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spire AG, die als strategischer Partner der
Hochschule den Technologietransfer von
Forschungsergebnissen in praktische Anwendungen
begleitet. Im 2017 gestarteten
Projekt ethec sollte es darum gehen,
die Effizienz von E-Motorrädern über die
Rückgewinnung von Bremsenergie und
eine veränderte Konstruktion der Batterie
deutlich zu steigern. Zugleich musste das
Team aus Maschinenbau-Studierenden,
angehenden Elektroingenieuren und künftigen
Industriedesignern von der ETH Zürich,
der Fachhochschule Nordwestschweiz
und der Züricher Hochschule der
Künste entscheiden, welche Verfahren zur
Herstellung der benötigten Bauteile jeweils
am besten geeignet wären. Da es
zunächst um einen Prototyp ging, galt die
Aufmerksamkeit vor allem dem 3-D-
Druck.
Begrenzter Raum erschwert Batteriekühlung
Die Rekuperation, also die Rückgewinnung
von Bremsenergie, realisierten die
Schweizer Tüftler über den Einbau eines
Radnabenmotors ins Vorderrad der Maschine.
Deutlich schwieriger gestaltete
sich die Frage, wie der zusätzlich verfügbare
Strom am besten zur Steigerung der
Reichweite gespeichert werden könne.
Auf geringstem Raum eine hohe Energiedichte
zu schaffen, ist eine Sache. Die im
Batteriebetrieb entstehende Wärme auf
einem konstanten Niveau zu halten, gestaltet
sich am Motorrad hingegen
schwieriger als in einem größeren Fahrzeug.
Für die Lebensdauer des Akkus ist
optimales Temperaturmanagement jedoch
von entscheidender Bedeutung.
„Die Batteriekühlung von E-Fahrzeugen
erfolgt normalerweise mit einem
Kühlmittel, das durch einen Schlauch oder
ein Rohr an den Zellen vorbeifließt“, erklärt
Dr. Josef Mayr, Gruppenleiter Thermische
Simulation bei der inspire AG aus
Zürich und Koordinator des ETHEC-Projektes.
„Der Nachteil dieser Methode liegt
darin, dass lediglich Punkt- oder Linienberührungen
stattfinden und ein direkter
Kontakt mit den Zellen eigentlich gar nicht
erreicht wird.“ Mit Blick auf den knapp
bemessenen Raum in der Mitte des Motorradrahmens
kam damit letztlich nur ein
Konzept infrage: die komplette Einbettung
aller Batteriezellen in ein Bad aus Öl.
Als Vorbild diente dem ethec-Team das
Kühlsystem von Transformatoren in den
Umspannwerken der großen Stromnetze.
Das Silikonöl hat eine ähnlich gute dielektrische
Eigenschaft wie Luft, wodurch ein
Kurzschluss in der Batterie verhindert
wird, gleichzeitig ist die Wärmekapazität
aber um ein Vielfaches höher.
Sandform im 3-D-Druck als Einstieg
in die Serienfertigung
Lackiert und einsatzbereit: Die neuartige Konstruktion
zur Kühlung der Batteriezellen in Silikonöl
verlängert die Lebensdauer des Energiespeichers
und erhöht zugleich die Reichweite
des E-Motorrads ethec city.
Verteilt auf zwei Module, montierten die
ETH-Studierenden insgesamt 1260 Lithium-Ionen-Rundzellen
mit einer Gesamtleistung
von etwa 15 kWh. Auf Basis computergestützter
Strömungssimulationen
entstand dann die optimale Struktur des
Batteriegehäuses, das nicht nur absolut
dicht sein musste, sondern auch den perfekten
Kontakt zwischen den einzelnen
Zellen und dem Fluss aus Silikonöl sicherstellen
sollte. Ein Objekt von der Größe
des ethec-Batteriegehäuses überstieg
aber die Kapazitäten der verfügbaren Direkt
Metalllasersinter (DMLS)-Anlagen.
Und um den Studierenden, so Josef Mayr,
„die Richtung vom Prototyp zur Serie aufzuzeigen“,
fiel die Wahl auf das Metallgießen.
Konkret: Auf eine im 3-D-Druck angefertigte
Sandform als Vorlage für den
Abguss einer Aluminium-Kupfer-Legierung
– kurz Printed Casting.
Die vom ethec-Team bereitgestellten,
digitalen CAD-Daten des Batteriegehäuses
bildeten für den 3-D-Druckerhersteller
und On-Demand-Dienstleister voxeljet
die Basis zur Herstellung einer Sandgussform
im Binder Jetting-3-D-Druck. Dabei
werden abwechselnd eine wenige Mikrometer
dünne Schicht aus Quarzsand und
ein darauf gejettetes Bindemittel aufeinandergeschichtet,
bis die vorgegebene
Geometrie des späteren Bauteils mit
höchster Präzision abgebildet ist. Die Fertigstellung
des ETHEC-Batteriegehäuses
erfolgte schließlich in der Aluminiumgießerei
von Kupral Spa mit Sitz im italienischen
Brescia.
Eine vollumfängliche praktische Erprobung
des ethec-Prototyps steht derzeit
noch aus. Doch das von Studenten erdachte
Konzept eines energieeffizienten
E-Motorrads zeigt ein beeindruckendes
Potenzial: Die Höchstgeschwindigkeit soll
maximal 160 km/h betragen und dank
Rekuperation und dem neuartigen Batteriekonzept
könnte ethec city eine Reichweite
von rund 400 Kilometern erreichen.
Ob das Konzept auch potenzielle Käufer
überzeugt, bleibt für den Moment offen
– die Suche nach einem Partner für die
industrielle Serienfertigung von ethec city
dauert noch an.
Reinigung der fertig gedruckten Sandform. Das Negativ für den Abguss zeigt bereits die feinen
Rippen des Batteriegehäuses. Sie sorgen für eine gleichmäßige Abgabe der entstehenden
Wärme der 1260 Lithium-Ionen-Zellen an die Umgebungsluft.
Frederik von Saldern, voxeljet AG, Friedberg
www.voxeljet.com.
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