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Vieles aus Nettelstedt hat die Tochter der Lehrer Wilhelm und Frieda Korte aufgeschrieben
Hanna Wilde erlebte Dorfgeschichte hautnah
Wer auf der Suche ist nach Nettelstedter
Dorfgeschichte aus
erster Hand, der ist bei Hanna
Wilde (Foto) an äußerst profunder
Adresse. Unsere Redaktion
hat vor wenigen Tagen
die 94-Jährige in ihrem heutigen
Zuhause in Pr. Oldendorf-
Schröttinghausen aufgesucht,
um noch etwas zu erfahren
über ihr bereits im Frühjahr neu
aufgelegtes Büchlein "Dat lütje
Dorp" (Foto), das sie mit einem
sehr lesenswerten zusätzlichen
Text bereichert hat - über die
Anfänge von Kinderheim und
Freilichtspielen in Nettelstedt
in den 1920-er und 30-er Jahren
des vorigen Jahrhunderts.
Ins nagelneue Lehrerhaus
Wir gingen wieder fort mit
vielen weiteren interessanten
Eindrücken aus früheren Jahren
im Dorf, bei denen Hanna
Wilde mittendrin gewesen ist.
Unsere Gesprächspartnerin ist
eine Tochter der einstigen Nettelstedter
Lehrer Wilhelm und
Frieda Korte, "ich bin im Kinderheim
1927 geboren, weil
meine Eltern dort ehrenamtlich
Heimleiter waren". Noch im
Säuglingsalter stand ein Umzug
an, ins damals nagelneue
Lehrerhaus (heute Zur Riete 3),
dass die "III", also eine römische
Hausnummer bekam.
Seminar zur Stärkung der Selbstkompetenz am kommenden Freitag, 10. September
"Stell Dein Licht mal auf den Scheffel!"
„Stell dein Licht mal auf den
Scheffel!“ Unter diesem Motto
gibt es am Freitag, 10. September,
15 bis 19 Uhr, ein Seminar zur
Stärkung der Selbstkompetenz
im Berufsleben, im Ehrenamt,
aber auch im privaten Raum.
Das Seminar findet im "Alten
Die Gemeinschaft im großen
Haus, Korten wohnten im ersten
Obergeschoss, Meyer-Spelbrinks
im Erdgeschoss, sei "eine ganz
besondere" gewesen, man habe
sich "wie eine große Familie
gefühlt", was Bewohnerinnen
und Bewohner des 2. Obergeschosses
ebenso mit einbezogen
habe wie Evakuierte, die nach
1945 auch bei Korten in ihrem 1.
Stock mit einquartiert waren. An
Weihnachten habe man sich im
großen Hausflur getroffen und
alle hätten miteinander gesungen.
"Das bleibt mir unvergessen".
Dass das Äußere des Lehrerhauses
heutzutage mit dem
ursprünglichen Aussehen nicht
mehr viel gemein habe, "macht
mich schon etwas traurig". Es
habe einst von außen genauso
wie die 1927 gebaute Schule
ausgesehen, es war ein Backsteinornamentik-Bau.
Pädagoge Petersen
Wer über die Nettelstedter Schule
spreche, komme nicht am
Pädagogen Peter Petersen vorbei.
Für ihn habe Schule "längst
nicht mehr allein der Wissensvermittlung
dienen sollen. Vielmehr
sollte Schule auch als Lebensgemeinschaft
verstanden
werden". Gruppenarbeit statt
ausschließlich Frontalunterricht
sei Petersen auch wichtig gewesen.
Für die "Jenaplan-Reformpädagogik"
sei Nettelstedt bis
1933 sogar Modellschule gewesen.
Selbst neuartige Tische und
Stühle seien extra für dieses damals
neue Konzept angeschafft
worden.
Sich an Aktivitäten im ganzen
Ort zu beteiligen, darauf hätten
die Eltern immer bestanden. Und
so war auch "Korten Hanna" von
Kindesbeinen eingebunden ins
dörfliche Leben, besonders bei
den Freilichtspielen auf dem Hünenbrink.
Dass die Nettelstedter
Naturbühne nach einer Flaute
Anfang der 1960-ger und 70-er
Jahre sich wieder so sehr gefan-
Pferdestall", Schloss Hollwinkel,
Hollwinkel 2, in Pr. Oldendorf-
Hedem statt. Referentin ist Kirsten
Pecoraro (Foto)
Anmeldungen und weitere Informationen
bei den beiden
Gleichstellungsbeauftragten Sarah
Lutz (Lübbecke): Tel.: 05741 /
gen habe und längst von Neuem
zu einem erstklassigen Aushängeschild
des Dorfes geworden
sei und dies weit über die engere
Heimat hinaus, "erfüllt mich immer
wieder mit großer Freude".
Dabei erwähnt sie positiv - stellvertretend
für alle - den heutigen
Dorfgemeinschaftsvorsitzenden
Helmut Öwermann und
dessen gleichnamigen Vater, der
u.a. Ortsvorsteher gewesen ist.
Vater Wilhelm Korte, der überraschend
schon 1957 verstarb,
hätte es gern gesehen, wenn
die Tochter beruflich in seine
Fußstapfen getreten, ihrerseits
in den Schuldienst in Nettelstedt
eingetreten wäre. Hanna
Wilde lächelt: "Ich habe einen
Flugzeugbauer geheiratet und
bin mit ihm nach Hamburg gegangen.
Mein Schwiegervater
Gerhard Wilde war Pfarrer in
Espelkamp-Mittwald."
Der Kontakt zu Nettelstedt sei
nie abgebrochen. Ganz im Gegenteil.
In den "Neuen Nettelstedter
Blättern" hat Hanna
Wilde die Dorfgeschichte sehr
engagiert, äußerst gründlich
und vor allem fachlich fundiert
nacherzählt. Das Fachliche ist
kaum verwunderlich, denn unsere
Gesprächspartnerin ist studierte
Historikerin. Auch für die
"Mindener Mitteilungen" des
Mindener Geschichtsvereins hat
Hanna Wilde viele Artikel geschrieben
und über viele Jahre
im Lübbecker Land auch historische
Vorträge gehalten.
276-251 oder Andrea Kneller (Pr.
Oldendorf) Tel.: 05742/ 9311-38.
Laut der neuen Coronaschutzverordnung
ist das Seminar offen
für vollständig Geimpfte,
Genesene und Getestete (Negativer
Antigen-Schnelltest).
Auswanderungen
Die STADTGESPRÄCH-Interviewpartnerin
hat über viele verschiedene
Epochen geforscht
und Ereignisse sehr lesenswert
nacherzählt. So auch über die
Zeiten, bevor die Zigarrenindustrie
geradezu segensreich viele
Menschen in Nettelstedt und
Ungebung wieder in Lohn und
Brot brachte. In den Jahren von
etwa 1850 bis 1860 haben auch
zahlreiche Nettelstedter Familien
ihr Glück in Amerika gesucht
und oft auch gefunden. Auch
illegale Auswanderungen habe
es gegeben. Das nahe Frotheim
sei Grenzdorf ins Land Hannover
gewesen. Durchs große Dorfmoor
hindurch, schon bald hatte
man Preußen verlassen. Doch die
Illegalen seien steckbrieflich gesucht
worden, so dass in Bremen
neue Gefahr drohte, entdeckt zu
werden.
Das Netzwerken
In den "Neuen Nettelsteder Blättern,
Nr. 13", erschienen im Mai
1990, ist Hanna Wilde besonders
auf dieses Thema eingegangen.
Ein Schwerpunkt darin bildet
die Abhandlung über die "Nettelstedter
Kolonie in Burlington
/ Iowa". Familien aus Nettelstedt
kamen u.a. auch in Nord-Dakota
und Oregon, in Sauk-City (Wisconsin)
und im Staate New York
unter. Ohne das Netzwerken
komme man nicht aus, freut sich
unserer Gesprächspartnerin über
die Zusammenarbeit - gerade
beim Thema Auswanderungen
- mit Dr. Heinz-Ulrich Kammeier.
Gleiches gelte auch für den langjährigen
Nettelstedter Ortsheimatpfleger
Wilhelm Siebeking,
der im Januar verstorben ist.
Die Beschäftigung mit Geschichte
ist ein Hobby geblieben,
aber - wie erwähnt - mit dem
Blick darauf als studierte Historikerin.
In Hamburg hat Hanna
Wilde anfangs auch als Lehrerin
gearbeitet, dann sich bald
damit beschäftigt, Lehrerinnen
und Lehrer für die Erziehung an
Gymnasien auszubilden.
Erst vor zwei Jahren ist Hanna
Wilde aus Hamburg ins Lübbecker
Land zurückgekehrt. Bei
Verwandten in Schröttinghausen
ist sie - mit eigenem Wohnbereich
- untergekommen. "Ich
fühle mich gut und werde bestens
versorgt", lächelt die alte
Nettelstedterin.
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