HLZ-03-2022-blätterbar
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
TITELTHEMA
HLZ 3/2022
20
2
GEW und IG Metall kooperieren
Partner für Schulen, Ausbildung und Fortbildung
Seit vielen Jahren setzen sich GEW, IG BAU, IG BCE, IG Metall und
ver.di - koordiniert durch den DGB - für „Eine gute Schule für alle“
ein, für eine gute Arbeitswelt- und Berufsorientierung und eine bessere
Präsenz von Gewerkschaften und Arbeitnehmerperspektiven an den
Schulen. Weitere Informationen: https://schule.dgb.de/arbeitsfelder
Foto: Christoph Boeckheler
Seit einigen Jahren bieten die IG Metall und die GEW jährlich
eine gemeinsame Fortbildung für Lehrkräfte an. Begonnen
haben wir mit Themen wie der Wirtschafts- und Finanzkrise
oder der Globalisierung. Zuletzt rückten die Digitalisierung
und ihre Auswirkungen auf die Arbeitswelt in unseren Fokus.
Und zwar stets unter der Perspektive: Welche Bedeutung haben
diese Entwicklungen für das schulische Lernen und die
Berufsorientierung? Zu all diesen Themen haben Gewerkschaften
und die Kolleginnen und Kollegen aus Betrieb und
Wissenschaft viel Expertise, die für Schulen interessant ist
und die wir vermitteln wollen. Denn die Sicht von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern kommt in Schulen – und nicht
zuletzt in Fortbildungen - insgesamt zu kurz (HLZ S.18 f.).
Gerahmt von wissenschaftlichen, pädagogischen und methodischen
Seminareinheiten besteht das Herzstück der dreitägigen
Fortbildungen in einer Betriebserkundung in einem
Metallunternehmen. Ob bei Siemens, Daimler, Opel oder Rolls
Royce – die Teilnehmenden hatten hier die seltene Möglichkeit,
sich in den Werkshallen die Produktion anzuschauen
und ihre Fragen mit dem Betriebsrat, der Jugend- und Auszubildendenvertretung,
der Ausbildungsabteilung und der
Geschäftsführung zu klären.
Neben Fragen zum Seminarthema – in diesem Jahr ist es
die Digitalisierung der Arbeitswelt – sind dabei stets auch
die Lern- und Berufswege junger Menschen zentral: Für welche
Berufe bildet der Konzern aus? Wie hoch ist der Anteil
von Mädchen und Frauen in den technischen Berufen? Werden
die Auszubildenden übernommen? Was wird von Schülerinnen
und Schülern beim Auswahlverfahren für die Ausbildung
erwartet? Da der zeitliche Umfang des Seminars nur
eine „Betriebserkundung light“ zulässt, vermitteln wir zudem
die – pädagogisch anspruchsvolle – Methode der Betriebserkundung,
die, vor allem wenn es auf den Schulabschluss
zugeht, eine attraktive Methode für junge Menschen ist, um
Einblicke in die Arbeitswelt oder Berufsbilder zu erhalten.
Bei den klassischen „Betriebsbesuchen“, die oft einer Werbe-
und Informationsveranstaltung gleichen und eher die offizielle
Unternehmersicht präsentieren, werden Konflikte im
Betrieb, Interessen von Auszubildenden oder auch Mitwirkungsrechte
in der Regel ausgespart. Aber auch die in den
letzten Jahren veröffentlichten Konzepte zur anspruchsvolleren
Betriebserkundung sind von der Wirtschaft dominiert
und vielfach methodisch und fachlich verkürzt. Uns liegt hingegen
daran, dass die Teilnehmenden „erfahren“, wie ertragreich
„echte“ und multiperspektivische Begegnungen im Betrieb
sein können. Eine Betriebserkundung erlaubt nicht nur
Einblicke in Produktion und Geschäftsfelder, sondern öffnet
den Blick auf die Organisation, die Hierarchie, die sozialen
Beziehungen und die Menschen in Betrieb und Arbeitswelt.
Mit unseren Fortbildungen möchten wir Lehrkräfte dazu
ermuntern, Gewerkschaften und betriebliche Interessenvertretungen
als Partner bei der Gestaltung der Arbeitswelt- und
Berufsorientierung zu begreifen, um ihren Unterricht, ihre
Berufsorientierungsangebote und das Spektrum der Inhalte
zu bereichern. Eigentlich möchten wir sogar noch mehr: Die
Arbeitswelt- und Berufsorientierung sollte sich weder zum
Spielfeld wirtschaftlicher Denkweisen machen noch im Sinne
einer schlichten Berufswahlorientierung für Arbeitsmarktkonjunkturen
instrumentalisieren lassen. Vielmehr sollte sie
sich selbstbewusst als Teil des allgemeinbildenden Auftrags
von Schulen definieren, der auf Demokratiefähigkeit, Teilhabe,
Interessen geleitetes Handeln und Werte wie Solidarität zielt.
Nach zwei Jahren Pandemie kündigen wir gerne das
nächste Seminar an (siehe Kasten). Mit der zunehmenden Digitalisierung
sind enorme Veränderungen in der Gesellschaft,
in der Arbeitswelt sowie im Bildungsbereich verbunden. Auf
welche Arbeits- und Lebenswelt müssen Lehrkräfte Schülerinnen
und Schüler vorbereiten? Wie verändern „Digitaler
Kapitalismus“ und „Künstliche Intelligenz“ das Wirtschaften,
Arbeiten und Lernen in Zukunft? Welche Chancen und Risiken
birgt die Digitalisierung? Wer wird künftig überhaupt
noch gebraucht? Welche Qualifikationen und Kompetenzen
werden benötigt? Wie bilden Betriebe für diese Arbeitswelt
aus? Welche Gestaltungsmöglichkeiten hat hierbei die gewerkschaftliche
Interessenvertretung? Was bedeuten die Veränderungen
für die schulische Berufsbildung, Berufsorientierung
und Medienbildung? Für die Klärung dieser Fragen
stehen uns auch im diesjährigen Seminar Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler sowie Expertinnen und Experten
aus der gewerkschaftlichen und betrieblichen Praxis zur
Verfügung. Auch ein Besuch in einem Betrieb der Metallindustrie
steht auf dem Programm.
Martina Schmerr, GEW-Hauptvorstandsbereich Schule
Anders ausbilden – anders arbeiten – anders wirtschaften?
Das nächste Seminar von GEW und IG Metall für Lehrer:innen
der allgemein- und berufsbildenden Schulen befasst sich mit den
Herausforderungen der Digitalisierung für das Lernen in Schule
und Ausbildung. Es findet vom 4. bis 6. Mai 2022 im IG Metall
Bildungszentrum Berlin Pichelssee statt.
• Kontakt: Anke Muth, IG Metall Vorstand, Ressort Bildungsund
Qualifizierungspolitik, anke.muth@igmetall.de; Martina
Schmerr, GEW-Hauptvorstand, Vorstandsbereich Schule, martina.schmerr@gew.de