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Das Magazin für Vergabe und Beschaffung
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0121 I BESCHAFFUNG
DR. MATHIAS MANTLER
Partner und Fachanwalt für
Vergaberecht im Münchner Büro
der Wirtschaftskanzlei LUTZ | ABEL
DIE EUROPARECHTLICHE PERSPEKTIVE
Wirft man einen Blick auf die europäische Rechtsprechung,
erscheint es jedoch sehr zweifelhaft, ob man
wirklich in eine Phase der weitgehend freien Leistungsbestimmung,
die dem Vergabeverfahren vorgelagert ist,
und dem Vergabeverfahren selbst unterscheiden kann.
Ausgangspunkt der Rechtsprechung des EuGH sind die
Grundfreiheiten, insbesondere die Dienstleistungsfreiheit
und die Niederlassungsfreiheit. Diese stehen jeder
nationalen Maßnahme entgegen, die geeignet ist, ihre
Ausübung zu unterbinden, zu behindern oder weniger
attraktiv zu machen. Der EuGH betont, dass es vor
diesem Hintergrund im Interesse der EU liegt, wenn
Ausschreibungen einem möglichst umfassenden Wettbewerb
offenstehen. Jede innerstaatliche Bestimmung,
die geeignet ist, die Teilnahme von Bietern zu verhindern,
stellt damit eine Beschränkung dieser Grundfreiheiten
dar und bedarf der Rechtfertigung. Diese
Rechtfertigung setzt voraus, dass die Beschränkung ein
legitimes Ziel des allgemeinen Interesses verfolgt und
den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt.
Aus diesen allgemeinen Grundsätzen leitet der EuGH
strengere Maßstäbe an die Bestimmung der Leistung ab,
als dies die nationale Rechtsprechung tut. Zwar erkennt
auch der EuGH an, dass die Auftraggeber ein weites Ermessen
bei der Formulierung der Leistungsanforderungen
für den Beschaffungsgegenstand haben. Der EuGH
hält aber explizit fest, dass auch die Formulierung der
Leistungsbeschreibung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
entsprechen muss. Dies erfordert die Prüfung,
ob der Detailierungsgrad einer Leistungsbeschreibung
zur Erreichung der verfolgten Ziele notwendig ist.
PRAXISTIPP
In der Praxis werden diese Vorgaben des EuGH kaum
beachtet. Wettbewerbseinschränkende Anforderungen
in der Leistungsbeschreibung sind nach wie vor gang
und gäbe. Der Fokus liegt bei der Bestimmung des
Leistungsgegenstandes und der Ausformulierung der
Leistungsbeschreibung regelmäßig auf den fachlichen
und technischen Anforderungen. Die rechtlichen
Leitplanken des „Übermaßverbotes“ werden in der
Praxis noch zu selten beachtet. Dies mag auch daran
liegen, dass eine explizite Regelung zur Beachtung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Leistungsbeschreibung
fehlt. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung
des EuGH ist aber zu beachten, dass das Gebot,
die Leistung „so eindeutig und erschöpfend wie möglich
zu beschreiben“, § 121 GWB, im Kontext mit dem
Wettbewerbsgebot zu lesen ist, wonach sie eben auch
so „wettbewerbsoffen wie möglich“ sein muss.
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