von Arbeit und Kapital, ein,<br />

welche die Wertschöpfungsketten weltweit<br />

verändert und weiterhin verändern<br />

wird. Da das Buch vor der Corona-Krise<br />

verfasst wurde, ist diese leider nicht Teil<br />

seiner Betrachtung. Dennoch ist das Buch<br />

für den wirtschaftswirtschaftlich interessierten<br />

Leser ein Muss. (sd)<br />

Die Elenden. Warum unsere<br />

Gesellschaft Arbeitslose verachtet<br />

und sie dennoch braucht.<br />

Mayr, Anna. Hanser Berlin, München,<br />

2020. Hardcover, 208 Seiten. 20,00 €.<br />

ISBN: 978-3446268401<br />

Überzeugungstäterin. Hart in der<br />

Sache, charmant in der Art. So<br />

setzen Sie sich durch!<br />

Westphal, Susanne. Campus Verlag,<br />

Frankfurt a.M., 2020.<br />

Softcover, 227 Seiten. 18,95 €.<br />

ISBN: 978-3593512433<br />

Kapitalismus global. Über die<br />

Zukunft des Systems, das die Welt<br />

beherrscht.<br />

Milanovic, Branko. Suhrkamp Verlag, Berlin,<br />

2020. Hardcover, 404 Seiten, 26,00 €.<br />

ISBN: 978-3518429235<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 65


INSERENTENVERZEICHNIS<br />

IMPRESSUM<br />

Böllhoff GmbH, Bielefeld 7<br />

curecomp Software Services GmbH, AT-Linz 58<br />

Schweizer GmbH & Co.KG, Reutlingen 59<br />

simple system GmbH & Co. KG, München 58, 68<br />

SoftconCIS GmbH, Oberhaching 59<br />

Bild: Melitta<br />

Ejendals AB, SE- Leksand 11<br />

Ferdinand Gross GmbH & Co KG,<br />

Leinfelden-Echterdingen 58<br />

Kunststofftechnik Jantsch GmbH, Nürnberg 59<br />

Keller & Kalmbach GmbH, Unterschleißheim 2, 59<br />

Lederer GmbH, Ennepetal 3, 59<br />

Lehmanns Media GmbH, Köln 59<br />

Onlineprinters GmbH, Neustadt 25<br />

pfenning logistics GmbH, Heddesheim 9<br />

RCT Reichelt Chemietechnik GmbH + Co.,<br />

Heidelberg 31, 59<br />

reichelt elektronik GmbH & Co. KG, Sande 21<br />

Ernst Reiner GmbH & Co. KG, Furtwangen 29<br />

F. Reyher Nchfg. GmbH & Co., Hamburg 59<br />

VORSCHAU<br />

FERTIGUNGSTECHNIK<br />

Die digitale Laserbearbeitung kann bei<br />

unzähligen Materialien und Anwendungen<br />

eingesetzt werden. Damit lassen sich<br />

maßgeschneiderte Prozesse für die<br />

Bearbeitung ganz unterschiedlicher<br />

Oberflächen konzipieren.<br />

Technische Akademie Wuppertal e.V.,<br />

Wuppertal 13<br />

Tünkers Maschinenbau GmbH, Ratingen 19<br />

veenion GmbH, Kaiserslautern 59<br />

Dieser Ausgabe liegt ein<br />

Prospekt folgender Firma bei:<br />

Hoppe Unternehmensberatung<br />

Beratung für Informations -<br />

management, Heusenstamm<br />

Wir bitten unsere Leser um<br />

freundliche Beachtung.<br />

INTERVIEW<br />

Christian Bonk, CPO von<br />

Melitta, über den Einkauf<br />

als interner Dienstleister,<br />

nach haltige Verpackungen<br />

und die Bedeutung<br />

eines toolbasierten<br />

Risiko managements.<br />

BETRIEB<br />

Immer mehr Maschinenbauer bieten den<br />

Kunden sichere Fernüberwachungen an.<br />

Die Vielfalt erschwert die Kontrolle bei<br />

den Betreibern und eröffnet Angriffs -<br />

punkte für Cyber-Attacken. Ein modernes<br />

Sicherheitskonzept schafft Abhilfe.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> 6/2021 erscheint am 28.5.2021.<br />

Anzeigenschluss ist am 30.4.2021.<br />

ISSN 1612–7226<br />

Das Magazin für Einkauf, Materialwirtschaft und Logistik<br />

ISSN 0341–4507<br />

Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />

Verlag: Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH<br />

Ernst-Mey-Straße 8,<br />

70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />

Geschäftsführer: Peter Dilger<br />

Verlagsleiter: Peter Dilger<br />

Redaktion:<br />

Chefredakteur:<br />

Dipl.-Ing. (FH) Werner Götz (gö), Phone +49 711 7594–451<br />

Redakteure:<br />

Dipl.-Ing. (FH) Sabine Schulz-Rohde (sas),<br />

Phone +49 711 7594–252;<br />

Dipl.-Betriebswirt (FH) Dietmar Kieser (dk),<br />

Phone +49 711 7594–454;<br />

M. Litt. Sanja Döttling (sd), Phone +49 711 7594–342<br />

Korrespondent:<br />

M.A. Nico Schröder (sc), Phone +49 170 6401879<br />

Freie Mitarbeit:<br />

Ass. Jur. Ulrike Dautzenberg, RA Anja Falkenstein,<br />

Dipl. Ing. (FH) Michael Grupp, M.A. Annette Mühlberger,<br />

M.A. Sabine Ursel<br />

Fachliche Beratung: Prof. Dr. Robert Fieten<br />

Redaktionsassistenz:<br />

Daniela Engel, Phone +49 711 7594–452,<br />

Fax –1452, E-Mail: daniela.engel@konradin.de<br />

Layout: Jennifer Martins, Phone +49 711 7594–262<br />

Gesamtanzeigenleitung:<br />

Joachim Linckh, Phone +49 711 7594–565<br />

Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 64 vom 1.10.2020.<br />

Auftragsmanagement:<br />

Annemarie Olender, Phone +49 711 7594–319<br />

Leserservice: <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>, Phone +49 711 7252–209,<br />

E-Mail: konradinversand@zenit-presse.de<br />

Erscheinungsweise: 10 x jährlich<br />

Bezugspreis jährlich: Inland 151,00 € inkl. MwSt. und Versandkosten<br />

; Ausland 156,00 € inkl. Versandkosten;<br />

Einzelheft Inland: 15,20 € inkl. MwSt. und Versandkosten.<br />

Einzelheft Ausland: 15,70 € inkl. Versandkosten.<br />

Für Schüler, Studenten und Auszubildende gegen Nachweis:<br />

Inland 73,50 € inkl. MwSt. und Versandkosten,<br />

Ausland 78,50 € /119,50 CHF inkl. Versandkosten.<br />

Bestellungen beim Verlag oder beim Buchhandel. Sofern das<br />

Abon nement nicht für einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich<br />

bestellt war, läuft das Abonnement bis auf Widerruf.<br />

Bezugszeit: Das Abonnement kann erstmals vier Wochen<br />

zum Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt werden. Nach<br />

Ablauf des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist von jeweils<br />

vier Wochen zum Quartalsende. Bei Nichterscheinen<br />

aus technischen Gründen oder höherer Gewalt entsteht kein<br />

Anspruch auf Ersatz.<br />

Die Mitglieder des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf<br />

und Logistik e.V. ( BME ) und des ÖPWZ erhalten die Zeitschrift<br />

„<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>“ im Rahmen einer Kooperation.<br />

Auslandsvertretungen: Großbritannien: Jens Smith Partner -<br />

ship, The Court, Long Sutton, Hook, Hamp shire, RG29 1TA,<br />

GB, Phone 01256 862589, Fax 01256 862182, E-Mail:<br />

jsp@trademedia.info; USA, Kanada: D.A. Fox Advertising<br />

Sales, Inc., Detlef Fox, 5 Penn Plaza, 19th Floor, New York, NY<br />

10001, Phone +1 212 89 63 881, Fax +1 212 62 93 988,<br />

E-Mail: detleffox@comcast.net<br />

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Leinfelden-Echterdingen<br />

66 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021


MEINUNG «<br />

Globale Lieferketten in der<br />

Zerreißprobe<br />

Im goldenen Dezennium der Globalisierung von 2008 bis 2018<br />

blieben Industrie und Handel hierzulande weitestgehend<br />

verschont von ernsthaften Versorgungskrisen. Es wurden globale<br />

Lieferketten aufgebaut, die unsere Unternehmen aber auch die<br />

Verbraucher in die Lage versetzten, von den Kostenvorteilen einer<br />

global vernetzten Produktion massiv zu profitieren. So bildete sich<br />

eine große Abhängigkeit von Zulieferungen aus Asien heraus. Die<br />

Unternehmen nutzten die Chance der langen Schönwetterperiode<br />

und entwickelten überoptimierte und auf höchste Effizienz<br />

getrimmte globale Lieferketten. Im Global Sourcing ging es um<br />

Kostensenkung und Kosteneffizienz, in der Logistik um JIT-Belieferung<br />

ohne Vorräte. Im Ergebnis entstanden hocheffiziente aber<br />

fragile globale Lieferketten.<br />

Spätestens seit Ausbruch der Pandemie und der damit einhergehenden<br />

Lockdowns und Störungen in den Lieferketten ist deutlich<br />

geworden, dass es für das globale Lieferkettenmanagement ein „Weiter so“ nicht geben<br />

kann. Die jüngste Blockade des Suezkanals und die nun folgenden Staus in den euro -<br />

päischen Häfen sind nur eines von mehreren<br />

Menetekeln an den Wandel: Empfindliche<br />

Prof. Dr. Robert Fieten,<br />

wissenschaftlicher Berater der<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>, Köln<br />

Störungen der maritimen Seewege mit einem<br />

»Es ist deutlich geworden, Rattenschwanz von Folgewirkungen sind jederzeit<br />

möglich. Die anhaltende Verknappung an<br />

dass es für das globale<br />

Containern und die damit einhergehenden<br />

Lieferkettenmanagement ein<br />

explodierenden Frachtraten, insbesondere auf<br />

„Weiter so“ nicht geben kann.« dem Weg von Asien nach Europa, sind weitere<br />

Schläge in die Magengrube des globalen Lieferkettenmanagements.<br />

Lieferausfälle durch<br />

extreme Wetterereignisse wie etwa die jüngste Frostperiode in Texas, die die Kunststoffproduktion<br />

hart getroffen hat, oder die Dürre in Taiwan, die die dort konzentrierte<br />

Halbleiterproduktion schwer beeinträchtigt, dürfen nicht als Ausnahmeereignisse<br />

abgetan werden. Diese Unterbrechungen, aber auch die Lieferstörungen, die mit der<br />

Corona- Pandemie zusammenhängen, bedeuten eine Zerreißprobe für die globalen<br />

Lieferketten und werfen die Fragen auf, ob ihre Architektur noch richtig ist und ob die<br />

Risiken richtig gemanagt werden.<br />

Als weiteres großes politisches Risiko kommen Protektionismus und damit einher -<br />

gehende Handelsblockaden hinzu. Der Globalisierung werden dadurch von der Politik<br />

Giftpillen verabreicht.<br />

Wir müssen heute ernüchtert feststellen, dass ein globales Lieferkettenmanagement, das<br />

Krisenszenarien ausblendet und primär auf Effizienz und JIT statt auf Resilienz setzt, im<br />

Ernstfall nutzlos, ja sogar lebensbedrohend ist. Was ist zu tun? An die Stelle von<br />

Klumpen risiken bei den Lieferquellen muss eine stärkere Diversifizierung treten. Ein<br />

Reshoring , etwa der Chip-Produktion nach Europa, ist geboten. Der JIT-Fetisch muss<br />

gestutzt werden . Vorräte in der Supply Chain sind nicht per se schlecht. Das Risiko -<br />

management in <strong>Beschaffung</strong> und Logistik muss professionalisiert werden. Natürlich hat<br />

dies alles seinen Preis: Es ist der Preis einer resilienten Versorgung. Diesen Preis werden<br />

Industrie, Handel und Verbraucher zahlen müssen.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021 67


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68 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 05|2021<br />

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