Blatt und Bohne
Kundenmagazin der Berliner Kaffeerösterei
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Hast du selbst Kontakt zu Bauern?
Ja, zuletzt war ich in El Salvador. Und in Brasilien. Dort
habe ich einen unfassbar leckeren Caipirinha mit Espresso
für mich entdeckt, den sollte man unbedingt mal
probieren!
Als wir in El Salvador mit Pickups in 1.000 m Höhe durch
die Plantagen fuhren, hatten wir nicht nur eine herrliche
Aussicht auf das Land. Wir sahen dabei auch die harte
Arbeit, die mit dem Kaffeeanbau verbunden ist. Kaum
vorstellbar, was dort tagtäglich an den Hängen geleistet
wird! Wir haben auch mitgepflückt und hatten eine
Zeitvorgabe, um das Körbchen voll zu machen. Kaum
einer hat es geschafft und der Farmer kommentierte
mit Blick in unsere Körbe: „Herzlichen Glückwunsch! Ihr
habt nicht mal 2 Dollar erpflückt.“ Das hat mich nachhaltig
geprägt. Pflücken ist körperlich extrem anstrengend.
Und die Pflanze braucht drei Jahre bis zur ersten
Ernte. Hinzu kommen klimatische Auswirkungen, sowie
Insekten oder Krankheiten wie der Kaffeerost. Dann ist
da noch ein sehr langer Transportweg. All das hat Auswirkungen
auf Qualität und Ertrag. Bis zum Kaffeegenuss
vergeht viel Zeit. Und diesen Aufwand sieht man in der
Tasse nicht.
„Aber schon innerhalb einer Plantage gibt
es aufgrund unterschiedlicher Micro-
Klimata oder unterschiedlicher Aufbereitungen
oft große UnteRschiede.“
Mischt ihr die Blends selbst?
Ja, wir kriegen nur die Singles (einzelne Sorten Rohkaffee)
als Rohware.
Gibt es für das Mischen ein System?
Nein, selbst etablierte Mischungen muss man immer
wieder cuppen (kosten) und nachjustieren. Kaffee ist ein
Naturprodukt und unterliegt permanenter Veränderung.
Jede Ernte schmeckt anders, auch hier hat das Wetter
Auswirkung auf das Rösten. So müssen wir das Röstprofil
immer wieder anpassen.
Als wir den Florentiner als neuen Espresso nach italienischem
Vorbild aufgelegt haben, ging das zum Beispiel
ausgesprochen zügig. Ich habe nach Gefühl mehrere Mischungen
erstellt und geröstet. Dann haben wir gecuppt
und bewertet und waren schon im dritten Anlauf am
Ziel. Und er ist wirklich sehr lecker geworden. Das Kreieren
neuer Blends ist zugleich Kreativität und Handwerk,
denn man muss wissen, wie sich die einzelnen Sorten in
den Mischungen verhalten.
Wie lange kann man eine angebrochene Kaffeepackung verwenden?
Bei Bohnen drei bis fünf Monate, wenn man sie kühl (18–
20°C) und dunkel lagert. Bei gemahlenem Kaffee hat sich
die Oberfläche durch das Mahlen gigantisch vergrößert.
Der Kaffee altert quasi im Zeitraffer, die Öle oxidieren und
werden „ranzig“. Dann schmeckt der Kaffee muffig. Man
sollte ihn so lagern, dass möglichst wenig Luft und damit
Sauerstoff an den Kaffee gelangt. Als Faustregel gilt: je
feiner der Mahlgrad, umso kürzer die Lagerung. Filterkaffee
sieben Tage, Espresso maximal einen Tag. Deshalb
lohnt sich die Anschaffung einer Kaffeemühle!
Tipps für die Lagerung Zuhause?
Luftdicht und dunkel. Unsere Kaffeetüten sind dafür
konzipiert, deshalb kann man diese sorgenfrei verwenden.
Ansonsten empfehle ich eine Kaffeedose mit
Gummiverschluss, auf keinen Fall jedoch ein Glasgefäß.
Dass Kaffeebohnen im Kühlschrank länger haltbar sind,
ist falsch. Zudem kann der Kaffee auch den Geschmack
anderer Lebensmittel annehmen, wenn er nicht gut verschlossen
ist. Das Einfrieren des Pulvers ist grundsätzlich
möglich, aber ich halte es nicht für unproblematisch
und empfehle eher, kleinere Mengen frisch zu kaufen.
Schmeckt wirklich jede Bohne anders?
So weit würde ich nicht gehen. Aber schon innerhalb
einer Plantage gibt es aufgrund unterschiedlicher Micro-
Klimata oder unterschiedlicher Aufbereitungen oft große
Unterschiede. Auch Kaffees aus einer Anbauregion
sind oft sehr unterschiedlich, selbst wenn es sich um
dieselbe Varietät handelt. Boden, Klima und Lage (Höhe)
sind dabei besonders wichtig.
Was ist Cupping?
Das Fachwort für Verkosten unterschiedlicher Kaffees.
Es kommt von englisch cup – die Tasse, weil die Kaffees
dafür in Tassen aufgegossen und nicht filtriert werden,
der Satz bleibt in der Tasse. Wir machen das laufend und
in organisierter Form mittlerweile fast täglich im Rahmen
unseres Qualitätsmanagements und auch, um neue
Kaffeemuster zu bewerten. Auch für das Aufspüren von
Fehlerbohnen ist das wichtig. Es gilt: Ein Kaffeeröster,
36 blatt & bohne | ausgabe 1