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Das Magazin für Vergabe und Beschaffung

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BESCHAFFUNG I 0121

DIE BESCHAFFUNGS-

AUTONOMIE DER

ÖFFENTLICHEN

HAND

Die Beschaffungsautonomie der

öffentlichen Hand ist ein schillernder

Begriff. Andere Ausdrücke in diesem

Kontext sind etwa das Leistungsbestimmungsrecht

oder die Bestimmungsfreiheit.

Worum handelt es sich?

von DR. MATHIAS MANTLER

Im privaten Sektor gibt es die grundrechtlich geschützte

Vertragsfreiheit. Sie erlaubt es privaten

Personen und Unternehmen grundsätzlich, einzukaufen

was und wie sie wollen. Die öffentliche Hand

unterliegt mit ihrer Bindung an das Vergaberecht bekanntlich

deutlich weitergehenden Beschränkungen.

Aber ist es nicht so, dass das Vergaberecht nur den

Beschaffungsvorgang regelt und nicht den

Beschaffungsinhalt?

AUSGANGSLAGE

Eine gängige Sichtweise ist in der Tat, dass die Wahl

der Leistung der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers

unterliegt, deren Ausübung dem Vergabeverfahren

vorgelagert ist. Das Vergaberecht regelt demnach

nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft,

sondern nur die Art und Weise der Beschaffung.

Daher wird unter anderem davon ausgegangen, dass

der Auftraggeber vor der Festlegung des Vergabegegenstandes

keine Markterkundung durchführen muss.

Nach dieser Auffassung ist eine Markterforschung

oder Markterkundung hinsichtlich einer alternativen

Lösung grundsätzlich nicht erforderlich. Die öffentliche

Hand sei nicht verpflichtet, die Beschaffungsentscheidung

(gegebenenfalls sogar unter sachverständiger

Hilfe) zu verobjektivieren, um eine möglichst

produkt- oder technikoffene Leistungsbeschreibung

zu erreichen.

Das Vergaberecht regelt eine Pflicht zu Markterkundung

nur in Ausnahmefällen, etwa bei einem Verhandlungsverfahren

ohne Teilnahmewettbewerb nach

§ 14 Abs. 6 VgV. Vor Einleitung eines solchen Verhandlungsverfahren

aufgrund eines aus technischen

Gründen fehlenden Wettbewerbs oder aufgrund

von Ausschließlichkeitsrechten ist der Auftraggeber

zunächst verpflichtet zu ermitteln, ob es eine vernünftige

Alternative oder eine Ersatzlösung gibt. Das

impliziert eine Markterkundung.

Soweit allerdings ein geregeltes Vergabeverfahren

durchgeführt wird und die Leistungsbestimmung im

Vorhinein stattfindet, zieht die Rechtsprechung die

Grenzen deutlich weiter.

Nach der Rechtsprechung sind diese Grenzen

gewahrt, sofern:

die Bestimmung durch den

Auftragsgegenstand sachlich

gerechtfertigt ist,

vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare,

objektive und auftragsbezogene Gründe

angegeben worden sind und die

Bestimmung folglich willkürfrei

getroffen worden ist,

solche Gründe tatsächlich vorhanden

(festzustellen und notfalls erwiesen) sind

und die Bestimmung andere

Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.

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