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schwarzen Knopfaugen, er hieß Timmy. Gemäß ihrer
Aussage war er ein außergewöhnlich intelligenter
Hund. Jedenfalls gehorchte er ihr aufs Wort. Ich
mochte Renate nicht, ich fand sie zu schrill und arrogant.
Sie war stets stark geschminkt, hatte blondierte,
hochtoupierte Haare, ein schrilles, affektiertes
Lachen und war gerade neunzehn Jahre alt. Mit uns
Kindern gab sie sich nicht mehr als nötig ab, daran
hatte sie kein Interesse. Ich versuchte, immer wieder
mit Timmy zu spielen, aber der hatte nur Augen für
sein Frauchen. Ich durfte ihn auf keinen Fall am
Kopf anfassen, das hätte seine sorgfältig frisierte
Krone zerdrückt. Recht bald gab ich es auf mit ihm
spielen zu wollen. Das war nicht mein Hund.
Mitte Dezember war es dann soweit: Eines Abends
war meine Mutter da! Ich rannte sofort zu ihr und
umarmte sie, ich freute mich wie verrückt, sie hatte
mir doch sehr gefehlt. Weinend vor Freude lagen wir
uns in den Armen. Dann musste sie sich erstmal
rasch ausziehen. Sie hatte sich mehrere Kleidungsstücke
übereinandergezogen, da sie kein Gepäck dabei
haben durfte. In den ersten Monaten nach dem
Mauerbau war noch vieles provisorisch. Als West-
Berliner durfte man die Grenze mit einem Passierschein
überqueren. Diese Scheine waren einfache
Zettel und wurden von Hand ausgefüllt unter Vorlage
des Personalausweises. Mein Vater hatte eine Kopie
dieses Passierscheines angefertigt und sich den Ausweis
von Tante Martha ausgeliehen. Die beiden
hatten eine gewisse Ähnlichkeit. Mutter frisierte sich
die Haare wie sie und schminkte sich. So ausgerüstet
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