26.01.2022 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 27

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>syndicom</strong><br />

<strong>Nr</strong>. <strong>27</strong> Januar-Februar 2022<br />

<strong>magazin</strong><br />

Ein Ja<br />

für die<br />

Medien


Anzeige<br />

Nur Krisengewinner und<br />

Grossverdiener werden<br />

entlastet<br />

Der Finanzsektor<br />

erhält ein neues<br />

Privileg<br />

Arbeitnehmende<br />

gehen leer aus<br />

am 13. Februar zum<br />

Stempelsteuer-Bschiss<br />

www.kein-bschiss.ch


Inhalt<br />

4 Teamporträt<br />

6 Die andere Seite<br />

7 Gastautor<br />

8 Dossier: Das<br />

Medien-Förderpaket<br />

16 Arbeitswelt<br />

22 Das Barometer der<br />

Gleichstellung<br />

24 Hände weg<br />

von unsern Renten<br />

25 Recht so!<br />

28 Bisch im Bild<br />

30 Aus dem Leben von ...<br />

31 Kreuzworträtsel<br />

32 Inter-aktiv<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Wer will schon angelogen werden? Wir alle brauchen<br />

verlässliche und geprüfte Informationen,<br />

um entscheiden zu können. Bei unseren kleinen,<br />

alltäglichen Entscheidungen, aber auch bei den<br />

regelmässigen Abstimmungen.<br />

Seitdem es Internet gibt, bekommen wir News<br />

aus der ganzen Welt. Aber woher erfahren wir,<br />

was beim Bau eines Stadions auf dem Spiel<br />

steht? Woher wissen wir, ob das Facebook-<br />

Video über ein neues Medikament wahr ist oder<br />

eine gefährliche Falschinfo oder eine Werbung<br />

für ein simples Vitamin-Präparat?<br />

Bei Zweifeln suchen wir, ob eine Info in der<br />

Regionalzeitung, auf der Plattform eines Onlinemediums,<br />

auf der SRF-App bestätigt wird. Meist<br />

finden wir schnell weiterführende Recherchen<br />

und Hintergründe.<br />

Information ist keine Handelsware, denn<br />

Wissen ist für uns alle notwendig, Wissen ist<br />

Macht.<br />

Die Nachrichten, Berichte, Reportagen in den<br />

Schweizer Medien sind von verlässlicher Qualität.<br />

Viele verschiedene Berufsleute sind an der<br />

Publikation beteiligt, von der Journalistin zum<br />

Korrektor, vom Layouter zur Fotografin, vom<br />

Drucker zur Zustellerin. Sie alle sorgen mit ihrer<br />

Arbeit dafür, dass wir gut informiert werden.<br />

Damit wir auch künftig die Wahl haben zwischen<br />

verschiedenen, verlässlichen Medien,<br />

sagen wir Ja zum Medienpaket. Es ist ein Ja zur<br />

Vielfalt der Medien und zur Qualität der Information.<br />

4<br />

17<br />

30<br />

Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin <strong>syndicom</strong>


4<br />

Teamporträt<br />

Grusswort der neuen Geschäftsleitung<br />

von <strong>syndicom</strong><br />

Patrizia Mordini (48)<br />

Seit 6 Jahren bei <strong>syndicom</strong>, seit 2016<br />

ist sie Mitglied der Geschäftsleitung<br />

und Leiterin Gleichstellung.<br />

Matteo Antonini (41)<br />

Seit 2015 ist er Zentralsekretär und seit<br />

2017 Mitglied der Geschäftsleitung und<br />

Leiter Sektor Logistik.<br />

Daniel Münger (60)<br />

Seit 2002 bei der Gewerkschaft Kommunikation,<br />

seit 2015 ist er Mitglied der<br />

<strong>syndicom</strong>-Geschäftsleitung und seit<br />

2017 Präsident.<br />

Daniel Hügli (41)<br />

Bei <strong>syndicom</strong> seit 2015 Zentralsekretär,<br />

ist er neues Mitglied der Geschäftsleitung<br />

und Leiter Sektor ICT.<br />

Stephanie Vonarburg (56)<br />

Bei comedia seit 1999 im Zentralsekretariat<br />

für Medien und den Rechtsdienst<br />

zuständig, ist sie seit 2017 Mitglied der<br />

Geschäftsleitung, Leiterin Sektor Medien<br />

und Vizepräsidentin von <strong>syndicom</strong>.<br />

Text: Lena Allenspach<br />

Bild: Sabine Rock<br />

«Der Service public<br />

hält die Schweiz<br />

zusammen»<br />

Was für ein Kongress! Wir freuen uns<br />

sehr, konnten wir den diesjährigen<br />

Kongress physisch durchführen und<br />

endlich wieder die Gesichter der<br />

Delegier ten all unserer Branchen<br />

sehen. Für uns bricht damit nun eine<br />

neue Kongressperiode an, in neuer<br />

Zusammensetzung.<br />

Eines ist klar: Es warten viele Herausforderungen<br />

in allen <strong>syndicom</strong>-Branchen<br />

auf uns. Gemeinsam mit dir<br />

wollen wir uns für weitere Verbesserungen<br />

und gegen jegliche Deregulierungen<br />

einsetzen. Denn der breit<br />

verstandene Service public – und damit<br />

die von uns gewerkschaftlich<br />

vertretenen Branchen – halten die<br />

Schweiz zusammen.<br />

Gemeinsam mit dir und deinen Kolleg*innen<br />

wollen wir uns für bessere<br />

Löhne in den Logistik-Branchen sowie<br />

einen allgemeinverbindlichen<br />

Gesamtarbeitsvertrag in der Zustellung<br />

einsetzen. Für eine Reduktion<br />

der Arbeitszeit in den ICT-Unternehmen<br />

und mehr Mitbestimmung in<br />

der IT-Branche. Für ein Ja zum Mediengesetz<br />

am 13. Februar und damit<br />

ein Ja zu mehr Qualität und Vielfalt<br />

in der Medienlandschaft auch auf<br />

Dauer. Für eine bessere Absicherung<br />

der Selbständigen und Freischaffenden.<br />

Für die Gesamt arbeitsverträge<br />

in der grafischen Industrie und im<br />

Buchhandel. Für höhere Renten und<br />

gegen den Angriff auf das Frauenrentenalter.<br />

Gegen Sexismus und Rassismus<br />

am Arbeitsplatz. Für eine solidarische<br />

Zukunft in all unseren<br />

Branchen.<br />

Dazu brauchen wir einen starken<br />

Service public. Eine sozialverträgliche<br />

Bekämpfung des Klimawandels.<br />

Faire Arbeitsbedingungen auch in<br />

der Plattformökonomie. Starke Gesamtarbeitsverträge<br />

und eine offene<br />

sowie solidarische Schweiz.<br />

Wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam<br />

mit dir einen wesentlichen<br />

Schritt in diese Richtung machen<br />

können. Für deine Kolleg*innen und<br />

dich. Für die Arbeitswelt von morgen.<br />

Bilder, Dokumente und Resolutionen:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/kongress21


Kurz und<br />

bündig<br />

Steuerbescheinigungen neu online \ CH Media Print bleibt vorerst im GAV \<br />

Gerichte in Zürich: Uber-Fahrer*innen sind Angestellte! \ Neues Info-Kit für<br />

Illustrator*innen \ Stopp Selbstbedienung der Oberschicht \ SPS an Investment-Fonds<br />

verkauft \ SNB-Gewinne für die AHV! \<br />

5<br />

Steuerbescheinigung<br />

für den Gewerkschaftsbeitrag<br />

Faire Verträge<br />

für Illustrator*innen<br />

Agenda<br />

Der steuerliche Abzug des Gewerkschaftsbeitrags<br />

ist kantonal verschieden<br />

geregelt. Darum stellt <strong>syndicom</strong><br />

den Postversand von Steuerbescheinigungen<br />

ein. Ab Januar steht deine Steuerbescheinigung<br />

für das Vorjahr auf<br />

unserem Portal my.<strong>syndicom</strong>.ch bereit.<br />

Die Bescheinigung kann auch per Telefon<br />

(058 817 18 18) oder Mail (info@<strong>syndicom</strong>.ch)<br />

bestellt werden.<br />

CH Media Print verbleibt im GAV<br />

Im Dezember gab die Direktion bekannt,<br />

dass die CH Media Print AG bis Ende<br />

2022 im GAV GIV verbleibt, wie <strong>syndicom</strong><br />

vorgeschlagen hatte. Gleichzeitig soll<br />

mit dem Arbeitgeberverband viscom die<br />

Frage eines möglichen besonderen GAV<br />

für den Zeitungsdruck angegangen werden.<br />

Diese Branche hat sich mit der Zeit<br />

auf wenige Unternehmen konzentriert,<br />

die nicht alle den GAV anwenden.<br />

Uber-Fahrer*innen sind<br />

offiziell Angestellte!<br />

Endlich: Laut mehreren Urteilen des<br />

Zürcher Sozialversicherungsgerichts<br />

vom 20. 12. 21 werden Uber-Fahrer*innen<br />

als nicht-selbständige Erwerbstätige<br />

eingestuft. Die Urteile stützen den<br />

Entscheid eines Genfer Gerichts, das<br />

Uber Eats als Arbeitgeber einstufte.<br />

<strong>syndicom</strong> begrüsst die Urteile sehr,<br />

setzt sie sich doch schon lange für die<br />

soziale Absicherung und die Arbeitsbedingungen<br />

von Plattform-Angestellten<br />

ein. Es ist ein wichtiges Zeichen an die<br />

Lohnabhängigen in der Schweiz, dass es<br />

auch für die Tech-Giganten der Plattform-Ökonomie<br />

Regeln gibt, die die Arbeitnehmenden<br />

schützen.<br />

Die Kerngruppe der Illustrator*innen bei<br />

<strong>syndicom</strong> hat für alle Mitglieder der<br />

Branche wieder ein neues Info-Dossier<br />

erarbeitet: «Das Vertrags-Kit» enthält<br />

das kumulierte Wissen zum Thema Verlagsverträge.<br />

Tantiemen, Vorschuss,<br />

Nebenrechte sind einige Stichworte<br />

aus diesem Fundus. Das Vertrags-Kit<br />

ist zu finden auf unserem Mitgliederportal<br />

my.<strong>syndicom</strong>.ch. Damit das Wissen<br />

erweitert und geteilt werden kann,<br />

sind alle Profis aufgerufen, am laufenden<br />

Publishing-Survey teilzunehmen:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/publishingsurvey.<br />

Selbstbedienung stoppen<br />

Heute muss jeder auf die Zinsen, die er<br />

erhält, eine Verrechnungssteuer zahlen.<br />

Sie ist eine Sicherheitssteuer: wer<br />

dann ehrlich die Erträge versteuert,<br />

bekommt sie rückerstattet. Das Parlament<br />

hat nun beschlossen, sie abzuschaffen<br />

– allerdings nur für Personen,<br />

die Obligationen besitzen! Wer nur ein<br />

Bankkonto hat, bleibt steuerpflichtig –<br />

Grossanlegern wird die Steuerhinterziehung<br />

erleichtert. Um Nein zu diesem<br />

x-ten Geschenk für die Reichen zu sagen,<br />

unterschreibe das Referendum,<br />

das dieser Ausgabe beiliegt.<br />

Die Post verkauft<br />

Swiss Post Solutions<br />

Die Post hat SPS an einen britischen<br />

Investment-Fonds verkauft. Sofern<br />

sich SPS nicht zu einer Verlängerung<br />

der Sozialpartnerschaft bekennt, sind<br />

die Arbeitsbedingungen akut gefährdet.<br />

Der GAV SPS läuft 2022 aus, die Verhandlungen<br />

zur Verlängerung sind im<br />

Frühjahr geplant. <strong>syndicom</strong> wird sich<br />

beim neuen Eigentümer dafür einsetzen,<br />

dass diese auch stattfinden.<br />

SNB-Gewinne: Ein Teil davon<br />

muss an die AHV gehen<br />

Die AHV-Renten müssen steigen und<br />

nicht sinken. Und die Schweiz hat genug<br />

Geld dafür. Der SGB schlägt vor,<br />

einen Teil der Gewinne der SNB an die<br />

AHV zu überweisen. Er bereitet dazu<br />

eine Volksinitiative vor. Der Transfer<br />

könnte die dringend benötigte 13. AHV-<br />

Rente finanzieren.<br />

Februar<br />

13. 2.<br />

Abstimmen gehen!<br />

Für die Abstimmungen am 13. Februar<br />

2022 empfiehlt der SGB:<br />

NEIN zur «Änderung des Bundesgesetzes<br />

über die Stempelabgaben» und<br />

JA zum «Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket<br />

zugunsten der Medien».<br />

Bis 15. 5.<br />

Das Schweizer Weltformat<br />

Das Schweizer Plakat nimmt international<br />

einen herausragenden Stellenwert<br />

ein. Eine Besonderheit ist das «Weltformat»<br />

mit seinen 128 × 90,5 Zentimetern,<br />

das sich tatsächlich nur in<br />

der Schweiz als Standardformat durchgesetzt<br />

hat. Die nüchtern-sachliche<br />

Grafik des Swiss Style hingegen feierte<br />

weltweit Erfolg. Eine Ausstellung im<br />

Museum für Gestaltung Zürich lädt mit<br />

rund 80 Plakatnachdrucken auf einen<br />

Spaziergang durch die Schweizer<br />

Plakatgeschichte ein.<br />

museum-gestaltung.ch<br />

März<br />

4.–13. 3.<br />

Filmfestival on Human Rights<br />

Das 20. FIFDH findet statt vom 4. bis<br />

13. März – in Genf oder online. Das<br />

On-Demand-Videoportal ist einen Tag<br />

nach hinten verschoben und offen vom<br />

5. bis 14. März. Es wird ein Ticket benötigt,<br />

entweder für das ganze Programm<br />

oder nur für einen Film. FIFDH.org<br />

26. 3.<br />

Sektorkonferenz Medien<br />

Der <strong>syndicom</strong>-Kongress 2021 hat den<br />

Antrag zur Aufspaltung des Sektors<br />

Medien abgelehnt und dem Gegenantrag<br />

des Sektors Medien zugestimmt.<br />

Dieser schreibt fest, dass <strong>syndicom</strong><br />

bis zur DV 2023 einen Weg finden soll,<br />

der sowohl für den Sektor Medien wie<br />

auch für die beiden anderen Sektoren<br />

stimmt. Diskutiere mit an der Sektorkonferenz<br />

Medien: 26. 3. 2022 in Biel,<br />

anmelden auf <strong>syndicom</strong>.ch/TlaJu.<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/agenda


6 Die andere<br />

Daniel Sinn ist Geschäftsleiter von Stämpfli Kommunikation,<br />

Seite<br />

die einen Firmenvertrag mit <strong>syndicom</strong> abgeschlossen hat.<br />

Ausgebildet in der grafischen Industrie, verfügt er auch über<br />

einen Executive Master of Business Administration.<br />

1<br />

Sie haben 222 Jahre Stämpfli gefeiert,<br />

was bedeutet das für Sie?<br />

Die Firma ist seit 222 Jahren im Besitz<br />

der Familie Stämpfli und wird<br />

heute in der sechsten Generation von<br />

Rudolf und Peter Stämpfli geführt.<br />

Im Jahr 1799 gab es die Firma jedoch<br />

bereits 200 Jahre, sie ist also über 400<br />

Jahre alt. Wir alle zollen unseren Respekt<br />

vor den Leistungen der früheren<br />

Generationen, die teilweise sehr beeindruckende<br />

Herausforderungen zu<br />

bewältigen hatten.<br />

2<br />

Das Unternehmen heisst jetzt<br />

Stämpfli Kommunikation, was bedeutet<br />

das?<br />

Im Sinne einer ganzheitlichen Markenstrategie<br />

müssen alle unsere Leistungen<br />

direkt und unmittelbar der<br />

Marke Stämpfli zugeordnet werden<br />

können und unserem Profil eines innovativen<br />

und zukunftsgerichteten<br />

Kommunikationsunternehmen entsprechen.<br />

Dabei soll nicht mehr zwischen<br />

analogen und digitalen Leistungen<br />

unterschieden werden.<br />

3<br />

Wie wichtig ist für Sie die Ausbildung<br />

von Lernenden?<br />

Für Stämpfli war die Ausbildung von<br />

Lernenden in Bezug auf das Werteverständnis,<br />

die Unternehmenskultur<br />

und die Nachhaltigkeit immer schon<br />

sehr wichtig. Wir bilden Lernende in<br />

neun Berufen aus. Um den realen Anforderungen<br />

am Arbeitsmarkt in der<br />

Ausbildung noch besser gerecht zu<br />

werden, haben wir vor drei Jahren das<br />

Konzept «NextGen» umgesetzt und<br />

machen damit sehr gute Erfahrungen<br />

(https://nextgen.staempfli.com).<br />

4<br />

Sie haben einen Firmenvertrag mit<br />

<strong>syndicom</strong>. Wie bewerten Sie diese<br />

Erfahrung?<br />

Der mit <strong>syndicom</strong> vereinbarte Firmenvertrag<br />

entspricht mehrheitlich dem<br />

Branchen-GAV, in einzelnen Punkten<br />

geht er etwas weiter. Aufgrund unserer<br />

Leistungsbreite und den unterschiedlichsten<br />

Stellenprofilen war es<br />

wichtig, dass bei Stämpfli alle nach<br />

den gleichen Grundlagen angestellt<br />

sind. Der Firmenvertrag geniesst<br />

hohe Akzeptanz, und wir machen<br />

positive Erfahrungen damit.<br />

5<br />

Ist ein Wiedereintritt in den Arbeitgeberverband<br />

viscom denkbar?<br />

Wir schliessen für die Zukunft nichts<br />

aus und prüfen sporadisch, ob sich<br />

diesbezüglich Veränderungen ergeben<br />

könnten. Unser Austritt aus dem<br />

viscom erfolgte aufgrund des Entscheids,<br />

dass auch Firmen ohne GAV<br />

Mitglied beim Verband werden können.<br />

Daraufhin haben wir uns für<br />

den eigenen Weg mit einem Firmenvertrag<br />

entschieden.<br />

6<br />

Gedruckte Produkte werden<br />

schrumpfen, aber nicht verschwinden.<br />

Ist dies richtig?<br />

Ja, wir sind überzeugt, dass die gedruckten<br />

Produkte einen wichtigen<br />

Stellenwert im Kommunikationsmix<br />

behalten. Es gilt je nach den Zielen,<br />

die man mit Kommunikationsmassnahmen<br />

erreichen will, die richtigen<br />

Kanäle einzusetzen und aufeinander<br />

abzustimmen. Wir gehen aber ebenfalls<br />

davon aus, dass in der Summe<br />

die Menge an gedruckten Produkten<br />

weiter zurückgehen wird.<br />

Text: Giovanni Valerio<br />

Bild: Stämpfli


Gastautor<br />

Für die Demokratie ist unabhängige<br />

Medienberichterstattung in allen Regionen<br />

zentral. Wenn es den Medien wirtschaftlich<br />

schlecht geht und sie sich alleine nicht mehr finanzieren<br />

können, müssen wir sie unterstützen.<br />

Nicht umsonst nennt man die Medien die vierte<br />

Staatsgewalt. Für ein viersprachiges, föderalistisches<br />

und direktdemokratisches Land wie<br />

die Schweiz ist ihre Bedeutung umso grös ser.<br />

Unabhängige Medien – gerade in den Regionen –<br />

sind in der Demokratie systemrelevant.<br />

Heute leiden der Journalismus und die<br />

Medienvielfalt erheblich. Redaktionen werden<br />

zusammengestrichen, Zeitungen werden<br />

dünner, immer mehr Titel kämpfen ums Überleben.<br />

Der Hauptgrund sind die wegfallenden<br />

Werbeeinnahmen, mit denen sich der Journalismus<br />

bisher finanzierte. In rund zehn Jahren<br />

haben sich die Werbeeinnahmen der Schweizer<br />

Medien mehr als halbiert! Dieser Rückgang liegt<br />

nicht etwa daran, dass heute weniger Werbung<br />

geschaltet würde. Im Gegenteil. Die Werbegelder<br />

fliessen reichlich, einfach zu einem wachsenden<br />

Teil nach Kalifornien zu den Techgiganten wie<br />

Google und Facebook statt zu den Schweizer<br />

Verlagen.<br />

Darum brauchen wir am 13. Februar ein Ja<br />

zum Medienpaket. Mit diesem guten Kompromiss<br />

greifen wir den verbleibenden Zeitungen<br />

und Zeitschriften unter die Arme, wir fördern die<br />

zukunftsgerichteten Online-Medien, wir stärken<br />

die finanzielle Basis der Privatradios und der<br />

privaten TV-Stationen und wir stützen das<br />

gesamte Mediensystem durch Ausbildung,<br />

Agentur wesen und Projektförderung im IT-Bereich.<br />

All das ist nötig, wenn wir wollen, dass<br />

die Bevölkerung auch in Zukunft unabhängige<br />

Zeitungen, Radios, TV-Stationen und Online-<br />

Portale hat, die über ihre Region, ihre Gemeinde,<br />

ihre Stadt berichten – und zwar auf Deutsch,<br />

en français, in italiano ed eir in rumantsch!<br />

Die Medien sind<br />

in der Demokratie<br />

systemrelevant<br />

Jon Pult (37) ist mit Italienisch, Romanisch<br />

und Deutsch dreisprachig aufgewachsen,<br />

wohnt in Chur, hat Geschichte<br />

studiert und arbeitet seit Jahren als<br />

Strategie- und Kommunikationsberater.<br />

Er ist Bündner Nationalrat, Vizepräsident<br />

der SP Schweiz und Präsident der<br />

für Medienpolitik zuständigen Kommission<br />

für Verkehr und Fernmeldewesen.<br />

Er engagiert sich für eine fortschrittliche<br />

Medienpolitik, die unabhängigen<br />

Journalismus und gute Berichterstattung<br />

in allen Sprachregionen ermöglicht.<br />

7


Dossier<br />

10 Das Hilfspaket zur Zurückgewinnung der Medienvielfalt<br />

13 Förderung der Ausbildung und der Attraktion des Berufs-Journalismus<br />

14 SDA: zuverlässiger öffentlicher Mediendienst rund um die Uhr<br />

15 Erosion der Schweizer Medienlandschaft in Zahlen<br />

Ja zum<br />

Medien


paket<br />

9


10 Dossier<br />

Die Medienvielfalt zurückholen<br />

und absichern<br />

Im Massnahmenpaket zugunsten der Medien<br />

stecken eine Vielzahl kleinteiliger Massnahmen<br />

– allesamt zielen sie auf den Erhalt und<br />

die Wiederherstellung von journalistischer<br />

Vielfalt. Gewerkschafterin Stephanie Vonarburg<br />

und Hauptstadt-Journalist Jürg Steiner<br />

schildern, wie sie zu den Massnahmen und<br />

dem Gesamtpaket stehen.<br />

Text: Benjamin von Wyl<br />

Bilder: Léonard Rossi<br />

Die Zentralen der grossen Schweizer Medienhäuser sind<br />

schick. In der NZZ-Redaktion die Porträts aller Chefredaktoren<br />

seit 1780, alles Männer. Für die TX Group verbaute<br />

Stararchitekt Shigeru Ban an der Zürcher Werdstras se<br />

2000 Kubikmeter Fichtenholz. Die Adresse von CH Media<br />

im Aarauer Telliquartier ist zwar weniger gehoben und<br />

aus der Redaktion können die Journalist*innen in die<br />

Druckerei schielen – doch die Fensterfront, durch die sie<br />

das tun, beeindruckt.<br />

Wer sich mit der Entwicklung in den Medien auseinandersetzt,<br />

findet Konzerne wie diese auch nicht besonders<br />

sympathisch: Peter Wanner, der CH-Media-Verleger,<br />

errichtet seit den 1990er-Jahren ein Medienimperium<br />

aus Presse, Radios und Lokal-TV, das heute von Basel bis<br />

St. Gallen reicht. Die NZZ hat vor sieben Jahren ihre<br />

Druckerei geschlossen – 125 Mitarbeiter*innen verloren<br />

die Stelle. Die TX Group dominiert die Medien in der<br />

Romandie, dünnt die Medienvielfalt aus und hat gar Teile<br />

ihrer Human-Resources- und IT-Abteilungen nach Serbien<br />

ausgelagert. Die Hauptquartiere der Medienkonzerne<br />

erwecken nicht den Eindruck, dass der Journalismus öffentliche<br />

Unterstützung nötig hat. Doch das täuscht.<br />

Journalismus verschwindet, unbemerkt<br />

Das Schweizer Mediensystem ist gefährdet. Erfolgreich<br />

finanzierten Inserate und Abos die Presse im 20. Jahrhundert,<br />

doch das Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr.<br />

Alleine seit 2003 sind über 70 Zeitungen verschwunden<br />

oder fusioniert. In den letzten zehn Jahren ist das Geschäft<br />

mit Bezahlzeitungen regelrecht zerbröselt: Seit<br />

2012 ist deren Auflage in der Schweiz um gut 40 Prozent<br />

eingebrochen. Statt zehn Zeitungen, die 2012 Tag für Tag<br />

mit Gewalt aus dem Briefkastenschlitz befreit wurden,<br />

werden heute nur noch sechs befreit. Von zehn Zeitungen,<br />

die 2012 in Beizen am Autobahnzubringer auf Leser*innen<br />

in der Znünipause warteten, warten heute noch sechs.<br />

Ohne öffentliche Unterstützung bleibt vielleicht das ganze<br />

Mediensystem hängen. Die Online-Flut aus der ganzen<br />

Welt sorgt nicht nur dafür, dass Facebook und Google mitverdienen<br />

und das Werbegeschäft dominieren. Wegen<br />

dieser Flut an Gratis-Inhalten spüren viele oft nicht, dass<br />

Journalismus verschwindet. Doch weder Social-Media-Influencer*innen<br />

noch Buzzfeed-Redaktor*innen werden je<br />

aus den Regionen berichten, wie es der Lokaljournalismus<br />

getan hat und weiterhin tut.<br />

Das Massnahmenpaket für die Medien ist ein Kompromiss,<br />

der aus jahrelangen Debatten hervorging, in denen<br />

sich viele Anliegen kleiner und regionaler Medien durchgesetzt<br />

haben. Deshalb befürworten Journalist*innen von<br />

Lokalzeitungen und neuen Online-Projekten mit am vehementesten<br />

die Vorlage, die am 13. Februar zur Abstimmung<br />

kommt. Obwohl auch Konzerne wie die TX Group<br />

Unterstützung erhalten. Im Massnahmenpaket geht es<br />

um 120 Millionen Franken mehr, die der Medienbranche<br />

zugute kommen.<br />

Das Paket ist vielgliedrig: Die Rabatte der Post für die<br />

Zustellung von Zeitungen werden von 30 Millionen auf 50<br />

Millionen Franken pro Jahr erhöht. Diese sogenannt «indirekte<br />

Presseförderung» existiert seit der Gründung des<br />

Bundesstaates, sie wurde 1849 zeitgleich mit der eidgenössischen<br />

Post geschaffen. Auch Verbandszeitschriften,<br />

wie das <strong>syndicom</strong>-Magazin, geniessen bereits solche Zustellrabatte<br />

– und auch in der Sparte Verbandspresse ist<br />

eine Erhöhung von bisher 20 auf 30 Millionen Franken<br />

jährlich vorgesehen. Neu soll die Früh- und Sonntagszustellung<br />

von Zeitungen durch Private mit Rabatten von 40<br />

Millionen Franken pro Jahr unterstützt werden.<br />

Ein wirklich neuartiges Modell im Massnahmenpaket<br />

ist, dass Onlinemedien, welche Einnahmen mit Mitgliederbeiträgen<br />

oder Abos erzielen, öffentliches Geld erhalten<br />

– insgesamt 30 Millionen Franken jährlich. Diese Unterstützungen<br />

sind auf sieben Jahre beschränkt. Ohne<br />

Befristung erhalten bei einer Ja-Mehrheit am 13. Februar<br />

private Lokalradios und regionale Fernsehsender anteilmässig<br />

mehr Geld aus den Serafe-Gebühren. Aus demselben<br />

Topf sollen die Ausbildung (siehe Artikel S. 13), der<br />

Agenturjournalismus (siehe Artikel S. 14) und der Presserat<br />

öffentlich unterstützt werden.<br />

Gutes Kompromisspaket aus jahrelangen Debatten<br />

«Das Positive überwiegt», sagt Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin<br />

und Leiterin Sektor Medien bei <strong>syndicom</strong>.<br />

Doch sie nennt auch negative Punkte: «Als Gewerkschaft<br />

fehlt uns die Verhandlungspflicht für einen GAV in der<br />

Medienbranche.» Diese war im Parlament chancenlos.<br />

Weiter sei es schmerzlich, dass kein Deckel, keine Beschränkung<br />

der Dividenden für Unternehmen, die Rabatte<br />

oder Subventionen abholen, vorgesehen ist. «Grosse,<br />

wohlhabende Verlage, die es eigentlich weniger nötig hätten,<br />

werden von dieser Vorlage ebenfalls profitieren», sagt<br />

Vonarburg. Immerhin wird auch dort wichtiger, unterstützenswerter<br />

Journalismus gemacht, und zudem wer-<br />

Kleine Medien<br />

bekommen<br />

mehr Geld<br />

pro Abo<br />

als grosse


den kleinere und mittlere Medien proportional stärker<br />

unterstützt werden – und zwar massiv: Pro Abonnent*in<br />

erhält ein kleines Medium wohl bis zu zwanzig Mal so viel<br />

Geld wie die Konzerne.<br />

Aus Gewerkschaftssicht eine sehr gute Nachricht sei<br />

die im Massnahmenpaket enthaltene GAV-Verhandlungspflicht<br />

für private Zeitungszustellfirmen, findet Vonarburg:<br />

«Wegen den harschen Arbeitsbedingungen in der<br />

Logistik ist das ein wichtiger Punkt.» In dieser Branche<br />

sind die Löhne tief und die Pensen oft klein. Der Medienbranche<br />

als Ganzes werden auch die Unterstützung von<br />

Presserat, Aus- und Weiterbildung und die stärkere Unterstützung<br />

für Keystone-SDA helfen. «Aber ganz oben bei<br />

den positiven Punkten ist die neue Förderung für Online-Medien»,<br />

sagt Vonarburg. Diese sei ein wirklich innovatives<br />

Instrument – ein Mittel zur «Wiederherstellung<br />

der Medienvielfalt».<br />

Überall neue Onlinemedien: national und regional<br />

Viele der Massnahmen zielen darauf, dass das Mediensystem<br />

in der Schweiz nicht einknickt. Die Online-Medienförderung<br />

ist vorwärtsgerichtet: Weil lokale Medien online<br />

neben den internationalen Tech-Konzernen wie<br />

Facebook und Google eben kein grosses (Werbe-)Geschäft<br />

erwartet, sollen sie im Sinne des Service public gestützt<br />

und stabilisiert werden. Überall im Land sind in den letzten<br />

fünf Jahren digitale Plattformen für Journalismus entstanden:<br />

Republik und Heidi News bieten von Zürich und<br />

Genf aus recherchierte Hintergründe zum nationalen Geschehen.<br />

Mit der Satire-Plattform Petarde und dem Kultur<strong>magazin</strong><br />

Frida gehen bald weitere Onlinemedien an<br />

den Start. Auch fernab dieser Flaggschiffe mit schweizweiter<br />

Ausstrahlung entstehen in den Regionen unabhängige<br />

Lokalplattformen: Zentralplus berichtet aus Luzern und<br />

Zug, Bajour aus Basel-Stadt, Kolt aus Olten. Die meisten<br />

dieser neuen Projekte berichten nicht mehr über jede Vereinsversammlung,<br />

sie verstehen sich im besten Sinne als<br />

Rosinenpicker: Sie wollen dort nachhaken, wo den ausgedünnten<br />

Lokalredaktionen grosser Zeitungen die Zeit für<br />

Recherche fehlt.<br />

Auch die Hauptstadt gehört in diese Reihe. Vergangenes<br />

Jahr hat die TX Group die Lokalredaktionen von Bund<br />

und Berner Zeitung zu einer einzigen verschmolzen – obwohl<br />

die Zeitungstitel als «Gefässe» weitergeführt werden,<br />

befürchten viele in Bern, dass die fehlende Konkurrenz zu<br />

einem Verlust an Debatte führt und auch die verbliebenen<br />

Journalist*innen weniger kritisch hinschauen. Darum arbeitet<br />

ein Team von Journalist*innen an einer Alternative:<br />

Die Hauptstadt berichtet ab diesem Frühling aus Bern<br />

und den umliegenden Gemeinden. Über 3000 Menschen<br />

vertrauen dem Projekt bereits so sehr, dass sie vor dem<br />

Start ein Abo lösten. Um selbsttragend zu sein, braucht<br />

das Lokalmedium mindestens 4000.<br />

«Wir kalkulieren vorsichtshalber ohne die Online-Medienförderung»,<br />

sagt Jürg Steiner vom Hauptstadt-Team,<br />

«Froh wären wir natürlich trotzdem.» Mit fünf Vollzeitstellen<br />

plant die Hauptstadt. «Kommt das Gesetz durch, könnten<br />

wir wohl zwei Journalistinnen, Journalisten mehr anstellen»,<br />

sagt Steiner, «das gäbe uns natürlich von Beginn<br />

an mehr Kraft.» Sogar in Bern ist die Medienvielfalt gefährdet,<br />

doch dort gibt es immerhin Potenzial für ein kleines<br />

Medium wie die Hauptstadt – anders sieht es im ländlichen<br />

Raum und in Kleinstädten aus. «Kleine Zentren<br />

sind ein hartes Pflaster», sagt er, «ich stelle es mir schon<br />

in Langenthal schwierig vor, eine Alternative aufzubauen,<br />

so wie wir es in Bern probieren.»<br />

Es braucht unbedingt Vielfalt im Lokalen<br />

Steiner, der lange Jahre für die Berner Zeitung arbeitete, ist<br />

überzeugt, dass die «mediale Verarmung auf lokaler Ebene»<br />

Folgen für gesellschaftliche Diskussionen hat. «In der<br />

Schweiz, wo so vieles auf Gemeindeebene entschieden<br />

wird, braucht es unbedingt Medienvielfalt im Lokalen.»<br />

Aus Steiners Warte würde das Massnahmenpaket auch<br />

eine Benachteiligung des Internetjournalismus gegenüber<br />

dem Gedruckten stoppen. Denn online gibt es heute<br />

keinerlei Stütze fürs Geschäft, wie es die Rabatte beim<br />

Verschicken von Zeitungen sind.<br />

Das Massnahmenpaket würde aber nicht automatisch<br />

die Medienvielfalt wiederherstellen. Lokale Onlinepro-


12<br />

Dossier<br />

jekte bräuchten weiterhin lokalkundige Macher*innen<br />

und eine eigene Umsatzbasis, sagt Steiner: «Die Online-<br />

Medienförderung ist kein Angebot für Subventionsjäger.<br />

Man kann nicht irgendwo ein Medium gründen und der<br />

Staat zahlt das.» Mit ihr sei das Fortbestehen im Überlebenskampf<br />

einzig «ein wenig wahrscheinlicher». Für die<br />

Hauptstadt werde es jedenfalls ohnehin nicht bequem –<br />

egal, ob das Massnahmenpaket für die Medien kommt<br />

oder nicht.<br />

Die Medien sind in echten Schwierigkeiten<br />

Die schicken Zentralen<br />

der Medienkonzerne<br />

sehen nicht aus, als ob<br />

der Journalismus Geld<br />

nötig hätte.<br />

Doch das täuscht.<br />

Auch Steiner sieht die Abstimmungsvorlage als Kompromiss.<br />

In einer idealen Welt könnten sich Medien alleine<br />

über ihren Journalismus finanzieren. «Natürlich, wäre es<br />

ideal, es bräuchte das alles nicht. Doch die Medien sind in<br />

Schwierigkeiten.» Als Journalist möchte Steiner eigentlich<br />

eben gerade keine Unterstützung vom Staat annehmen.<br />

«Doch das Geld ist nicht an Inhalte gebunden. Medien,<br />

die die Regierung absetzen wollen, bekommen sie<br />

ebenso.» Zudem sei bei «Staatsgeldern» immerhin transparent,<br />

woher sie kommen. «Sonst sind es unbekannte<br />

Hintermänner oder -frauen, die Geld reinpumpen.»<br />

Die Gratis-Anzeiger im Besitz von Christoph Blocher,<br />

von den Bodensee Nachrichten bis zum Tagblatt der Stadt<br />

Zürich, erreichen in der Deutschschweiz 918 000 Leser*innen.<br />

«Wenn das Medienpaket nicht durchkommt, steht<br />

die Medienversorgung vor einem Scherbenhaufen. Eine<br />

neue Vorlage würde viele Jahre brauchen – zu lange Zeit<br />

für viele Medien», sagt Stephanie Vonarburg zum Schluss<br />

des Gesprächs.<br />

Unser Online-Schwerpunkt zum Medienpaket:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/dyJZW<br />

Studie aus Norwegen:<br />

Direkte Medienförderung sichert journalistische Unabhängigkeit<br />

Während die Referendumsführer gegen das Gesetz über<br />

das Medienpaket lautstark vor staatlicher Einflussnahme<br />

auf das redaktionelle Geschehen drohen, falls das Volk am<br />

13. Februar mit Ja stimmt, haben sich bislang nur wenige<br />

empirische Studien mit dieser Frage des Verhältnisses<br />

zwischen staatlicher Förderung und journalistischer Unabhängigkeit<br />

befasst.<br />

Mit der bemerkenswerten Ausnahme einer norwegischen<br />

Studie, die 2018 im Journal of Media Business Studies veröffentlicht<br />

wurde. Die Forscher*innen untersuchten die<br />

Auswirkungen der direkten Presseförderung auf die Vielfalt<br />

der Online-Nachrichten.<br />

Keine Unterschiede zwischen gefördert und nicht gefördert<br />

Die vom norwegischen Forschungsrat finanzierte Studie analysierte<br />

726 899 Presseartikel, die in den Jahren 2015 und 2016<br />

von 160 norwegischen Zeitungen veröffentlicht wurden – etwas<br />

mehr als die Hälfte von ihnen werden staatlich gefördert.<br />

Ergebnis: Die Inhalte der geförderten Zeitungen unterscheiden<br />

sich kaum von denen der nicht geförderten Zeitungen.<br />

Auch wenn der Forschungskontext – d. h. das untersuchte<br />

Material bezieht sich ausschliesslich auf Online-Nachrichtenpublikationen,<br />

und das Mediensystem und die Unterstützungsmassnahmen<br />

unterscheiden sich von Land zu Land –<br />

eine direkte Übertragung der Ergebnisse auf die gesamte<br />

Schweizer Medienlandschaft nicht zulässt, bieten die Ergebnisse<br />

besonders auch angesichts der Behauptungen des<br />

Referendumslagers interessante Denkanstösse.<br />

In Norwegen werden heute alle ländlichen Gebiete von mindestens<br />

einem Medium versorgt. In einigen Regionen gibt es<br />

sogar einen Wettbewerb. Eine lokale Berichterstattung, wie<br />

sie in einer Demokratie notwendig ist. Eine weitere, diesmal<br />

in der Schweiz durchgeführte Studie (Uni Zürich, 2018), die<br />

auf der Wahlbeteiligung in über vierhundert Gemeinden basierte,<br />

kam zu dem Schluss, dass die Wahlbeteiligung umso<br />

geringer ist, je kleiner die Auflage der Lokalzeitungen ist und<br />

je weniger sie über die lokale Politik berichten.<br />

Die norwegische Studie belegt also, dass eine umfangreiche<br />

direkte Finanzierung der Medien, wie sie auch in anderen<br />

nordischen Ländern praktiziert wird, möglich ist und gleichzeitig<br />

die journalistische Unabhängigkeit gewährleistet und<br />

die Medienvielfalt fördert. Norwegen, Finnland, Schweden und<br />

Dänemark belegen die Ränge 1 bis 4 (die Schweiz ist auf Platz<br />

10 gerutscht) auf der von Reporter ohne Grenzen erstellten<br />

Rangliste der Pressefreiheit 2021.<br />

Robin Moret<br />

Index der Welt-Pressefreiheit 2021: rsf.org/en/ranking


Dossier<br />

In den Nachwuchs investieren:<br />

Das Medienpaket hilft<br />

13<br />

Mit dem Medienpaket sollen die Bundesgelder<br />

für die Aus- und Weiterbildung von Journalist*innen<br />

aufgestockt werden. Davon profitieren<br />

würde nicht nur der Branchennachwuchs,<br />

sondern das ganze Mediensystem.<br />

Text: Flavia von Gunten<br />

Bild: Léonard Rossi<br />

In der Diskussion über das Medienpaket geht ein Aspekt<br />

leicht unter: Die 28 Millionen Franken für die «Allgemeinen<br />

Massnahmen zugunsten aller Medien». Hinter<br />

dem sperrigen Titel stecken Gelder für Agenturleistungen,<br />

IT-Projekte, Selbstregulierungs-Organisationen der<br />

Branche wie den Presserat sowie Aus- und Weiterbildungsinstitutionen.<br />

Bereits heute fliesst pro Jahr eine Million Franken vom<br />

Bundesamt für Kommunikation an Aus- und Weiterbildungsinstitutionen.<br />

Die neusten Zahlen stammen von<br />

2018, vier Schulen erhielten damals Geld: Der Corso di<br />

Gior nalismo della Svizzera italiana in Lugano (15 000 Fr.),<br />

die Radioschule klipp+klang in Zürich (210 000 Fr.), das<br />

Centre de Formation au Journalisme et aux Médias in Lausanne<br />

(240 500 Fr.) und das MAZ Luzern (420 000 Fr.).<br />

Immer mehr Studierende müssen ihre Ausbildung<br />

selbst bezahlen<br />

Gerade in Zeiten, in denen vermehrt Falschinformationen<br />

verbreitet werden, ist eine solide und praxisnahe Aus- und<br />

Weiterbildung von Journalistinnen und Journalisten<br />

dringend notwendig. Wie die 28 Millionen auf die vier Bereiche<br />

aufgeteilt würden, steht noch nicht fest. Die Quoten<br />

werden erst in der Verordnung geregelt, sofern das Gesetz<br />

angenommen wird. Um welche Summe die Förderung<br />

der Aus- und Weiterbildung aufgestockt wird, ist darum<br />

noch unklar. Martina Fehr, Direktorin des MAZ, rechnet<br />

mit einer Verdoppelung – von einer Million auf künftig<br />

zwei Millionen.<br />

Das zusätzliche Geld, welches das MAZ erhalten würde,<br />

soll den Studierenden zugutekommen, so Fehr. Eine willkommene<br />

finanzielle Erleichterung, denn: «In den letzten<br />

Jahren hat die Zahl der Studierenden zugenommen, die<br />

ihre Ausbildung ganz oder zu einem Teil selbst berappen<br />

müssen», beobachtet Fehr. Die zweijährige Diplomausbildung<br />

am MAZ kostet 28 400 Franken, zwölf Kantone<br />

beteiligen sich an den Kosten mit rund 10 000 Franken.<br />

Wer Glück hat, dem oder der zahlt der Arbeitgeber einen<br />

Teil des Schulgeldes – mit sinkender Tendenz, wie auch<br />

das Online-Magazin Medienwoche vor drei Jahren in einer<br />

Recherche festgestellt hat: Mit der Zunahme des Selbstkostenanteils<br />

sank die Zahl der Studierenden. 33 angehende<br />

Journalist*innen starteten 2019 die Diplomausbildung,<br />

knapp 20 Prozent weniger als im Schnitt der<br />

vergangenen zehn Jahre.<br />

Tiefere Ausbildungskosten könnten diesen Trend aufhalten,<br />

glaubt Martina Fehr: «Wir sind überzeugt, dass mit<br />

den tieferen Preisen die Hemmschwelle niedriger wird,<br />

angehende Journalistinnen und Journalisten vermehrt in<br />

die Grundausbildung oder ganz gezielt in Kurse zu schicken.»<br />

Auch gestandene Berufsleute besuchen das MAZ:<br />

«Viele wollen im Beruf bleiben, aber nicht unbedingt eine<br />

Führungsposition anstreben», so Fehr. Mit neuen, in Weiterbildungen<br />

vermittelten Skills wie Datenjournalismus<br />

oder Community-Management könnten auch sie fit bleiben<br />

im Job.<br />

Dass sich der journalistische Nachwuchs, der von den<br />

zusätzlichen Ausbildungsbeiträgen stark profitieren würde,<br />

um die Finanzierung der Branche sorgt, legt eine Umfrage<br />

im Auftrag des Vereins Junge Journalistinnen und<br />

Journalisten Schweiz nahe. Rund 200 Medienschaffende<br />

unter 30 Jahren gaben Auskunft über ihre Arbeitsbedingungen.<br />

Die grosse Mehrheit der Befragten (86,5 %) sehen<br />

in den unzureichenden finanziellen Ressourcen eine<br />

grosse oder sogar extreme Gefahr für den Journalismus.<br />

Mit dem Geld aus dem Medienpaket würden die Ressourcen<br />

steigen – und mit ihnen womöglich die Attraktivität<br />

des Berufes.<br />

Journalistische Ausbildung und Weiterbildung in der Schweiz (u. a.):<br />

MAZ.ch, CFJM.ch


14<br />

Dossier<br />

Die SDA: Bollwerk der Information<br />

Die Schweizer Nachrichtenagentur spielt eine<br />

grundlegende Rolle für den Zusammenhalt des<br />

Landes und die freie Meinungsbildung. Deshalb<br />

sollte sie in Zeiten von Krise und Fehlinformation<br />

noch stärker unterstützt werden.<br />

Text: Federico Franchini<br />

Für den Westschweizer Newsletter Gotham City schreibe<br />

ich über die bundesgerichtliche Rechtsprechung. Ich<br />

wohne im Tessin und damit in der Nähe des Bundesstrafgerichts,<br />

das 2004 in Bellinzona neu geschaffen wurde.<br />

Der Entscheid wurde nicht überall begrüsst, vor allem<br />

nicht von den Angeklagten, Anwälten und Staatsanwältinnen,<br />

die für einen Prozess ins Tessin reisen müssen. Oder<br />

den Journalist*innen. Abgesehen von Skandalprozessen<br />

ist das Pressezimmer des Gerichts oft trostlos leer. Eine<br />

Ausnahme gibt es aber: Die Schweizerische Depeschenagentur<br />

(SDA) ist bei den Verhandlungen immer dabei.<br />

«Geschichte existiert nur, wenn sie jemand erzählt»<br />

Die Prozesse sind lang, manchmal langweilig, aber auch<br />

aufschlussreich und voller überraschender Wendungen.<br />

Sie zu verfolgen, ist ein Muss, denn die Justiz muss transparent<br />

bleiben. Ohne die SDA wären Geldwäscherei- oder<br />

Korruptionsverfahren ein Ritual im Verborgenen. Mit den<br />

Worten des Schriftstellers und Reporters Tiziano Terzani:<br />

«Die Geschichte existiert nur, wenn sie jemand erzählt. »<br />

Das Beispiel zeigt, wie wichtig die Arbeit der Kolleg*innen<br />

der SDA ist. Ein Team von Medienschaffenden, deren<br />

Namen man nicht einmal kennt, leistet sie rund um die<br />

Uhr und das ganze Jahr über in drei Landessprachen. Die<br />

Verfasser*innen der Artikel erscheinen in den Zeitungen<br />

nicht mit Namen. Angegeben wird nur das Kürzel der<br />

Agentur, die 1895 gegründet wurde und für ihre Ausgewogenheit<br />

und Unparteilichkeit bekannt ist. Die SDA nimmt<br />

eine wesentliche Aufgabe des demokratischen Service public<br />

wahr, wenn sie über politische, rechtliche, wirtschaftliche,<br />

sportliche und kulturelle Ereignisse berichtet, die<br />

der vierten Gewalt sonst entgehen würden.<br />

Stärkung der SDA durch das Medienförderpaket<br />

In den letzten Jahren wurde die Keystone-SDA vom Bund<br />

unterstützt. 2021 erhielt die Agentur einen Beitrag von<br />

4 Millionen Franken. Hinzu kommen könnte auch ein<br />

Teil der Mittel, welche der Bund mit dem Medienförderpaket<br />

bereitstellen will, über das wir am 13. Februar abstimmen.<br />

Es geht um die 23 Millionen, die «dem gesamten<br />

Medienplatz Schweiz» über die Unterstützung von<br />

Nachrichtenagenturen zugutekommen sollen. Diese Beiträge<br />

sind unerlässlich. Dahinter lässt sich aber ein anderes<br />

Problem – der Rückgang bei den Werbeeinnahmen –<br />

nicht verbergen. Oder die Tatsache, dass sich diese<br />

Erträge zunehmend auf Konzerne wie Google und Facebook<br />

verlagern. In der Schweiz fliessen jährlich rund 1,4<br />

Milliarden Franken des Werbemarktes an die Internetgiganten.<br />

Dies hat zu Kürzungen, Schliessungen, Konzentrationen<br />

und Druck auf die Arbeit der Redaktionen geführt.<br />

Und das wirkt sich auch auf die Keystone-SDA aus.<br />

Um diesem Trend entgegenzuwirken, haben die französische<br />

Nachrichtenagentur AFP und Google einen Fünfjahresvertrag<br />

unterzeichnet, in dem sich Google verpflichtet,<br />

für die Nutzung der Inhalte der AFP zu zahlen. Könnte<br />

man sich in der Schweiz daran ein Beispiel nehmen?<br />

Eine Aufgabe, die durch die Profitlogik gefährdet wird<br />

In den letzten Jahren ist die SDA aber immer stärker unter<br />

Druck geraten. Im Winter 2018 geschah etwas in der<br />

Schweiz Unvorstellbares: Es wurde gestreikt. Der Konflikt<br />

war durch die angekündigte Streichung von rund vierzig<br />

Stellen aufgrund der Fusion mit der Agentur Keystone<br />

ausgelöst worden. Die Fusion zur Keystone-SDA wurde<br />

dann von den Aktionären genehmigt. Sie löste Bedenken<br />

aus, weil die neue Einheit nun eine private Aktiengesellschaft<br />

ist, die nur ihrem Aktionariat gegenüber verantwortlich<br />

ist. Die Haupteigner sind die österreichische<br />

Agentur APA (30 %) und die TX Group (24,4 %).<br />

Die Auswirkungen sind bereits spürbar: Von 2018 bis<br />

2020 ist die Zahl der Vollzeitstellen von 216 auf 174 gesunken,<br />

der Umsatz von 43 auf 37 Millionen Franken. Dieser<br />

Rückgang ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen,<br />

unter anderem darauf, dass die Aktionäre – also die Verleger<br />

– auf eine Reduktion ihrer eigenen Tarife oder Kündigung<br />

von Abonnementen drängten.<br />

Fotostrecke<br />

Der Fotograf Léonard Rossi ist Absolvent der École de Photographie<br />

de Vevey. Er lebt und arbeitet in Lausanne. In seinem<br />

Schwerpunkt Dokumentar- und Konzeptfotografie interessiert<br />

er sich besonders für soziale und ökologische Fragen<br />

und die erzählerischen Möglichkeiten des Bildes.<br />

Für dieses Dossier hat sich Léonard entschieden, über Medienvielfalt<br />

und -qualität anhand starker Bilder zu sprechen,<br />

die verschiedene Formen und Orte des Konsums von journalistischen<br />

Informationen darstellen.<br />

Léonard arbeitet ausserdem als Museumstechniker im<br />

Schweizer Kameramuseum in Vevey und als Kulturvermittler<br />

in La Ferme des Tilleuls in Renens.<br />

Seine Arbeit ist zu sehen auf leonardrossi.ch.


Die Demokratie in Gefahr<br />

Während die Werbeeinnahmen seit Jahren sinken, werden in der Schweizer<br />

Medienlandschaft immer mehr Fusionen, Kürzungen und andere Sparmassnahmen<br />

durchgeführt. Die daraus resultierende Verarmung der Medienvielfalt<br />

bedroht mittlerweile das Funktionieren unserer Demokratie und lässt<br />

insbesondere Fake News auf Online-Kanälen freien Lauf.<br />

!<br />

Der Pressemarkt zerbröselt regelrecht<br />

70<br />

Anzahl Medientitel,<br />

die seit 2003 in der Schweiz<br />

eingestellt wurden<br />

50<br />

%<br />

Zwischen<br />

2003 und 2020 ist die Zahl der Zeitungsabonnemente<br />

in der Schweiz um fast 50 % eingebrochen:<br />

von 3,39 Millionen auf 1,61 Millionen<br />

Quelle: UVEK<br />

Starke Medienkonzentration<br />

in jeder Region<br />

Der Marktanteil der wichtigsten<br />

Medienakteure in<br />

jeder Region (einschliesslich<br />

Print- und Onlinemedien)<br />

31 % 39 %<br />

Andere Medien<br />

TX Group<br />

20 % Deutschschweiz<br />

Andere<br />

18 %<br />

Andere Medien<br />

Medien<br />

38 %<br />

Soc. Ed. Corriere<br />

del Ticino SA<br />

9 %<br />

Stiftung Aventinus<br />

Romandie<br />

CH-Media<br />

Ringier<br />

Regiopress SA<br />

Ital. Schweiz<br />

11%<br />

ESH Médias<br />

60 % 30 %<br />

TX Group<br />

TX Group<br />

Quelle: Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich<br />

Mehr Konzentration – weniger Vielfalt<br />

In nur drei Jahren, von 2017 bis 2020, stieg der Anteil der geteilten<br />

Artikel – Artikel, die identisch auf verschiedenen Pressetiteln veröffentlicht<br />

werden – von 10 Prozent auf 21 Prozent (Daten für die<br />

Deutschschweiz). Die Zunahme der Informationskonzentration betrifft<br />

hauptsächlich die politische und wirtschaftliche Berichterstattung.<br />

Was sind Fake News? Eine reale Bedrohung<br />

Der Prozentsatz der Bevölkerung, der glaubt, häufig oder sehr häufig<br />

auf Desinformation zu stossen, hängt von der Informations-Quelle ab.<br />

So sind 61,7 % der Schweizer Bürger*innen regelmässig mit Fake News<br />

in den sozialen Medien konfrontiert.<br />

2020<br />

21 %<br />

Politik<br />

2017<br />

2018<br />

2019<br />

2020<br />

16 %<br />

22 %<br />

<strong>27</strong> %<br />

29 %<br />

Soziale<br />

Netzwerke<br />

Videoportale<br />

36,2 %<br />

61,7 %<br />

10 %<br />

2017<br />

Wirtschaft<br />

2017<br />

2018<br />

2019<br />

2020<br />

10 %<br />

18 %<br />

23 %<br />

25 %<br />

Nachrichten-<br />

Apps<br />

<strong>27</strong>,7 %<br />

Quelle: fög Zürich<br />

Quelle: fög Zürich<br />

Werbeeinnahmen sinken, auch online<br />

Die Einnahmen aus der Werbung sind seit Anfang der 2000er-Jahre um fast 50 % gesunken. Eine grosse<br />

Mehrheit der im UVEK-Bericht zur Medienperspektive befragten Medienschaffenden erwartet, dass sich<br />

dieser Trend mittel- bis langfristig fortsetzen wird.<br />

Online-Werbung<br />

Pressewerbung Radiowerbung TV-Werbung<br />

2500<br />

Mio. CHF<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

2002 2004 2005 2010 2012 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020<br />

Seit 2014 stetig gestiegen,<br />

sanken die Einnahmen aus<br />

Online-Werbung 2020 zum<br />

ersten Mal.<br />

Quelle: UVEK


16<br />

Eine bessere<br />

Arbeitswelt<br />

Die Weichen für unsere<br />

gewerkschaftspolitische Zukunft<br />

sind gestellt<br />

Die rund 200 versammelten Delegierten auf dem <strong>syndicom</strong>-<br />

Kongress sagen klar: Eine solidarische Zukunft mit fairen Arbeitsbedingungen<br />

und mehr zum Leben gibt es nur mit einem<br />

Ausbau und Wandel des Service public.<br />

Vierzig Jahre bürgerliche Politik haben<br />

den Service public dereguliert, in<br />

Teilen abgebaut und privatisiert.<br />

Höchste Zeit für eine Gegenoffensive.<br />

Der Service public soll nicht nur<br />

den diskriminierungsfreien Zugang<br />

aller zu wichtigen Gütern auf hohem<br />

Qualitätsniveau bieten. Er soll auch<br />

die Chancengleichheit fördern und<br />

die erweiterte demokratische Teilhabe<br />

organisieren, und er muss sich mit<br />

der Digitalisierung wandeln. Die Arbeitsbedingungen<br />

in den Bereichen<br />

des Service public müssen massgebend<br />

für sozialen Fortschritt sein.<br />

Bausteine für den solidarischen<br />

Umbau in den Branchen<br />

Anhand mehrerer Resolutionen haben<br />

die Delegierten zentrale Forderungen<br />

für eine solidarische Zukunft<br />

verabschiedet. Sie sprechen sich aus<br />

für die sozialverträgliche Bekämpfung<br />

des Klimawandels, gegen die Privatisierung<br />

der PostFinance und sie wollen<br />

die Bestrebungen für einen allgemeinverbindlichen<br />

GAV Zustellung<br />

unterstützen.<br />

Weiter stellen sich die Delegierten<br />

klar gegen die AHV-21-Reform. Eine<br />

Erhöhung des Frauenrentenalters<br />

kommt nicht in Frage! Die Delegierten<br />

zeigen sich solidarisch mit den Pensionierten<br />

der Post in Bezug auf die Personalgutscheine<br />

und kritisieren das<br />

Bundesgerichtsurteil gegen die Genfer<br />

Tageszeitung Le Courrier, das einen<br />

Angriff auf Medienfreiheit und<br />

Demokratie darstellt.<br />

Anpassungen der Organisation<br />

Auch intern wurden die Weichen für<br />

die nächsten vier Jahre gestellt. Neben<br />

der Wiederwahl des Präsidiums sowie<br />

der Wahl der neuen Geschäftsleitung<br />

wurden Anträge aus Sektionen behandelt<br />

und Anpassungen der Struktur<br />

unserer Organisation diskutiert. Dabei<br />

blieb die Einheit der Sektoren, wie<br />

wir sie heute kennen, bestehen. Der<br />

Kongress hat aber auch Aufträge erteilt,<br />

Vorschläge zu unterbreiten, wie<br />

wir aus der heute unbefriedigenden<br />

strukturellen Situation hinausfinden<br />

wollen.<br />

Daniel Münger, Präsident <strong>syndicom</strong><br />

Hier findest du alle Resolutionen:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/kongress21<br />

Der Kongress 2021 konnte unter Einhaltung der Corona-Massnahmen als Präsenzveranstaltung abgehalten werden. (© Sabine Rock)


«Smood hat die Chance, sich von der Konkurrenz abzuheben:<br />

Korrekte Arbeitsbedingungen sind möglich.» David Roth<br />

17<br />

Eine Branche unter Beobachtung<br />

Seit 10 Jahren arbeitet <strong>syndicom</strong> in der Kurier*innen-Branche.<br />

Entstanden ist daraus ein GAV, der 2019 in Kraft trat. Derweil<br />

werden unter den Kurier*innen wieder Stimmen laut, insbesondere<br />

bei Smood.<br />

Der Streik bei Smood breitete sich auf acht Städte in der Westschweiz aus. (© Keystone-SDA)<br />

Gut zwei Jahre nach der Ratifizierung<br />

des GAV Velokurier und urbane Kurierdienstleistungen,<br />

dem 2020 der<br />

Firmen-GAV Notime folgte, geben die<br />

Arbeitsbedingungen in der Branche<br />

immer noch Anlass zur Sorge.<br />

Seit Jahren setzt sich <strong>syndicom</strong> insbesondere<br />

bei Smood für die Aufnahme<br />

von GAV-Verhandlungen ein.<br />

Gemeinsam mit der Belegschaft von<br />

Smood wurden mehrere konkrete Forderungen<br />

formuliert. Als Gewerkschaft<br />

der Kurier*innen fordert <strong>syndicom</strong><br />

eine Anpassung an die Standards<br />

der bestehenden GAV: mehr Lohn,<br />

klarere Spesenabgeltung, ordentliche<br />

Schicht planung. Ab Januar 2021 fanden<br />

erste vertrauliche Gespräche statt<br />

und der Start der GAV-Verhandlungen<br />

stand kurz bevor. Er wurde abgebrochen,<br />

als in der Romandie rund 100<br />

Kolleg*innen einen Streik begannen.<br />

Die Kolleg*innen kritisieren ebendie<br />

Punkte, welche auch die <strong>syndicom</strong>-<br />

Mitglieder immer wieder kritisierten:<br />

Planung, Spesen, Lohn, intransparente<br />

Abrechnung.<br />

<strong>syndicom</strong> hat sich mit den Streikenden,<br />

die sich nun in der Schlichtungsphase<br />

befinden, solidarisch erklärt<br />

und unterstützt auch ihre<br />

Forderungen. Die alten Probleme<br />

müssen geklärt und die aktuellen Fragen<br />

im Rahmen eines GAV geregelt<br />

werden. David Roth, Zentralsekretär<br />

von <strong>syndicom</strong>, betont: «Für Smood<br />

wäre dies eine Gelegenheit, sich von<br />

der Konkurrenz abzuheben und zu<br />

zeigen, dass Sozialpartnerschaft auch<br />

in dieser hart umkämpften Branche<br />

möglich ist. Wir rufen auch die anderen<br />

Akteure der Branche auf, sich diesem<br />

Prozess anzuschliessen.»<br />

Dass Verbesserungen möglich<br />

sind, zeigt wieder die Westschweiz:<br />

Die Genfer Chaskis SA arbeitet mit 400<br />

Beschäftigten als Partnerin von Uber<br />

mit dessen App, stellt die Kurier*innen<br />

aber regulär an. Chaskis ist 2022<br />

dem GAV beigetreten, während sich<br />

viele Unternehmen weiterhin der Meldepflicht<br />

der PostCom entziehen und<br />

die So zialpartnerschaft ablehnen. David<br />

Roth: «Das ist auch ein wichtiges<br />

Signal an die anderen Firmen, die in<br />

der Food-Delivery oder via die Uber-<br />

Eats-App arbeiten. Korrekte Arbeitsbedingungen<br />

sind möglich. <strong>syndicom</strong><br />

wird sie in Genf und schweizweit einfordern.<br />

Die Chaskis SA zeigt den Weg,<br />

den die Branche gehen muss.» (RMO)<br />

Branche Velokurier bei <strong>syndicom</strong>:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/Xwyik<br />

Regulierung der<br />

Plattform-Medien<br />

Lorenzo Bonati, Regionalsekretär<br />

Sektor Medien in Olten<br />

Kommunikationsplattformen wie<br />

Google, Facebook oder Telegram<br />

spielen bei der Meinungsbildung eine<br />

immer wichtigere Rolle. Doch für diese<br />

Plattformen gelten keine journalistischen<br />

Standards. Eine Verpflichtung<br />

zur Wahrhaftigkeit besteht nicht. Dies<br />

öffnet der Verbreitung von Falschinformationen,<br />

Fake News, Tür und Tor.<br />

Der Bundesrat will dieses Problem,<br />

das bei der Corona-Berichterstattung<br />

augenfällig geworden ist, nun aber angehen.<br />

Er beauftragt das Eidgenössische<br />

Departement für Umwelt, Verkehr,<br />

Energie und Kommunikation<br />

(UVEK), bis Ende dieses Jahres Vorschläge<br />

auszuarbeiten, wie Kommunikationsplattformen<br />

reguliert werden<br />

könnten. Ähnliche Bestrebungen sind<br />

in der EU und den USA im Gang.<br />

Für die Glaubwürdigkeit des Journalismus<br />

und für das Funktionieren<br />

der Demokratie sind das gute Nachrichten.<br />

Zu lange haben sich die Plattformen<br />

vor ihrer gesellschaftlichen<br />

Verantwortung gedrückt und behauptet,<br />

sie stellten nur die Infrastruktur<br />

zur Verfügung und seien für die verbreiteten<br />

Inhalte nicht verantwortlich.<br />

Die Werbeeinnahmen, die von<br />

den traditionellen Medien zu ihnen<br />

abwandern, nehmen sie aber gerne.<br />

Höchste Zeit also, dass der Staat<br />

diesem Ungleichgewicht ein Ende<br />

setzt. Denn Fakt ist: Die Kommunikationsplattformen<br />

sind längst selbst<br />

zu mächtigen und einflussreichen<br />

Medienkonzernen geworden. Und mit<br />

grosser Macht muss auch grosse Verantwortung<br />

kommen.


18 Arbeitswelt<br />

«Die grosse Mehrheit der Stipendiat*innen kann dauerhaft<br />

in der Buchbranche Fuss fassen.» Fabio Mussi, Stipendienkasse Buch<br />

Damit der Einstieg leichter fällt<br />

Die von <strong>syndicom</strong> mitgetragene Stiftung Stipendienkasse für<br />

den Schweizer Buchhandel unterstützt Mitglieder bei Aus- und<br />

Weiterbildungen im Buchhandel und in der Verlagsbranche.<br />

Stipendien können den Einstieg ins Berufsleben erleichtern. (© Keystone-SDA)<br />

Bücher üben auf Menschen eine<br />

grosse Anziehungskraft aus. Auch deshalb<br />

sind Verlage und Buchhandlungen<br />

interessante Arbeitsorte. Doch<br />

der berufliche Weg dorthin ist nicht<br />

immer einfach. So gibt es in der<br />

Schweiz inzwischen keinen Ausbildungsgang<br />

für Verlagsmitarbeitende<br />

mehr. Der Einstieg erfolgt nach einem<br />

Studium über Praktika und Volontariate,<br />

deren Verdienst kaum zum Leben<br />

reicht.<br />

Auch später bleiben die Löhne<br />

häufig tief. Geld für Weiterbildungen<br />

zu sparen, ist so nur schwer möglich.<br />

Abhilfe schafft die Stipendienkasse.<br />

Diese wird seit den 1930er-Jahren von<br />

<strong>syndicom</strong> und dem Buchhändler- und<br />

Verleger-Verband SBVV betrieben und<br />

unterstützt Aus- und Weiterbildungen<br />

in der Buchbranche. Wer nach dem<br />

Studium etwa ein Verlagspraktikum<br />

macht, kann aktuell ein Stipendium<br />

von maximal 250 Franken beantragen.<br />

«Das mag nicht nach viel tönen, ist für<br />

die unterstützten Personen aber von<br />

grosser Bedeutung», sagt Stiftungsratspräsident<br />

Fabio Mussi. Oft werde<br />

ein Praktikum oder eine Ausbildung<br />

erst dadurch möglich.<br />

Stipendien wirken nachhaltig<br />

Stipendien gibt es auch für berufsbezogene<br />

Weiterbildungen sowie für<br />

Ausbildungen von Quereinsteiger*innen.<br />

Nicht stipendienberechtigt sind<br />

Erstausbildungen. Gesuche stellen<br />

können die Mitglieder von <strong>syndicom</strong>,<br />

aber auch jene Personen, deren Arbeitgeber*in<br />

beim SBVV Vollmitglied ist.<br />

«Die von uns finanziell unterstützten<br />

Aus- und Weiterbildungen sind<br />

nachhaltig», sagt Fabio Mussi. Befragungen<br />

zeigten, dass die grosse Mehrheit<br />

der Stipendiat*innen in der Branche<br />

Fuss gefasst hat und auch nach<br />

mehreren Jahren noch dort tätig ist.<br />

<strong>syndicom</strong> unterstützt ihre Mitglieder<br />

aus der Buchbranche übrigens zusätzlich<br />

mit bis zu 500 Franken jährlich an<br />

den Weiterbildungskosten. So kann<br />

der Weg in die Welt der Bücher gelingen.<br />

Basil Weingartner<br />

Infoflyer Stipendienkasse für den Schweizer<br />

Buchhandel: <strong>syndicom</strong>.ch/spL8Q<br />

Wir brauchen eine<br />

Offensive gegen den<br />

Fachkräftemangel<br />

Miriam Berger, Zentralsekretärin Sektor ICT<br />

In der Schweizer IT-Branche herrscht<br />

Fachkräftemangel. Seit Messbeginn<br />

des Fachkräftemangel-Indexes vor 6<br />

Jahren war er in der Schweiz nie so<br />

gross wie heute. Die Zahl der Vakanzen<br />

im Vergleich zu den Stellensuchenden<br />

ist nicht nur hierzulande besonders<br />

gross, sondern weltweit.<br />

Gewiefte Unternehmen suchen<br />

ihre Fachleute ganz einfach auf dem<br />

ausländischen Markt. Das Problem<br />

wird damit nicht an der Wurzel gepackt.<br />

Vielmehr wird so von Schweizer<br />

Unternehmen in kolonialistischer<br />

Manier das auch andernorts dringend<br />

benötigte Personal wegrekrutiert.<br />

In dieser Debatte werden gerne<br />

zwei Faktoren ignoriert: Wenn es um<br />

branchen- oder qualifikationsspezifische<br />

Engpässe geht, ist das oft ein<br />

hausgemachtes Problem. Die Arbeitgeber<br />

bilden zu wenig aus und zu wenig<br />

fort, bezahlen ihre Belegschaft zu<br />

schlecht oder haben es versäumt, die<br />

Arbeitsbedingungen ansprechend zu<br />

gestalten.<br />

In der IT-Branche sind beispielsweise<br />

Frauen untervertreten. Es ist<br />

längst anerkannt, dass der Fachkräftemangel<br />

entschärft werden könnte,<br />

wenn mehr Frauen IT-Berufe ausüben<br />

würden. Dafür muss jedoch der Einstieg<br />

attraktiver gestaltet werden.<br />

Zweitens: Auch die Gesellschaft<br />

und somit die Politik haben ein Interesse,<br />

das Problem anzugehen, denn<br />

die Digitalisierung ist die treibende<br />

Kraft für Innovation – dafür braucht es<br />

IT-Fachleute. Der Bund als Eigner eines<br />

der grössten IT-Arbeitgeber hat<br />

zwar seine Ziele für die Swisscom in<br />

gute Richtung überarbeitet. Doch der<br />

Fokus auf Dividende und Wettbewerb<br />

lässt die Preisspirale weiterdrehen<br />

und fördert volkswirtschaftlich kurzsichtiges<br />

Handeln anstatt Investitionen<br />

in den Werkplatz Schweiz. Es<br />

muss dringend in die Ausbildung von<br />

Fachkräften investiert werden. Wirtschaft<br />

und Politik stehen gemeinsam<br />

mit den Bildungsinstitutionen in der<br />

Pflicht, dafür zu sorgen.


«Die Anziehungskraft plattformbasierter Arbeit wird künftig<br />

sicher noch steigen.» Prof. Dr. Caroline Straub, Institut New Work an der BFH<br />

19<br />

Nachhaltige Plattformarbeit<br />

Die Berner Fachhochschule führt eine vom Nationalfonds finanzierte<br />

Längsschnitt-Studie über Plattformarbeit durch, an der<br />

<strong>syndicom</strong> als Partnerin beteiligt ist. Das Ziel: Die Chancen und<br />

Risiken dieser Arbeitsformen besser zu verstehen. Ein Treffen<br />

mit Prof. Dr. Caroline Straub, die das Projekt leitet.<br />

Welche Ziele verfolgt diese Studie?<br />

In der Schweiz gibt es eine Vielzahl<br />

von Tätigkeiten, die über digitale Arbeitsplattformen<br />

vermittelt und ausgeübt<br />

werden, Angebot und Nachfrage<br />

steigen jährlich. Mit dem Ziel, zu einer<br />

nachhaltigen Entwicklung der Digitalisierung<br />

des Schweizer Arbeitsmarktes<br />

beizutragen und Empfehlungen<br />

für Entscheidungsträger zu formulieren,<br />

wollen wir in den nächsten vier<br />

Jahren mit einem Team von Arbeitspsycho<br />

log*innen der Uni Bern und Betriebswirt*innen<br />

der Berner Fachhochschule<br />

Plattformarbeit besser<br />

verstehen.<br />

Der Logistiksektor ist stark betroffen.<br />

Welche Gefahren sehen die in neuen<br />

Beschäftigungsformen tätigen Personen<br />

– und welche Auswirkungen sehen<br />

sie als vorteilhaft an?<br />

Logistikunternehmen in der Schweiz<br />

nutzen zunehmend künstliche Intelligenz,<br />

um etwa die Gleichtageszustellung<br />

zu optimieren. Arbeitnehmende<br />

haben vermehrt mit algorithmischem<br />

Management zu tun – also Führung<br />

durch eine künstliche Intelligenz, oftmals<br />

in Abhängigkeit von Kundenbewertungen.<br />

Unsere Interviews mit<br />

Lieferdienst mitarbeitenden von z. B.<br />

Eat.ch, Smood, Coople, Uber Eats und<br />

Notime haben gezeigt, dass der Umgang<br />

mit Algorithmen insbesondere<br />

dann als unbefriedigend empfunden<br />

wird, wenn Entscheide als unfair oder<br />

willkürlich wahrgenommen werden<br />

und Mitarbeitende keine Möglichkeiten<br />

haben, diese zu hinterfragen.<br />

Als weiteres Negativum wurden die<br />

Anstellungsbedingungen genannt. Einige<br />

Plattformen bezahlen die Arbeitenden<br />

nicht nach Arbeitszeit, sondern<br />

nach Anzahl erledigter Aufträge.<br />

Es zeigte sich jedoch auch, dass Studierende<br />

oder Personen, die nebenher<br />

andere Projekte verfolgen, die zeitliche<br />

Flexibilität von Plattformarbeit<br />

schätzen. Zudem zeigt das Beispiel<br />

von Notime, dass die Erarbeitung eines<br />

Gesamtarbeitsvertrags auch in<br />

dieser Branche möglich ist und zu einer<br />

Verbesserung der Arbeitsbedingungen<br />

führen kann.<br />

Was können regulierte Plattformen<br />

für die Weiterentwicklung der Beschäftigungsformen<br />

tun?<br />

Unsere Interviews zeigen, dass das Bedürfnis<br />

nach selbstbestimmter Arbeit<br />

bzw. die individuelle Einflussnahme<br />

auf Inhalt, Ort und Zeit der Tätigkeit<br />

bei vielen Personen sehr gross ist und<br />

dass dafür Unsicherheiten und Risiken<br />

gerne in Kauf genommen werden.<br />

Die Anziehungs kraft plattformbasierter<br />

Arbeit wird zukünftig sicher noch<br />

steigen, insbesondere, wenn die finanziellen<br />

und sozialen Risiken, die<br />

momentan teilweise bestehen, abgebaut<br />

werden können. Zudem sehen<br />

wir, dass einige Schweizer Plattformen<br />

bereits dabei sind, ihren Arbeitenden<br />

ein gutes Umfeld zu bieten,<br />

um sich neue Fähigkeiten und Kompetenzen<br />

anzueignen und sich so beruflich<br />

weiterzuentwickeln.<br />

Interviewteilnehmende berichten<br />

positiv, dass Plattformarbeit ihr<br />

Selbstwertgefühl stärkt, ihnen die<br />

Möglichkeit bietet, aus unbefriedigenden<br />

Festanstellungen auszubrechen,<br />

Neues auszuprobieren und zu<br />

erlernen, und sie darin bestärkt, den<br />

Schritt in die traditionelle Selbständigkeit<br />

zu wagen.<br />

Die EU-Kommission hat vor kurzem<br />

eine Richtlinie zur Feststellung des<br />

Beschäftigungsstatus von Plattformarbeitenden<br />

vorgestellt. Weshalb<br />

hinkt die Schweiz hinterher?<br />

Die Kriterien der EU sind Ergebnis<br />

einer langjährigen juristischen und<br />

politischen Policy-Debatte. Bei diesen<br />

Kriterien liegt der Fokus auf einer Klärung<br />

der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

von plattformbasierter Arbeit.<br />

Die EU geht davon aus, dass plattformbasierte<br />

Arbeitende Angestellte sind,<br />

wenn die Plattform die Ausführung ihrer<br />

Arbeit «kontrolliert». Es wurden<br />

fünf Kriterien entwickelt, von denen<br />

mindestens zwei erfüllt sein müssen.<br />

Es geht um Kontrolle oder Aufsicht,<br />

die eine Plattform über Preise, Aussehen<br />

oder Verhalten, Qualität der Arbeit,<br />

Arbeitszeiten und die Möglichkeit,<br />

für andere Kunden zu arbeiten,<br />

ausübt. Es könnte sein, dass eine solche<br />

Regelung langfristig die Bezahlung<br />

und Absicherung der Arbeitenden<br />

fairer macht.<br />

Warum die Schweiz diesem Vorgehen<br />

noch nicht folgt, wissen wir nicht.<br />

Jedoch konnten wir im Gespräch mit<br />

Plattformbetreibenden bereits einen<br />

leichten Trend zu mehr Absicherung<br />

und höheren Löhnen auf Schweizer<br />

Plattformen erkennen. Der Plattformmarkt<br />

ist durch viele internationale<br />

Anbieter hart umkämpft. Plattformen<br />

sollten demnach lieber Fachkräfte fördern<br />

und Qualität anbieten, als primär<br />

auf Dumpingpreise zu setzen.<br />

Robin Moret<br />

Die Studie ist Teil des Nationalen Forschungsprogramms 77 zur digitalen Transformation. (© BFH)<br />

Zur Teilnahme an der Studie gehts hier:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/1MRri


20 Arbeitswelt<br />

«Geld ist heute ein Mittel der Zensur, um Medien<br />

mundtot zu machen.» Melina Schröter<br />

Die Affäre Gandur<br />

Die Genfer Tageszeitung Le Courrier wurde wegen eines Artikels<br />

über einen kontroversen Milliardär verurteilt. Dieser Entscheid<br />

ist nur ein Beispiel der zunehmenden Einschüchterungsklagen<br />

gegen Medien.<br />

<strong>syndicom</strong> sicherte dem Courrier ihre Unterstützung bei den weiteren Schritten zu. (© Le Courrier)<br />

Der langjährige Rechtsstreit zwischen<br />

der Zeitung Le Courrier und dem Milliardär<br />

Jean Claude Gandur nahm zumindest<br />

in der Schweiz im November<br />

2021 ein Ende. Ein Porträt des Geschäftsmanns,<br />

das vor sechs Jahren in<br />

Le Courrier erschien, stellte aus dessen<br />

Sicht eine Persönlichkeitsverletzung<br />

dar. Er reichte Klage ein. Nun erhielt<br />

Gandur vor Bundesgericht Recht,<br />

nachdem die Zeitung auf strafrechtlicher<br />

und in erster Instanz auf zivilrechtlicher<br />

Ebene gewonnen hatte.<br />

Die Qualität der journalistischen Arbeit<br />

des beanstandeten Porträts, die<br />

Seriosität der Quellen und das öffentliche<br />

Interesse an den publizierten Informationen<br />

waren sogar vom Strafgericht<br />

hervorgehoben worden.<br />

Geknebelter Journalismus<br />

Abgesehen von der erheblichen finanziellen<br />

Belastung, die Le Courrier<br />

durch die weit über 40 000 Franken<br />

Gerichtskosten entsteht, ist die Begründung<br />

des Lausanner Gerichts für<br />

die Medienfreiheit besonders beunruhigend.<br />

So beziehen sich die Vorwürfe<br />

mehr auf die Form des Artikels – er sei<br />

zu dezidiert und zu kritisch – als auf<br />

die Fakten, über die berichtet wurde.<br />

Die Affäre zeigt sehr deutlich, wie<br />

gefährdet die Medien heute durch solche<br />

Angriffe sind. Zu den jüngsten Beispielen<br />

gehört die Klage gegen den<br />

Chefredaktor der Tessiner Sonntagszeitung<br />

Il Caffè, die 2017 wegen unlauteren<br />

Wettbewerbs und wiederholter<br />

Diffamierung eingereicht wurde. Weitere<br />

Journalisten der Zeitung wurden<br />

wegen wiederholter Verleumdung angeklagt.<br />

Dafür, dass sie einfach ihre<br />

Arbeit gemacht und Fragen zu den<br />

Hintergründen eines Arztfehlers in einer<br />

Privatklinik der Region Lugano gestellt<br />

hatten. Die Journalisten wurden<br />

später freigesprochen.<br />

Fundraising gegen Einschüchterung<br />

Immer häufigere Androhung rechtlicher<br />

Schritte gegen finanziell oft geschwächte<br />

unabhängige Medien; der<br />

politische Wille, superprovisorische<br />

Massnahmen zu erleichtern – die den<br />

investigativen Journalismus klar behindern:<br />

Geld ist heute ein Mittel der<br />

Zensur, um Medien mundtot zu machen.<br />

Im Dezember erst hat das unabhängige<br />

Journal GothamCity.ch, das<br />

sich auf Themen der Wirtschaftskriminalität<br />

spezialisiert hat, ein Fundraising<br />

lanciert. Die Mittel dienen<br />

dazu, sein IT-System gegen wiederkehrende<br />

Attacken zu schützen und<br />

die Kosten für Gerichtsverfahren zu<br />

decken, die mit dem Ziel der Einschüchterung<br />

gegen den Newsletter<br />

geführt werden.<br />

Melina Schröter<br />

Bericht der IFJ/EFJ zum Thema (englisch):<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/NX6qa<br />

Ja am 13. 2.: Auch für<br />

unsere Zusteller*innen<br />

Matteo Antonini, Leiter Sektor Logistik und<br />

Mitglied der Geschäftsleitung<br />

Die Abstimmung am 13. Februar über<br />

die Medienförderung des Bundes betrifft<br />

nicht nur die Journalist*innen.<br />

Sie ist für uns alle von Interesse. Denn<br />

dieses Massnahmenpaket stärkt die<br />

Medienvielfalt, unterstützt die Ausbildung<br />

in der Branche und verhindert<br />

die weitere Konzentration grosser Mediengruppen.<br />

All diese Elemente sind<br />

wichtig für die Demokratie, wie das<br />

Dossier dieser Ausgabe zeigt.<br />

Das Gesetz, über das wir abstimmen<br />

werden, betrifft aber auch Angestellte<br />

des Logistiksektors. Diejenigen<br />

mit schwierigen Arbeitsbedingungen<br />

und niedrigen Löhnen: Die Frühzusteller*innen,<br />

die Morgen für Morgen<br />

vor 6.30 Uhr die Zeitungen austragen.<br />

Das Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket<br />

zugunsten der Medien<br />

sollte dazu genutzt werden, auch die<br />

Löhne und Arbeitsbedingungen der<br />

Angestellten der Frühzustellung zu<br />

verbessern. Dank einem Antrag des<br />

Sankt Galler Ständerats Paul Rechsteiner,<br />

ehemaliger SGB-Präsident, sieht<br />

der Abstimmungstext (Art. 19b Bst. d<br />

und e) vor, dass sich die Frühzustell-Organisationen<br />

(wie Epsilon,<br />

Presto und Schazo) bei der zuständigen<br />

Bundesbehörde registrieren. Sie<br />

müssen «die Einhaltung der branchenüblichen<br />

Arbeitsbedingungen<br />

gewährleisten» und «Verhandlungen<br />

über einen Gesamtarbeitsvertrag mit<br />

den Personalverbänden führen». Eine<br />

gute Gelegenheit für gerechte Löhne<br />

und würdige Arbeitsbedingungen. Für<br />

die sich <strong>syndicom</strong> seit langem einsetzt.


«Seit 20 Jahren gibt es einen Trend zum Abbau des Service<br />

public. Kostenkürzungen sind nur der letzte Schritt.» Matteo Antonini<br />

21<br />

Einstiegslöhne unter der Lupe<br />

Früher war man stolz, für die Post zu arbeiten. Mit der Marktliberalisierung<br />

hat sich die Lage aber verändert, auch bei den<br />

Löhnen. Mit einer Umfrage will <strong>syndicom</strong> diese nun analysieren.<br />

Die <strong>syndicom</strong>-Umfrage zielt ab auf bessere Einstiegslöhne bei der Post. (© Keystone-SDA)<br />

Der gelbe Riese gehörte zu den Symbolen<br />

der Schweiz. Seit zwanzig Jahren<br />

ist das anders, auch in puncto Lohn.<br />

«Deshalb haben wir eine Umfrage im<br />

Bereich Logistik der Post lanciert, um<br />

die Löhne der Personen zu analysieren,<br />

die seit 2016 neu angefangen haben»,<br />

erklärt Matteo Antonini, Leiter<br />

Sektor Logistik von <strong>syndicom</strong>. «Damals<br />

trat der GAV mit seinem neuen<br />

Lohnsystem in Kraft. Wir stellen fest,<br />

dass die Anfangsgehälter allgemein<br />

sehr tief sind, vor allem in Regionen<br />

wie dem Tessin, obwohl das Phänomen<br />

fast überall in der Schweiz zu beobachten<br />

ist.» Verschärft wird die<br />

Lohnproblematik dadurch, dass die<br />

Post immer weniger Personen zu 100<br />

Prozent einstellt. Und das ist nicht nur<br />

die Folge eines besonders hart umkämpften<br />

Marktes mit einem erbitterten<br />

Wettbewerb in der Zustellbranche.<br />

«Seit zwanzig Jahren gibt es einen<br />

Trend zum Abbau des Service public»,<br />

so Antonini. «Die Kostenkürzungen<br />

sind nur der letzte Schritt. Der Wettbewerb<br />

existiert, aber es handelt sich um<br />

einen allgemeinen Trend.»<br />

Eine Bestandsaufnahme<br />

Die Umfrage kann über den Link unten<br />

aufgerufen werden und richtet<br />

sich an die Beschäftigten von Post-<br />

Mail, PostLogistics und Logistik<br />

Services. Anhand weniger einfacher<br />

Fragen (Beschäftigungsgrad, Funktionsstufe,<br />

Kanton) wollen wir uns ein<br />

Bild machen und verstehen, was sich<br />

seit 2016 verändert hat. «Wir brauchen<br />

Grundlagen, um einen Gesamtüberblick<br />

zu erlangen», sagt Matteo Antonini.<br />

«Die Statistiken der Post zeigen<br />

die Durchschnittslöhne aller Angestellten,<br />

also derer, die schon 30 Jahre<br />

dabei sind, wie auch derer, die jetzt beginnen.<br />

Mit der Bestandsaufnahme<br />

unter den Angestellten, die in den letzten<br />

5 Jahren neu angefangen haben,<br />

erhalten wir eine Basis, um zusammen<br />

mit den Arbeitnehmenden mögliche<br />

Forderungen für den Fall auszuarbeiten,<br />

dass der GAV 2023 tatsächlich<br />

neu verhandelt wird. Und mit der Statistik<br />

erhalten wir auch einen klareren<br />

Blick auf die Unterschiede zwischen<br />

den Regionen.»<br />

Giovanni Valerio<br />

Nimm gerne auch du teil an der Umfrage:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/B8gtt<br />

Armut ist kein<br />

Verbrechen.<br />

Patrizia Mordini, Leiterin Gleichstellung und<br />

Mitglied der Geschäftsleitung<br />

Migrantinnen und Migranten leisten<br />

einen wesentlichen Beitrag für das reibungslose<br />

Funktionieren der Schweiz.<br />

Ohne sie würden die Grundversorgung<br />

und der Service public zusammenbrechen.<br />

Die Corona-Krise trifft<br />

Migrantinnen und Migranten besonders<br />

hart. Viele lebten schon vorher<br />

mit Existenzängsten. Sie sind häufig<br />

mit finanzieller Prekarität konfrontiert,<br />

und diese ist mit aufenthaltsrechtlicher<br />

Unsicherheit verbunden:<br />

Wenn Migrant*innen ohne Schweizer<br />

Pass eine gewisse Zeit arbeitslos werden<br />

oder wegen einer Notlage Sozialhilfe<br />

beziehen müssen, verlieren sie<br />

ihre Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung.<br />

Sogar, wenn sie hier geboren<br />

sind oder bereits seit mehr als<br />

15 Jahren eine Niederlassungsbewilligung<br />

haben.<br />

Das Recht auf Unterstützung in<br />

Not und Sozialhilfe ist aber ein Grundrecht,<br />

das in unserer Verfassung verankert<br />

ist und für alle gilt. Die Präambel<br />

der Verfassung betont, «... dass die<br />

Stärke des Volkes sich misst am Wohl<br />

der Schwachen …». Mit der massiven<br />

Verschärfung des Ausländer- und Integrationsgesetzes<br />

AIG, das seit 1. 1. 19<br />

in Kraft ist, werden jedoch die Verletzlichen<br />

noch verletzlicher. Die reiche<br />

Schweiz zeigt sich hier von ihrer unwürdigsten<br />

Seite.<br />

Dies führt dazu, dass die Sozialhilfe<br />

nicht mehr für alle zugänglich ist<br />

und die Armut noch grösser wird. Jeder<br />

vierte Mensch, der Anrecht auf<br />

Sozial hilfe hätte, verzichtet bewusst<br />

darauf. Viele verzichten, weil sie Angst<br />

vor dem Verlust ihrer Aufenthaltsbewilligung<br />

und somit vor einer Abschiebung<br />

haben.<br />

Wir dürfen dies nicht zulassen. Die<br />

Kampagne «Armut ist kein Verbrechen»<br />

einer Allianz von über 80 Organisationen<br />

setzt dort an. Die SP hat im<br />

Parlament einen Vorstoss eingebracht.<br />

Auch der <strong>syndicom</strong>-Kongress<br />

verabschiedete eine Resolution. Wir<br />

müssen die Ursachen der Armut bekämpfen,<br />

nicht die Armen.


22 Politik<br />

Gleichstellungsbarometer<br />

steht auf Regen bis Sturm<br />

Letzten November legte die Schweizerische Konferenz der<br />

Gleichstellungsbeauftragten ihr zweites Nationales Barometer<br />

vor: Die Vereinbarkeit von Erwerbs-, Familien- und Hausarbeit<br />

war 2021 noch schwieriger als zuvor. Das stellen nicht nur die<br />

Frauen fest!<br />

Text: Muriel Raemy<br />

Bild: SGB/Annette Boutellier<br />

«Betroffen machten mich vor allem<br />

die Appelle junger Mütter, die keine<br />

Betreuungsplätze für ihre Kinder<br />

finden. In zahlreichen Kommentaren<br />

zeigte sich auch die Frustration<br />

angesichts der Schwierigkeit, einen<br />

Mentalitätswandel herbeizuführen<br />

und patriarchalische Wertvorstellungen<br />

so zu verändern, dass erwachsene<br />

Männer sich für Erziehung,<br />

Haus- und Pflegeaufgaben<br />

zuständig fühlen.»<br />

Gesine Fuchs meint, dass<br />

Gleichstellung niemanden kalt lässt<br />

und die unbezahlte Care-Arbeit die<br />

gesamte Bevölkerung betrifft. «Die<br />

Hälfte der Befragten äusserte konkrete<br />

Vorschläge, wie die Situation<br />

auf politischer und unternehmerischer<br />

Ebene verbessert werden<br />

könnte. Dies zeigt, dass das Thema<br />

in den Familien und in der Berufswelt<br />

intensiv diskutiert wird.»<br />

Die Antworten auf die Frage,<br />

wie man eine bessere Verteilung der<br />

Care-Arbeit erreichen könnte, reichen<br />

von finanzieller Unterstützung<br />

und besserer Anerkennung in den<br />

Sozialversicherungen über einen<br />

AHV-Anspruch zur bezahlten Elternzeit,<br />

von der steuerlichen Berücksichtigung<br />

über flexible Arbeitsbedingungen<br />

in Bezug auf Zeit und<br />

Ort, Förderung von Teilzeitarbeit<br />

und Jobsharing bis hin zu einer besseren<br />

Anerkennung und Entlöhnung<br />

von Care-Berufen sowie<br />

Lohngleichheit. An Ideen mangelt<br />

es jedenfalls nicht.<br />

Dass die Einschätzungen so kritisch<br />

ausfallen würden, hatte das von<br />

Gesine Fuchs geleitete Forschungsteam<br />

der Hochschule Luzern – Soziale<br />

Arbeit nicht erwartet. Im Auftrag<br />

der Schweizerischen Konferenz der<br />

Gleichstellungsbeauftragten (SKG)<br />

hatte das Team 2018 ein erstes «Nationales<br />

Barometer Gleichstellung»<br />

erstellt. In der zweiten Befragung<br />

wurde 2021 der Fokus auf das Verhältnis<br />

von Erwerbsarbeit und unbezahlter<br />

Care-Arbeit gelegt.<br />

2245 Personen – 1110 Frauen,<br />

1134 Männer und 1 Person, die sich<br />

weder als Frau noch als Mann identifiziert<br />

– aus allen sieben Grossregionen<br />

der Schweiz nahmen an der<br />

Online-Befragung teil. «Die Befragten<br />

waren deutlich kritischer als vor<br />

drei Jahren: Der Stand der Gleichstellung<br />

in den Bereichen Familie<br />

und Erwerbsarbeit und sogar Politik<br />

wird als sehr schlecht eingeschätzt»,<br />

sagt Gesine Fuchs. Konkret bedeutet<br />

dies: die unbezahlte Care-Arbeit<br />

wird hauptsächlich von Frauen geleistet.<br />

Viele Vorschläge an die Politik<br />

Schäden durch die Pandemie<br />

Das Nationale Barometer zeigt auch,<br />

dass die wahrgenommene Verschlechterung<br />

bei der Gleichstellung<br />

– nur 10 Prozent der Befragten<br />

sehen die Gleichstellung in der<br />

Familie als erreicht – zum Teil auf<br />

die Pandemie zurückzuführen ist.<br />

«Dies kann damit zusammenhängen,<br />

dass die Pandemie bestehende<br />

Ungleichheiten sichtbarer<br />

gemacht hat. Aber auch damit, dass<br />

vor allem Personen mit Betreuungspflichten,<br />

besonders Frauen, sehr<br />

stark von Schliessungen von Schulen<br />

und Betreuungsinstitutionen<br />

betroffen waren.» Weitere Studien<br />

müssen die Effekte der Pandemie<br />

noch vertieft untersuchen.<br />

Für Gesine Fuchs hat die öffentliche<br />

Debatte rund um den<br />

Frauenstreik und die eidgenössischen<br />

Wahlen 2019 das Problembewusstsein<br />

erhöht. «Die Ergebnisse<br />

zeigen deutlich, dass die Familienpolitik<br />

auf der Ebene von Bund,<br />

Kantonen und Gemeinden systematischer<br />

und verbindlicher umgesetzt<br />

werden muss.»<br />

Der ganze Bericht:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/qh4Qy


3 Fragen an Patrizia Mordini,<br />

Leiterin Gleichstellung bei <strong>syndicom</strong> und<br />

Mitglied der Geschäftsleitung<br />

23<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Das Nationale Barometer 2021 zeigt,<br />

dass die Gleichstellung in der<br />

Schweiz noch lange nicht erreicht<br />

ist. Überrascht diese Feststellung?<br />

Nein! Die vom Bundesamt für<br />

Statistik im letzten Sommer (siehe<br />

<strong>syndicom</strong>-Magazin <strong>Nr</strong>. 25, Oktober<br />

2021) publizierten Zahlen wiesen in<br />

dieselbe Richtung wie das Barometer:<br />

Bei den Paaren mit Kindern ist<br />

das Modell «Mann Vollzeit, Frau<br />

Teilzeit» am meisten verbreitet.<br />

Da die Frauen Teilzeit arbeiten,<br />

kümmern sie sich auch um die<br />

ganze unbezahlte Care-Arbeit, was<br />

erhebliche Auswirkungen auf ihre<br />

Karriere, ihre soziale Sicherheit und<br />

ihre Rente hat. <strong>syndicom</strong> setzt sich<br />

für progressivere Teilzeitarbeitsmodelle<br />

ein.<br />

Damit greift <strong>syndicom</strong> die<br />

Forderungen der für das Barometer<br />

Befragten auf.<br />

Ich freue mich über diese Antworten!<br />

Sie geben die Richtung vor, der<br />

wir folgen müssen, und zeigen, dass<br />

Gleichstellung kein «nice to have»<br />

ist: Die Gleichstellung der Geschlechter<br />

ist notwendig für die<br />

Bevölkerung. Die ganze Gesellschaft<br />

profitiert, wenn alle für die geleistete<br />

Care-Arbeit anerkannt werden.<br />

Sind politische Diskussionen im<br />

Gange?<br />

Der SGB-Frauenkongress im November<br />

letzten Jahres sprach sich für<br />

eine Volksinitiative aus, die fordert,<br />

dass die familien- und schulergänzende<br />

Kinderbetreuung dem Service<br />

public zugeordnet wird und somit<br />

eine flächendeckende, qualitativ<br />

hochwertige Betreuung garantiert,<br />

wobei die Elternbeiträge auf ein<br />

Minimum reduziert werden. Die<br />

Frauenkommission fordert zudem<br />

substanzielle Verbesserungen der<br />

Löhne und Arbeitsbedingungen im<br />

Care-Bereich. Die SP-Frauen haben<br />

beschlossen, dazu eine Initiative zu<br />

lancieren.<br />

Barometer Gleichstellung in Zahlen<br />

82 %<br />

der Befragten sind der<br />

Meinung, dass Frauen<br />

mehr oder eher mehr Zeit für<br />

unbezahlte Hausarbeit und<br />

Betreuungsaufgaben<br />

aufwenden als Männer.<br />

1/3<br />

Für etwas mehr als<br />

eine von drei Frauen ist die<br />

Vereinbarkeit von Berufs- und<br />

Privatleben seit der Pandemie<br />

schwieriger geworden. Bei den<br />

Männern ist das für etwas<br />

weniger als 30 % der Fall.<br />

30 %<br />

18 %<br />

Rund 30 % der Befragten (28,7 % der Frauen und<br />

35,7 % der Männer) sind der Meinung, dass die<br />

Pandemie langfristig positive Folgen für die<br />

Familienfreundlichkeit der Unternehmen in der<br />

Schweiz haben wird.<br />

Aber nur 17 % bzw. 18 % der Frauen erwarten<br />

positive Effekte auf die Gleichstellung von Frau<br />

und Mann sowie auf die gerechte Verteilung<br />

der unbezahlten Care-Arbeit in der Schweiz.<br />

Ist die Gleichstellung in der Schweiz erreicht?<br />

Die Mehrheit der befragten erwerbstätigen Personen in der Schweiz schätzt die<br />

Gleichstellung von Frau und Mann, wie in der Bundesverfassung verlangt, als nicht<br />

oder nur teilweise erreicht ein. Seit 2018 hat sich diese Wahrnehmung verstärkt.<br />

Ja, auf jeden Fall<br />

Nein, überhaupt nicht<br />

Ja, teilweise<br />

Nein, nicht wirklich<br />

In der Familie<br />

2021 10,3 35,5<br />

2018 25,3<br />

46,8<br />

In der Politik<br />

2021 16,6<br />

34,7<br />

2018 21,2<br />

42,1<br />

In der<br />

2021 28,3<br />

41,5<br />

Ausbildung<br />

2018 26,2<br />

43,0<br />

Am Arbeitsplatz<br />

2021 12,0 36,3<br />

2018 11,9<br />

43,5<br />

Bei Führungspositionen<br />

2021 8,8 24,8<br />

36,9<br />

2018 9,8<br />

33,3<br />

37,3<br />

32,8<br />

36,8<br />

34,2<br />

39,5<br />

29,3<br />

16,9<br />

22,9 5,1<br />

22,7<br />

24,8<br />

%<br />

15,9<br />

7,5<br />

7,5<br />

6,1<br />

14,9<br />

10,4<br />

29,6<br />

17,4<br />

Die wichtigsten geforderten Massnahmen auf<br />

unternehmerischer und gesellschaftlicher Ebene<br />

Frauen<br />

Einhaltung der Lohngleichheit<br />

Gleiche Karrierechancen<br />

Flexible Arbeitszeiten, beispielsweise<br />

Jahresarbeitszeiten<br />

Abbau von Stereotypen über Männer,<br />

die Betreuungsarbeit leisten<br />

Bezahlte Elternzeit<br />

Männer<br />

68,4 %<br />

76,5 %<br />

67,2 %<br />

70,3 %<br />

72,0 %<br />

66,7 %<br />

59,3 %<br />

61,1 %<br />

55,7 %<br />

81,6 %


24 Politik<br />

AHV-Abbau stoppen.<br />

Jetzt unterschreiben!<br />

«AHV 21» verschlechtert die Renten jener, die heute schon<br />

am wenigsten haben: der Frauen. Und sie spurt den Weg für<br />

weitere Rentenverschlechterungen – in der 1. und der 2. Säule.<br />

Wir ergreifen mit einem breiten Bündnis das Referendum!<br />

Text: Gabriela Medici, SGB<br />

Bild: <strong>syndicom</strong><br />

Seit 50 Jahren verspricht die Verfassung<br />

existenzsichernde AHV-Renten<br />

für die Bevölkerung. Davon sind wir<br />

weit entfernt. Niemand kann heute<br />

in der Schweiz nur von der AHV-<br />

Rente leben. Doch die «AHV 21»-Reform<br />

bietet keine Antworten auf die<br />

Rentensorgen. Im Gegenteil. Sie verschlechtert<br />

die Renten jener, die<br />

heute schon am wenigsten haben:<br />

der Frauen. Frauen erhalten immer<br />

noch rund einen Drittel weniger<br />

Rente als die Männer.<br />

Mit der vom Parlament beschlossenen<br />

Rentenaltererhöhung<br />

verlieren sie im Schnitt 1200 Franken<br />

Rente pro Jahr. Die bürgerliche<br />

Mehrheit hat wohl sogenannte<br />

Kompensationen beschlossen, welche<br />

die Kürzungen für Frauen, die<br />

kurz vor der Rente stehen, etwas<br />

abfedern sollen. Nur sind sie so<br />

mickrig, dass der Hälfte der Frauen,<br />

die in den nächsten neun Jahren<br />

in Rente gehen, umgehend eine<br />

Rentenverschlechterung droht. Besonders<br />

betroffen sind erwerbstätige<br />

Frauen.<br />

Bürgerliche Politiker*innen<br />

und die Arbeitgeber behaupten, die<br />

Reform wäre notwendig, um die<br />

AHV zu sichern. Doch mit «AHV 21»<br />

will das Parlament der AHV nur eine<br />

kurze Verschnaufpause geben. Der<br />

Bundesrat schlug noch eine fast<br />

doppelt so hohe Zusatzfinanzierung<br />

über die Mehrwertsteuer vor wie<br />

jetzt beschlossen. Das Parlament<br />

will der AHV mit «AHV 21» zwar insgesamt<br />

auch 0,4 Prozent mehr<br />

Mehrwertsteuer zufliessen lassen –<br />

das ist theoretisch positiv. Doch das<br />

Die SNB hat genug<br />

Geld, um die<br />

AHV problemlos<br />

zu finanzieren.<br />

Parlament will einen Tauschhandel:<br />

die Zusatzfinanzierung soll nur<br />

dann in Kraft treten, wenn das Frauenrentenalter<br />

erhöht wird. Die hier<br />

verfolgte Logik ist offensichtlich:<br />

der Reformdruck für eine weitere<br />

AHV-Reform soll hoch bleiben. Damit<br />

dann das Rentenalter für alle<br />

erhöht werden kann. Denn anders<br />

als behauptet, ist die Erhöhung des<br />

Frauenrentenalters für die Finanzierung<br />

der AHV letztlich wenig relevant.<br />

Die AHV braucht für die Babyboomer<br />

temporär etwas mehr Geld,<br />

das ist unbestritten. Doch seit 2020<br />

erhält sie bereits jährlich 2 Milliarden<br />

zusätzlich – weil sich die<br />

Stimm bevölkerung für eine Zusatzfinanzierung<br />

der AHV ausgesprochen<br />

hatte. Drum schreibt die AHV<br />

die nächsten Jahre schwarze Zahlen.<br />

Auch der gesamte Babyboomer-<br />

Zusatzbedarf in den nächsten 25<br />

Jahren ist problemlos finanzierbar –<br />

und in erster Linie eine Frage des<br />

politischen Willens. Der SGB lanciert<br />

dazu demnächst eine Initiative,<br />

die fordert, dass ein Teil der<br />

SNB-Gewinne der AHV zufliesst.<br />

Nicht nur bei der Finanzierung,<br />

auch an anderen Stellen hat das Parlament<br />

bereits die Zange angesetzt,<br />

um weitere Rentenaltererhöhungen<br />

vorzubereiten. So sollen die Bedingungen<br />

für die vorzeitige Pensionierung<br />

verschlechtert werden. Obwohl<br />

diese bereits heute ein Privileg der<br />

Reichen ist. In Banken und Versicherungen<br />

nehmen 58 Prozent der<br />

Beschäftigten frühzeitig den Hut.<br />

Sie brauchen dafür nicht die AHV.<br />

Nur 36 Prozent der Bevölkerung<br />

können sich das leisten. Gleichzeitig<br />

hat der Nationalrat aus der<br />

BVG-Reform ein Abbau-Massaker<br />

veranstaltet – so, dass am Ende alle<br />

mehr bezahlen sollen für noch tiefere<br />

PK-Renten.<br />

Damit wird klar: «AHV 21»<br />

spielt die erste Geige im Rentenabbau-Konzert.<br />

Es ist notwendig, diese<br />

Reform abzulehnen und ein klares<br />

Zeichen zu setzen gegen jede weitere<br />

Abwärtsspirale.<br />

Jetzt gleich online unterschreiben:<br />

ahv21-nein.ch/<strong>syndicom</strong>


Recht so!<br />

25<br />

Liebe Rechtsberatung<br />

Ich arbeite als freier Journalist und<br />

schreibe u. a. zu gewerkschaftspolitischen<br />

Themen. Aktuell arbeite ich an einem aufwendigen<br />

Hintergrundbericht und benötige<br />

Informationen aus amtlichen Dokumenten,<br />

die sich beim Seco befinden. Habe ich ein<br />

Recht auf Einsicht in diese Dokumente?<br />

Mit welchen Kosten ist ein Gesuch verbunden,<br />

und wie kann ich vorgehen, wenn<br />

mir die Einsicht in die verlangten Akten<br />

verweigert wird?<br />

Ich schreibe u. a. für Tageszeitungen und<br />

bin auf eine schnelle Informationsbeschaffung<br />

angewiesen. Kann ich mich als Journalist<br />

auf besondere Rechte berufen?<br />

Antwort des <strong>syndicom</strong>-Rechtsdienstes<br />

Artikel 16 der Bundesverfassung gewährleistet die Meinungs-<br />

und Informationsfreiheit. Die Informationsfreiheit<br />

umfasst das Recht, Nachrichten und Meinungen<br />

ohne Eingriffe des Staates zu empfangen, aus allgemein<br />

zugänglichen Quellen zu beschaffen und weiterzuverbreiten.<br />

Ob eine Informationsquelle öffentlich zugänglich ist,<br />

wird nach den einschlägigen Gesetzen und den Umständen<br />

des konkreten Falls beurteilt.<br />

Seit 2006 ist das Bundesgesetz über die Öffentlichkeit<br />

(BGÖ) in Kraft. Für die Bundesverwaltung – und das Seco<br />

als Teil davon – gilt seither das Öffentlichkeitsprinzip mit<br />

Geheimhaltungsvorbehalt. Das BGÖ räumt grundsätzlich<br />

jeder Person das Recht ein, Einsicht in Dokumente der<br />

Bundesverwaltung zu nehmen. Wenn ein höher zu gewichtendes<br />

Geheimhaltungsinteresse (z. B. Gefährdung<br />

wirtschaftspolitischer Interessen der Schweiz, Gefährdung<br />

der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz,<br />

Beeinträchtigung der Privatsphäre Dritter) der Einsichtnahme<br />

entgegensteht, kann das Seco diese verweigern.<br />

Ein Antrag auf Akteneinsicht ist kostenlos. Die zuständige<br />

Behörde kann den Aufwand für die Bearbeitung des<br />

Gesuchs in Rechnung stellen, wenn der verursachte<br />

Aufwand 100 Franken übersteigt. Über die beabsichtigte<br />

Gebührenerhebung muss die Behörde die antragstellende<br />

Person vorgängig informieren.<br />

Innert 20 Tagen ab Erhalt des ablehnenden Entscheids<br />

kann gestützt auf Art. 13 BGÖ beim Datenschutzund<br />

Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) ein Schlichtungsantrag<br />

gestellt werden. Verläuft das kostenlose<br />

Schlichtungs verfahren erfolgreich, ist das Verfahren<br />

beendet. Einigen sich die Parteien nicht, gibt der EDÖB<br />

ihnen eine schriftliche Empfehlung ab.<br />

Verlangt es die antragstellende Person oder hält die<br />

Behörde – entgegen der Empfehlung des EDÖB – am<br />

ablehnenden Entscheid fest, erlässt sie einen formellen<br />

Entscheid. Gegen diesen Entscheid kann beim Bundesverwaltungsgericht<br />

Beschwerde geführt werden.<br />

Das Verfahren ist kostenpflichtig.<br />

Die Behörden müssen auf die besonderen Bedürfnisse<br />

der Journalist*innen Rücksicht nehmen. Es wird beispielsweise<br />

empfohlen, auf die Erhebung von Gebühren<br />

zu verzichten, wenn ein überwiegendes Interesse an der<br />

Dienstleistung besteht. Die Öffentlichkeitsverordnung<br />

regelt, dass bei Gesuchen von Medienschaffenden auf die<br />

zeitliche Dringlichkeit der Berichterstattung Rücksicht<br />

genommen werden muss.<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/rechtso


26 Freizeit<br />

Tipps<br />

© Seismo Verlag<br />

Neue Kurse: Soft Skills und<br />

Word für Fortgeschrittene<br />

Die Movendo-Kurse des neuen Jahres<br />

gehen weg wie warme Semmeln.<br />

Hier eine Auswahl der nächsten<br />

Kurse mit freien Plätzen für Mitglieder,<br />

alle erst im April:<br />

Meine Anliegen am Arbeitsplatz<br />

durchsetzen (5.–6. 4. 22 in Biel,<br />

Hotel City): Täglich müssen im Arbeitsalltag<br />

die verschiedensten Dinge<br />

ausgehandelt werden: Ferienplanung,<br />

Überstunden, zusätzliche<br />

oder unangenehme Aufgaben. Nach<br />

solchen Verhandlungen beschleicht<br />

uns oft das ungute Gefühl, dass vielleicht<br />

mehr hätte erreicht werden<br />

können. Eine Überprüfung des Verhandlungsstils,<br />

um tragfähige und<br />

optimale Übereinkommen auszuhandeln,<br />

ist Ziel dieses Kurses.<br />

Umgang mit Konflikten am Arbeitsplatz<br />

(7.–8. 4. 22 in Kappel a. A.,<br />

Hotel Kappel): Meinungsverschiedenheiten,<br />

Spannungen und Konflikte<br />

gehören zu unserem Alltag.<br />

Ob im Büro, im Sektionsvorstand, in<br />

der Partei – wir wissen aus eigener<br />

Erfahrung: sinnvoll mit Konflikten<br />

umgehen will gelernt sein.<br />

Aufbaukurs Word (29. 4. 22 in<br />

Bern, Computerschule Bern): Dieser<br />

Kurs zeigt, wie man Texte für verschiedene<br />

Zwecke mit Word (MS Office<br />

2016) gekonnt aufbaut und gestaltet.<br />

Inhalt: Dokument- und<br />

Formatvorlagen definieren und zuweisen,<br />

Kopf- und Fusszeile einfügen,<br />

Abschnittswechsel definieren,<br />

Grafiken und Diagramme platzieren<br />

und beschriften, Verzeichnisse erstellen.<br />

Diese Kurse sind nur für Mitglieder<br />

kostenfrei besuchbar, Preise für<br />

alle andern bitte der Webseite entnehmen.<br />

Alle früheren Kurse sind<br />

belegt und höchstens noch über die<br />

Warteliste buchbar!<br />

(Red.)<br />

© Gezeichnet<br />

«Gezeichnet», Ausgabe 2021<br />

Der grosse «begehbare Jahresrückblick»<br />

der Schweizer Pressezeichnung,<br />

ausgerichtet vom gleichnamigen<br />

Verein, läuft noch bis zum<br />

13. Februar im Berner Museum für<br />

Kommunikation. Ist dies noch immer<br />

eine Männerbranche? Nur 8<br />

von 51 vorgestellten Zeichner*innen<br />

sind Zeichnerinnen. Und die Ausstellung<br />

zeigt laut Veranstalter<br />

«praktisch alle» Cartoonist*innen<br />

des Schweizer Blätterwalds. Auch<br />

unser Magazin-Karikaturist Ueli<br />

Widmer ist natürlich dabei.<br />

Das MfK bezeichnet die Pressekarikatur<br />

als die «meistunterschätzte<br />

Form des Journalismus» und<br />

warnt: Obwohl der Humor einen<br />

leichten Zugang biete, sei die Pressezeichnung<br />

deswegen noch lange<br />

nicht leicht verdaulich: «Das Lachen<br />

bleibt regelmässig im Hals stecken».<br />

Wer es nicht nach Bern ins Museum<br />

schafft bis zum 13. Februar<br />

(und an diesem Tag muss natürlich<br />

abgestimmt werden!), hat zwei Möglichkeiten.<br />

Erstens gibt es zur Ausstellung<br />

ein Begleitbuch (120 Seiten,<br />

21 x 21 cm, 42 Franken, kann<br />

direkt beim Museum bestellt werden).<br />

Zweitens hat der Verein «Gezeichnet»,<br />

nachdem die letztjährige<br />

Ausstellung coronahalber geschlossen<br />

werden musste, sämtliche Bilder<br />

der Ausgabe 2020 in einer Online-Galerie<br />

versammelt. Diese sind<br />

auf der Webseite Gezeichnet.ch immer<br />

noch zu besichtigen (das Anschauen<br />

braucht allerdings sehr viel<br />

Speicherplatz).<br />

(Red.)<br />

Brisant: Ungleichheit im Alter<br />

Die Sozialwissenschaftler*innen<br />

Carlo Knöpfel und Nora Meuli sind<br />

bei <strong>syndicom</strong> keine Unbekannten:<br />

Sie gaben bereits (gemeinsam mit<br />

Riccardo Pardini) die Studie «Up to<br />

date: Arbeitsmarktfähigkeit von<br />

ICT-Beschäftigten in der Schweiz»<br />

heraus (2020).<br />

Nun haben sie sich mit der alternden<br />

Gesellschaft beschäftigt<br />

und die Ergebnisse veröffentlicht<br />

unter dem Titel «Ungleichheit im<br />

Alter: Eine Analyse der finanziellen<br />

Spielräume älterer Menschen in der<br />

Schweiz». Oft wird nur gefragt, was<br />

die Alten und Gebrechlichen der<br />

Gesellschaft an Kosten verursachen.<br />

Dieses Buch dreht die Perspektive<br />

um und stellt die Menschen und<br />

ihre finanzielle Situation ins Zentrum:<br />

Wie hoch sind Einkommen<br />

und Vermögen im Alter? Welche<br />

Kosten für die Betreuung und Pflege<br />

tragen die älteren Menschen selbst<br />

und wie unterstützt sie das System<br />

der sozialen Sicherheit dabei?<br />

Die Untersuchung zeigt Ungleichheiten<br />

im Alter auf: Zwischen<br />

reichen und armen Rentnerhaushalten,<br />

zwischen älteren Frauen und<br />

Männern und zwischen agilen und<br />

fragilen Rentner*innen. Viele sind<br />

von Altersarmut betroffen, während<br />

andere über Vermögen verfügen.<br />

Am Ende stellt sich die Frage,<br />

wie viel Ungleichheit im Alter wir<br />

akzeptieren wollen. Das Fazit der<br />

Autor*innen: «Ein Altwerden in<br />

Würde für alle ist in der Schweiz mit<br />

dem heutigen Sozial- und Gesundheitswesen<br />

nicht gewährleistet.»<br />

(Red.)<br />

Jahresprogramm 2022 und Anmeldung:<br />

Movendo.ch<br />

Gezeichnet 2021 im Museum für Kommunikation<br />

Bern, bis 13.2.22, MfK.ch<br />

Knöpfel/Meuli: Ungleichheit im Alter,<br />

224 Seiten, 38 Franken, Seismo Verlag 2021


1000 Worte<br />

Ruedi Widmer<br />

<strong>27</strong>


28 Bisch im Bild Am 26. und <strong>27</strong>. November 2021 versammelten sich fast zweihundert <strong>syndicom</strong>-<br />

Delegierte im Kongresszentrum Langenthal, um die Zukunft der Gewerkschaftspolitik<br />

zu gestalten. Im Mittelpunkt der Debatten stand der Service public als<br />

Fundament unserer Gesellschaft.<br />

1<br />

2<br />

4<br />

3<br />

5


1. Dutzende von erhobenen Händen: Abstimmungszeit am <strong>syndicom</strong>-Kongress. (© alle Bilder auf dieser Doppelseite: Sabine Rock)<br />

2.–4. Auf dem Podium sind die Frauen an der Reihe: Fatima Lee (IG Migration), Min Li Marti (SP-Nationalrätin Zürich) und Jasmin Weirauch<br />

(<strong>syndicom</strong> Medien Zürich-Ostschweiz).<br />

5. Momentaufnahme der Diskussion aus Sicht der Delegierten.<br />

6. Podium der Geschäftsleitung, im Vordergrund: Vizepräsidentin Stephanie Vonarburg.<br />

7. Die Delegierte Gerda Kern ergreift das Wort.<br />

8. Die mitreissende Rede von Halil Plancic (Co-Präsident <strong>syndicom</strong>-Sektion Biel ICT).<br />

9. Erinnerungsfoto der Anwesenden im Saal: Eine echte Präsenzveranstaltung.<br />

29<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9


30<br />

Aus dem<br />

Leben von ...<br />

Hugo Meier: Ich zahle weiterhin Beiträge<br />

ein – aus Solidarität mit den Jungen<br />

Geboren am 6. Mai 1932, in Mettmenstetten<br />

(ZH) aufgewachsen. Erlernte<br />

den Beruf des Uniformierten Postbeamten.<br />

Stationen waren u.a. Sihlpost<br />

Zürich, Mettmenstetten, Olten und<br />

Zürich­Sihlfeld. Gewerkschaftsmitglied<br />

seit 1950 (anfangs PTT­Union, heute<br />

<strong>syndicom</strong>).<br />

Mit seiner Ehefrau Christiane ist<br />

Hugo Meier seit 58 Jahren verheiratet,<br />

die beiden haben zwei Töchter, zwei<br />

Schwiegersöhne und vier Enkel. Mit<br />

seiner Frau teilt er zahlreiche Hobbys:<br />

Waren es früher der Familiengarten<br />

und die Mitgliedschaft im Schweizer<br />

Alpenclub, sind es heute das Schwimmen<br />

und das Spazieren – Hugo ist<br />

täglich eine Stunde unterwegs.<br />

Text: Suleika Baumgartner<br />

Bild: Patrick Gutenberg<br />

70 Jahre in der<br />

Gewerkschaft<br />

Mit meiner zwei Jahre jüngeren<br />

Schwester verbrachte ich eine schöne,<br />

aber arbeitsreiche Kindheit.<br />

Wenn ich von der Schule nach Hause<br />

kam, musste ich nach den Tieren<br />

schauen: Kaninchen, Schafe, Hühner,<br />

Schweine. Das bedeutete unter<br />

anderem: täglich ausmisten. Meine<br />

Eltern führten im zürcherischen<br />

Mettmenstetten ein Schneidermassgeschäft<br />

mit einer Tuchhandlung,<br />

sie besassen aber viel Land und<br />

bauten Gemüse an. Gerne wäre ich<br />

Automechaniker geworden, doch die<br />

einzige Lehrstelle im Säuliamt ging<br />

an den Sohn des Garagisten.<br />

Nach einigen Monaten als Privatbriefträger<br />

wurde ich als 17-Jähriger<br />

Postanwärter und bestand am 2. Juli<br />

1950 die Prüfung zum Uniformierten<br />

Postbeamten mit der Note 5.19.<br />

Das weiss ich noch so genau, weil<br />

ich alle Zeugnisse und andere wichtige<br />

Dokumente aufbewahrt habe.<br />

Zum Beispiel besitze ich noch die<br />

Lohnkarte vom September 1961.<br />

Damals verdiente ich 718.90 Franken<br />

im Monat.<br />

«Wer bei der Post arbeitet, der gehört<br />

auch in die Gewerkschaft», hiess<br />

es, als man mich für die PTT-Union<br />

anwarb. Von Anfang an gefiel mir die<br />

Idee der Gemeinschaft, und so<br />

kommt es, dass ich seit 70 Jahren<br />

Gewerkschafts-Mitglied bin. Ich sitze<br />

gerne in der ersten Reihe, ich verstecke<br />

mich nicht. Unter anderem<br />

war ich Büro-Obmann und Vertrauensmann.<br />

Obwohl ich seit 24 Jahren pensioniert<br />

bin, zahle ich weiterhin ein,<br />

und zwar aus Solidarität mit den<br />

Jungen. Wir mussten doch so viel<br />

erkämpfen, da ist es wichtig, dass es<br />

weitergeht! Zu Beginn meines Berufslebens<br />

hatte ich eine Woche<br />

Ferien im Jahr, am Ende waren es<br />

fünf. Der wichtigste Kampf aber, das<br />

war schon der für Lohnerhöhungen.<br />

Ich erinnere mich auch noch daran,<br />

dass wir dreiteilige Dienste hatten an<br />

einem Arbeitstag.<br />

Von meinen insgesamt 45 Dienstjahren<br />

verbrachte ich 34 an der gleichen<br />

Stelle, im gleichen Büro: im<br />

Postamt 8040, Zürich-Sihlfeld. Dort<br />

lernte ich auch meine elf Jahre jüngere<br />

Frau kennen. Sie war die Lehrtochter,<br />

und das war gar nicht gern<br />

gesehen, damals. Und ich erlebte<br />

fünf verschiedene Postverwalter, alle<br />

waren sie gute Vorgesetzte, und auch<br />

mit den Kollegen verstand ich mich<br />

hervorragend.<br />

Bevor ich ins Sihlfeld kam, wurde<br />

ich in verschiedenen Poststellen eingesetzt.<br />

So arbeitete ich in der Paketausgabe<br />

der Sihlpost – das war eine<br />

strenge Zeit, weil ich alle zwei Wochen<br />

Nachtdienst hatte und das gesundheitlich<br />

nicht gut vertrug. Es<br />

folgte Mettmenstetten und ein Abstecher<br />

ins Bahnpostamt in Olten.<br />

Dort herrschte Personalnotstand.<br />

Die Post organisierte mir ein Zimmer,<br />

und der Lohn, der war sogar<br />

besser als in Zürich.<br />

Heute bin ich stolz auf diesen abwechslungsreichen<br />

Lebenslauf und<br />

auf mein Engagement in der Gewerkschaft<br />

seit nunmehr 70 Jahren!<br />

Webpräsenz der Pensionierten <strong>syndicom</strong>:<br />

pensionierte.<strong>syndicom</strong>.ch


Impressum<br />

Redaktion: Robin Moret (Leitung), Giovanni Valerio<br />

Tel. 058 817 18 18, redaktion@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Freie Mitarbeit: Rieke Krüger<br />

Porträtzeichnungen: Katja Leudolph<br />

Fotos ohne ©Copyright-Vermerk: zVg<br />

Layout und Druck: Stämpfli AG, Wölflistrasse 1,<br />

3001 Bern<br />

Adressänderungen: <strong>syndicom</strong>, Adressverwaltung,<br />

Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern<br />

Tel. 058 817 18 18<br />

Fax 058 817 18 17<br />

Inserate: priska.zuercher@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Abobestellung: info@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Abopreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen. Für<br />

Nichtmitglieder: Fr. 50.– (Inland), Fr. 70.– (Ausland)<br />

Verlegerin: <strong>syndicom</strong> – Gewerkschaft<br />

Medien und Kommunikation, Monbijoustr. 33,<br />

Postfach, 3001 Bern<br />

Das <strong>syndicom</strong>-Magazin erscheint sechsmal im Jahr.<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28 erscheint am 1. April 2022.<br />

Redaktionsschluss: 28. Februar 2022.<br />

31<br />

Das <strong>syndicom</strong>-Kreuzworträtsel<br />

Zu gewinnen gibt es eine Hotelcard, gespendet<br />

von unserer Dienstleistungspartnerin.<br />

Das Lösungswort und der<br />

Name der Gewinnerin oder des Gewinners<br />

werden in der nächsten Ausgabe<br />

veröffentlicht. Jedes Mitglied kann nur<br />

einmal teilnehmen!<br />

Lösungswort und Absender auf einer<br />

Postkarte senden an: <strong>syndicom</strong>-<br />

Magazin, Monbijoustr. 33, Postfach,<br />

3001 Bern, oder Mail an: admin@<strong>syndicom</strong>.ch.<br />

Einsendeschluss: 8. 3. 22<br />

Der Gewinner<br />

Die Lösung des Kreuzwort rätsels aus<br />

dem <strong>syndicom</strong>-Magazin <strong>Nr</strong>. 26 lautet:<br />

GEMEINWOHL. Gewonnen hat André Zülle<br />

aus Sisseln AG. Der Silberbarren ist unterwegs.<br />

Wir gratulieren herzlich!<br />

Anzeige<br />

Kunst zur Stärkung<br />

der Gemeinschaften<br />

Jetzt mit TWINT<br />

spenden !<br />

OR-Code mit der<br />

TWINT App scannen<br />

Betrag und Spende<br />

bestätigen<br />

CCP 14-331743-0 ou IBAN<br />

CH12 0900 0000 1433 1743 0<br />

Erwähnung: Projekt CAV<br />

www.e-changer.org/bresil<br />

Stärken Sie die Widerstandsfähigkeit<br />

der Kunsthandwerkerinnen des CAV<br />

Die Menschen im Jequitinhonha-Tal in<br />

Brasilien kämpfen gemeinsam mit unserer<br />

Partnerorganisation, dem Zentrum für<br />

alternative Landwirtschaft - Vicente Nica<br />

(CAV), gegen die negativen Auswirkungen<br />

der Eukalyptus-Monokulturen auf die<br />

lokalen Gemeinschaften und die Umwelt.<br />

“Es ist an der Zeit, die Kraft genau in diesen Männern<br />

und Frauen zu suchen, die diese Region mitgestalten,<br />

das Essen auf unsere Tische bringen und die Kunst zu<br />

einem Mittel des Widerstands machen” Fabiana Eugênio,<br />

E-CHANGER Fachperson.<br />

Das CAV unterstützen bedeutet, dass Sie die Gruppen<br />

von Kunsthandwerkerinnen in ihrem Kampf für bessere<br />

Lebensbedingungen stärken.


32 Inter-aktiv<br />

<strong>syndicom</strong> social<br />

Stop Black Friday!<br />

Ein erster Etappensieg 24.12.2021<br />

Sinnloser Überkonsum ist schädlich für<br />

die Umwelt und für die Arbeiterinnen<br />

und Arbeiter, welche die Waren produzieren und liefern,<br />

meist in Ländern des Südens. Deshalb fordert die Organisation<br />

Solidar Suisse den Schweizer Detailhandelsverband<br />

auf, auf die Rabattschlacht am Black Friday zu verzichten.<br />

Sie stellte dem Verband eine Petition mit 29 000<br />

Unterschriften zu. Vertiefung und Video: solidar.ch<br />

Eine schwere Bilanz 9.12.2021<br />

Erneut ein blutiges Jahr für die<br />

Pressefreiheit weltweit. 2021 wurden<br />

45 Journalistinnen und Journalisten<br />

wegen ihrer Arbeit getötet.<br />

365 sitzen gegenwärtig in Haft<br />

(über 100 in China). Die Internationale<br />

Journalisten-Föderation (IFJ)<br />

prangert dies in ihrem Jahresbericht<br />

an: <strong>syndicom</strong>.ch/opNlg.<br />

Big Pharma tanzt uns auf der Nase herum 6.1.2022<br />

Die Regeln für die Pharmaindustrie sind zu lax.<br />

Den Preis dafür zahlen die Länder des Südens und<br />

die Schweizer Steuerzahlenden. Public Eye prangert<br />

dies an. Viele Infos: publiceye.ch<br />

Homeoffice zwischen gestern und morgen<br />

28.12.2021<br />

In der Pandemie haben viele ins Homeoffice gewechselt.<br />

Millionen Menschen arbeiteten bereits<br />

zuvor von zu Hause aus, oft unter unwürdigen<br />

Bedingungen. Darüber spricht die Internationale<br />

Arbeitsorganisation: ow.ly/bbOt50GL80q<br />

<strong>syndicom</strong>-Kongressdelegierte im Video 1.12.2021<br />

172 Delegierte aus der ganzen Schweiz und aus allen Sektoren<br />

versammelten sich, um die Weichen für die Zukunft<br />

der Gewerkschaft zu stellen. Sieben von ihnen berichten<br />

darüber im Video: <strong>syndicom</strong>.ch/UvEaA<br />

Kreislaufwirtschaft in der Schweiz 25.1.2022<br />

Circular Economy Switzerland stellte am<br />

25. Januar die 33 Start-ups virtuell vor, die<br />

eine Jury zur Teilnahme am «Inkubator»<br />

ausgewählt hat. Bei den unterstützten Projekten<br />

geht es um Smart Cities, Landwirtschaft, Mode,<br />

Verpackung oder Plattformen. Infos unter cetransition.ch<br />

Findest du, dass das alles ok ist? 17.12.2021<br />

71 % der Frauen wurden schon einmal Opfer einer Form<br />

von Belästigung im öffentlichen Raum. Bei den jungen<br />

Frauen sind es sogar 86 %. Aber nur 5 % von ihnen haben<br />

die erlebte Gewalt den Behörden gemeldet. Das zeigt das<br />

Video der britischen Kampagne #IsThisOK.<br />

Danke <strong>syndicom</strong>! <strong>27</strong>.11.2021<br />

Meine Gewerkschaft – seit 40 Jahren, auch wenn sie<br />

immer wieder fusioniert und den Namen geändert hat.<br />

Danke Kolleg:innen für euer Engagement.<br />

@Roland_tweet<br />

Zweite Chance für Bessemer? 29.11.2021<br />

Die Urabstimmung über die Bildung einer Gewerkschaftsvertretung<br />

im Amazon-Logistikzentrum<br />

in Bessemer, Alabama, wird wiederholt.<br />

Der Gewerkschaft RWDSU zufolge war die<br />

Abstimmung vom April (bei der die wenigen<br />

Teilnehmenden Nein gestimmt hatten) durch<br />

Einschüchterung des Unternehmens verfälscht<br />

worden. Dem Einspruch wurde stattgegeben.<br />

Amazon legt aber Beschwerde ein,<br />

um die Abstimmung zu verzögern. rwdsu.info<br />

Hände weg von unseren Renten! 4.1.2022<br />

Mit der Gegenreform «AHV 21» bedrohen die bürgerlichen<br />

Parteien unsere Renten weiter. Dies auf Kosten der<br />

Frauen, die ein Jahr länger arbeiten werden. Die «AHV 21»<br />

ist ein Angriff auf das gesamte Rentensystem. Unterschreibe<br />

deshalb jetzt das Referendum: frauenrenten.ch<br />

Wie erkennt man Fake News 24.12.2021<br />

Fehlinformationen über Covid-19 verursachen<br />

Opfer und verlängern die Pandemie.<br />

Aus diesem Grund haben die Vereinten<br />

Nationen das Programm #PledgeToPause<br />

lanciert: Anhand fünf einfacher Fragen lassen sich<br />

Fake News erkennen, bevor sie auf sozialen Netzwerken<br />

geteilt werden. instagram.com/p/CX3Qk7IITVT

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!