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Kunstbulletin November 2021

Unsere November Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Martina Morger, Gebana Swiss Collection, Claudia & Julia Müller, Christian Marclay, uvm.

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Vanessa Billy — We Become<br />

Vanessa Billy setzt sich in ihren Arbeiten mit Fragen der Ökologie<br />

auseinander, mit Energiekreisläufen und den Auswirkungen<br />

menschlichen Handelns. Mit ihren klugen Arbeiten ist sie<br />

international erfolgreich. Das Kunsthaus Pasquart präsentiert<br />

die Künstlerin in einer grossen Einzelschau.<br />

Biel — Die Ausstellung beginnt bereits im Aussenraum und im Foyer, mit ‹Claws (Spider)›,<br />

<strong>2021</strong>: drei Mehrschalengreifer, wuchtige Eisenklauen, wie man sie von Schrottplätzen<br />

kennt. Der Titel rückt die Readymades in die Nähe des Animalischen. Die<br />

Assoziation «Schrottplatz» spielt darauf an, wie der Mensch die Umwelt verwertet<br />

und entwertet. Gedanken, die mitten hinein führen in das Universum von Vanessa<br />

Billy (*1978, Genf), das sich im zweiten Obergeschoss des Kunsthauses Pasquart<br />

entfaltet. In der 25 Meter langen Tischvitrine im Korridor hat die Künstlerin einen<br />

Sandstrand auf Augenhöhe installiert: ‹Desert Beach›, 2012–<strong>2021</strong>. Es ist nicht die Art<br />

von blassgoldenem Sehnsuchtsstrand, wie man ihn aus Reiseprospekten kennt. Der<br />

Sand ist dunkel, etwas grobkörnig und wirkt dadurch relativ natürlich – soweit ein<br />

Strand in einer Tischvitrine natürlich wirken kann. Auf dem Sand, zum Teil auch halb<br />

im Sand verborgen, liegen seltsame kleine Objekte: Finger, Garnelen, so rosarot, als<br />

wären sie gekocht, transparente Strukturen, die an leere Garnelenhülsen erinnern.<br />

Einige Objekte wirken ziemlich echt, andere sind aufgrund ihrer Materialität (z.B.<br />

Bronze oder Kaugummi) leicht als Artefakte erkennbar. Oder vielleicht doch nicht?<br />

Vanessa Billy spielt in dieser Arbeit mit der grossen menschlichen Bereitschaft, sich<br />

täuschen zu lassen und im Grenzgebiet zwischen Natürlichem und Künstlichem<br />

schnell die Orientierung zu verlieren.<br />

Die Strand-Installation bildet gewissermassen das Rückgrat der Ausstellung ‹We<br />

Become›. Eine Ausstellung, die zeigt, wie intensiv sich Vanessa Billy mit dem Themenkomplex<br />

Mensch und Umwelt befasst und wie sie dabei von ihren Erfahrungen im<br />

Umgang mit unterschiedlichen Materialien profitiert. Schweres Gerät wie die Mehrschalengreifer<br />

im Eingangsbereich setzt sie ebenso souverän ein wie zarte Vogelfedern<br />

oder Glas. Auf rosigen Inseln aus Kalziumkarbonat – dem Hauptbestandteil<br />

der Schalen von Meerestieren, Schnecken und Korallen – präsentiert Billy die miteinander<br />

korrespondierenden Glasarbeiten ‹Bones›, 2018, und ‹No Bones›, 2018. Die<br />

‹Bones› sind ein Haufen kleiner Glasobjekte, die an Knochen erinnern, an kümmerliche<br />

Überreste von etwas, das einmal ein Wirbeltier gewesen sein könnte (oder sogar<br />

ein Mensch). Die ‹No Bones› sind zarte Objekte, deren sanft bizarre Formen an<br />

wirbellose Tiere denken lassen. Die Doppelarbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie<br />

wir verschiedene Lebensformen bewerten und ob Wirbeltiere ihren Platz weit oben in<br />

unserer Wertschätzung tatsächlich verdient haben, also:ob sie besser oder wichtiger<br />

sind als Wirbellose.<br />

76 <strong>Kunstbulletin</strong> 11/<strong>2021</strong>

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