07.05.2021 Aufrufe

Gesund & Leben 2021 / 04

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

FOTO: ISTOCK_ MATTJEACOCK<br />

GESU ND<br />

Substanzen,<br />

MIT KÖ PFCHEN<br />

Jüngste Forschungen zeigen, wie sehr unser<br />

Gehirn als „Schaltzentrale“ des Körpers unsere<br />

Organe, die Atmung, den Stoffwechsel, den<br />

Schlaf, die Verdauung, die Hormonproduktion und<br />

vieles mehr steuert. Wer also sein Hirn trainiert,<br />

tut seinem ganzen Körper Gutes.<br />

Das Gehirn beeinflusst jedes Organ, und<br />

jedes Organ ist im regen Austausch mit<br />

dem Gehirn. Die Coronazeit hat einmal<br />

mehr gezeigt, wie unser Gehirn<br />

und unser Nervensystem miteinander kommunizieren.<br />

So verlieren etwa drei bis sechs Prozent der<br />

Corona-Infizierten vorübergehend ihren Geruchsoder<br />

Geschmackssinn. Einblicke dazu brachte ein<br />

Symposium an der Medizinischen Universität Graz.<br />

Prof. Dr. Christian Enzinger, Neurolgie an der Med-<br />

Uni Graz, erklärt den Prozess so: „Das Coronavirus<br />

geht von der Nasenschleimhaut aus, es kann über<br />

den Geruchsnerv und über die Schädelbasis ins<br />

Geruchshirn vordringen und dort Entzündungen<br />

hervorrufen.“ Nachweisbar ist das im Zuge einer<br />

Kernspintomografie, also eines bildgebenden Verfahrens.<br />

Das Virus erreicht jedoch nicht die Gehirnzellen<br />

direkt, sondern Stützzellen des Geruchssystems,<br />

daher bilden sich Beeinträchtigungen in der<br />

Regel nach zwei bis drei Wochen zurück. „Ein vorübergehender<br />

Geruchs- und Geschmacksverlust<br />

tritt meist bei leichten Covid-19-Verläufen auf“, sagt<br />

Enzinger. Auch für die typischen Muskel- und Kopfschmerzen<br />

ist dieser Mechanismus im Zuge einer<br />

Covid-19-Erkrankung verantwortlich.<br />

NIEREN, HERZ & HIRN<br />

Auch die Nieren sind eng mit dem Gehirn verbunden.<br />

Die größte Gefahr für sie sind kardiovaskuläre<br />

Erkrankungen, wie etwa Bluthochdruck oder<br />

auch Diabetes. Lipide, also Fette oder fettähnliche<br />

FORSCHUNG<br />

sind der Schlüssel zu Krankheit oder<br />

<strong>Gesund</strong>heit. Dabei spielen spezifische Faktoren, die<br />

auch auf das Gehirn Einfluss haben, eine wesentliche<br />

Rolle, wie etwa das Cholesterin. Chronische Entzündungssubstanzen<br />

oder oxidativer Stress können<br />

dazu führen, dass die Niere die dabei entstandenen<br />

Gifte nicht mehr eliminieren kann, sie lagern sich ab<br />

und können auch das Gehirn schädigen. Prof. Dr.<br />

Alexander Rosenkranz, Nephrologe an der Medizinischen<br />

Universität Graz, erklärt: „Die Nierenfunktion<br />

verringert sich mit zunehmendem Alter um ein bis<br />

zwei Prozent pro Jahr, das heißt, dass über 80-Jährige<br />

nur mehr 50 Prozent ihrer Nierenfunktion haben.<br />

Das ist jedoch keine Krankheit, sondern eine natürliche<br />

Einschränkung mit zunehmenden Jahren.“ Dies<br />

bringt keine größeren Risiken mit sich. Kommen<br />

allerdings Hypertonie und ein zu hoher Cholesterinwert<br />

hinzu, gehen damit Veränderungen am Endothel<br />

(den Auskleidungen der Blutgefäße) einher, die<br />

es erschweren, giftige Stoffe auszuscheiden. Diese<br />

können dann über den Blutstrom auch die Gehirnzellen<br />

schädigen.<br />

ORGAN DER SUPERLATIVE<br />

Der menschliche Darm mit seiner Bakterien-Besiedelung<br />

ist das größte menschliche Organ. 70 Prozent<br />

unserer Immunzellen befinden sich im Darm, hier<br />

schlummern auch mehr als 100 Millionen Neuronen,<br />

das sind fünfmal so viele wie im Rückenmark.<br />

Das Nervensystem im Darm beeinflusst außerdem<br />

unsere Darmbewegungen, die Durchblutung, die<br />

Sekretion und Resorption, aber auch die Regulation<br />

immunologischer Funktionen. Eine Art „Telefonleitung“,<br />

der Vagusnerv, verbindet Darm und Gehirn<br />

und ermöglicht so eine Kommunikation zwischen<br />

den beiden Organen. Der Darm signalisiert beispielsweise<br />

über den Vagusnerv ans Gehirn, wenn<br />

wir verdorbene Nahrungsmittel zu uns genommen<br />

haben. Das Gehirn realisiert dies als „Übelkeit“,<br />

ein Vorgang, den wir nicht selbst steuern können.<br />

Umgekehrt ist es auch möglich, Signale vom Gehirn<br />

an die Darmschleimhaut zu senden. Beißen wir<br />

etwa in einen Apfel, entstehen bei der Zersetzung<br />

der Ballaststoffe kurzkettige Fettsäuren. Diese setzen<br />

Darmhormone frei, wie etwa die „Glückshormone“<br />

Dopamin und Serotonin, die auch im Gehirn zum<br />

Einsatz kommen und unsere Laune aufhellen. Signale<br />

aus dem Magen-Darm-Trakt können auf diesem<br />

Weg Emotionen, Stimmungen, Schmerzen oder<br />

Stressanfälligkeit steuern.<br />

Andere Stoffwechselprodukte von Bakterien wiederum<br />

regen die Produktion von Zytokinen an, also<br />

von Eiweißstoffen, die das Immunsystem warnen,<br />

wenn schädliche Erreger in die Zellen eindringen.<br />

Gerät das Immunsystem aus der Balance, können<br />

Zytokine auch unerwünschte Wirkungen entfalten,<br />

indem sie etwa Entzündungszellen im Gehirn<br />

aktivieren. Ist das Immunsystem überaktiv, senden<br />

Zytokine über die Bluthirnschranke hinaus eine Flut<br />

42 GESUND & LEBEN <strong>04</strong>/21<br />

43

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!