planet toys_Mai_2021
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24 HANDEL<br />
HANDEL<br />
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Die EK/servicegroup will den Strukturwandel mit einer „rückhaltlosen<br />
Unterstützung ihrer Handelspartner“ gestalten.<br />
Fragen an den EK-Vorstandsvorsitzenden Franz-Josef Hasebrink.<br />
CHANNEL-SHIFT<br />
IST IRREVERSIBEL<br />
Die Verbundgruppenlandschaft<br />
braucht<br />
also ebenfalls eine<br />
Konsolidierung.<br />
FRANZ-JOSEF HASEBRINK<br />
Herr Hasebrink, sind Sie auf die letzte<br />
große Volkspartei, der Sie ja qua Geburt<br />
und Leben auf einem Bauernhof<br />
im katholisch geprägten Münsterland<br />
nahestehen dürften, richtig sauer, weil Sie<br />
jetzt nach Karlsruhe gehen müssen?<br />
Franz-Josef Hasebrink: Das ist eine gewagte Hypothese,<br />
dass ein Münsterländer Landwirt ausschließlich<br />
die CDU im Fokus hat, aber in der Tat<br />
bin ich persönlich, was in Sachen Corona passiert<br />
oder passiert ist und mit Blick auf meinen<br />
Verantwortungsbereich, den Handel, nicht zufrieden.<br />
Selbstverständlich scheuen wir nicht davor<br />
zurück, auch das Bundesverfassungsgericht zu<br />
bemühen. Nach allem, was wir aufgrund der Vorrecherche<br />
wissen, ist das alles andere als aussichtslos.<br />
Sie haben vor Wochen einen offenen Brief an<br />
Bundeswirtschaftsminister Altmaier geschrieben,<br />
um ihn auf die Ungerechtigkeiten in der<br />
Welt hinzuweisen. Hat er Ihnen inzwischen geantwortet?<br />
F.-J.H.: Ja, er hat mir geantwortet, aber kollektiv.<br />
Ein offener Brief ist natürlich ein politisches<br />
Instrument.<br />
Sie sind doch eher fürs Florett als für den Säbel<br />
bekannt!<br />
F.-J.H.: Die Formulierungen in dem Brief sind auch<br />
mehr florettmäßig als brachial. Wir wissen im Übrigen,<br />
dass es Peter Altmaier durchaus gut meint<br />
mit dem Mittelstand. Bei anderen Ministerien genießt<br />
der Mittelstand nicht diese Priorität.<br />
Teilen Sie mit Friedrich dem Großen dieselbe<br />
Leidenschaft fürs Bauen, weil Sie die EK ständig<br />
umbauen?<br />
F.-J.H.: Unbedingt, jedenfalls die Denkrichtung<br />
teile ich mit ihm, wobei ich mich sonst nicht mit<br />
ihm verglichen sehen möchte. Das wäre anmaßend.<br />
Friedrich der Große ist ja eine vielschichtige<br />
Persönlichkeit in der deutschen Geschichte. Was<br />
ich mit ihm teile, ist der Drang, aufzubauen, zu<br />
reformieren und in die Zukunft hineinzudenken.<br />
Der Umsatzrückgang ist mit minus 4,7 % geringer<br />
ausgefallen als noch im Januar prognostiziert,<br />
weil der ZR-Umsatz von Baby Plus integriert<br />
werden konnte. Liegt die Kompetenz der<br />
EK vor allem in Fusionen, Kooperationen, Akquisitionen<br />
und Kontorkunden?<br />
F.-J.H.: Sie liegt auch dort, ja, aber sie besteht vor<br />
allem darin, Leistungen für unsere Mitglieder in<br />
den verschiedenen Branchen aufzubauen, um sie<br />
zukunftsfähig zu machen.<br />
Das hat in den letzten Jahren nicht so gut geklappt,<br />
oder?<br />
F.-J.H.: Die EK macht mit etwa einer halben Milliarde<br />
nicht unwesentliche Umsätze in den Bereichen<br />
Sport und Fashion in Holland. Intersport<br />
wie fast alle unabhängigen Modehändler zählen<br />
dazu. Aufgrund der Rahmenbedingungen fiel das<br />
Geschäft natürlich schlecht aus, aber unseren<br />
Modehändlern ist es dennoch dank ihrer speziellen<br />
Leistungsfähigkeit gelungen, Marktanteile<br />
zu gewinnen. Mit der holländischen Baumarktkette<br />
Hubo, die nicht nur Produkte, sondern Handwerksleistungen<br />
anbietet, sind wir auch sehr gut<br />
unterwegs. Auch bei Elektroplus erleben wir eine<br />
starke Konjunktur, sodass wir auch dort Marktanteile<br />
gewinnen konnten. Bei Electroplus wie Happy<br />
Baby haben wir Social-Media-Konzepte aufgelegt<br />
und die Leistungen direkt am PoS ausgebaut.<br />
Noch einmal zurück zum Wachstum. Ist das<br />
bei der EK nur noch durch die genannten Faktoren<br />
möglich?<br />
F.-J.H.: Die EK hat in den letzten Jahren immer<br />
eine aktive Rolle gespielt, wenn es um den<br />
Strukturwandel von Handel geht. Wenn es weniger<br />
Mittelständler gibt, braucht es auch weniger<br />
Verbundgruppen, die ja von Mittelständlern<br />
unterhalten werden müssen. Die Verbundgruppenlandschaft<br />
braucht also ebenfalls eine Konsolidierung.<br />
Das geht durch Marktaustritte oder<br />
durch gezielte Strukturentwicklung, wenn ich z.<br />
B. an die Igeka und Ardek denke. Auch Baby Plus<br />
folgt dieser natürlichen Entwicklung. Damit haben<br />
wir Marktentwicklungen nachvollzogen, vor<br />
allem Kostenstrukturen aus dem Markt genommen<br />
und für die angeschlossenen Händler mehr<br />
Effizienz geschaffen.<br />
Was so viel heißt, dass die EK sich auch immer<br />
wieder neue Branchen erschließt?<br />
F.-J.H.: Natürlich hat sich die EK in andere Branchen<br />
hineinentwickelt. Aufgrund der Marktentwicklung<br />
ist der traditionelle Kern der EK, das Haushaltswaren-,<br />
Porzellan- und Eisenwarenfachgeschäft,<br />
unter Druck und muss sich quasi ständig neu erfinden.<br />
Es gibt noch diese Geschäfte in den Oberzentren,<br />
die aufgrund einer klaren Positionierung<br />
auch ein gutes Geschäft machen, aber die Unternehmer<br />
sind gefordert, ihr Geschäftsmodell<br />
und ihre Sortimentszusammenstellung ständig<br />
an die Anforderungen des Marktes anzupassen.<br />
Die EK war also darauf angewiesen, andere Betriebstypen<br />
und andere Branchen zu erschließen,<br />
um auch unseren angestammten Händlern, die<br />
vom Strukturwandel besonders arg betroffen sind,<br />
weiterhin Leistung bieten zu können.<br />
Das Joint Venture mit der ANWR, die Zusammenarbeit<br />
mit Prisma, dann mit dem Büroring,<br />
der Kauf der Euretco-Gruppe 2015, alles, um im<br />
Spiel zu bleiben?<br />
F.-J.H.: So ist es. Die Euretco-Geschichte war sicherlich<br />
der größte Schritt, der uns enorm viel<br />
Know-how, etwa Retail-Kompetenz, beschert hat.<br />
Dadurch sind wir internationaler geworden, was<br />
nicht zu vernachlässigen ist. Beide Verbundgruppen<br />
brauchen jetzt nur noch einmal, um ein Beispiel<br />
zu nennen, Digital Services zu entwickeln.<br />
Das schafft finanzielle Freiräume.<br />
Nicht zuletzt Großkunden, die Special Accounts,<br />
haben mit plus 9,9 % der EK ein relativ<br />
gutes Jahr beschert. Ist my<strong>toys</strong> für die EK<br />
ein Segen oder anders gefragt: Finden Sie Otto<br />
richtig gut?<br />
F.-J.H.: (lacht) Otto find ich deshalb schon gut, weil<br />
wir mit my<strong>toys</strong> eine geschäftlich gute und verlässliche<br />
Partnerschaft haben. Das ist ein besonderes<br />
Geschäft, das sich ausschließlich auf den<br />
Einkauf bezieht. Darüber herrscht innerhalb der<br />
EK auch Transparenz, auch mit unseren Kunden<br />
im Spielwarenbereich. Kritische Masse ist nicht<br />
alles, aber ohne kritische Masse ist alles nichts.<br />
Der Umsatz der Gruppe lag 2017 bei 2,43 Mrd.<br />
€, 2020 bei 2,17 Mrd. €, trotz der Expansion und<br />
neuer Special Accounts. Was läuft denn nicht<br />
rund bei der EK?<br />
F.-J.H.: Man muss differenzieren. Für 2020 müssen<br />
wir den Corona-Effekt rausnehmen. Im letzten<br />
Jahr haben wir in den Bereichen Sport und<br />
Fashion 170 Mio. € an Umsätzen gegenüber dem<br />
Vorjahr verloren, die wir im Wesentlichen kompensieren<br />
konnten, aber 5 % sind natürlich eine<br />
Hausnummer. Vergleicht man das mit anderen Verbundgruppen,<br />
die mit Schuhen, Mode oder Sport<br />
handeln, dann liegen die Rückgänge in mindestens<br />
ähnlicher Größenordnung. Zum anderen hat<br />
sich ein Kooperationspartner in Holland im Möbelbereich<br />
mit einem Umsatzvolumen von mehr als<br />
100 Mio. €. entschieden, das selbst zu machen.<br />
Ansonsten entwickelte sich die EK relativ stabil<br />
und durchaus positiv in den letzten drei Jahren.<br />
Der Corona-Effekt erklärt noch nicht ganz 2018<br />
oder 2019, Jahre, in denen die EK mit negativen<br />
Jahresergebnissen abschloss!<br />
F.-J.H.: Die Ergebnisse waren negativ, das stimmt.<br />
Aber wir haben uns Ende 2018 zu einer großen<br />
Strukturreform entschieden, die leider mit einem<br />
nicht unbedeutenden Stellenabbau verbunden<br />
war. Das kostete Geld in Form von Einmalzahlungen<br />
und Abfindungen, die wir bereits 2018 in<br />
den Rückstellungen berücksichtigt haben. Die außerordentlichen<br />
Aufwendungen in 2018 und 2019<br />
beliefen sich in einer Größenordnung von 8 Mio.<br />
€. Wir haben gleichzeitig aber deutlich gemacht,<br />
dass wir das Geld in kurzer Frist durch entsprechende<br />
Kosteneinsparungen wieder einspielen<br />
werden. Es war übrigens nicht nur ein Cost-Cutting-Programm,<br />
sondern wir haben die Bereiche<br />
dynamischer ausgerichtet, was sich jetzt als Glücksfall<br />
erwies. Nicht zufällig haben wir für 2020 ein<br />
deutlich positives Jahresergebnis ausgewiesen.<br />
Wird die Integration von Baby Plus die EK vor<br />
ähnliche Herausforderungen stellen wie seinerzeit<br />
die ARDEK und IGEKA?<br />
F.-J.H.: Zunächst einmal freuen wir uns darüber,<br />
dass wir die Baby Plus für ein Zusammengehen<br />
gewinnen konnten. Baby Plus hatte, gemessen<br />
an den Herausforderungen in diesem Markt, zu<br />
wenig kritische Masse. Der Unterschied zu der<br />
ARDEK-Fusion, die größere strukturelle Veränderungen<br />
bei der EK nach sich zog, ist, dass wir<br />
Baby Plus in bestehende Strukturen integrieren<br />
und die Händler das mit heute 40 Umsetzungen<br />
gut funktionierende HappyBaby-Konzept nutzen<br />
können. Das ist uns ein Stück weit schon gelungen.<br />
Auch das Lagergeschäft, worüber wir mit<br />
der Vedes gesprochen haben, wird zukünftig an<br />
einem Punkt koordiniert.<br />
Apropos, was ist eigentlich aus Ihrem „Paukenschlag“<br />
in England und Irland geworden?<br />
Hat Ihnen Boris Johnson den Wind aus den Segeln<br />
genommen?<br />
F.-J.H.: Boris Johnson macht eine Menge Wind<br />
und ich bin froh darüber, dass mir dieser nicht<br />
Überall dort, wo<br />
der stationär geprägte<br />
Fachhandel<br />
keinen Mehrwert<br />
gegenüber anderen<br />
Handelsstrukturen<br />
bieten kann, wird es<br />
schwierig werden.<br />
FRANZ-JOSEF HASEBRINK