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Nächstenliebe - SIFAT Heft 3/2021 - Leseprobe

Als wir im Frühjahr dieses Jahres überlegten, welches Thema wichtig für ein neues Heft sein könnte, haben wir mit dem Blick auf den Prozess einer zunehmenden Polarisierung in unserer Gesellschaft entschieden, dass es lohnend ist, sich mit dem Grundwert sozialen Miteinanders zu beschäftigen – der Nächstenliebe. Und so verweist bereits das Titelbild auf eine Jahrtausende alte Tradition, die mit dem Buddha des Mitgefühls verbunden ist. Das Heft beginnt – anders als gewohnt – diesmal nicht mit einem Text von Hazrat Inayat Khan, sondern mit einem Blick auf Nächstenliebe als einem Fundament menschlichen Zusammenlebens und damit als einem universellen Wert. So mag es auch nicht verwundern, wenn die Beiträge sowohl aus verschiedenen Traditionen als auch unterschiedlichen Lebensbereichen gewählt wurden. Den universellen Blick schärft der Text von Hazrat Inayat Khan, während Pir Zia Inayat-Khan sowie Taj Inayat beschreiben, was es heißt, Nächstenliebe zu praktizieren. Die weiteren Texte bieten eine Fülle von unterschiedlichen Aspekten an: So erinnert der Text von Thich Nhat Hanh daran, dass es auch dann, wenn wir anderen Menschen gegenüber schwere Verfehlungen begangen haben, möglich ist, diese Vergangenheit loszulassen und ganz bewusst Gutes für andere zu tun. Sarida Brown zeigt mit den Erzählungen aus ihrem Leben auf, was es heißt zu dienen und wie wirksam die göttliche Führung durch einen Menschen hindurch in Erscheinung treten kann, wenn man sich dafür öffnet.

Als wir im Frühjahr dieses Jahres überlegten, welches Thema wichtig für ein neues Heft sein könnte, haben wir mit dem Blick auf den Prozess einer zunehmenden Polarisierung in unserer Gesellschaft entschieden, dass es lohnend ist, sich mit dem Grundwert sozialen Miteinanders zu beschäftigen – der Nächstenliebe. Und so verweist bereits das Titelbild auf eine Jahrtausende alte Tradition, die mit dem Buddha des Mitgefühls verbunden ist. Das Heft beginnt – anders als gewohnt – diesmal nicht mit einem Text von Hazrat Inayat Khan, sondern mit einem Blick auf Nächstenliebe als einem Fundament menschlichen Zusammenlebens und damit als einem universellen Wert. So mag es auch nicht verwundern, wenn die Beiträge sowohl aus verschiedenen Traditionen als auch unterschiedlichen Lebensbereichen gewählt wurden. Den universellen Blick schärft der Text von Hazrat Inayat Khan, während Pir Zia Inayat-Khan sowie Taj Inayat beschreiben, was es heißt, Nächstenliebe zu praktizieren. Die weiteren Texte bieten eine Fülle von unterschiedlichen Aspekten an: So erinnert der Text von Thich Nhat Hanh daran, dass es auch dann, wenn wir anderen Menschen gegenüber schwere Verfehlungen begangen haben, möglich ist, diese Vergangenheit loszulassen und ganz bewusst Gutes für andere zu tun. Sarida Brown zeigt mit den Erzählungen aus ihrem Leben auf, was es heißt zu dienen und wie wirksam die göttliche Führung durch einen Menschen hindurch in Erscheinung treten kann, wenn man sich dafür öffnet.

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Michael Nüssen: <strong>Nächstenliebe</strong> und Feindesliebe sind zeitlose und universelle Werte<br />

Zorn, Trauer, Furcht, Liebe, Hass und Begehren: diese sieben Dinge kennt jeder,<br />

ohne sie gelernt zu haben. Was sind die Pflichten der Menschen? Dass der Vater<br />

mild ist und der Sohn ehrfürchtig, der ältere Bruder freundlich und der jüngere<br />

fügsam, der Gatte gerecht und die Gattin gehorsam, das Alter gütig und die Jugend<br />

folgsam, der Herrscher liebevoll und der Diener gewissenhaft: diese zehn Dinge sind<br />

die Pflichten der Menschen. Zuversicht verbreiten und Frieden stiften, das ist gut<br />

für den Menschen. Streiten, rauben und töten: das sind die Leiden der Menschen.<br />

Womit der Berufene die sieben Gefühle der Menschen ordnet, sie zu ihren zehn<br />

Pflichten ausbildet; Zuversicht verbreitet und Frieden stiftet, Freundlichkeit und<br />

Duldsamkeit fördert, Streit und Raub beseitigt, was anderes ist das Mittel, zu dem<br />

allem als die Sitte?“<br />

Der Nahe Osten<br />

Zoroaster / Mazda-Anbeter<br />

Wir dürfen annehmen, dass Zarathustra eine historische Figur war, die vielleicht<br />

etwa um 1000 v. u. Z. gelebt hat. Er gilt als der Verfasser uralter religiöser Gesänge,<br />

der Gathas, die zunächst Jahrhunderte lang mündlich überliefert wurden, bevor<br />

man sie – wahrscheinlich in sassanidischer Zeit (224-651 n. Chr.) vermutlich im<br />

4. Jahrhundert n. u. Z. – zusammen mit anderen, jüngeren Texten, unter anderen<br />

den Jasnas (liturgischen Texten), aufgezeichnet hat. Das Ergebnis war die ‚Awesta‘<br />

genannte Sammlung von heiligen Schriften der Zoroastrier.<br />

Die Ethik der Zoroastrier wird in den drei Grundforderungen „Gut denken,<br />

gut sprechen, gut handeln“ zusammengefasst. Ein ursprüngliches Glaubensbekenntnis<br />

der Zoroastrier enthält die Jasna 12:<br />

„Ich verschmähe ein Dev-Anbeter zu sein, ich bekenne mich als Mazda-Anbeter, als<br />

Zarathushtrier. […] Den Hausbewohnern gönne ich freien Wandel, freies Wohnen<br />

(und) den Haustieren, mit denen sie auf Erden wohnen. Mit schuldiger Ehrfurcht<br />

gelobe ich bei geweihtem (Wasser) dem Asha dieses: Nicht will ich fortab Plünderung<br />

noch Verwüstung in Dörfern der Mazda Gläubigen begehen, noch das Begehren<br />

nach Leib und Leben. […] Ich bekenne mich als Mazda-Anbeter, als Zarathushtrier,<br />

mit Gelöbnis und Bekenntnis. Ich gelobe gutgedachtes Denken, ich gelobe gutgesprochenes<br />

Wort, ich gelobe gutgetane Werke. Ich gelobe die Religion der Mazda-<br />

Anbeter, die (den Säbel) abschnallt und die Waffen niederlegt und die Sippenehe<br />

will, die von den gegenwärtigen und zukünftigen die höchste, beste und schönste<br />

ist, die Ahura-Gläubige, Zarathushtrische. Dem Weisen Herren verspreche ich alles<br />

Gute. Dies ist das Gelöbnis der Religion der Mazda-Anbeter.“<br />

(Jasna 12, 1,3, 8+9)<br />

10 <strong>SIFAT</strong> 3 | <strong>2021</strong> – <strong>Nächstenliebe</strong>

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