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Rallye Dakar<br />
Ich erinnere mich an den ersten Tag. Ich<br />
war so überfordert, dass ich Seth einfach<br />
gesagt habe, er soll den Spuren der vor<br />
uns Gestarteten folgen. Aber am Ende<br />
haben wir das gut gemeistert.<br />
Moment mal: Gerade hast du gesagt,<br />
der Beifahrer ist der Chef im Auto.<br />
Und wenn der Chef keine Ahnung hat?<br />
Seth hatte ja auch keine Ahnung, darum<br />
ist das nicht aufgefallen (grinst). Wir sind<br />
gemeinsam gewachsen und haben uns gut<br />
reingearbeitet. Bis zu unserem Getriebeschaden<br />
lagen wir solide in den Top drei<br />
– der gerade erst 18 Jahre alt gewordene<br />
US-Boy und das Beifahrer-Greenhorn.<br />
Musstest du eigentlich schlucken,<br />
als sich herausgestellt hat, dass Seth<br />
Quintero dein Fahrer ist? Ein offensichtlich<br />
völlig durchgeknallter Teenager,<br />
und du neben ihm?<br />
Ich bin schon neben dem 13 Jahre alten<br />
Fabio Schwarz im R5-Rallye-Auto gefahren.<br />
Ich habe immer viel mit Jungen<br />
gearbeitet. Ich bin zwar mittlerweile<br />
31 Jahre alt, fühle mich aber wie Anfang<br />
20. Ich sehe den Altersunterschied nicht<br />
so dramatisch. Junge Leute lernen rasch<br />
und setzen es direkt um. Insofern musste<br />
ich nicht lang überlegen, als das Angebot<br />
mit Seth kam. Er ist schnell, wahnsinnig<br />
talentiert und die große Hoffnung in den<br />
Staaten. Insofern ist es eine Ehre, mit<br />
ihm arbeiten zu dürfen.<br />
Wie ist er außerhalb des Autos?<br />
Er albert ständig rum und kann keine<br />
Sekunde stillsitzen.<br />
Wie zur Bestätigung Jubel im Hintergrund:<br />
Seth hat es geschafft, eine volle<br />
Wasserflasche so auf einen Balken in der<br />
Halle zu werfen, dass sie oben stehen<br />
bleibt. Im Stil eines Football-Spielers,<br />
der einen Touchdown geschafft hat, lässt<br />
er sich von imaginären Massen feiern.<br />
Genau so ist er. Genau so. Ein verrückter<br />
Hund. Lässt sich nicht verbiegen. Ein<br />
super Typ durch und durch.<br />
Hast du keine Angst am Beifahrersitz?<br />
Nein, gar nicht. Bei Rallye Raids in<br />
der Wüste fühle ich mich sehr sicher.<br />
Bei normalen Rallyes fahren wir mit<br />
180 km/h auf Asphalt oder Schotter<br />
zwischen Bäumen. Das halte ich für<br />
deutlich gefährlicher.<br />
„In der Wüste fühle<br />
ich mich sicher.<br />
180 km/h zwischen<br />
Bäumen sind deutlich<br />
gefährlicher.“<br />
Der Mann mit dem Plan: Dennis ist<br />
schon sein halbes Leben lang Beifahrer.<br />
Gerade bei der Dakar sind es aber<br />
doch oft Beifahrer, die sich verletzen<br />
– wie zum Beispiel Daniel Elena<br />
am heißen Sitz der Rallye-Legende<br />
Sébastien Loeb.<br />
Wir Beifahrer sind in der Wüste so mit<br />
unseren Instrumenten beschäftigt, dass<br />
wir viele Gefahrenmomente gar nicht<br />
erkennen und den Körper im Ernstfall<br />
nicht auf den Einschlag vorbereiten können.<br />
Das ist in der Tat ein Problem. Wir<br />
Beifahrer sind die potenziellen Schwachstellen.<br />
Aber jeder, der ins Auto steigt,<br />
weiß und akzeptiert das.<br />
Warum machst du das?<br />
Jeden Tag sterben mehr Menschen im<br />
Bett als im Auto. Und trotzdem legen wir<br />
uns jeden Tag wieder in die Kiste.<br />
Neben der reinen Navigation sollst du<br />
also auch noch Psychologe sein und<br />
den Fahrer kontrollieren. Das stelle<br />
ich mir anstrengend vor.<br />
Tatsächlich kontrollieren muss ich Seth<br />
selten. In der Praxis ist es eher so, dass<br />
ich nach vier, fünf Stunden im Auto bemerke,<br />
dass sich Routine einschleicht,<br />
MARCIN KIN/RED BULLL CONTENT POOL<br />
64 THE RED BULLETIN