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gie_08_2021

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spire AG, die als strategischer Partner der

Hochschule den Technologietransfer von

Forschungsergebnissen in praktische Anwendungen

begleitet. Im 2017 gestarteten

Projekt ethec sollte es darum gehen,

die Effizienz von E-Motorrädern über die

Rückgewinnung von Bremsenergie und

eine veränderte Konstruktion der Batterie

deutlich zu steigern. Zugleich musste das

Team aus Maschinenbau-Studierenden,

angehenden Elektroingenieuren und künftigen

Industriedesignern von der ETH Zürich,

der Fachhochschule Nordwestschweiz

und der Züricher Hochschule der

Künste entscheiden, welche Verfahren zur

Herstellung der benötigten Bauteile jeweils

am besten geeignet wären. Da es

zunächst um einen Prototyp ging, galt die

Aufmerksamkeit vor allem dem 3-D-

Druck.

Begrenzter Raum erschwert Batteriekühlung

Die Rekuperation, also die Rückgewinnung

von Bremsenergie, realisierten die

Schweizer Tüftler über den Einbau eines

Radnabenmotors ins Vorderrad der Maschine.

Deutlich schwieriger gestaltete

sich die Frage, wie der zusätzlich verfügbare

Strom am besten zur Steigerung der

Reichweite gespeichert werden könne.

Auf geringstem Raum eine hohe Energiedichte

zu schaffen, ist eine Sache. Die im

Batteriebetrieb entstehende Wärme auf

einem konstanten Niveau zu halten, gestaltet

sich am Motorrad hingegen

schwieriger als in einem größeren Fahrzeug.

Für die Lebensdauer des Akkus ist

optimales Temperaturmanagement jedoch

von entscheidender Bedeutung.

„Die Batteriekühlung von E-Fahrzeugen

erfolgt normalerweise mit einem

Kühlmittel, das durch einen Schlauch oder

ein Rohr an den Zellen vorbeifließt“, erklärt

Dr. Josef Mayr, Gruppenleiter Thermische

Simulation bei der inspire AG aus

Zürich und Koordinator des ETHEC-Projektes.

„Der Nachteil dieser Methode liegt

darin, dass lediglich Punkt- oder Linienberührungen

stattfinden und ein direkter

Kontakt mit den Zellen eigentlich gar nicht

erreicht wird.“ Mit Blick auf den knapp

bemessenen Raum in der Mitte des Motorradrahmens

kam damit letztlich nur ein

Konzept infrage: die komplette Einbettung

aller Batteriezellen in ein Bad aus Öl.

Als Vorbild diente dem ethec-Team das

Kühlsystem von Transformatoren in den

Umspannwerken der großen Stromnetze.

Das Silikonöl hat eine ähnlich gute dielektrische

Eigenschaft wie Luft, wodurch ein

Kurzschluss in der Batterie verhindert

wird, gleichzeitig ist die Wärmekapazität

aber um ein Vielfaches höher.

Sandform im 3-D-Druck als Einstieg

in die Serienfertigung

Lackiert und einsatzbereit: Die neuartige Konstruktion

zur Kühlung der Batteriezellen in Silikonöl

verlängert die Lebensdauer des Energiespeichers

und erhöht zugleich die Reichweite

des E-Motorrads ethec city.

Verteilt auf zwei Module, montierten die

ETH-Studierenden insgesamt 1260 Lithium-Ionen-Rundzellen

mit einer Gesamtleistung

von etwa 15 kWh. Auf Basis computergestützter

Strömungssimulationen

entstand dann die optimale Struktur des

Batteriegehäuses, das nicht nur absolut

dicht sein musste, sondern auch den perfekten

Kontakt zwischen den einzelnen

Zellen und dem Fluss aus Silikonöl sicherstellen

sollte. Ein Objekt von der Größe

des ethec-Batteriegehäuses überstieg

aber die Kapazitäten der verfügbaren Direkt

Metalllasersinter (DMLS)-Anlagen.

Und um den Studierenden, so Josef Mayr,

„die Richtung vom Prototyp zur Serie aufzuzeigen“,

fiel die Wahl auf das Metallgießen.

Konkret: Auf eine im 3-D-Druck angefertigte

Sandform als Vorlage für den

Abguss einer Aluminium-Kupfer-Legierung

– kurz Printed Casting.

Die vom ethec-Team bereitgestellten,

digitalen CAD-Daten des Batteriegehäuses

bildeten für den 3-D-Druckerhersteller

und On-Demand-Dienstleister voxeljet

die Basis zur Herstellung einer Sandgussform

im Binder Jetting-3-D-Druck. Dabei

werden abwechselnd eine wenige Mikrometer

dünne Schicht aus Quarzsand und

ein darauf gejettetes Bindemittel aufeinandergeschichtet,

bis die vorgegebene

Geometrie des späteren Bauteils mit

höchster Präzision abgebildet ist. Die Fertigstellung

des ETHEC-Batteriegehäuses

erfolgte schließlich in der Aluminiumgießerei

von Kupral Spa mit Sitz im italienischen

Brescia.

Eine vollumfängliche praktische Erprobung

des ethec-Prototyps steht derzeit

noch aus. Doch das von Studenten erdachte

Konzept eines energieeffizienten

E-Motorrads zeigt ein beeindruckendes

Potenzial: Die Höchstgeschwindigkeit soll

maximal 160 km/h betragen und dank

Rekuperation und dem neuartigen Batteriekonzept

könnte ethec city eine Reichweite

von rund 400 Kilometern erreichen.

Ob das Konzept auch potenzielle Käufer

überzeugt, bleibt für den Moment offen

– die Suche nach einem Partner für die

industrielle Serienfertigung von ethec city

dauert noch an.

Reinigung der fertig gedruckten Sandform. Das Negativ für den Abguss zeigt bereits die feinen

Rippen des Batteriegehäuses. Sie sorgen für eine gleichmäßige Abgabe der entstehenden

Wärme der 1260 Lithium-Ionen-Zellen an die Umgebungsluft.

Frederik von Saldern, voxeljet AG, Friedberg

www.voxeljet.com.

GIESSEREI 108 08/2021 79

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