FIETE-01-2021
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DER FISCH STINKT<br />
VOM KOPF AN<br />
Mit seiner Gastro-Preisbörse sagt Fleischermeister Stefan Koch der Lebensmittelverschwendung<br />
den Kampf an und fordert die Politik zum Umdenken auf.<br />
Er verdient sein Geld mit Ware, die niemand mehr wollte.<br />
025<br />
GOOD FOOD, GOOD MOOD<br />
Keine Reste-Ritter –<br />
die meisten Deutschen werfen Angebrochenes<br />
wie zum Beispiel Gemüse und<br />
Obst, aber auch fertig Produkte weg.<br />
Sogar 17 % der 18-<br />
bis 34-Jährigen verwerten Reste so<br />
gut wie gar nicht weiter!<br />
Das Sparschwein geht leer aus –<br />
nach offiziellen Schätzungen vom Bundesministerium<br />
für Ernährung und Landwirtschaft<br />
werfen die Deutschen Lebensmittel im Wert<br />
von 20 Euro monatlich weg:<br />
ÜBERLEGT KOCHEN<br />
• Für die Woche planen<br />
240 Euro<br />
das sind<br />
jährlich ganz einfach für die Tonne.<br />
• Zutaten mehrfach variiert einsetzen<br />
• Auf Vorrat kochen und portionsweise<br />
einfrieren<br />
• Mit Resten die nächste Mahlzeit bereichern<br />
Was ist die Gastro-Preisbörse?<br />
Sie ist eine Art Schnittstelle zwischen<br />
Unternehmen, die ihre überschüssigen<br />
Lebensmittel zum Verkauf anbieten,<br />
und den Endverbrauchern, welche sie<br />
verwerten und womöglich dringend<br />
brauchen können. Ein Beispiel: Ich kaufe<br />
Lebensmittel von Großhändlern zu einem<br />
Zehntel des Preises an und bringe sie mit<br />
ein wenig Gewinn zurück in den Kreislauf,<br />
wo sie gebraucht werden.<br />
Ware, die aber noch genießbar ist?<br />
Richtig. Die Lebensmittel sind zum überwiegenden<br />
Teil noch völlig in Ordnung. Es<br />
werden leider eine ganze Menge Waren<br />
produziert, die nicht verkauft werden.<br />
Auf der anderen Seite gibt es Produkte,<br />
die nicht den Verkaufsstandards entsprechen.<br />
Dies sind zum Beispiel Butterkuchenstücke,<br />
die nicht ausreichend<br />
mit Mandelblättern versehen sind und so<br />
automatisch aussortiert werden. Nach<br />
EU-Richtlinien müssen gewisse Lebensmittel<br />
einen Standard erfüllen. Das ist ein<br />
Missstand, der nicht sein darf.<br />
Haben Sie deshalb die Gastro-Preisbörse<br />
ins Leben gerufen?<br />
Ich habe als gelernter Fleischermeister<br />
bereits in sehr vielen großen Küchen<br />
gearbeitet und habe mich über die immensen<br />
Mengen weggeworfener<br />
Lebensmittel geärgert. Daraufhin<br />
habe ich mich intensiv mit den<br />
Zusammenhängen der Lebensmittelverschwendung<br />
beschäftigt<br />
und festgestellt, dass das größte<br />
Problem die Industrie darstellt. Diese<br />
darf in Kürze ablaufende Artikel<br />
nicht mehr in Umlauf, beziehungsweise<br />
an den Endverbraucher bringen<br />
und schmeißen sie somit weg.<br />
So entstehen jährlich 15 Millionen<br />
Tonnen weggeworfene Lebensmittel<br />
in Deutschland, die zum Teil noch<br />
genießbar sind.<br />
Ziemlicher Irrsinn oder?<br />
Irrsinnig ist die Massenproduktion an<br />
Fisch, Fleisch und anderen „Luxusartikeln“<br />
mit denen die Verbraucher*innen<br />
zu sorglos umgehen, sowie die Kategorien,<br />
nach denen die Lebensmittel für „verkaufsgeeignet“<br />
eingestuft werden. Andererseits<br />
ist es so, dass die Produktion der<br />
Lebensmittel auch Arbeitsplätze sichert.<br />
Würde Gemüse, Obst, Brot, Weizen und<br />
Co. nur in dem Maße produziert, wie sie<br />
benötigt werden, hätten Millionen Menschen<br />
von heute auf morgen keinen Job<br />
mehr. Es ist ein zweischneidiges Schwert.<br />
15 Millionen Tonnen Lebensmittel, die<br />
im Müll landen – das klingt enorm viel.<br />
Das ist es auch! Das entspricht einer<br />
Menge von 500.000 Lastwagenladungen,<br />
die hintereinander aufgereiht eine<br />
Schlange von Berlin bis Peking bilden<br />
würde.<br />
Wie agiert die Gastro-Preisbörse konkret<br />
dagegen?<br />
Wir reden mit Industriebetrieben, die<br />
fehl- und überproduzieren und am Ende<br />
die Lebensmittel nicht entsorgen wollen.<br />
Es geht um große Unternehmen, die<br />
davon profitieren. Außerdem unterstützen<br />
wir verschiedene soziale Projekte in<br />
Deutschland.<br />
SoSe <strong>2021</strong>