Kunstbulletin April 2022
Unsere April Ausgabe für 2022 mit Beiträgen zu Irena Haiduk, Jean-Frédéric Schnyder, Kunsthochschulen ZHdK, Sammlung Migros Museum, uvm.
Unsere April Ausgabe für 2022 mit Beiträgen zu Irena Haiduk, Jean-Frédéric Schnyder, Kunsthochschulen ZHdK, Sammlung Migros Museum, uvm.
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Irena Haiduk (*1982, Belgrad) lebt in New York<br />
2011 Master of Fine Arts an der University of Illinois, Chicago<br />
Seit 2018 Assistenzprofessorin am Barnard College, Columbia University, New York<br />
Ausgewählte Einzel- und Gruppenausstellungen<br />
<strong>2022</strong> ‹Irena Haiduk – Frauenbank Berlin›, Neuer Berliner Kunstverein, Berlin<br />
2021 ‹Art Encounters Biennial 2021›, Art Encounters Foundation, Timișoara<br />
2020 ‹Irena Haiduk – Remaster›, Swiss Institute, New York<br />
2019 ‹Dialogues – Irena Haiduk + Martine Syms›, Institute for Contemporary Art, Virginia Commonwealth<br />
University, Richmond, Virginia; ‹Irena Haiduk – Seductive Exacting Realism›, Kunsthal Charlottenborg,<br />
Kopenhagen<br />
2017 ‹Whitney Biennial›, Whitney Museum of American Art, New York City; ‹documenta 14›, Kassel und<br />
Athen; ‹The Forecast›, Croy Nielsen, Wien<br />
2015 ‹Irena Haiduk – Seductive Exacting Realism›, The Renaissance Society, Chicago<br />
Beautiful Women» war mit einfachen Kleidern in Pastelltönen ausgestattet. Sie bewegte<br />
sich beinahe lautlos schwebend und mit grossem Ernst. Die im Titel angedeutete<br />
Schönheit entsteht für lrena Haiduk aus der Freiheit dank bequemer Kleidung<br />
und dank uneingeschränkter Wege durch die Stadt.<br />
Auch für die aktuelle Ausstellung in St. Gallen sind Performances geplant. Elegante<br />
und doch einfache Choreografien sollen genau wie die Requisiten und die sich<br />
verändernde Ausstellung Fragen und Gespräche provozieren und dienen gleichzeitig<br />
einem weiteren Grundgedanken von Yugoexport: Nicht das Ausstellen und damit das<br />
Zeigen steht im Mittelpunkt, sondern das Initiieren von Gesprächen und Gedanken.<br />
Da sich die Ausstellung ständig verändert, sieht niemand einen endgültigen Zustand.<br />
Irena Haiduk betont: «Die Menschen müssen einander kontaktieren und sich über die<br />
unterschiedlichen Zustände austauschen.» So können sie sich auch über die Objekte<br />
verständigen. Und mit ihren Berichten fügen sie der Ausstellung eine neue Ebene<br />
hinzu, schreiben sie auf mündliche Weise weiter.<br />
Das Schwinden der Vorstellungskraft<br />
Die mögliche Vielfalt der Geschichten, die Vorstellungskraft und besonders deren<br />
Verarmung in der aktuellen Zeit beschäftigen Irena Haiduk sehr und sie muss<br />
das Beispiel nicht weit herholen: Ein Konsumobjekt wird im Internet gesehen, bestellt<br />
und zu Hause ausgepackt. Aber Bild und Wirklichkeit klaffen weit auseinander.<br />
Plötzlich ist das Ersehnte nicht mehr wünschenswert. Der Gegenstand und dessen<br />
Bild sind nicht dasselbe oder, wie es Irena Haiduk formuliert: «Die Bilder sind optisch<br />
aufgeladen und doch ein flacher Abklatsch der Welt. Zudem können wir kaum<br />
noch selbst imaginieren, weil uns ständig bereits Bilder vorgeschlagen werden. In<br />
der oralen Kultur konnten Dinge mit verschiedenen Bildern aufgeladen werden. So<br />
wurden über eine längere Zeit hinweg eigene Bilder im Hirn gesammelt. Heute ist die<br />
Verflachung der Welt eine zugleich komplexe und gefährliche Situation. Die Fähigkeit<br />
zur Imagination verschwindet. Die Kunst muss dem entgegenwirken.» Exemplarisch<br />
30 <strong>Kunstbulletin</strong> 4/<strong>2022</strong>