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ZOOM<br />

17<br />

Im Gespräch mit Jürgen K. Enninger<br />

Referent für Kultur, Welterbe und Sport<br />

Herr Enninger, wir sitzen hier im City Club<br />

am Königsplatz. Sie haben diese Location für<br />

das Interview vorgeschlagen. Warum?<br />

Grund dafür ist, dass die Clubszene als Teil des<br />

öffentlichen Lebens - aber auch die freien Theater<br />

- nach wie vor ganz stark unter Corona leiden<br />

und die aktuelle Situation zu einem faktischen<br />

Lockdown für diese Betriebe geführt hat. Der City<br />

Club ist die Bühne für das Theter-Ensemble, auch<br />

die Bluespots Productions haben zuletzt ihren<br />

Woyzeck hier gespielt. Deswegen steht der Ort<br />

stellvertretend für diese Augsburger Kultureinrichtungen,<br />

weil sie ein besonderes Augenmerk<br />

verdient haben.<br />

Die freie Augsburger Theaterszene war trotz<br />

Pandemie und Lockdown extrem kreativ.<br />

Allerdings, es war deutlich spürbar, dass<br />

unglaublich viele Aktivitäten auf den verschiedensten<br />

Ebenen passiert sind und man sich viele<br />

Gedanken über Digitalisierung gemacht hat. Das<br />

Thema digitale Bühnen hat in Augsburg auch<br />

mit der Unterstützung des Kulturamts schon sehr<br />

frühzeitig eine große Relevanz bekommen und ist<br />

schneller gestartet als woanders. Dennoch ist es so<br />

wichtig, die Bühnen irgendwann wieder öffnen zu<br />

können.<br />

Gerade auch unser Staatstheater war bei der<br />

Digitalisierung ein bundesweiter Vorreiter. Wo<br />

sehen Sie den Unterschied in den pandemischen<br />

Auswirkungen zur freien Theaterszene?<br />

Einerseits ist die sogenannte Hochkultur<br />

natürlich finanziell mit festen Budgets ausgestattet,<br />

andererseits hat man hier auch wegen der<br />

Platzkapazitäten, Stichwort 25 Prozent, ganz andere<br />

Voraussetzungen. Ich will das aber gar nicht schönreden,<br />

auch die Situation des Staatstheaters birgt<br />

unglaublich viele logistische Herausforderungen,<br />

aber man kann auf dieser Basis zumindest spielen.<br />

Die freie <strong>Szene</strong> ist überwiegend privatwirtschaftlich<br />

organisiert, gehört zum Teil auch zur Kulturwirtschaft<br />

und hat daher ganz andere Herausforderungen.<br />

Schon alleine wegen der Größe der jeweiligen<br />

Spielorte ist es sehr schwer, den Break-Even-Point<br />

zu erreichen und es lohnt sich schlichtweg nicht<br />

mehr, die Theater zu öffnen.<br />

Inwieweit konnte das Kulturreferat hier<br />

unterstützen?<br />

Es war schnell offensichtlich, dass gerade die<br />

freie <strong>Szene</strong> mit ihren vielen Problemen auf sich<br />

gestellt war und deswegen war es uns wichtig, die<br />

Förderprogramme sehr frühzeitig und regelmäßig<br />

zu kommunizieren. Dafür haben wir runde Tische<br />

einberufen, um die Kommunikation voranzutreiben<br />

und alle Beteiligten auf dem gleichen Informationsstand<br />

zu halten. Dadurch hat jeder eine<br />

gute Grundlage, um eine eigene Öffnungs- oder<br />

Schließungsentscheidung treffen zu können, aber<br />

auch um zu schauen, wo es noch Geld gibt.<br />

Claudia Roth ist nicht nur Augsburger Bundestagsabgeordnete,<br />

sondern jetzt auch Staatsministerin<br />

und Bundesbeauftragte für Kultur<br />

und Medien (BKM) im neuen Kabinett. Wie<br />

sehr freut Sie das?<br />

Dass eine Augsburgerin BKM ist, freut mich<br />

natürlich sehr und dass es gerade Claudia Roth ist,<br />

freut mich umso mehr. Sie steht für eine Stärkung<br />

der freien <strong>Szene</strong> und der Popkultur, für ein klares<br />

Bekenntnis zur Vielfalt der Kultur in Deutschland<br />

und ist damit auch eine Fürsprecherin einer Stärkung<br />

des föderalistischen Ansatzes in der Kultur.<br />

Schauen Sie als städtischer Kulturreferent<br />

jetzt noch genauer nach Berlin, um zu sehen,<br />

was Sie auf Augsburg übertragen können?<br />

Claudia Roths breite, kulturpolitische Erfahrung<br />

war für mich schon immer eine der Koordinaten,<br />

an denen ich mich beruflich orientiert<br />

habe. Das gilt auch für Hans-Georg Küppers,<br />

den ehemaligen Kulturreferenten Münchens. Ich<br />

habe als Kulturpolitiker immer schon sehr genau<br />

geschaut, wie er arbeitet, wie übrigens auch auf<br />

Eva Leipprand, die eine meiner Vorgängerinnen<br />

hier in Augsburg war. Man baut sich sein eigenes<br />

System anhand der Menschen auf, die durch<br />

ihre Arbeit beeindruckende Vorbilder sind oder<br />

waren.<br />

Frau Roth und Frau Leipprand sind von den<br />

Grünen, also von der Partei, die Sie ins Amt<br />

berufen hat. Sind Sie eigentlich mittlerweile<br />

Mitglied der Grünen geworden?<br />

Nein, ich bin nach wie vor Mitglied der Partei<br />

VOLT und der grünen Fraktion im Augsburger<br />

Rathaus, nur eben ohne Parteibuch. Unter dem<br />

Strich arbeite ich sowieso mit den Kolleginnen<br />

und Kollegen aller, nein, fast aller Parteien sehr<br />

gerne zusammen, die sich kultur- oder sportpolitisch<br />

engagieren und die Stadt gemeinsam<br />

bewegen wollen. Denn Sport- wie Kulturpolitik<br />

werden häufig als Nischen in der Gesamtpolitik<br />

wahrgenommen und je stärker man gemeinsam<br />

und parteiübergreifend Themen nach vorne treibt,<br />

desto mehr kann man zusammen für den Sport<br />

und für die Kultur in der Stadt erreichen.<br />

Wie zufrieden sind Sie bisher mit dem<br />

Umgang der schwarz-grünen Regierungskoalition<br />

im Rathaus untereinander?<br />

Der Umgang ist sehr wertschätzend, sehr sachlich,<br />

sehr pragmatisch und von großem Respekt<br />

geprägt. Respekt ist sowieso ein Schlüsselbegriff,<br />

den ich für die politische Arbeit als sehr wichtig<br />

erachte und dieser Aspekt ist in unserer Koalition<br />

ganz stark wahrnehmbar. An manchen Stellen<br />

ist der Umgang darüber hinaus noch persönlich<br />

freundschaftlich und immer getrieben von einem<br />

großen Willen, konstruktiv etwas für Augsburg<br />

bewegen zu wollen.<br />

Ihnen ist es stets sehr wichtig, Kultur und<br />

Sport, also die Kernthemen Ihres Referats,<br />

immer in der Waage zu halten. Ist das nach<br />

über einem Jahr bei den Leuten angekommen,<br />

anfangs herrschte da ja eine gewisse Skepsis?<br />

Ich glaube, dass ich hier mittlerweile überzeugen<br />

konnte. Beide Bereiche sind getrennt zu<br />

behandeln und eigenständig mit eigenen Budgets<br />

zu entwickeln. Beide Themen haben ganz eigene<br />

Anforderungen und ganz eigene Binnenstrukturen.<br />

Für welche Veranstaltung in Augsburg würden<br />

Sie guten Freunden Karten schenken?<br />

Da fällt mir natürlich sofort die Kanuslalom-WM<br />

ein, die vom 26. bis 31. Juli am Augsburger<br />

Eiskanal stattfinden wird. Ich freue mich<br />

wahnsinnig darauf, denn Kanusport in Deutschland<br />

wird auf der ganzen Welt mit Augsburg verbunden.<br />

Das habe ich deutlich bei meinem Besuch<br />

der Kanuslalom-WM 2021 in Bratislava erfahren<br />

dürfen, weil alle Menschen dort, egal von welchem<br />

Kontinent, Augsburg durch seine tolle Kanustrecke<br />

kannten. Kanu in Deutschland ist Augsburg!<br />

Wie laufen denn die Arbeiten dort, der Eiskanal<br />

wird ja gerade für die WM generalsaniert?<br />

Das ist eine der schönsten Baustellen der Stadt<br />

(lacht), alles ist wunderbar im Timing und budgetär<br />

richtig gut hinterlegt. Die Züge waren übrigens<br />

schon vor meinem Amtsantritt auf dem richtigen<br />

Gleis und müssen jetzt gestartet und gefahren werden.<br />

Wir haben mit Johannes Heiß als Projektleiter<br />

im Referat und den Kolleginnen und Kollegen<br />

aus dem Sport- und Bäderamt ein tolles Team an<br />

Bord. Mit der Unterstützung der beiden Vereine<br />

Kanuschwaben e. V., dem Augsburger Kajak Verein<br />

e.V. sowie des inklusiven Kanuzentrums sind wir<br />

sozusagen im Dreiklang unterwegs, sodass sich alle<br />

Augsburgerinnen und Augsburger auf eine tolle<br />

Weltmeisterschaft freuen dürfen.

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