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Das Magazin für Vergabe und Beschaffung

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Das Magazin für Vergabe und Beschaffung 1 I 2021

ZUKUNFTSPROJEKT

DEUTSCHLAND

Digitalisierung, KI, Fachkräftemangel

Wo stehen wir?

Was ist noch zu tun?


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0121 I EDITORIAL 0121 I INHALT

Das Magazin für Vergabe und Beschaffung 1 I 2021

ZUKUNFTSPROJEKT

DEUTSCHLAND

Digitalisierung, KI, Fachkräftemangel

Wo stehen wir?

Was ist noch zu tun?

Liebe LESERINNEN,

liebe LESER,

schon vor der Pandemie stand Deutschland vor

Herausforderungen, die nach Meinung von

Experten viel zu zögerlich angegangen werden,

obwohl sie die Zukunft des Wirtschaftsstandortes

Deutschland entscheidend bestimmen.

Es ist die schleppende Digitalisierung der

Verwaltung und Wirtschaft, die auch die

Umsetzung der e-Vergabe oder BIM verzögert,

und der desaströse Breitbandausbau, die heftig

in der Kritik stehen. Hinzu kommen ein

steigender Fachkräftemangel und ein anhaltender

Investitionsstau in Kommunen und Gemeinden.

Doch ist es wirklich so schlimm? Wie der

Stand tatsächlich ist und wohin die Reise geht,

das wollte SUPPLY von Experten aus den

Bereichen Bau und IT wissen. Lesen Sie ab Seite

6 drei spannende Interviews mit Dr. Robert

Momberg vom Bauindustrieverband Ost, Frank

Linneberg und Alexander N. Müller von

Administration Intelligence sowie Christiane

Schäffer vom Subreport.

Natürlich kommt auch das Vergaberecht für die

Praxis nicht zu kurz. So geht es in diesem Heft

um die Rügeanforderungen für professionelle

Bieterunternehmen, der tatsächlichen

Beschaffungsautonomie der öffentlichen Hand,

der Zulässigkeit von Aufhebungen bei

unverändertem Beschaffungsbedarf und um

Gestaltungsmöglichkeiten bei der Veräußerung

kommunaler Grundstücke.

Ich wünsche Ihnen ein interessantes

Lesevergnügen!

HERZLICHST

Andreas Klose

Chefredakteur

AKTUELL

SEITE 4

DIE PKW-MAUT –

Ein Überblick über das Desaster

TITEL

ZUKUNFTSPROJEKT DEUTSCHLAND

SEITE 6

HERAUSFORDERUNGEN UND MEGATRENDS

DER BAUBRANCHE

Interview mit Dr. Robert Momberg

vom Bauindustrieverband Ost

SEITE 12

DIGITALISIERUNG FÄNGT IN DEN KÖPFEN AN

Interview mit Frank Linneberg und Alexander N. Müller

von Administration Intelligence

SEITE 18

DER BREITBANDAUSBAU MUSS VORANKOMMEN

Interview mit Christiane Schäffer vom Subreport

RECHT

SEITE 24

VON (GESTEIGERTEN) RÜGEPFLICHTEN

Welche Rügeanforderungen gelten für

professionelle Bieterunternehmen?

Seite 28

DIE BESCHAFFUNGSAUTONOMIE

DER ÖFFENTLICHEN HAND

SEITE 30

AUFHEBUNG UNZULÄSSIG

Bei unverändertem Beschaffungsbedarf!

Seite 30

DIE VERÄUSSERUNG KOMMUNALER GRUNDSTÜCKE

Rechtliche Leitplanken und Gestaltungsmöglichkeiten

VERGABE

SEITE 38

DIE A24SALESCLOUD

Eine neue digitale Lösung für Bieter

STANDARDS

SEITE 3

EDITORIAL/INHALT

SEITE 42

IMPRESSUM

3


AKTUELL I 0121

DIE PKW-MAUT –

EIN ÜBERBLICK ÜBER

DAS DESASTER

Inzwischen ist es fast sechs Jahre her, dass eine

Pkw-Maut für deutsche Autobahnen und Bundesstraßen

beschlossen wurde. Das Prestige-Projekt der CSU

entwickelte sich zu einem politischen Desaster, das

bis heute kein Ende gefunden hat.

von VERONIKA BOJTSCHUK

VERONIKA BOJTSCHUK

Freie Autorin

4

Schon ab Oktober 2020 sollte die Pkw-

Maut ursprünglich kassiert werden. Etwa

500 Millionen Euro sollte sie laut Verkehrsministerium

nach Abzug der Kosten pro

Jahr einbringen. Nach einem langen Hin und

Her und leichten Änderungen hatte die EU-

Kommission dem Beschluss 2016 zugestimmt.

Inländische Pkw-Fahrer sollten auf deutschen

Autobahnen und Bundesstraßen künftig Maut

zahlen. Sie sollten aber im Gegenzug durch eine

geringere Kfz-Steuer finanziell entlastet werden.

Fahrer aus dem Ausland sollten nur auf Autobahnen

zahlen müssen. Dagegen reichte Österreich,

später zusammen mit den Niederlanden,

Klage ein. Diese Infrastrukturabgabe würde

ausländische Fahrzeugbesitzer diskriminieren,

da sie inländische Fahrer durch die Kfz-Regelung

voll entlaste und die wirtschaftliche Last allein

auf ausländischen Fahrern liege. Damit verstoße

sie gegen das EU-Recht, so das Argument.

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg

entschied am 18.06.2019: Die Pkw-Maut sei in

ihrer Form tatsächlich rechtswidrig, da ausländische

Autobesitzer diskriminiert würden. Sie

verstoße zudem gegen die Grundsätze des

freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs

im EU-Binnenmarkt. Damit war

das Maut-Projekt gekippt, doch dies war nicht

das Ende der Pkw-Maut-Diskussion.

Ein Vergabeverfahren für einen Betreiber der

Pkw-Maut war bereits durchgeführt worden

und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)

hatte bereits Ende 2018 die Verträge mit den

beiden privaten Betreibern Kapsch TrafficCom

und CTS Eventim unterzeichnet, bevor Rechtssicherheit

über das Urteil des Europäischen

Gerichtshofs bestand. Diese kündigte er am

Abend des Urteils am 18.06.2019.

Im Dezember 2019 forderten die Betreiber

daraufhin Schadensersatz in Höhe von 560

Millionen Euro, den Verkehrsminister Scheuer

wiederum ablehnte. Er erklärte, die Kündigung

habe keine politischen Gründe und sei nur teilweise

wegen des Urteils aus Luxemburg getätigt

worden. Vielmehr handele es sich um nicht

bzw. falsch erbrachte Leistungen seitens der

Betreiber. Gegen die Argumentation Scheuers

spricht eine öffentlich gewordene Berechnung

der Beratungsfirma PricewaterhouseCoopers

vom 20.06.2019, die das Verkehrsministerium

über einen möglichen Schadensersatz im Falle

einer „Kündigung aus ordnungspolitischen

Gründen“ informiert. Die Berechnung der

Beratungsfirma stimmt mit dem geforderten

Schadensersatz überein. Ein Schiedsgerichtsverfahren

wurde am 20.02.2020 eingeleitet,

um über die Zahlung des Schadensersatzes

zwischen Bund und Kapsch & CTS Eventim zu

entscheiden. Ein Schiedsgerichtsverfahren hatte

es bereits zwischen dem Bund und Toll Collect,

dem inzwischen bundeseigenen Betreiber

der Lkw-Maut gegeben. Damals hatte es sich

um eine Schadensersatzforderung seitens des

Bundes für den verspäteten Start der Lkw-Maut

gehandelt, deren Aushandlung fast 14 Jahre

in Anspruch genommen hatte. Im Falle der

Pkw-Maut wurden im Schiedsverfahren bisher

die bereits angestellten Wertberechnungen der

Betreiber für das eigens gegründete Maut-


0121 I AKTUELL

Gemeinschaftsunternehmen für unzulässig

erklärt.

Darüber hinaus bestehen aber auch

Zweifel an dem Vergabeverfahren über

die Durchführung der Pkw-Maut an sich.

Der Bundesrechnungshof gab an, darin

einen potenziellen Verstoß gegen das

Vergabe- und Haushaltsrecht zu sehen. Die

Bieter Kapsch und CTS Eventim hätten ein

Angebot über 3 Milliarden Euro gemacht,

das jedoch die 2 Milliarden Euro, die dem

Ministerium vom Bund zur Verfügung gestellt

worden waren, deutlich überschritt.

Daraufhin habe das Verkehrministerium

die Vergabe des Projekts an Toll Collect

in Betracht gezogen, die allerdings nicht

zeitgemäß möglich gewesen wäre. So

wurde eingeräumt, die Bieter könnten

Schulenberg von CTS Eventim stattgefunden

haben. Auch hatte es ein Angebot

von der Telekom gegeben, das nur

2,4 Milliarden Euro betrug.

Der voreilige Vertragsschluss Scheuers

hat auch im Bundestag schwere Vorwürfe

durch die Opposition zur Folge. Seit

Dezember 2019 ermittelt ein Bundestags-

Untersuchungsausschuss zu der Sachlage

und soll Ende Mai oder im Juni 2021 einen

Abschlussbericht veröffentlichen. Grüne,

Linke und FDP kritisieren Scheuer dabei

aufs Schärfste und werfen ihm Fehler zu

Lasten der Steuerzahler vor. Scheuer habe

nicht nur Verträge abgeschlossen bevor

Rechtssicherheit bestand und so einen

finanziellen Schaden für den Bundeshaushalt

in Höhe von 560 Millionen Euro

Gewissen“ gehandelt und bekräftigte, dass

das Vergabe- und Haushaltsrecht eingehalten

worden sei. Oft verwies es auf den

ehemaligen Staatssekretär Gerhard Schulz,

nun Chef bei Toll Collect, den Scheuer zu

den Risiken der Pkw-Maut konsultiert hatte

und der keine europarechtlichen Verstöße

in dem Vorhaben gesehen hatte. Außerdem

widersprach Scheuer der Aussage von

Kapsch und Schulenberg und gab an, dass

eine Aufschiebung der Vertragsunterzeichnung

niemals angeboten worden sei.

Das Desaster um die Pkw-Maut ist

vielschichtig. Eindeutig ist jedoch, dass es

den Bund Millionen kosten wird. Allein

2019 entstanden auch nach dem Kippen

der Maut durch den Europäischen

Gerichtshof weitere Kosten von 3 Millionen

Zahlstellenterminals von Toll Collect mitnutzen

und das Angebot der beiden Bieter

konnte so auf 2 Milliarden Euro heruntergesetzt

werden. Diese Verhandlungen

verliefen allerdings nur mit Kapsch & CTS

Eventim. Zwar waren diese Bieter zu dem

Zeitpunkt die einzigen, die noch am Verfahren

teilnahmen, die Angebotsfrist war

aber noch nicht abgelaufen. Es hätten also

noch andere Bieter ein Angebot abgeben

können, sie wurden aber nicht über die

Änderungen des Leistungsumfangs informiert.

Diese Änderungen könnten damit

vergaberechtlich unzulässig sein. Auffällig

ist zudem, dass mehrere geheime Treffen

zwischen Andreas Scheuer und den beiden

Betreibern Georg Kapsch und Klaus-Peter

verursacht. Es habe bei einem Treffen mit

Georg Kapsch und Klaus-Peter Schulenberg

außerdem ein Gespräch über ein Aufschieben

der Unterzeichnung der Verträge

gegeben. Kapsch und Schulenberg hätten

dies im Anbetracht des kommenden Urteils

des Europäischen Gerichtshofs angeboten,

was Minister Scheuer jedoch abgelehnt

haben soll. Im Laufe der Untersuchungen

durch den Ausschuss klagte die Opposition

zudem immer wieder über Unvollständigkeiten

in Verkehrsminister Scheuers

Schriftverkehr.

In seinen Befragungen am 01.10.2020 sowie

am 28.01.2021 erklärte Scheuer mehrfach

er habe nach „bestem Wissen und

Euro für Personal, das eigens für die

Mautverwaltung eingestellt worden war,

sowie von 5,3 Millionen Euro für Rechtsund

Wirtschaftsberatung, Gutachterleistungen

und Projektmanagement. Wie

hoch der Bruttounternehmenswert tatsächlich

ist, soll ein Gutachten benennen, das

dem Verkehrsministerium vorliegt. Anfang

Januar 2021 reichte die FDP Klage gegen

das Verkehrsministerium vor dem Verwaltungsgericht

Berlin ein, da das Ministerium

bisher eine Einsicht in das Gutachten

verweigert habe. Es bleibt die weitere

Entwicklung abzuwarten und auf eine

kompetente Aufarbeitung der Sachlage zu

hoffen.

5


TITEL I 0121

ZUKUNFTSPROJEKT DEUTSCHLAND

HERAUSFORDERUNGEN

UND MEGATRENDS DER

BAUBRANCHE

Die Bauindustrie gilt immer nach als Konjunkturmotor in Deutschland.

Doch dass die Pandemie auch hier negative Auswirkungen zeigen wird,

ist bereits zu hören. Und wie steht es mit den anderen Herausforderungen

wie Fachkräftemangel und Digitalisierung? SUPPLY befragte den

Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost Herrn

Dr. Robert Momberg und erfuhr Interessantes zum jetzigen

Stand und Ausblicke in die Zukunft.

6


0121 I TITEL

Interview: ANDREAS KLOSE

SUPPLY: Sehr geehrter Herr Dr. Momberg, viele sehen im

Fachkräftemangel ein akutes und steigendes Problem.

Haben Ihre Mitgliedsunternehmen Schwierigkeiten,

qualifiziertes Personal zu gewinnen?

DR. ROBERT MOMBERG: Die Sicherung des Fachkräftebedarfs

gehört tatsächlich zu den größten Herausforderungen der

Verbandsunternehmen. Dazu gehört auch der Engpass bei der

Nachwuchsgewinnung. Im Ausbildungsjahr 2020/21 konnten

sieben von zehn Ausbildungsplätzen in den gewerblichen Berufen

besetzen werden. Das sind die Leute, die wir auf den Baustellen

dringend benötigen. Die Zahl zeigt deutlich Potential nach oben

und belegt, dass Personal fehlt.

Dabei gibt es große regionale Unterschiede. In Metropolen ist es

noch schwieriger Nachwuchskräfte anzuwerben, da die Konkurrenz

anderer Branchen größer ist, als in ländlicheren Regionen.

In Dresden gibt es beispielsweise eine Halbleiter- und Mikrochip-

Industrie, in Leipzig Automobilhersteller und Zulieferer, die die

jungen Menschen ansprechen und attraktive Alternativen bieten.

In ländlichen Regionen punkten die Bauunternehmen dagegen

mit ihrer regionalen Verankerung.

Es lässt sich aber ein Trend festhalten: Nachdem in der Vergangenheit

die Attraktivität der Bauberufe deutlich gelitten hat, so

ist jetzt durch eine Rückbesinnung auf das Handwerk sowie eine

solide Ausbildung ein Anstieg der Jugendlichen zu verzeichnen,

die eine Bauausbildung absolvieren wollen.

Gibt es Strategien, um neue Mitarbeiter bzw.

Nachwuchskräfte zu finden und einzustellen?

Ja! So wurde vor drei Jahren bereits die bundesweite Nachwuchskampagne

„Bau Dein Ding“ als konzertierte Aktion der Bauindustrie

gestartet. Damit wird intensiv für die Bauberufe geworben.

Außerdem präsentieren sich viele Unternehmen auf Ausbildungsmessen

und knüpfen Kontakte zu den Schulen, um aktiv für eine

Tätigkeit am Bau zu werben. Der Erfolg stellt sich langsam ein.

Aber wir dürfen als Branche nicht nachlassen, um für die hervorragenden

Ausbildungsbedingungen sowie Aufstiegschancen in

der Bauwirtschaft zu werben.

Nun ist das Anwerben von Nachwuchs eine Sache.

Gleichzeitig klagen viele Branchen, dass das Niveau und

die Motivation viel zu wünschen lassen. Können

Sie dies bestätigen?

Leider ja. Schon die Kerntugenden wie Pünktlichkeit, Höflichkeit

und Einsatzbereitschaft sind tatsächlich immer weniger verbreitet.

Das eigentliche Problem ist zunehmend die mangelnde

Ausbildungsreife. Aus diesem Grunde musste die Branche selbst

Instrumente entwickeln, um Jugendliche fit für die eigentliche Berufsausbildung

zu machen. Dazu gehört z. B. das Angebot eines

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7


- derzeit sind noch keine Folgen spürbar

- deutlich wird jedoch schon jetzt, dass der Markt enger wird: weniger Aufträge, um die

TITEL I 0121sich mehr Unternehmen bewerben: die Preisspirale dreht sich bereits nach unten

Digitalisierung

Das klingt so, als müssten die

Fächer stärker gefördert werden. Und es Vor der Corona-Krise galt die

ausbildenden Wird sich Unternehmen durch die stärkere Nutzung muss mehr Berufsorientierung digitaler Medien stattfinden. die Branche Baubranche ändern?

uneingeschränkt als

Versäumnisse der Schulen nachholen. In der Ausbildung selbst finden zunehmend

Konjunktur-Motor, die volle

- Bauunternehmen auch digitale Anwendungen die einmalige statt. Auftragsbücher Chance, ihre vorweisen Bauprozesse konnte.

Digitalisierung bietet den

Einerseits ja. weiter Doch ist es zu sicher optimieren auch ein Das trägt auch zur weiteren Attraktivität Wie sieht der Stand aktuell aus?

tiefer gehendes gesellschaftliches Phänomen.

Was die Schule anbelangt, so fehlt

Volle Auftragsbücher haben dazu geführt,

der Ausbildung bei.

- Arbeits- und Kommunikationsprozesse werden sich verändern

- Unabdingbar dafür ist jedoch auch die Durchdringung digitaler Prozesse auf allen

den Jugendlichen nach dem Abschluss oft Viele Branchen erleben einen

dass die Baubranche bisher gut durch die

Grundsätzliches,

staatlichen

angefangen

Ebenen

beim Einmaleins.

Auf - der Corona-Pandemie Baustelle sollte man einen hat offengelegt, und mittleren Betrieben dass viele sinkt, Verwaltungsprozesse Projekte lange vor noch der Krise immer angeschoben nicht

Strukturwandel. Die Anzahl an kleinen Krise gekommen ist. Das liegt daran, dass

simplen Dreisatz digital beherrschen. funktionieren Wenn man

das den Auszubildenden zuerst beibringen

während die großen Betriebe immer

mehr Mitarbeiter haben. Werden

und Aufträge vergeben wurden. Doch

allmählich ist dieses Auftragspolster aufge-

Anteil muss, der dann Baufirmen, entstehen die dem Anwendungen System zur irgendwann Digitalisierung wenige von Unternehmensabläufen große Unternehbraucht.

und/oder Doch bei der gibt Planung es Befürchtungen, und Erstellung dass

natürlich von Bauwerken Kosten. Allerdings bereits nutzen, gibt uns deren unser künftigen men Einsatz den Markt planen beherrschen oder nicht weil planen die an Gesamtzahl aus der Corona-Krise der Befragten eine in Baukrise Prozent werden

(BIVO-Umfrage 20219)

System auch recht: Die Erfolgsquote bei den

Prüfungen ist auch dank einer intensiven

sozialpädagogischen Betreuung und fachlichen

Unterstützung sehr hoch und liegt je

nach Standort bei bis zu 95 Prozent.

Besteht dadurch die Gefahr, dass

Unternehmen die Lust verlieren

auszubilden?

Noch ist der Bau sehr arbeitsintensiv und im

hohen Maße auf menschliche Arbeitskraft

angewiesen. Auch wenn man in Zukunft

bestimmte Arbeitsprozesse mit technologischen

Alternativen ersetzen kann, wird der

Faktor Mensch beim Bau immer eine Rolle

spielen. Daher gehört es auch zu den Aufgaben

des Verbandes, auf die Bedeutung

der Nachwuchssuche für den Unternehmenserfolg

hinzuweisen.

Das ist sicher noch Zukunftsmusik. Doch

wie kann diesem Trend ihrer Meinung

nach entgegengewirkt werden?

In den Schulen müssen die mathematischnaturwissenschaftlichen

und technischen

kleinen es nicht geschafft haben einen

Wandel zu vollziehen?

Die Baubranche erlebt einen gegenteiligen

Trend. Die Anzahl der Kleinst- und Kleinunternehmen

steigt seit den 90er Jahren. Wir

sprechen geradezu von einem „Atomisierungseffekt“,

bei dem es sich um ein dauerhaftes

Phänomen handelt. Wenn sich ein

großes oder mittelständiges Unternehmen

mit zwei bis dreihundert Mitarbeitern auflöst,

dann entstehen daraus rund zwanzig

neue, wenn die freigesetzten Mitarbeiter

sich selbständig machen und sich einen

eigenen Handwerksbetrieb aufbauen. Die

Baubranche erlebt also seit Jahrzenten eine

Konsolidierung des Mittelstandes, was gut

ist. Denn große Unternehmen sind zwar

sehr leistungsfähig, allerdings können sich

kleinere Unternehmen häufig flexibler an

neue Markterfordernisse anpassen. Die

richtige Mischung macht‘s: Wir brauche

auch zukünftig Konzerne für infrastrukturelle

Großprojekte und einen schlagkräftigen

Mittelstand sowie die Kleinbetriebe,

die schnell Aufträge abarbeiten können.

könnte. Hier spielen viele wirtschaftliche

Faktoren eine Rolle. Bei dem Gewerbebau

sind beispielsweise die Investoren noch

zurückhaltend. Es bleibt auch abzuwarten,

wie die öffentlichen Auftraggeber sich

verhalten.

- Studien legen nahe, dass das Niveau der Digitalisierung im eigenen Unternehmen

heute kritischer eingeschätzt wird als noch vor wenigen Monaten; den Unternehmen

wurde der Spiegel vorgehalten, welche digitalen Abläufe funktionieren und welche

nicht

- es wird zu Produktivitätszuwächsen führen, wenn die Digitalisierung an den richtigen

Stellen bzw. medienbruchfrei Einzug in die Wertschöpfungskette hält

Tatsächlich haben Länder und Kommunen

momentan enorme Steuereinbußen.

Können wichtige öffentliche

Bauprojekte überhaupt im bisherigen

Maße weiter durchgeführt werden?

Gerade Kommunen und Gemeinden

waren schon vor der Corona-Krise zurückhaltend

mit Aufträgen; eben wegen ihrer

finanziellen und personellen Aufstellung.

Das ist also ein Trend, der von uns schon

länger mit Sorge beobachtet wird. Dabei

sind gerade hier die Bedarfe an Infrastrukturprojekten

u.a. sehr hoch. Der Druck

auf die kommunalen Haushalte wird jetzt

eben noch stärker und lässt befürchten,

dass Investitionsentscheidungen hinten

angestellt werden. Doch wichtige Zukunftsinvestitionen

in den Breitbandausbau,

die Infrastruktur sowie in Schulen und

5

8


0121 I TITEL

Kitas dürfen nicht aufgrund der Corona-Pandemie

vernachlässigt werden.

Welchen Stellenwert hatten

bislang öffentliche Aufträge

für die Baubranche?

Das ist regional sehr unterschiedlich. Vor allem in

Ostdeutschland spielt öffentlicher Bau eine viel

größere Rolle wie in Westdeutschland. Der Anteil

liegt aber etwa zwischen 35 und 40 Prozent.

Wenn dort jetzt geschwächelt wird, dann bekommt

das die ganze Branche zu spüren.

Wird sich durch die stärkere Nutzung

digitaler Medien die Branche ändern?

Da können wir gleich in das Thema BIM (Building

Information Modeling) einsteigen. Der gesamte

Prozess in dieser Wertschöpfungskette wird

dadurch verändert. Das fängt bei der ersten Idee

beim Bauherrn an und geht über die Planung, der

Bauausführung bis hin zum Betrieb des Objekts.

Das ist eine komplette Digitalisierung, die die Effektivität

steigert, da Prozesse besser abgestimmt

werden; alle Beteiligten arbeiten an einem digitalisierten

Modell und greifen auf den gleichen Datenpool

zu, der fortlaufend von ihnen aktualisiert

wird. Damit kann auch das Risiko von Fehlplanungen,

aber auch Nachträgen minimiert werden.

So können letztlich auch Kosten gesenkt werden.

Schon wenn die Bauleiter auf der Baustelle mit

dem Tablet in Echtzeit den Stand dokumentieren

und Daten abrufen können, wird viel Zeit gespart.

Ich möchte es so zusammenfassen: BIM erhöht

zunächst den Planungsaufwand, da im besten Fall

sämtliche Informationen digital in einem digitalen

Modell eingebunden werden; dementsprechend

teurer wird das Gesamtprojekt. Jedoch lässt sich

eine Menge Zeit und Geld einsparen, die ein

Projekt langfristig, über den gesamten Gebäudezyklus

gesehen, günstiger werden lässt.

Hochbau seit 2020 für Auftragnehmer verpflichtend.

Auf Länderebene gibt es bereits Pilotprojekte,

aber es sind noch schüchterne Versuche. Doch

auch große private Bauherren verpflichten immer

häufiger die Baufirmen in ihren Ausschreibungen

auf den Einsatz des BIM-Verfahrens.

Warum geht man so zaghaft vor?

Gehemmt wird der Einsatz von BIM auch durch

den Aufwand, der vorher nötig ist; es langt

nicht, einfach ein Tablet zu kaufen. Gerade die

Implementierung der Software verlangt hohe

Investitionskosten, deren Ausgabe man auch

aus wirtschaftlichen Gründen abwartet, bis die

rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen

geklärt sind. Zudem ist, wie gesagt, die ganze

Wertschöpfungskette mit sämtlichen Akteuren,

die sich abstimmen müssen, betroffen. Dabei

müssen Alle ihre Prozesse digitalisierbar umgestalten,

und das synchron. Ein komplexer Vorgang,

der sicher alle, denen die Affinität zum Digitalen

oder die Unternehmensgröße fehlt, abschreckt.

Spielen auch die Investitionskosten

eine Rolle?

Je nach Größe des Unternehmens mag das eine

Rolle spielen. Insbesondere dann, wenn die Verantwortlichen

keine Notwendigkeit für derartige

DR. ROBERT MOMBERG

Hauptgeschäftsführer des

Bauindustrieverbandes Ost

Das klingt hervorragend! Doch

anscheinend hat sich BIM in

Deutschland noch nicht so durchgesetzt.

Wie beurteilen Sie den Stand?

Diese Methode des vernetzten Arbeitens ist

tatsächlich mit Verzögerung gerade in Deutschland

angekommen. Hier sind insbesondere die

skandinavischen Länder und die Angelsachsen viel

weiter. Mittlerweile greifen aber die gesetzlichen

Verankerungen. Ab einer gewissen Größenordnung

ist der Einsatz von BIM für den Bundesinfrastrukturbau

und den infrastrukturbezogenen

Investitionen sehen . Hier ist noch reichlich Aufklärungsarbeit

zu leisten. Dabei ist unbedingt auch

die Politik gefordert. Die Baubehörden müssen

das System verstanden haben und den Impuls

nach Außen geben.

9


TITEL I 0121

Blockchain-Technologie und

Künstliche Intelligenz sind weitere

Entwicklungen, die nach

Expertenmeinung Wirtschaft und

Politik grundlegend verändern sollen.

Sehen sie dieses Potential auch

für die Baubranche?

Da es sich hierbei um absolute Megatrends

handelt, ist auch für die Baubranche insgesamt

davon auszugehen, dass konkrete

Anwendungen Einzug halten werden.

Universitäten arbeiten bereits an Robotik,

die KI nutzt und menschliche Arbeitskraft

ersetzen kann. Ich stelle mir zum Beispiel

eine Fliesenlegemaschine vor, die nicht nur

verlegt, sondern selbst lernt, mit Ecken

umzugehen. Das ist jetzt simpel gedacht,

zeigt aber das Potential. Zudem kann KI in

vielen Bereichen sinnvoll zur Bilderkennung

und Bildanalyse, Risikobewertung und zum

Budget Monitoring genutzt werden.

Auch für die Blockchain-Technologie sehe

ich Anwendungsgebiete, handelt es sich

doch zunächst um die Absicherung und

Erfassung großer Datenmengen, die unveränderlich

abgespeichert werden. Damit

ließen sich, um es auf die Bauindustrie

runterzubrechen, Lieferketten nachverfolgen.

Aber die Umsetzung wird noch

dauern. Letztlich kann die Blockchain-

Technologie bei vielen Planungsprozessen

oder sog. Smart Contracts zur Anwendung

kommen: Verträge, die auf der Blockchain-

Technologie aufbauen sind kostengünstiger

und effizient.

Sie schnitten gerade kurz ein Thema

an von gesellschaftlicher und

politischer Relevanz: das Thema

Nachhaltigkeit. Ist das für die

Baubranche eine Chance oder Last?

Nachhaltiges Bauen wird zum Megathema

der Bauindustrie mit Potential. Allerdings

beobachten wir nicht ohne Sorge eine zunehmende

„Ideologisierung“ des Bauens.

Dabei geht es nicht nur um parteipolitische

Vorstellungen, die beispielsweise per

Vergaberecht in die Bauprozesse hineingedacht

werden. Das geht bis zu einer

Frauenquote auf den Baustellen. Viele

Forderungen, gerade ökologische, sind

natürlich berechtigt. Aber es darf nicht

Aufgabe des Vergaberechts sein, gesellschaftliche

Missstände zu beheben. Sicher

muss man auf Baustoffe wie Beton und

Zement sowie deren CO 2

-Bilanz schauen.

Allerdings sind das Trends, die bereits aus

der Branche kommen. Ökonomie und

Ökologie gehören passen gut zusammen.

Es gibt viele Ansätze. Die Aufgabe besteht

darin, beide Strömungen – die Forderungen

aus der Politik und die Ansätze der

Branche – zusammenzuführen.

Ihrer Meinung nach sollte die Politik

also der Branche mehr Freiraum

schaffen und weniger regulieren?

Ja. Sicher besitzen wir genug Expertise, wie

gebaut wird und wie die Prozesse funktionieren,

um hier Fortschritte zu erzielen.

Wenn, dann sollte die Politik als Partner

auftreten und gemeinsam gangbare Wege

finden; sonst klappt es nicht. Eine momentane

Fehlentwicklung ist etwa die restriktive

Behandlung von Sekundärrohstoffen

wie Fräsgut. Anstatt diese zu verwenden,

werden sie deponiert, was zu knappen

Deponiekapazitäten und unnötigen Transportkosten

führt. Dabei muss der Einsatz

von Recyclingbaustoffen unbedingt forciert

werden.

Sicher sind Sie dann mit der

Implementierung der sogenannten

„vergabefremden“ Kriterien im

Vergaberecht auch nicht glücklich?

Leider Ja. Es ist ein weiteres Beispiel der

Ideologisierung von Produktionsprozes-

10


0121 I TITEL

sen. Sicher sind die damit verfolgten Ziele

richtig. Doch das Eingreifen in die Prozesse

ist kontraproduktiv. Gesetze sollten helfen,

die Prozesse effizient zu machen, damit sie

ökonomisch und so letztlich ökologisch ablaufen.

Dabei überbordet und überreguliert

unsere Bürokratie die Baubranche schon

genug. Hier müsste durch einen effektiven

Bürokratieabbau Planungs- und Genehmigungsverfahren

deutlich beschleunigt

werden, damit schnell und günstig gebaut

wird.

Wie könnte ein Bürokratieabbau

hier erreicht werden?

Das ist natürlich ein komplexes Gebiet.

Bleiben wir aber bei Planungs- und Genehmigungsverfahren,

dann finden wir hier

eine Unmenge von sich überschneidenden

Gesetzen und Vorschriften, die oft auch

nicht zusammenpassen. Wenn dann bei

den Baubehörden auch noch das Personal

fehlt, dauern Genehmigungsverfahren

leicht einige Monate. Das ist ein Problem,

das in der Branche schon lange ganz oben

auf der Agenda steht. Tatsächlich hat das

die Politik auch verstanden, doch keiner

weiß wirklich, wie die Sache anzugehen

ist. Dazu gibt es natürlich auch bei den Unternehmen

unterschiedliche Interessen und

Vorstellungen davon, welche Regelungen

abgeschafft gehören, und welche man beibehalten

muss. Doch es müssen Lösungen

gefunden werden. Der Staat hat Aufgaben

zu erfüllen. Er muss unter anderem

Infrastrukturprojekte umsetzen und, ganz

wichtig, bezahlbaren Wohnraum schaffen.

Er ist hier in der Pflicht, so wie wir Steuern

zahlen. Leider kommt er dieser Pflicht,

aus meiner Sicht, nur ungenügend und zu

zögerlich nach. Ein gutes Beispiel ist der

Breitbandausbau. Ohne diesen brauchen

wir uns über BIM, das Thema hatten wir ja

schon, keine Gedanken machen; es wird

nicht wirklich klappen.

Herr Dr. Momberg, vielen Dank für

dieses Gespräch.

11


TITEL I 0121

ZUKUNFTSPROJEKT DEUTSCHLAND

DIGITALISIERUNG

FÄNGT IN DEN

KÖPFEN AN

E-Vergabe ist ein wichtiger Teil der Digitalisierung, die die Zukunft

bestimmen wird. Das betrifft nicht nur die Wirtschaft bzw. Unternehmen,

sondern auch die öffentliche Verwaltung. Mit dem E-Government-Gesetz

von 2013 wurden Behörden des Bundes zur elektronischen Aktenführung

verpflichtet. Doch offensichtlich tut sich Deutschland schwer mit der

Digitalisierung. Warum ist das so? SUPPLY befragte Experten aus der

IT-Branche. Lesen Sie in diesem Interview die Einschätzung von

Frank Linneberg und Alexander Müller von der Administration

Intelligence AG zu Digitalisierung, künstlicher Intelligenz und

anderen Herausforderungen, die Deutschland auf der Agenda hat.

12

INTERVIEW: ANDREAS KLOSE


0121 I TITEL

SUPPLY: Sehr geehrter Herr Müller, Sehr geehrter Herr

Linneberg, ihr Unternehmen ist ein führender Anbieter von

elektronischen Beschaffungslösungen. Daher ist die erste

Frage sicher für sie von Relevanz. Welche Kräfte blockieren

nach Ihren Erkenntnissen die Digitalisierung hierzulande?

ALEXANDER MÜLLER: Bei der Frage könnte man es sich einfach

machen und Aspekte wie den schleppenden Breitbandausbau

anführen. Schaut man sich dazu aktuelle Studien an, dann findet

man Deutschland nicht einmal unter den Top-20. Das ist aber zu

kurz gegriffen, denn Digitalisierung ist nicht nur eine Frage der

Technik. Digitalisierung beginnt in den Köpfen der Beteiligten. Zudem

neigen wir Deutschen zur Gründlichkeit. Das führt oft dazu,

dass wir Bedenken und Risiken statt Chancen in den Vordergrund

stellen, was es innovativen Ideen schwer macht.

ALEXANDER N. MÜLLER

Vorstand für Entwicklung bei der

Administration Intelligence AG

Das blockiert doch den Markt für Ihr Unternehmen.

Was können Sie tun?

ALEXANDER MÜLLER: Ich möchte vorab ein brandaktuelles Beispiel

anführen: Die Diskussion über die vom Bundestag beschlossene

Einführung einer einheitlichen Bürgernummer. Auf der einen

Seite stehen die unbestreitbaren Vorteile für die Digitalisierung

der öffentlichen Verwaltung. Auf der anderen Seite die ernst

zu nehmenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Daran sehen

wir, wie komplex und schwierig die Sache ist. Es zeigt aber auch

den Aspekt der rechtlichen Rahmenbedingungen. Die E-Vergabe

ist hier in einer sehr guten Position. Es gibt diese rechtlichen

Rahmenbedingungen, doch auch hier war der Weg dorthin relativ

langwierig. Dennoch kann die E-Vergabe als Beispiel für gelungene

Digitalisierung gelten.

FRANK LINNEBERG

Vorstand für Personal, Recht und

Vertrieb bei der Administration

Intelligence AG

Ist sie wirklich schon gelungen? Öffentliche Vergabestellen

tendieren ja immer noch dahin, diese zu vermeiden.

FRANK LINNEBERG: Da habe ich doch einen anderen Eindruck.

Unser Unternehmen beschäftigt sich seit 2000 mit der E-Vergabe.

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13

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TITEL I 0121

14


0121 I TITEL

Damals gab es eine entsprechende EU-Richtlinie, die die digitale

Abwicklung der Prozesse vorgab. Die jetzt geltenden vergaberechtlichen

Bestimmungen, die E-Vergabe definieren, beziehen

sich aber grundsätzlich nur darauf, die Vergabeunterlagen, Angebote

und Kommunikationskanäle digital zur Verfügung zu stellen.

Das ist aber nur ein kleiner Teil. Wir betrachten den Prozess der

E-Vergabe dagegen ganzheitlich. Das fängt bei der Anlage eines

Vergabeverfahrens an , betrifft die Formulargestaltung, die Terminprüfung

und zum Abschluss kommen noch die Prüfung und

Wertung der Angebote mit abschließender Bezuschlagung hinzu.

Dies ist viel mehr, als vom Gesetz geregelt. Kommen wir auf Ihre

Frage zurück, was wir tun können, dann schauen wir uns die Prozesse

davor und danach an. Ein Vergabeverfahren startet mit der

Ermittlung der Bedarfe und endet mit der Bewirtschaftung der

Rahmen- oder der Einzelverträge. Alle Prozesse müssen digitalisiert

werden, um einen medienbruchfreien Beschaffungsvorgang

zu realisieren.

MÜLLER: Darin liegt der wahre Nutzen. Würde man sich bei der

E-Vergabe nur an den gesetzlichen Minimalvorgaben orientieren,

wäre das ungefähr so innovativ wie der Schritt von der Briefpost

zur E-Mail. Das wirkliche Potential ist viel größer als elektronische

Kommunikation oder Aktenablage. Der gesetzliche Rahmen ist

nur die Grundlage. Was darüber hinaus nötig ist, ist ein Umdenken

bei allen Beteiligten. Hier sind wir natürlich missionarisch

unterwegs.

LINNEBERG: Eine Hürde mag allerdings auch unser föderales

System sein. Ich meine damit die unterschiedlichen Landesvergaberichtlinien,

die ein einheitliches Vorgehen erschweren.

Ist die schleppende Digitalisierung eine technische Frage,

muss also die Ergonomie der Software weiter verbessert

werden und in welche Richtung ginge das?

MÜLLER: Nach dem heutigen Stand der Technik ist Benutzerfreundlichkeit

kein Problem mehr. Die Lösungen sind ausgereift,

wie die Digitalisierung gerade im privaten Bereich zeigt. Nehmen

Sie zum Beispiel moderne Sprachassistenzsysteme.

LINNEBERG: Die Frage kann man ja so formulieren: Warum

klappt Digitalisierung daheim problemlos und läuft so schleppend

in der Verwaltung und Wirtschaft? Natürlich sind unsere Kunden

technik-affin. Aber im beruflichen Umfeld greifen zusätzliche

Anforderungen, von beispielsweise Datenschützern, die u.U. die

Regelungen der DSGVO strenger auslegen, als es diese Verordnung

eigentlich vorgibt.

Können Sie objektiv sagen, ob die Wirtschaft

innovationsfreudiger ist als die öffentliche Verwaltung?

MÜLLER: Was die Privatwirtschaft angeht, trauen wir uns keine

qualifizierte Aussage zu. Wir sind hier auf die öffentliche Verwaltung

fokussiert. Ich glaube aber schon, dass ein Unterschied, so

wie Sie ihn formuliert haben, auszumachen ist.

LINNEBERG: Ohne Zweifel ist die ganze Materie auch eine Generationsfrage.

Als ich vor gut zwölf Jahren meine ersten Work-

15


TITEL I 0121

shops abgehalten habe, gab es bei den Teilnehmern noch eine

grundsätzliche Abwehrhaltung gegen solche Änderungsprozesse.

Die junge Generation, die auch in der Verwaltung nachrückt,

sieht Digitalisierung und neue Technologien dagegen als selbstverständlichen

Teil ihres Lebens. Die nächste Generation von Verwaltungsbeamten

ist mit Smartphone und Tabletts aufgewachsen.

Die Pandemie hat der Digitalisierung nach Einschätzung

von Fachleuten einen deutlichen Schub gegeben. Teilen

Sie diese Meinung und kann dieser Trend aufrechterhalten

werden?

MÜLLER: Absolut. Qualität und Geschwindigkeit unterscheiden

sich allerdings je nach Bereich. Wenn ich auf unsere Branche

schaue, dann gibt es diesen Schub ganz deutlich. Das bestätigt,

was ich eingangs gesagt habe: Digitalisierung ist keine ausschließliche

Frage der Technik, sondern der eigenen Einstellung. Die Tatsache,

dass wir trotz Pandemie-Lage uns viele Handlungsmöglichkeiten

in Wirtschaft und Verwaltung dank der Technik bewahren

konnten, zeigt das. Die Technik war schon lange vorhanden, sie

wurde aber erst jetzt auf breiter Basis wahrgenommen. Und nun

stellen viele die Frage, wie diese Technik bisher ignoriert werden

konnte. Anscheinend bedurfte es einer Krisensituation. Wenn es

in einigen Bereichen noch hapert, etwa bei den Schulen, dann ist

das oft weniger eine Frage der Technik, als eine Frage der Organisationen

und Strukturen.

LINNEBERG: Zu Beginn der Pandemie haben wir plötzlich die

bisherigen Kommunikationsmöglichkeiten zu unseren Kunden

eingebüßt. Unsere Berater konnten nicht mehr vor Ort sein,

Schulungen und Workshops fielen aus. Öffentliche Auftraggeber

konnten mit uns nicht kommunizieren, da entsprechende Online-

Tools wegen Sicherheitsbedenken noch nicht freigegeben waren.

Ich wage zu behaupten, dass ohne Pandemie diese Freischaltungen

nicht in diesem Tempo erfolgt wären. Mittlerweile führen wir

Workshops online durch, wie viele. Und da das auch sehr viele

Vorteile hat, wird es ein völliges Zurück nicht mehr geben. Das

Gleiche gilt für das Home-Office mit all seinen Vor- und Nachteilen.

Wir müssen diese Chance als solche begreifen und diese neu

gewonnene Flexibilität der Arbeitswelt überall dort, wo es sinnvoll

ist, bewahren.

Glauben Sie, dass die Blockchain-Technologie in den

nächsten 5-10 Jahren für die Ausschreibung und Vergabe

von öffentlichen Projekten genutzt wird?

MÜLLER: Zunächst einmal bedeutet Blockchain-Technologie

mehr als nur Krypto-Währungen. Das tatsächliche Einsatzgebiet

ist viel größer. Sie kann z. B. überall dort zur Anwendung

kommen, wo es auf lückenlose Beweisketten ankommt. Damit

tun sich viele Möglichkeiten auf, auch in Richtung E-Vergabe.

Man kann beispielsweise an digitale Nachweise von Lieferketten

denken, die fälschungs- und manipulationssicher sind, aber auch

an grundsätzliche Sachen wie die Dokumentation von Vergabeverfahren.

Losgelöst von der zum Teil recht abgehobenen

Diskussion zu diesem Thema ergeben sich hier ganz erhebliche

Nutzen-Potentiale.

16


0121 I TITEL

Wie bereitet sich Ihr Unternehmen darauf vor?

MÜLLER: Wir verfolgen die Entwicklung natürlich mit großem

Interesse und beteiligen uns auch am branchenübergreifenden

Austausch zu dieser Thematik. Die Blockchain-Technologie wird

ein wichtiger Baustein sein, um Prozessketten digital und medienbruchfrei

abzubilden, was ja unsere Kernaufgabe ist.

Die Entwicklung von künstlicher Intelligenz nimmt

rapide zu. Welchen Einfluss wird diese zukünftig auf den

E-Commerce, beispielsweise mit Predictiv-Analytics, haben?

MÜLLER: Auch hier wird die Diskussion von zu vielen zu abgehoben

geführt. Doch das zeigt, welche Anziehungskraft das Thema

KI ausübt. Im Bereich der öffentlichen Beschaffung sehe ich auch

hierfür großes Potential. So kann ich mir z. B. auf Maschine Learning

basierende Bedarfsprognosen oder die Analyse von Vertragstexten

mit Hilfe von Natural Language Progressing vorstellen. Im

Industriebereich finden solche Dinge bereits Anwendung. Das ist

übertragbar.

LINNEBERG: Es gibt heute schon Dienstleister, die Bieter mit Informationen

bei der Angebotsabgabe unterstützen. So erfährt man

Details über erfolgte Ausschreibungen - Umfang, Preise, Wertungskriterien

etc. – um das eigene Angebot zu optimieren. Diese

Fülle an Informationen können die Dienstleister natürlich nur mit

maschineller Unterstützung sammeln und aufbereiten.

MÜLLER: Die Hilfe kann schon bei der Teilnahme-Entscheidung

der Unternehmen beginnen. Sie müssen passende Ausschreibungen

finden und ihre Chancen bewerten. Dazu werden vergleichbare

vergebene Aufträge mit den Ausschreibungstexten gesucht

und analysiert. Diese Aufgabe ist maschinell sehr viel effizienter zu

bewerkstelligen. Das ganze Szenario setzt aber die Verfügbarkeit

entsprechender Daten von Seiten der Auftraggeber voraus. Damit

wären wir beim Stichwort Open Data in der öffentlichen

Verwaltung.

Fast alle Branchen klagen über einen steigenden

Fachkräftemangel. Kann dies der IT-Branche

andererseits Chancen bieten?

LINNEBERG: Bei öffentlichen Auftraggebern ist ein Fachkräftemangel

sicher zu spüren. Das nötige fachkundige Personal,

das über ein entsprechendes Know-how im Verwaltungs-und

Vergaberecht verfügt, steht auch den Einkaufsabteilungen nicht

in ausreichendem Maße zur Verfügung. Hier kann eine prozessgesteuerte

Software sicher helfen, mit der mehr Verfahren in

kürzerer Zeit abgearbeitet werden können. Der Einkaufsleiter

einer Stadt versicherte mir, dass durch die Einführung eines

Vergabemanagement-Systems der Zeitaufwand vom Anlegen

des Vergabeverfahrens bis zur Veröffentlichung auf 25 Prozent

reduziert werden konnte.

Diese Zahl spricht für sich! Herr Linneberg, Herr Müller,

vielen Dank für dieses Gespräch.

17


TITEL I 0121

ZUKUNFTSPROJEKT DEUTSCHLAND

DER BREITBANDAUSBAU

MUSS VORANKOMMEN

Es ist immer wichtig, eine zweite oder gar dritte Meinung

einzuholen. Das gilt insbesondere für dringende Fragen

wie Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Co.

SUPPLY wandte sich deshalb an Frau Christiane Schäffer,

Geschäftsführerin bei Subreport, ein Unternehmen,

das bei der eVergabe von Anfang an dabei war.

18


0121 I TITEL

Interview: ANDREAS KLOSE

SUPPLY: Sehr geehrte Frau Schäffer, ist Deutschland

so digital, wie es sein sollte?

CHRISTIANE SCHÄFFER: Im Bereich eVergabe hat sich

Deutschland tatsächlich viele Jahre mit der Digitalisierung

schwergetan. Hier fehlte zunächst ein verpflichtender

Rechtsrahmen. Erst mit der Vergaberechtsreform vom 18.

April 2016 wurden Auftraggeber der öffentlichen Verwaltung

dazu verpflichtet, die Vergabeunterlagen für Vergabeverfahren

über den EU-Schwellenwerten Bewerbern/

Bietern online zur Verfügung zu stellen. Die elektronische

Kommunikation wird als Grundsatz im Gesetz vorgesehen.

Und seit dem 18. Oktober 2018 sind Angebote für EU-weite

Verfahren ausschließlich über eine eVergabeplattform von

der Vergabestelle anzunehmen.

Seit dem 1. Januar 2018 ist auch die Unterschwellenvergabeordnung

(UVgO) für die Vergabe von öffentlichen Lieferund

Dienstleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte

in Bundesrecht umgewandelt und enthält entsprechende

Bestimmungen zum Einsatz der eVergabe.

Der Rechtsrahmen ist gegeben. Und trotzdem

scheinen öffentliche Auftraggeber jede Möglichkeit

zu nutzen, die eVergabe zu vermeiden.

Es spielt natürlich auch der Faktor Mensch eine entscheidende

Rolle. Alles Neue reißt einen aus seinen Gewohnheiten

heraus, was nicht jedem behagt. Das betrifft ganz besonders

die Digitalisierung, und zeigt sich gleichermaßen in

der öffentlichen Verwaltung wie in privaten Unternehmen.

Selbst in unserem Unternehmen bedurfte es einiger Anstöße,

bis alle Mitarbeiter konsequent digital dachten, um

in der Pandemie zu bestehen. Bei Behörden dagegen fehlt

allzu oft die treibende Kraft hin zu Neuerungen. Dennoch

hat der rechtliche Druck viel bewirkt. Wenn man sich Bekanntmachungen

anschaut, dann erfolgen über 95 Prozent

der Ausschreibungen in irgendeiner Form elektronisch. Das

heißt nicht, dass die Umsetzung optimal ist, aber der Weg

ist eingeschlagen.

Das Potential der eVergabe wird damit

aber doch nicht ausgeschöpft.

Sicher nicht. Die eVergabe bietet die Möglichkeit, den

gesamten Vergabeprozess rechtskonform elektronisch über

das Internet abzuwickeln – schneller und günstiger als auf

dem Papierweg. Auftraggeber und Bieter sparen so viel Zeit

und Geld.

19


TITEL I 0121

Hier ist offensichtlich noch viel Luft nach

oben. Was plant Ihr Unternehmen, um den

Markt weiter für sich zu gewinnen?

Seit Jahren gehört unser Unternehmen zu den

„TOP 100“, den 100 innovativsten Unternehmen

des deutschen Mittelstands. Wir haben

also schon oft Maßstäbe gesetzt: in Bezug auf

den Innovationsgrad, die Bedienerfreundlichkeit,

die Akzeptanz und den Nutzen unserer

Produkte. Und v.a. in Bezug auf digitale

Produkte und Dienstleistungen. Ein aktuelles

Beispiel für eine gelungene Innovation, ist die

Möglichkeit, Angebote und Teilnahmeanträge

verschlüsselt und sicher über den Browser

einzustellen, die wir Bietern seit Februar zur

Verfügung stellen. Java ist nicht mehr nötig.

Die Anforderungen an die Sicherheit sind bei

der eVergabe bekanntermaßen hoch. Von

daher war es eine technische Herausforderung,

auf deren Lösung wir durchaus stolz sind.

Wie lassen sich Digitalisierungserfolge

überhaupt messen, vergleichen und

ausbauen?

Ein Maßstab ist die Innovationsgeschwindigkeit.

Ende 1999 erfuhren wir, dass ein Gesetz

für eine eSignatur im Internet kurz vor dem

Abschluss steht. Dies war für uns der Antrieb,

den gesamten Vergabeprozess für öffentliche

‚Aufträge zu digitalisieren und zu perfektionieren.

Mit der Verabschiedung des Signaturgesetzes

im Mai 2001 und nach intensiver Vorarbeit

wurde im Oktober 2001 bereits der erste

digitale Vergabeprozess in einem europaweiten

Verfahren mit subreport ELViS durchgeführt.

Ich möchte behaupten, dass wir damit der

Anbieter mit der längsten Erfolgsgeschichte auf

dem Gebiet der elektronischen Vergabe sind.

Ein anderes Kriterium ist die Kundenzufriedenheit.

Wir haben sehr früh damit begonnen,

unsere Kunden – Auftraggeber und Unternehmen

– in die Entwicklung und Optimierung

einzubeziehen. So fließt die Erfahrung von

Praktiker aus Vergabestellen und Unternehmen

mit Unterstützung durch Vergaberechtler in die

Weiterentwicklung unserer eVergabelösung.

Die Pandemie hat der Digitalisierung

nach Einschätzung von Fachleuten einen

deutlichen Schub gegeben. Teilen Sie diese

Meinung und kann dieser Trend

aufrechterhalten werden?

20

Sicherlich hat die Pandemie der Digitalisierung

in vielen Unternehmen einen deutlichen


0121 I TITEL

CHRISTIANE SCHÄFFER

Geschäftsführerin Subreport

Schub gegeben. So gelang auch uns die Umstellung auf

das kollektive, vorübergehende Homeoffice innerhalb

von wenigen Tagen rechtzeitig zum ersten Lockdown

im März 2020, auch wenn, wie vorher angedeutet, der

eine oder andere Anstoß nötig war.

Corona hat auch der Nutzung digitaler Lernangebote

einen deutlichen Impuls gegeben. Auch wir haben unlängst

sämtliche Präsenzformate für Workshops, Seminare

und individuelle Schulungen auf digitale Angebote

umgestellt – und die Nachfrage bzw. Teilnahme unserer

Kunden an Online-Veranstaltungen steigt zunehmend.

Online-Seminaren wird daher sicherlich auch nach

Lockerung der Kontaktbeschränkungen ein höherer

Stellenwert im Rahmen der Weiterbildung zukommen

als noch vor der Pandemie. Die Krise trägt somit zur

Beschleunigung der digitalen Weiterbildung bei.

Glauben Sie, dass die Blockchain-

Technologie in den nächsten 5-10 Jahren

für die Ausschreibung und Vergabe von

öffentlichen Projekten genutzt wird?

Und bereitet sich Ihr Unternehmen

darauf vor?

Die Blockchain-Technologie ist eine der meistdiskutierten

Innovationen im Rahmen der Digitalisierung. Durch

ihre Eigenschaften wie Dezentralität, Zuverlässigkeit

und Manipulationssicherheit eröffnet sie viele Anwendungsmöglichkeiten

– auch für die öffentliche Verwaltung.

Derzeit werden u. a. öffentliche Register und

Herkunftsnachweise als typische Anwendungsbeispiele

genannt. Diese Anwendungsszenarien könnten auch

für den Bereich Ausschreibung und Vergabe denkbar

sein – ebenso wie die Verifizierung von Teilnehmern

(Bewerbern/Bietern).

Speziell für öffentlich geführte Register birgt die

Technologie großen Nutzen: Die in einer Blockchain

gespeicherten Daten sind nicht veränderbar und damit

fälschungssicher. Zum Beispiel würden Nachweise zur

Eintragung des Bieters in ein Gewerbe- oder Berufsregister

im Vergabeverfahren überflüssig. Darüber hinaus

21


TITEL I 0121

22

muss der Ausschreiber bisweilen die Echtheit eingereichter

öffentlicher Urkunden prüfen. Wenn

Behörden öffentliche Urkunden auf elektronischem

Wege ausstellen und mit Verifizierungsschlüsseln

in der Blockchain hinterlegen würden,

könnte die Echtheit der übermittelten Urkunde

sehr leicht überprüft werden.

Aber Blockchain ist kein Selbstzweck. Es muss

abgewogen werden, welche Anwendungsfelder

für die Bereiche Ausschreibung und Vergabe

realistisch und effizient sind – und welcher Aufwand

zur Umsetzung gegenübersteht! Ob diese

Technologie in den nächsten 5-10 Jahren für die

Ausschreibung und Vergabe von öffentlichen

Projekten eingesetzt wird, wagen wir daher eher

zu bezweifeln. Selbstverständlich werden wir die

Blockchain-Technologie aber weiter beobachten.

Die Entwicklung von künstlicher Intelligenz

nimmt rapide zu. Welchen Einfluss wird diese

zukünftig auf den E-Commerce haben?

Ja, die Zukunftstechnologie von einst hat längst

den Sprung in den Alltag geschafft. »Siri, wie

funktioniert eigentlich Künstliche Intelligenz?«

Wir haben bestimmt alle bereits erste Erfahrungen

mit der Spracherkennung gemacht. Im

Rahmen der KI wird unter anderem das sogenannte

Machine Learning (deutsch: Maschinelles

Lernen) immer wichtiger. Maschinelles Lernen

ist der Bereich der Künstlichen Intelligenz, der

sich mit dem selbstständigen Erschließen von

Zusammenhängen auf Basis von Datensätzen

beschäftigt. So erhalten wir beispielsweise im (privaten)

E-Commerce-Bereich bei der Auswahl von

Produkten automatisch weitere Produktempfehlungen.

Predictive Analytics kann im E-Commerce

zu entscheidenden Wettbewerbsvorteilen führen.

Mit Preissuchmaschinen haben Verbraucher die

Möglichkeit, aktuelle und günstige Produkte

zu finden und über Links den entsprechenden

Onlineshop auszuwählen.

Doch werden Künstliche Intelligenz und Predictive-Analytics

auch auf den Bereich Ausschreibung

und Vergabe Einfluss haben? Sicherlich lassen

sich Teilbereiche mit Hilfe dieser Trendtechnologien

ersetzen. Aus unserem eVergabe-System

heraus hat der Auftraggeber beispielsweise einen

direkten Zugriff in die Lieferantensuche. Die

Lieferantensuche bietet ihm eine umfangreiche

Datenbank mit qualifizierten Lieferanten. Die

Daten der manuell ausgewählten Firmen können

per Schnittstelle direkt übernommen werden.

Zukünftig könnten dem Auftraggeber so – je

nach Vergabeart und seiner ausgeschriebenen

Maßnahme/Leistung – potenzielle Bieter automatisch

für die Angebotsaufforderung vorgeschlagen

werden.

Aber es gibt auch Teilbereiche bzw. Aufgaben

innerhalb der eVergabe, die sich auch zukünftig

nicht automatisieren lassen, wie zum Beispiel

die Erstellung von Leistungsbeschreibungen und

letztlich die Auswertung

der Angebote.

Immer mehr kleine Handwerksbetriebe

verschwinden vom Markt und werden durch

große Unternehmen ersetzt. Wie bewerten

Sie diese Entwicklung?

Wir bedauern sehr, dass immer mehr kleine

Handwerksbetriebe vom Markt verschwinden.

Wir empfehlen daher gerade den kleinen

Betrieben sich an öffentlichen Ausschreibungen

– auch im Rahmen von Bietergemeinschaften

– zu beteiligen. Denn der Beschaffungsbedarf

der öffentlichen Hand ist trotz bzw. wegen der

gegenwärtigen Pandemie im großen Umfang

vorhanden. Und je mehr kleine Handwerksbetriebe

an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen,

umso mehr Auftraggeber lernen sie kennen. Dies

erhöht ihre Chancen wesentlich, zukünftig ggf.

auch im Kontext von beschränkten Ausschreibungen

und/oder freihändigen Vergaben bzw.

Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb

direkt zur Angebotsabgabe aufgefordert zu

werden und bestenfalls den Zuschlag zu erhalten.

Dennoch sollten kleine Unternehmen ausschließlich

an solchen Ausschreibungen teilnehmen, die

sie später auch bewältigen können. Dies gilt in

fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht.

Alle öffentlichen Auftraggeber und alle kleinen/

großen Unternehmen haben bei der Durchführung

von EU-weiten und/oder nationalen Vergabeverfahren

eines gemeinsam: die Verpflichtung

zur eVergabe. Es ist daher eine große Chance für

Unternehmen aller Branchen sich an öffentlichen

Aufträgen zu beteiligen. Selten war der Aufwand

zur Teilnahme so gering.

Gibt es einen Wunsch, den Sie

abschließend noch äußern möchten?

Ja. Ich wünsche mir ganz dringend, dass die Bundesregierung

endlich mit dem Breitbandausbau

vorankommt. Einerseits werden die Arbeitgeber

aufgefordert, ihre Mitarbeiter ins Home-Office zu

schicken, andererseits versäumt es die Regierung,

die Grundlagen zu schaffen. Ohne stabile

Leitungen für alle, macht die Digitalisierung der

Arbeitsplätze wenig Sinn.

Sehr geehrte Frau Schäffer, herzlichen Dank

für dieses Gespräch.


0121 I TITEL

23


RECHT I 0121

24


0121 I RECHT

KG Berlin:

VON (GESTEIGERTEN)

RÜGEPFLICHTEN

PROFESSIONELLER BIETER

UND (UN-)VERBINDLICHEN

HÖCHSTABNAHMEMENGEN

von DR. MARTIN JANSEN

In seinem Beschluss vom 20.03.2020 (Verg 7/19) hat sich das Berliner Kammergericht

(KG) gleich zu einer Vielzahl praxisrelevanter Fragen verhalten, insbesondere: Welche

Rügeanforderungen gelten für professionelle Bieterunternehmen? Ist ein (Sektoren-)

Auftraggeber bei der Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen angesichts jüngerer

EuGH-Rechtsprechung zur Bekanntgabe verbindlicher Höchstabnahmemengen verpflichtet?

Können auch möglicherweise präkludierte Vergaberügen – und damit die gesamte

Nachprüfung – als jedenfalls unbegründet zurückgewiesen werden?

SACHVERHALT

Ein Berliner Sektorenauftraggeber (AG) aus dem Verkehrssektor schrieb auf Basis der

SektVO im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb eine großvolumige Rahmenvereinbarung

über die Lieferung von U-Bahnen nebst Ersatzteilversorgungsvertrag

aus.

Die Antragstellerin (ASt), eines von mehreren bietenden Großunternehmen, erhob ihre

Vergaberügen erst nach Angebotsabgabe, d. h. erst im Anschluss an das Absageschreiben

zu Gunsten der Beigeladenen und im Kern dahingehend, der AG habe für die

Rahmenvereinbarung keine verbindliche Höchstabnahmemenge bekanntgegeben. Weil

der AG dem Rügevorbringen nicht abhalf, begehrte die ASt Nachprüfung.

DR. MARTIN JANSEN

Rechtsanwalt, Fachanwalt für

Vergaberecht, Kapellmann und

Partner Rechtsanwälte mbB,

Lehrbeauftragter für

Vergaberecht an der Akademie

der Hochschule Biberach

ENTSCHEIDUNG

Nachdem der Nachprüfungsantrag bereits vor der VK Berlin erfolglos geblieben war, wies

der Vergabesenat des KG die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der ASt wegen

„doppelter“ Unzulässigkeit (keine Antragsbefugnis, Rügepräklusion) sowie auch als

unbegründet zurück.

In seiner Entscheidung beschäftigt sich das KG hierzu ausführlich mit den Voraussetzungen

der – hier angenommenen - Rügepräklusion gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GWB

(„…Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar

sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe

gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden…“) sowie außerdem mit der Frage, ob ein

25


RECHT I 0121

(Sektoren-)Auftraggeber bei der Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen aufgrund

des EuGH-Urteils vom 18.12.2018 – Rs. C-216/17 („Autoritá“) in den Vergabeunterlagen

verbindliche Höchstabnahmemengen anzugeben hat. In prozessualer Hinsicht stellte sich

dem KG überdies u.a. die Frage, ob eine Nachprüfung auch mit möglicherweise

präkludierten Rügen als jedenfalls unbegründet zurückgewiesen werden kann.

Die Angabe einer verbindlichen Höchstabnahmemenge für die ausgeschriebene Rahmenvereinbarung

lasse sich weder dem höherrangigen Unionsrecht noch dem nationalen

Vergaberecht entnehmen, so das KG. Auf der Linie herrschender Rechtsprechung

stellte es hinsichtlich der Erkennbarkeit von Vergabeverstößen – hier also vermeintlich

der fehlenden Angabe zur Höchstabnahmemenge – darauf ab, ob dies für einen

durchschnittlichen Teilnehmer des angesprochenen Bieterkreises mit üblicher Sorgfalt

und üblichen Kenntnissen erkennbar gewesen sei. Ausgehend davon, dass Bieterunternehmen

mit Blick auf den vorliegend ausgeschriebenen Großauftrag regelmäßig über

Rechtsabteilungen mit vergaberechtlichen Kenntnissen verfügten, gehöre zum allgemeinen

und grundlegenden Wissen eines solchen Bieterkreises auch die zeitnahe Kenntnis

der aktuellen Vergaberechtsprechung. Konkret betreffe dies hier besagtes EuGH-Urteil

aus 2018 („Autoritá“), welches in den Monaten vor Angebotsabgabe bereits mehrfach

in der einschlägigen juristischen Fachpresse besprochenen worden sei. Danach müssten

Rahmenvereinbarungen öffentlicher Auftraggeber zwar transparente Angaben zu

Höchstmengen enthalten, keineswegs aber fordere der EuGH hiermit auch die Angabe

einer verbindlichen Höchstmenge. Denn dem Sektorenauftraggeber solle mit dem Instrument

der Rahmenvereinbarung im Sinne der Sektorenrichtlinie 2014/25/EU (Erwägungsgründe

71f.) ja gerade ein gewisses Maß an Flexibilität eingeräumt werden. Damit sei

vorliegend gemäß § 19 Absatz 1 Satz 2 SektVO lediglich zu prüfen, ob der AG das

in Aussicht genommene Auftragsvolumen so genau wie möglich ermittelt und

bekanntgegeben habe – was hier auch erfolgt sei.

Entgegen OLG Düsseldorf (Beschluss vom 21.10.2015 – VII-Verg 28/14) begegne es

schließlich auch keinerlei Bedenken, möglicherweise präkludierte Rügen als jedenfalls

unbegründet zurückzuweisen. Denn sei eine vergaberechtliche Rüge unbegründet, stelle

sich die Frage einer Verletzung der Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 GWB schon

nicht.

PRAXISHINWEIS

Je professioneller ein Bieterunternehmen agiert und je voluminöser der konkret zu vergebene

Auftrag ist, desto höher sind nach der Vergaberechtsprechung die Anforderungen

an die „Erkennbarkeit“ von Vergabeverstößen für den fachkundigen Bieter, um diese

sodann zur Vermeidung einer Präklusionswirkung spätestens bis zur Angebotsabgabe zu

rügen. Im Sinne des KG sollten insoweit jedenfalls Rechtsabteilungen bietender Großkonzerne

auch hinsichtlich der jüngeren (obergerichtlichen) Vergaberechtsprechung stets auf

dem Laufenden sein – was zum Zwecke rechtzeitiger Rüge vor Angebotsabgabe dann

womöglich auch eine (vorsorgliche) Einbindung externer Berater erfordern mag.

Darüber hinaus ist mit dem Berliner Vergabesenat jedenfalls für im Sektorenbereich

ausgeschriebene Rahmenvereinbarungen eine belastbare Schätzung und Bekanntgabe

voraussichtlicher Höchstabnahmemengen ausreichend, woran sich auch öffentliche

Auftraggeber im Bereich „Klassischer“ Auftragsvergaben orientieren mögen. Denn

insofern erscheint konsequent, diese zum Sektorenvergaberecht ergangene KG-Entscheidung

auf Rahmenvereinbarungen „klassischer“ öffentlicher Auftraggeber zu übertragen,

weil auch diesen nach Erwägungsgrund 61 der Vergaberichtlinie 2014/24/EU mehr

Flexibilität bei der Beschaffung eingeräumt werden soll. Sowohl der Wortlaut von § 4aEU

Abs. 1 Satz 2 VOB/A (Rahmenvereinbarungen „Bau“) als auch derjenige des § 21 Absatz

1 Satz 2 VgV (Rahmenvereinbarungen „Liefer- und Dienstleistung“) lassen dies

erkennbar zu.

26


0121 I RECHT

27


BESCHAFFUNG I 0121

DIE BESCHAFFUNGS-

AUTONOMIE DER

ÖFFENTLICHEN

HAND

Die Beschaffungsautonomie der

öffentlichen Hand ist ein schillernder

Begriff. Andere Ausdrücke in diesem

Kontext sind etwa das Leistungsbestimmungsrecht

oder die Bestimmungsfreiheit.

Worum handelt es sich?

von DR. MATHIAS MANTLER

Im privaten Sektor gibt es die grundrechtlich geschützte

Vertragsfreiheit. Sie erlaubt es privaten

Personen und Unternehmen grundsätzlich, einzukaufen

was und wie sie wollen. Die öffentliche Hand

unterliegt mit ihrer Bindung an das Vergaberecht bekanntlich

deutlich weitergehenden Beschränkungen.

Aber ist es nicht so, dass das Vergaberecht nur den

Beschaffungsvorgang regelt und nicht den

Beschaffungsinhalt?

AUSGANGSLAGE

Eine gängige Sichtweise ist in der Tat, dass die Wahl

der Leistung der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers

unterliegt, deren Ausübung dem Vergabeverfahren

vorgelagert ist. Das Vergaberecht regelt demnach

nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft,

sondern nur die Art und Weise der Beschaffung.

Daher wird unter anderem davon ausgegangen, dass

der Auftraggeber vor der Festlegung des Vergabegegenstandes

keine Markterkundung durchführen muss.

Nach dieser Auffassung ist eine Markterforschung

oder Markterkundung hinsichtlich einer alternativen

Lösung grundsätzlich nicht erforderlich. Die öffentliche

Hand sei nicht verpflichtet, die Beschaffungsentscheidung

(gegebenenfalls sogar unter sachverständiger

Hilfe) zu verobjektivieren, um eine möglichst

produkt- oder technikoffene Leistungsbeschreibung

zu erreichen.

Das Vergaberecht regelt eine Pflicht zu Markterkundung

nur in Ausnahmefällen, etwa bei einem Verhandlungsverfahren

ohne Teilnahmewettbewerb nach

§ 14 Abs. 6 VgV. Vor Einleitung eines solchen Verhandlungsverfahren

aufgrund eines aus technischen

Gründen fehlenden Wettbewerbs oder aufgrund

von Ausschließlichkeitsrechten ist der Auftraggeber

zunächst verpflichtet zu ermitteln, ob es eine vernünftige

Alternative oder eine Ersatzlösung gibt. Das

impliziert eine Markterkundung.

Soweit allerdings ein geregeltes Vergabeverfahren

durchgeführt wird und die Leistungsbestimmung im

Vorhinein stattfindet, zieht die Rechtsprechung die

Grenzen deutlich weiter.

Nach der Rechtsprechung sind diese Grenzen

gewahrt, sofern:

die Bestimmung durch den

Auftragsgegenstand sachlich

gerechtfertigt ist,

vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare,

objektive und auftragsbezogene Gründe

angegeben worden sind und die

Bestimmung folglich willkürfrei

getroffen worden ist,

solche Gründe tatsächlich vorhanden

(festzustellen und notfalls erwiesen) sind

und die Bestimmung andere

Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.

28


0121 I BESCHAFFUNG

DR. MATHIAS MANTLER

Partner und Fachanwalt für

Vergaberecht im Münchner Büro

der Wirtschaftskanzlei LUTZ | ABEL

DIE EUROPARECHTLICHE PERSPEKTIVE

Wirft man einen Blick auf die europäische Rechtsprechung,

erscheint es jedoch sehr zweifelhaft, ob man

wirklich in eine Phase der weitgehend freien Leistungsbestimmung,

die dem Vergabeverfahren vorgelagert ist,

und dem Vergabeverfahren selbst unterscheiden kann.

Ausgangspunkt der Rechtsprechung des EuGH sind die

Grundfreiheiten, insbesondere die Dienstleistungsfreiheit

und die Niederlassungsfreiheit. Diese stehen jeder

nationalen Maßnahme entgegen, die geeignet ist, ihre

Ausübung zu unterbinden, zu behindern oder weniger

attraktiv zu machen. Der EuGH betont, dass es vor

diesem Hintergrund im Interesse der EU liegt, wenn

Ausschreibungen einem möglichst umfassenden Wettbewerb

offenstehen. Jede innerstaatliche Bestimmung,

die geeignet ist, die Teilnahme von Bietern zu verhindern,

stellt damit eine Beschränkung dieser Grundfreiheiten

dar und bedarf der Rechtfertigung. Diese

Rechtfertigung setzt voraus, dass die Beschränkung ein

legitimes Ziel des allgemeinen Interesses verfolgt und

den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt.

Aus diesen allgemeinen Grundsätzen leitet der EuGH

strengere Maßstäbe an die Bestimmung der Leistung ab,

als dies die nationale Rechtsprechung tut. Zwar erkennt

auch der EuGH an, dass die Auftraggeber ein weites Ermessen

bei der Formulierung der Leistungsanforderungen

für den Beschaffungsgegenstand haben. Der EuGH

hält aber explizit fest, dass auch die Formulierung der

Leistungsbeschreibung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

entsprechen muss. Dies erfordert die Prüfung,

ob der Detailierungsgrad einer Leistungsbeschreibung

zur Erreichung der verfolgten Ziele notwendig ist.

PRAXISTIPP

In der Praxis werden diese Vorgaben des EuGH kaum

beachtet. Wettbewerbseinschränkende Anforderungen

in der Leistungsbeschreibung sind nach wie vor gang

und gäbe. Der Fokus liegt bei der Bestimmung des

Leistungsgegenstandes und der Ausformulierung der

Leistungsbeschreibung regelmäßig auf den fachlichen

und technischen Anforderungen. Die rechtlichen

Leitplanken des „Übermaßverbotes“ werden in der

Praxis noch zu selten beachtet. Dies mag auch daran

liegen, dass eine explizite Regelung zur Beachtung des

Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Leistungsbeschreibung

fehlt. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung

des EuGH ist aber zu beachten, dass das Gebot,

die Leistung „so eindeutig und erschöpfend wie möglich

zu beschreiben“, § 121 GWB, im Kontext mit dem

Wettbewerbsgebot zu lesen ist, wonach sie eben auch

so „wettbewerbsoffen wie möglich“ sein muss.

29


RECHT I 0121

AUFHEBUNG

UNZULÄSSIG

BEI UNVERÄNDERTEM

BESCHAFFUNGSBEDARF!

30

Foto: www.bundeswehr.de


0121 I RECHT

Die Vergabekammer(VK) des Bundes hat

mit Beschluss vom 11.12.2020 – VK 2-91/20 –

folgendes entschieden:

Ein Vergabeverfahren (hier: nach

der VSVgV) kann aufgehoben werden,

wenn sich die Grundlagen des

Vergabeverfahren wesentlich

geändert haben.

MICHAEL WERNER

Syndikusrechtsanwalt

Deges GmbH, Berlin

Bezugspunkt der wesentlichen

Änderungen sind nicht sämtliche

vergaberechtlich relevante Änderungen,

sondern nur die „Grundlagen des

Vergabeverfahrens“.

Für eine Aufhebung ist es erforderlich,

dass sich der Beschaffungsbedarf

entweder geändert hat und die

Vergabeunterlagen diesem geänderten

Bedarf anzupassen sind oder aber der

Beschaffungsbedarf gänzlich entfallen ist,

so dass das Interesse des Auftraggebers

an der konkret ausgeschriebenen

Leistung selbst nicht mehr besteht.

Auswirkungen der Corona-Pandemie

sind durchaus geeignet, eine

Aufhebungsentscheidung zu legitimieren,

aber nur unter der Voraussetzung,

dass sich Änderungen am

Beschaffungsbedarf ergeben

(hier verneint).

31


RECHT I 0121

von MICHAEL WERNER

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte

Instandsetzungsarbeiten an einem Marineversorgungsschiff

europaweit ausgeschrieben. Vor

Zuschlagserteilung hob er die Ausschreibung auf

– mit der Begründung der „Wahrung wesentlicher

nationaler Sicherheitsinteressen und Sicherstellung

des Erhalts nationaler Marineinstandsetzungskapazitäten

aus Gründen der Versorgungssicherheit“. Die

konkreten Auswirkungen der Corona-Pandemie auf

die wirtschaftliche Lage der nationalen Werften seien

im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Vergabeverfahrens

für niemanden vorhersehbar gewesen. Nur

ca. 10 deutsche Werften seien in der Lage, Instandsetzungsleistungen

für Marineschiffe durchzuführen.

Der Erhalt dieser Werften sei im Hinblick auf die

Versorgungssicherheit ein wesentliches nationales

Sicherheitsinteresse, da die Werften zur Sicherung

der Einsatzbereitschaft der Marine im Krisenfall

benötigt würden. Diese Werften seien aufgrund

unvorhersehbarer Umstände (Corona-Pandemie)

in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Eine

europaweite Vergabe könne nicht stattfinden, wenn

die nationalen Sicherheitsinteressen gewahrt werden

sollten. Aus diesem Grund sollten die Leistungen

nach der Ausnahmevorschrift des § 107 Abs. 2 Nr.

2 GWB national ausgeschrieben werden. Bieter A

wehrte sich gegen die Aufhebung mit Antrag

zur VK.

Die VK Bund gibt Bieter A Recht. Die Aufhebung des

Vergabeverfahrens sei nicht durch § 37 Abs. 1 Nr. 2

VSVgV gedeckt, denn die Grundlagen des Vergabeverfahrens

hätten sich nicht wesentlich geändert. Da

die Beschaffungsabsicht der AG inhaltlich unverändert

fortbestehe, sei das aufgehobene Vergabeverfahren

fortzuführen. Ob hier der Ausnahmetatbestand

des § 107 Abs. 2 Nr. 2 GWB vorliege, sei nur

für die Frage relevant, ob eine rein nationale Vergabe

trotz eindeutigen Überschreitens des Schwellenwertes

für eine europaweite Ausschreibung zulässig

wäre. Streitgegenstand sei hier vielmehr die Aufhebung

des Verfahrens, deren Rechtmäßigkeit an den

Voraussetzungen des Aufhebungstatbestands zu

messen sei. Der hier seitens des AG geltend gemachte

§ 37 Abs. 1 Nr. 2 VSVgV spreche von „wesentlichen

Änderungen“. Bezugspunkt der wesentlichen

Änderungen im Aufhebungstatbestand seien nach

ständiger Rechtsprechung jedoch nicht sämtliche

ggf. vergaberechtlich relevante Änderungen, sondern

ausdrücklich nur die „Grundlagen des Vergabeverfahrens“,

so dass es für eine Aufhebung erforderlich

sei, dass sich der Beschaffungsbedarf entweder

geändert habe, die Vergabeunterlagen diesem geänderten

Bedarf mithin anzupassen seien oder aber

dass der Beschaffungsbedarf gänzlich entfallen sei.

Gemeinsamkeit dieser von der Rechtsprechung entschiedenen

Fallgruppen zur wesentlichen Änderung

des Vergabeverfahrens sei damit, dass das Interesse

des Auftraggebers an der konkret ausgeschriebenen

Leistung selbst nicht mehr bestehe. Auswirkungen

der Corona-Pandemie seien zwar durchaus geeignet,

eine Aufhebungsentscheidung zu legitimieren, aber

eben unter der Voraussetzung, dass sich Änderungen

am Beschaffungsbedarf ergäben. Dies sei hier aber

gerade nicht der Fall, das Versorgungsschiff solle

nach wie vor und inhaltlich unverändert instandgesetzt

werden. Es gebe keine Änderungen an den

Grundlagen des Vergabeverfahrens, so dass die

Voraussetzungen des Aufhebungstatbestands nicht

greifen würden. Vorliegend sei die Stützung der

deutschen Werften nur ein Nebenzweck.

Bei dieser Sachlage sei der AG ausnahmsweise zu

verpflichten, das aufgehobene Vergabeverfahren

weiter zu führen. Grundsätzlich könne ein Auftraggeber

zwar aus Gründen der Privatautonomie

und wegen fehlenden Kontrahierungszwangs

nicht gezwungen werden, ein einmal begonnenes

Vergabeverfahren durch Zuschlag zu beenden, und

32


0121 I RECHT

sätze könnten jedoch nur dann greifen, wenn

die Beschaffungsabsicht nicht oder jedenfalls

nicht unverändert fortbestehe; nur in diesem

Fall würde der Auftraggeber zu einem Zuschlag

gezwungen, den er gar nicht mehr oder jedenfalls

inhaltlich nicht mehr in dieser Form erteilen

wolle. Dagegen wolle im vorliegenden Fall der

AG den Zuschlag nach eigener Einlassung im

Nachprüfungsverfahren unverändert erteilen.

Die Tatsache, dass der AG nunmehr eine nationale

Werft zu beauftragen beabsichtige, ändere

nichts daran, dass der Beschaffungsbedarf unverändert

sei, denn der spätere Vertragspartner,

der gerade über das Vergabeverfahren auszuwählen

sei, solle die ausgeschriebene Leistung

erbringen.

ANMERKUNG:

Eine insoweit bemerkenswerte Entscheidung, da

hier die VK die „Aufhebung der Aufhebung“

fordert und dem AG die Fortführung des

Verfahrens vorschreibt. Auch wenn der Beschluss

der VK Bund hier im Verteidigungs- und

zwar unabhängig davon, ob ein vergaberechtlicher

Aufhebungsgrund vorliege oder nicht.

Die Unterscheidung zwischen „Wirksamkeit

der Aufhebung“ und „Rechtmäßigkeit der

Aufhebung“ trage diesem Umstand Rechnung

und stelle gleichzeitig sicher, dass die geforderte

Überprüfbarkeit der Aufhebungsentscheidung

gewährleistet sei, indem bei wirksamen, jedoch

rechtswidrigen Aufhebungen die Rechtswidrigkeit

der Aufhebung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen

festzustellen sei. Diese Grund-

Sicherheitsbereich nach der VSVgV erging, kann

er ohne weiteres auf Vergaben von Bauleistungen

wie auch Liefer- und Dienstleitungen

übertragen werden, da die zitierte Aufhebungsvorschrift

des § 37 Abs. 1 Nr. 2 VSVgV identisch

ist mit § 17 Abs. 1 Nr. 2 EU VOB/A bzw. § 63

Abs. 1 Nr. 2 VgV. Danach gilt also: Ein Berufen

auf eine „wesentliche Änderung der Grundlagen

des Vergabeverfahrens“ ist vergaberechtlich

dann besonders kritisch zu sehen, wenn der

Beschaffungsbedarf des AG in Art und Umfang

unverändert fortbesteht.

33


RECHT I 0121

34


0121 I RECHT

DIE VERÄUSSERUNG

KOMMUNALER GRUNDSTÜCKE:

RECHTLICHE

LEITPLANKEN UND

GESTALTUNGS-

MÖGLICHKEITEN

Attraktive Grundstücke sind in Deutschlands Großstädten

ähnlich knapp wie günstige Mietwohnungen. Kommunen

wollen daher häufig die letzten „Filetstücke“, die sie noch

besitzen, nicht einfach meistbietend veräußern. Vielmehr

besteht der (politische) Wunsch, dem Käufer gewisse

Pflichten aufzuerlegen. Die Liste der regelmäßig wiederkehrenden

Wünsche ist dabei lang: Der Investor soll eine

bestimmte Anzahl an mietpreisgedämpften Wohnungen

errichten, bestimmte städtebauliche und gestalterische Vorgaben

einhalten, auf dem Grundstück öffentliche Parkplätze

realisieren oder in den Gebäuden Räumlichkeiten für eine

städtische Kindertagesstätte vorsehen.

von DR. ALEXANDER DÖRR

35


RECHT I 0121

DR. ALEXANDER DÖRR

Rechtsanwalt bei MENOLD BEZLER

Im diesem Zusammenhang stellt sich für

Kommunen häufig die Frage, welche

rechtlichen Rahmenbedingungen bei

Grundstücksgeschäften gelten, die mit

derartigen Vorgaben verknüpft sind, insbesondere

ob hierdurch vergaberechtliche

Regelungen beachtet werden müssen.

WANN UNTERFÄLLT EINE

GRUNDSTÜCKSVERÄUSSERUNG

DEM VERGABERECHT

Die reine Veräußerung von Grundstücken

unterfällt nicht dem Vergaberecht. Etwas

anderes gilt nur dann, wenn mit der

Veräußerung gleichzeitig eine Beschaffung

durch die veräußernde Kommune einhergeht.

Gleiches gilt, wenn das Grundstücksgeschäft

als Erbbaurechtsvertrag

ausgestaltet ist.

Die vom EuGH im Urteil vom 25.03.2010

(C-451/08) hierfür festgelegten Voraussetzungen

sind mittlerweile auch einfachgesetzlich

in § 103 Abs. 3 S. 2 GWB

verankert.

Ein vergabepflichtiger Bauauftrag liegt

hiernach vor, wenn

1. die Bauleistung gemäß den vom

öffentlichen Auftraggeber genannten

Erfordernissen erbracht wird und

dieser einen entscheidenden Einfluss

auf Art und Planung der Bauleistung

hat und

2. die Bauleistung dem Auftraggeber

unmittelbar wirtschaftlich

zugutekommt.

Anhand dieser Merkmale hat die Rechtsprechung

in der Vergangenheit Fallgruppen

herausgearbeitet, anhand derer im

konkreten Einzelfall die Grundstücksveräußerung

auf ihre „Beschaffungsrelevanz“

zu überprüfen ist.

Die zentrale Voraussetzung des unmittelbaren

wirtschaftlichen Vorteils ist erfüllt,

wenn der Auftraggeber Eigentümer der

Bauleistung oder des Bauwerks wird oder

aufgrund eines sonstigen Rechtstitels

über das Gebäude verfügen kann. Ein

wirtschaftliches Interesse kann auch in

wirtschaftlichen Vorteilen, die der Auftraggeber

aus der Nutzung des Bauwerks

ziehen kann, in einer finanziellen Beteiligung

an der Erstellung des Bauwerks oder

in der Übernahme von Risiken für den Fall

des wirtschaftlichen Fehlschlags liegen.

Sofern die Kommune nur im Rahmen ihrer

bauordnungsrechtlichen Regelungszuständigkeit

handelt, ist diese Grenze noch nicht

überschritten. Verpflichtet sie den Investor

jedoch im Kaufvertrag, ein Bauwerk zu

errichten, das ihr unmittelbar wirtschaftlich

zugute kommt, ist darin eine Beschaffung

zu sehen. Dies wird regelmäßig bei der

Errichtung einer Kindertagesstätte, die

die Stadt anmieten möchte, der Fall sein;

ebenso bei öffentlichen oder Behördenparkplätzen.

Bei sogenannten „Belegungsrechten“

für Wohnungen kommt es auf

die Ausgestaltung des Einzelfalls an. Will

die Stadt über die Wohnungen für einen

langen Zeitraum wie über ihre eigenen

verfügen, dürfte der unmittelbare wirtschaftliche

Vorteil gegeben sein. Lässt sie

sich hingegen nur ein Vorschlagsrecht bei

der Mieterauswahl einräumen, fehlt dieser

wohl regelmäßig.

Der EuGH hat im oben genannten Urteil

darüber hinaus als dritte Voraussetzung

für das Vorliegen eines Bauauftrags

festgestellt, dass der Investor eine von der

Kommune einklagbare Bauverpflichtung

übernommen haben muss. Die Vereinbarung

eines Rückkaufs- oder Widerrufsrechts

für den Fall, dass das Grundstück

nicht oder nicht wie beabsichtigt bebaut

wird, stellt noch keine derartige Bauverpflichtung

dar. In vielen Konstellationen

wird eine Stadt daher ihre Ziele vertraglich

auch so verankern können, dass sie nicht

automatisch ins Vergaberecht „rutscht“.

36


0121 I RECHT

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VORBEREITUNG UND DURCHFÜHRUNG

VON VERGABEPROJEKTEN

WAS GILT AUSSERHALB

DES VERGABERECHTS?

Doch auch außerhalb des Vergaberechts sind die Grundstücksgeschäfte

der öffentlichen Hand häufig in transparenten, wettbewerblichen

Verfahren durchzuführen, um EU- oder haushaltsrechtlichen

Vorgaben gerecht zu werden.

Hinsichtlich europarechtlicher Vorgaben ist insbesondere der Beihilfetatbestand

des Art. 107 AEUV zu beachten. Der Tatbestand

einer unzulässigen Beihilfe kann beispielsweise bei der Veräußerung

eines Grundstücks unter dem Verkehrswert erfüllt sein. Dies

lässt sich regelmäßig dadurch verhindern, dass der Käufer für das

Grundstück in einem wettbewerblichen Verfahren ausgewählt

oder ein Verkehrswertgutachten eingeholt wird.

Dieselbe Verpflichtung ergibt sich auch aus den Grundsätzen

des kommunalen Haushaltsrechts. Die Gemeindeordnungen der

Länder sehen die Veräußerung von Vermögensgegenständen

regelmäßig nur zu deren vollem Wert vor.

KOMMUNALE ZIELE IM WETTBEWERBLICHEN

VERFAHREN VERANKERT

Um einen Investor auszuwählen, der bestmöglich die städtischen

(sozialen/ ökologischen/ baulichen) Vorgaben umsetzt, empfiehlt

sich in der Regel ein Investorenauswahlverfahren in Form eines

mehrstufigen Verhandlungsverfahrens. Sofern der vergaberechtliche

Anwendungsbereich eröffnet ist, kommt regelmäßig ein

Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb in Betracht.

In einem solchen Verfahren können in einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb

unter allen Bewerbern anhand objektiver Kriterien

die am besten geeigneten Investoren ausgewählt werden.

Die ausgewählten Bieter erarbeiten in der zweiten Stufe auf Basis

der Vorgaben ein planerisches, konzeptionelles und preisliches

Angebot. Die Kommune hat dabei die Möglichkeit, Mindestvorgaben

zu machen und gleichzeitig gestalterische und konzeptionelle

Spielräume zu lassen. Durch diese Spielräume können sehr

unterschiedliche Angebote zustande kommen, die anhand vorab

festgelegter Zuschlagskriterien bewertet werden.

FAZIT

Kommunen wollen zurecht bei der künftigen Nutzung von

Grundstücken, die sie aus der Hand geben, mitreden. Um die

beste konzeptionelle Umsetzung der städtischen Vorgaben und

Ideen zu finden, bietet sich häufig ein Investorenauswahlverfahren

an, bei dem neben dem Preis auch weitere Kriterien für die

Käuferauswahl ausschlaggebend sind. Sollte das Grundstücksgeschäft

mit einem Bauauftrag im Sinne des Vergaberechts

einhergehen, ist ein solches Verfahren sogar zwingend. Die

entsprechenden vertraglichen Stellschrauben im Grundstückskaufvertrag

können dabei die städtischen Belange auch über das

Verfahren hinaus absichern.

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VERGABE I 0121

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Portfolio des Unternehmens passen. Damit

wird die erste Auswahl schnell und effizient

für den Nutzer erledigt und er kann sich auf

die wesentliche Frage konzentrieren: Welcher

Auftrag lohnt sich richtig? Dabei kommt

neueste digitale Technologie zum Einsatz, die

es ermöglicht, Datenbanken auszulesen, um

diese Daten dann in einer einheitlichen Form

auf dem Portal aufzulisten. Berücksichtigt

werden auch eventuelle Änderungen, die

erfasst und korrigiert ausgespielt werden.

Der Nutzer kann so sicher sein, dass er alle

Ausschreibungen sämtlicher Datenbanken

der bundesdeutschen Vergabestellen in einer

einheitlichen Form vorfindet. Ein wichtiges

Feature, um die passenden Ausschreibungen

zu finden, ist die Möglichkeit, Suchprofile anzulegen

und Listen mit Favoriten zu generiert

sowie mehrere Aufträge nebeneinander zu

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der ausschreibenden Stelle – und die erforderlichen

Nachweise übersichtlich auf einer

bedienfreundlichen Benutzeroberfläche, die

an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden

kann, dargeboten. Eine Termin- und Benachrichtigungsfunktion

macht es zudem fast unmöglich,

eine Frist zu verpassen. Die a24salescloud

hilft also nicht nur bei der Suche nach

lukrativen Aufträgen, sondern erleichtert die

Organisation und führt durch den gesamten

Biet-Prozess. Womit auch eine zweite große

Hürde verschwindet, die es öffentlichen

Auftraggebern so schwer macht, Firmen zu

38


0121 I VERGABE

finden. Denn die werden immer noch durch

den hohen händischen Aufwand von einer

Teilnahme abgeschreckt. Dabei lohnt es sich

wirklich. Allein der Bund investiert pro Jahr

zwischen 350 und 400 Milliarden Euro in den

Straßen- und Schienenausbau, in neue Kitas

und Schulen oder in digitale Infrastruktur.

Hinzu kommen die einzelnen Bundesländer,

Gemeinden und Städten, die ihre Projekte

öffentlich ausschreiben müssen. Und alle finden

sich in der Datenbank der a24salescloud

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zu bereits vergebenen Ausschreibungen bzw.

Aufträgen. Warum? Ein Unternehmen, das

beispielsweise im GalaBau tätig ist, darf nicht

nur dazu nach aktuellen Ausschreibungen

suchen. Erfolg verspricht auch die Recherche

nach vergebenen Aufträgen im Straßenbau.

Denn Straßenbegleitgrün wird üblicherweise

nicht separat ausgeschrieben. Eine hervorragende

Möglichkeit, das bezuschlagte Unternehmen

als Kunden zu akquirieren. Doch

vergleichbare gelaufene Ausschreibungen

bieten noch andere wichtige Informationen.

Wenn man beispielsweise weiß, wer warum

den Zuschlag erhielt, kann das helfen, das

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VERGABE I 0121

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Lösungen erfordern; wieder ein Stressfaktor

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für Nichtjuristen verständlich erläutert

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40


0121 I VERGABE

bau, Hoch- und Tiefbau sowie zu Nachhaltigkeit

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Ausschreibungsmarkt in der

Entwicklung bis zum Reifegrat hin einfließen

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eigenen Angebotes führt die Cloud den

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IMPRESSUM I 0121

erscheint im Submissions-Anzeiger Verlag,

Anschrift wie Redaktion.

HERAUSGEBER

FLORIAN LAUENSTEIN

CHEFREDAKTEUR (V.i.S.d.P.)

ANDREAS KLOSE

klose@submission.de

REDAKTION

ANDREAS KLOSE,

SILKE THIEL (Layout)

MITWIRKENDE DIESER AUSGABE

VERONIKA BOJTSCHUK, DR. ALEXANDER DÖRR,

DR. MARTIN JANSEN, FRANK LINNEBERG,

DR. MATTHIAS MANTLER, DR. ROBERT MOMBERG,

ALEXANDER N. MÜLLER, CHRISTIANE SCHÄFFER,

MICHAEL WERNER

INFOGRAFIK

SILKE THIEL

ANZEIGEN

BIANCA WALDRICH Telefon: 040 / 40 19 40 - 15

Telefax: 040 / 40 19 40 - 30

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REDAKTIONSANSCHRIFT

SUPPLY

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ISSN

2366-6390

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UND KÜNDIGUNGEN

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03.03.2021 ONLINE Angebotsprüfung und -wertung

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22.03.2021 ONLINE Einführung in das Vergaberecht

23.03.2021 ONLINE IT-Vergabe

24.03.2021 ONLINE Gewinnen von öffentlichen Aufträgen - Bieterstrategien

12.04.2021 ONLINE Einführung in das Vergaberecht

13.04.2021 ONLINE Leistungsbeschreibungen

14.04.2021 ONLINE Gewinnen von öffentlichen Aufträgen - Bieterstrategien

03.05.2021 ONLINE Einführung in das Vergaberecht

04.05.2021 ONLINE IT-Vergabe

10.05.2021 ONLINE EVB-IT - Ergänzende Vertragsbedingungen IT

07.06.2021 Hamburg Preisrecht und Preisprüfung

08.06.2021 Hamburg Einführung in das Vergaberecht

09.06.2021 Hamburg Leistungsbeschreibungen

10.06.2021 Hamburg Die optimale Bewertungsmatrix

15.06.2021 Stuttgart Einführung in das Vergaberecht

16.06.2021 Stuttgart Angebotsprüfung und -wertung

17.06.2021 Stuttgart Rahmenvereinbarungen

13.07.2021 München Einführung in das Vergaberecht

14.07.2021 München IT-Vergabe

15.07.2021 München Die optimale Bewertungsmatrix

04.10.2021 Stuttgart Preisrecht und Preisprüfung

05.10.2021 Stuttgart Einführung in das Vergaberecht

06.10.2021 Stuttgart Leistungsbeschreibungen

07.10.2021 Stuttgart Die optimale Bewertungsmatrix

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Amtsgericht Darmstadt HRA 85542

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