März 2022 - coolibri
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22 | Musik von hier<br />
„ICH SPIELE AUCH GERNE EIN-<br />
FACH FÜR MICH.“<br />
Milica Jovanovic mal ganz anders: Als Beelzebub in „Last Paradise Lost“ tritt sie in vielerlei Hinsicht aus ihrer Komfortzone.<br />
Foto: Oliver Berg<br />
DER TEUFEL TRÄGT KURZHAAR<br />
Milica Jovanovic wird in Münster zu Beelzebub. Christopher Filipecki sprach mit der<br />
in Dülmen geborenen MUSICALDARSTELLERIN über Corona, Glück und Erwartungen.<br />
Beelzebub ist im neuen Testament der<br />
oberste Teufel. In dem Stück „Last Paradise<br />
Lost“, das auf dem im 17. Jahrhundert<br />
veröffentlichten epischen Gedicht<br />
„Das verlorene Paradies“ von<br />
John Milton beruht und gegenwärtig im Theater<br />
Münster zu sehen ist, ist das dämonenartige Wesen<br />
eine zentrale Figur. Gespielt wird sie von Milica<br />
Jovanovic, eine der renommiertesten Musicaldarstellerinnen<br />
Deutschlands.<br />
Wie fühlt sich <strong>2022</strong> bisher für dich an, Milica?<br />
Gut! Entspannter als mein letztes Jahr. Ich bin<br />
vor 14 Monaten Mama geworden und hatte das<br />
Gefühl, ich müsste der Welt beweisen, dass ich<br />
trotzdem noch viel arbeiten kann. Das hat auch<br />
dank meiner Familie gut geklappt. Dennoch hatte<br />
ich in dem zweiten Halbjahr von 2021 sechs<br />
oder sieben Produktionen, „Last Paradise Lost“ in<br />
Münster war die letzte Premiere, und ich weiß<br />
gar nicht richtig, wie ich das hinbekommen habe.<br />
Zum Glück liebt meine Tochter es zu reisen.<br />
Nun habe ich mir versprochen, dass ich ein bisschen<br />
weniger machen werde und habe deswegen<br />
anstehende Sachen auch abgesagt oder gar nicht<br />
erst angenommen, um mehr Freiraum zu haben<br />
und wieder Inspiration zu tanken.<br />
Trotzdem ist Corona noch allgegenwärtig. Ändert<br />
sich für euch als Ensemble etwas, wenn ihr<br />
nur Menschen mit Masken anschauen könnt?<br />
Viele der Menschen werden auch dazu angehalten,<br />
nicht groß zu jubeln – und das fehlt dann<br />
schon oft. In manchen Theatern steht sogar, dass<br />
bitte nur applaudiert werden darf. In Münster<br />
darf gejubelt werden, worüber ich mich sehr<br />
freue. Ich spiele auch in Österreich, wo es zwi-<br />
Für Milica Jovanovic ist das Ruhrgebiet immer Heimat.<br />
schenzeitlich mit 2G keine Maskenpflicht gab,<br />
und da muss ich zugeben, dass ich mich schon<br />
sicherer fühle, wenn das Publikum eine Maske<br />
trägt – auch wenn ich natürlich weiß, dass die<br />
Stimmung noch schöner wäre, wenn alles normal<br />
ablaufen könnte. Dennoch bin ich sehr<br />
dankbar, dass überhaupt gespielt werden kann<br />
und jedes Theater tolle Wege finden konnte. In<br />
Münster zum Beispiel spielen wir auch auf der<br />
Bühne mit Abstand zueinander.<br />
Sortiere die folgenden vier Dinge in der Reihenfolge,<br />
wie sie für dich am wichtigsten sind: Rolle,<br />
Ensemble, Publikum, Theater beziehungsweise<br />
Ortschaft.<br />
Das Wichtigste ist für mich die Rolle, dann das<br />
Ensemble, dann das Theater und zuletzt das Publikum.<br />
Die Rolle ist das, was ich erarbeite, worauf<br />
ich mich vorbereite. Da suche ich auch gerne<br />
Foto: Romana Maalouf<br />
gezielt aus, und schaue, dass es stimmlich und<br />
schauspielerisch spannend ist. Wenn ich schon<br />
wüsste, dass Freund:innen im Ensemble sind,<br />
würde ich auch gern mitspielen – dann ist es eigentlich<br />
auch egal, wo ich bin und arbeite. Mit<br />
dem Publikum habe ich meist erst ganz am Ende<br />
zu tun, weil ich’s während des Stücks gar nicht<br />
so mitbekomme. Ich liebe nämlich auch Proben,<br />
da ist gar kein Publikum im Saal und ich gebe<br />
trotzdem genau so viel. Ich spiele also auch gerne<br />
einfach für mich.<br />
Dein aktuelles Stück „Last Paradise Lost“ ist eine<br />
Uraufführung und somit ein Stück, was es<br />
noch nie gab. Erlebst du sowas zum ersten Mal?<br />
Wie unterscheidet sich das Arbeiten zu Stücken,<br />
die du vorher schon sehen konntest?<br />
Ich hatte das Glück, schon einige Male genau das<br />
machen zu dürfen, zum Beispiel in Wien bei<br />
„Schikaneder“, aber auch schon mit der Band<br />
Vanden Plas, die die Musik für „Last Paradise<br />
Lost“ geschrieben hat, bei einem früheren Stück<br />
namens „Christ 0“. Ich sage ganz bewusst<br />
„Glück“, weil ich dann von mir selbst total viel<br />
in die Rolle hineingeben darf, was immer ein Geschenk<br />
ist. Gerade bei solchen Stücken ist die Interaktion<br />
mit dem Publikum so spannend, weil<br />
niemand weiß, was einen erwartet. Alles ist neu.<br />
Ich als Künstlerin empfinde dann auch weniger<br />
Druck, weil keiner an mich spezielle Erwartungen<br />
hat. Das ist ganz anders, wenn ich eine Evita<br />
spiele und viele womöglich schon eine CD mit einer<br />
anderen Evita zuhause haben. Allerdings gab<br />
es vor wenigen Monaten von „Last Paradise Lost“<br />
schon die Uraufführung in Kaiserslautern mit einer<br />
anderen Kollegin. Ich konnte jedoch trotzdem<br />
viel Eigenes daraus machen.