stahl + eisen 08/2021 (Leseprobe)
TITELTHEMA STAHL VOR DER WAHL // WEITERE THEMEN: u.a. Direktreduktion rund um den Globus, Wie IoT-Plattformen die grüne Transformation im Stahlmarkt erleichtern, Klimaschutz in China: Nicht um jeden Preis, aus Wissenschaft + Technik: Verzinkung und neue Stähle, Style + Story: 190 Jahre Schwarzenberggebläse
TITELTHEMA STAHL VOR DER WAHL // WEITERE THEMEN: u.a. Direktreduktion rund um den Globus, Wie IoT-Plattformen die grüne Transformation im Stahlmarkt erleichtern, Klimaschutz in China: Nicht um jeden Preis, aus Wissenschaft + Technik: Verzinkung und neue Stähle, Style + Story: 190 Jahre Schwarzenberggebläse
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WISSENSCHAFT<br />
TECHNIK<br />
Automotive<br />
AUTOREN: Thomas Schulz, Thorsten<br />
Müller, MET/Con.<br />
thorsten.mueller@sms-group.com<br />
DARUM GEHT’S: Die Bandverzinkung<br />
hat ihre Wurzeln in Polen und<br />
blickt mittlerweile auf eine 90-jährige<br />
Historie zurück. Seit der Grundgüte<br />
aus den beginnenden 1960er<br />
Jahren gab es eine stetige Entwicklung,<br />
die seit der aktuellen Supertiefziehgüte<br />
(DX57D) aus dem Jahre<br />
2004 aber eingeschlafen scheint, wie<br />
die Autoren zeigen. Technische,<br />
aber auch umweltpolitische Aspekte<br />
können aber zu einer Wiederbelebung<br />
führen.<br />
Im Jahr 1931 wurde durch den polnischen<br />
Ingenieur und Erfinder Tadeusz<br />
Sendzimir die erste Anlage<br />
zur Bandverzinkung in Polen gebaut.<br />
Dieser und einer zweiten Anlage in<br />
Polen folgten zeitgleich Anlagen in<br />
Frankreich, Großbritannien und den<br />
USA. 1952 wurde durch Ostrilion in<br />
Buenos Aires (Argentinien) die erste<br />
kontinuierliche Bandverzinkungsanlage<br />
errichtet. Im Verlaufe der 1950er<br />
Jahre folgten sechs weitere kontinuierliche<br />
Bandverzinkungsanlagen. Später<br />
wurden diese auch als Schmelztauchveredlungsanlagen<br />
bezeichnet, die auf<br />
dem Sendzimirverfahren basieren.<br />
Ausgangspunkt für diese technische<br />
Entwicklung war der zunehmende Bedarf<br />
an Stählen mit einem Korrosionsschutz<br />
im Bereich der Bauindustrie<br />
und bei den Profilierern. In Deutschland<br />
wurde erstmalig 1959 eine kontinuierliche<br />
Breitband-Schmelztauchverzinkung<br />
bei der damaligen August-Thyssen-Hütte<br />
AG in Duisburg in Betrieb<br />
genommen.<br />
Vorteile durch<br />
Bandverzinkung<br />
Durch den Übergang von der Stückverzinkung<br />
zur Bandverzinkung ergaben<br />
sich eine Vielzahl von technischen und<br />
ökonomischen Vorteilen. Die Qualität<br />
des oberflächenveredelten Feinblechs<br />
konnte entscheidend verbessert werden.<br />
Dieser vor Korrosion geschützte Stahl<br />
eignete sich jetzt auch für schwierige<br />
Umformvorgänge, wie Streckziehen<br />
und Tiefziehen. Der automobile Einsatz<br />
entwickelte sich zunehmend, da die<br />
„vollverzinkte“ Karosserie im Fokus der<br />
Automobilindustrie stand. Der Motor<br />
dabei war der Autohersteller Porsche.<br />
Anlagenspezifische Übersicht über<br />
die Anzahl von in Betrieb genommenen<br />
Anlagen<br />
Zwischen 2000 und 2009 wurde bislang einmal die Anzahl von 300<br />
hochgefahrenen Anlagen überschritten<br />
Abb. 1: Die Übersicht differenziert nach kontinuierlichen Schmelztauchveredelungsanlagen<br />
(CGL), kontinuierlichen Durchlaufglühanlagen (CAL), kontinuierlichen<br />
elektrolytischen Verzinkungsanlagen (ECL) sowie diskontinuierlichen Haubenglühanlagen<br />
(BAF). [1]<br />
Abb. 1 zeigt auf Grundlage der ehemaligen<br />
VDEh Plantfacts die Anzahl der in<br />
Betrieb genommenen Anlagen, Die Dominanz<br />
der Schmelztauchveredlungsanlagen<br />
ist sehr deutlich zu erkennen.<br />
Abb. 2 zeigt, basierend auf die ehemaligen<br />
VDEh Plantfacts [1] , eine anlagenspezifische<br />
Übersicht über die Jahreskapazitäten<br />
von in Betrieb genommenen<br />
Anlagen nach den Jahrzehnten<br />
betrachtet.<br />
Neue Motivation durch<br />
Umweltbewusstsein?<br />
Zwischen der Grundgüte aus den beginnenden<br />
1960er Jahren und der aktuellen<br />
Supertiefziehgüte (DX57D) aus dem<br />
Jahre 2004 gab es eine stetige Entwicklung,<br />
die in den letzten 17 Jahren jedoch<br />
zum Erliegen kam. Der DC07 (nicht<br />
schmelztauchveredelte Supertiefziehgüte)<br />
betrat erst im Februar 2007 die normative<br />
Bühne. Die Gründe für eine mangelnde<br />
Motivation zur Weiterentwicklung<br />
dieser Stahlfamilie liegen zum<br />
einen im Erreichen der technischen<br />
Möglichkeiten bei der Stahlherstellung<br />
entlang der gesamten Prozesskette, zum<br />
anderen an der geringen Bereitschaft<br />
der Stahlanwender, die mit einer Weiterentwicklung<br />
verbundenen höheren<br />
Kosten (Gütepreisaufschlag) zahlen zu<br />
wollen.<br />
Der notwendige Wandel im Umweltbewusstsein<br />
und der damit verbundenen<br />
Gewichtsreduzierung der Fahrzeuge,<br />
zur deutlichen Reduzierung des<br />
CO 2 -Ausstoßes, könnte mit den modernen<br />
Schmelztauchveredelungsanlagen<br />
der Motivator für einen Neustart in<br />
Richtung einer Ultratiefziehgüte<br />
(DX58D) und Extremtiefziehgüte<br />
(DX59D) sein. Die zur Beschreibung der<br />
Stahlgruppe verwendeten mechanischen<br />
Basiskennwerte, wie Streck-/<br />
Dehngrenze, Zugfestigkeit, Bruchdehnung,<br />
Verfestigungsexponent und senkrechte<br />
Anisotropie, werden unter anderem<br />
durch die Wärmebehandlung in der<br />
Schmelztauchveredelungsanlage variiert.<br />
Der dafür maßgeblich beeinflussende<br />
Glühzyklus ist eine Temperatur-Zeit-<br />
Funktion.<br />
In Abb. 3 sind drei Generationen von<br />
kontinuierlichen Durchlaufglühanlagen<br />
mit und ohne Schmelztauchveredelung<br />
und deren Glühzyklen schematisch dargestellt.<br />
Es verdeutlicht, dass das Feinblech<br />
in den modernen Anlagen ein<br />
Vielfaches mehr Zeit zum Verweilen<br />
Quellen: MET/Con<br />
44 August <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de