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40-2021 Aktuell Obwalden

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Journalisten imJahr 1969 entdeckt, als sie<br />

alteAusgaben des «Obwaldner Volksfreund»<br />

durchstöberten –aus jener Zeit, in der Ludwig<br />

von Moos als Redaktor wirkte. Sie publizierten<br />

ihre Vorwürfe inder (ebenfalls nicht<br />

unumstrittenen) Zeitschrift «Neutralität» und<br />

forderten den Rücktritt von Bundesrat von<br />

Moos. Worum ging es?<br />

«Amlaufenden Band» einbürgern?<br />

Dass der «Volksfreund» nicht zu den liberalen<br />

Blättern gehörte, steht ausser Frage.<br />

Die Zeitung triefte vor Konservativismus.<br />

Doch antisemitisch und rechtsradikal? Als<br />

Beispiel herangezogen wurde etwa die<br />

Ausgabe vom 29. Februar 1936. Ludwig<br />

von Moos war damals seit einem halben<br />

Jahr Redaktor. Unter der Überschrift «Pfui»<br />

listete der «Volksfreund» hier die jüdischen<br />

Namen von Menschen auf, die in der Stadt<br />

Zürich eingebürgert werden sollten (Bild<br />

oben). Und schrieb dazu: «Muss man sich<br />

wundern, wenn das schweizerisch empfindende<br />

Volk geradezu von Wut erfasst wird,<br />

wenn essieht, wie ein Ostjude amandern,<br />

sozusagen am laufenden Band in unser<br />

Bürgerrecht schlüpft, während Leute mit<br />

altbewährten ehrsamen Schweizernamen<br />

stempeln oder auswandern müssen.»<br />

Keine Frage: Aus heutiger Sicht ist ein<br />

solcher «Meinungsbeitrag» –übrigens ohne<br />

Kennzeichnung eines Autors –schlicht skandalös.<br />

Allerdings darf man nicht vergessen,<br />

dass dieser Beitrag einige Jahre vor dem<br />

Holocaust publiziert wurde, in einer Zeit notabene,<br />

in der Ressentiments gegen Juden<br />

bzw. deren Zuwanderung inrechtsbürgerlichen<br />

Kreisen keine Seltenheit –umnicht zu<br />

sagen: salonfähig –waren. Und man muss<br />

dem «Volksfreund» zugestehen, dass er sich<br />

wiederholt gegen Rassenhass aussprach.<br />

Ein Beispiel dafür findet sich sogar in derselben<br />

Ausgabe wieder «Pfui-Artikel». In einem<br />

längeren Artikel überDeutschlandzeigte sich<br />

der «Volksfreund» unmissverständlich angewidert<br />

von einer höchst judenfeindlichen<br />

Aussage eines NSDAP-Politikers. Jene, die<br />

dem «Volksfreund» und damit Ludwig von<br />

Moos Antisemitismus vorwarfen, hätten sich<br />

fairerweise etwas eingehender mit der damaligen<br />

Berichterstattung der Zeitung auseinandersetzen<br />

sollen, statt einzelne Negativbeispiele<br />

herauszupicken.<br />

Dies war denn auch der Grundtenor in<br />

der konservativen Tagespresse, als Ludwig<br />

von Moos 1969 plötzlich mit Rücktrittsforderungen<br />

konfrontiert war. Die «Ausgrabung<br />

angeblicher antisemitischer Sünden» sei «widerlich<br />

und sektiererisch», schrieb etwa die<br />

Zeitung «Die Tat». Auch andere Kommentatoren<br />

sahen darin einen «billigen Racheakt».<br />

Doch Rache wofür? Heftige Kritik von links<br />

an die Adresse von Ludwig von Moos hatte<br />

es wenige Wochen zuvorgegeben, und zwar<br />

an dem unter seiner Regie erschienenen Zivilverteidigungsbuch,<br />

das Ende September<br />

1969 an alle Haushalte ging. Es war ein Ratgeber<br />

für die Geistige Landesverteidigung im<br />

Kalten Krieg –und sorgte in den Kreisen der<br />

linken 68er-Bewegung fürhochrote Köpfe.<br />

Historiker –und Schwiegersohn<br />

Die Debatte schwelte auch lange nach dem<br />

Tod von Ludwig von Moos weiter. 2012 publizierte<br />

der Historiker und ehemalige Obwaldner<br />

Staatsarchivar Angelo Garovieinen<br />

längeren Artikel in der Schweizerischen

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