Eurogast Insights Frühjahr 2022
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KÄSE XXXX<br />
XXXX KÄSE<br />
Die Mischung macht’s:<br />
Auf einer guten Käseplatte sollte<br />
vom Edelschimmel bis zum<br />
Hartkäse alles vertreten sein.<br />
„Zurzeit spielt<br />
der Käse eher eine<br />
Nebenrolle, aber<br />
das Bewusstsein für<br />
das Potenzial des<br />
Produktes ist da.“<br />
Josef Stiendl, Käsesommelier<br />
Weich, fest, cremig, bröselig,<br />
mild, kräftig, würzig –<br />
Käse kann vieles sein. Das<br />
macht ihn nicht nur als<br />
Zutat für Gerichte von pikant bis süß interessant,<br />
sondern auch als eigenen Punkt auf der Speisekarte<br />
oder in der Menüfolge. „Zurzeit spielt der Käse eher<br />
eine Nebenrolle, aber das Bewusstsein für das Potenzial<br />
des Produktes ist da“, sagt Käsesommelier Josef<br />
Stiendl, der sich seit seiner Lehre als Molker und<br />
Käser beruflich ganz dem Käse verschrieben hat und<br />
inzwischen die Schärdinger Käse-Akademie leitet.<br />
„Käse ist ein lebendes Naturprodukt, das fast täglich<br />
anders ist – witterungsbedingt und auch abhängig<br />
von den Jahreszeiten, das ist einfach spannend. Und<br />
die Sortenvielfalt ist mittlerweile einfach gigantisch“,<br />
erzählt er. Vor 25 Jahren habe es in Österreich unter<br />
200 Sorten gegeben, jetzt bekomme man im Handel<br />
an die 450.<br />
EINE FRAGE<br />
DER LEIDENSCHAFT<br />
Käse gewinne in der Gastronomie auch aufgrund dieser<br />
Vielfalt immer mehr an Bedeutung, aber Corona<br />
habe die Entwicklung in den letzten beiden Jahren<br />
etwas gebremst. „Die Möglichkeit, den Käse zu präsentieren,<br />
das Personal und die Begeisterung waren<br />
nicht da. Und dann ist noch dazugekommen, dass es<br />
mit dem kurzfristigen Auf- und Zusperren schwierig<br />
war, den richtigen Käse mit der richtigen Reife zu bekommen“,<br />
erklärt Stiendl.<br />
Das sei mittlerweile wieder besser, an Folgendem<br />
hapere es allerdings in den meisten Betrieben: „Für<br />
den Käse ist keiner zuständig. Wir haben Weinverantwortliche,<br />
in der Küche gibt es klar abgesteckte<br />
Verantwortungsbereiche, nur für den Käse ist keiner<br />
da.“ In solchen Fällen könne auch das beste Käseangebot<br />
nicht überzeugen – da fehle das Erlebnis. „Oft<br />
wird der Käse in der Küche angerichtet, ist dann auch<br />
zu kalt und wird ohne Erklärung serviert. So kann<br />
das nicht funktionieren, da denkt man sich als Gast,<br />
kalten Käse ohne Informationen bekomme ich auch<br />
zu Hause, und das wesentlich günstiger.“<br />
Entscheidend dafür, ob in einem Restaurant<br />
Käse konsumiert wird oder nicht, seien zwei Dinge:<br />
„Man braucht einen Verantwortlichen, und wenn<br />
es der Restaurantleiter ist, der ein Käseliebhaber ist.<br />
Wer eine Leidenschaft dafür hat, verkauft das auch<br />
ordentlich. Und die Präsentation muss passen“, betont<br />
Stiendl, „es ist wichtig, dass der Gast den Käse sieht.“<br />
Als Paradebeispiel nennt er das Steirereck, wo die Käseauswahl<br />
ganz bewusst schon im Eingangsbereich<br />
© Michael Rathmayr<br />
präsentiert wird: „Der Gast sieht beim Reingehen,<br />
dass Käse angeboten wird und der auch schön temperiert<br />
ist – so kann er den Käse von Anfang an in das<br />
Essen einplanen.“<br />
DAS AUGE ISST MIT<br />
In Sachen Präsentation gibt es ein paar Regeln, die<br />
befolgt werden sollten. Es braucht in jedem Fall eine<br />
gute Auswahl, betont der Käsesommelier: „Damit ich<br />
eine schöne Käsephilosophie am Teller habe, brauche<br />
ich einen Frischkäse, einen weißen Edelschimmel,<br />
einen weichen, einen schnittfesten und einen harten<br />
Käse, und ich brauche einen blauen oder grünen Edelschimmel<br />
zum Abschluss.“ In ländlichen Gegenden<br />
sollte immer auch ein regional produzierter Käse<br />
dabei sein.<br />
Die Käsestücke sollten außerdem ausschließlich<br />
in Dreiecksform präsentiert werden.<br />
„Wenn man Käse in Dreiecke geschnitten hat und mit<br />
Josef Stiendl<br />
ist gelernter Molker and<br />
Käser, Molkerei- und<br />
Käsereimeister und diplomierter<br />
Käsesommelier.<br />
Er leitet seit 1997 die<br />
Schärdinger Käse-<br />
Akademie und berät die<br />
heimische Gastronomie<br />
bei allen Fragen rund um<br />
das Thema Käsegenuss.<br />
Wie viel Käse<br />
wird gegessen?<br />
In Österreich hat sich<br />
der Käsekonsum in den<br />
letzten Jahren stark gesteigert:<br />
Wurden 2010<br />
noch 18,3 Kilogramm<br />
pro Kopf konsumiert,<br />
waren es 2020 ganze<br />
23 Kilogramm pro Kopf.<br />
Im internationalen Vergleich<br />
wird in der EU mit<br />
20,44 Kilogramm pro<br />
Kopf (Stand: 2021) am<br />
meisten Käse gegessen,<br />
gefolgt von den USA<br />
(17,9 kg) und Kanada<br />
(15 kg).<br />
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