12.03.2022 Aufrufe

Kunstbulletin April 2022

Unsere April Ausgabe für 2022 mit Beiträgen zu Irena Haiduk, Jean-Frédéric Schnyder, Kunsthochschulen ZHdK, Sammlung Migros Museum, uvm.

Unsere April Ausgabe für 2022 mit Beiträgen zu Irena Haiduk, Jean-Frédéric Schnyder, Kunsthochschulen ZHdK, Sammlung Migros Museum, uvm.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Louise Bourgeois x Jenny Holzer — Kompromisslose Anerkennung<br />

Für die aktuelle Sonderausstellung hat das Kunstmuseum Basel<br />

Carte blanche an Jenny Holzer gegeben, das Werk der Jahrhundertkünstlerin<br />

Louise Bourgeois zu zeigen. Das Ergebnis ist<br />

ein Ereignis. Rund 500 selten ausgestellte Werke sind zu sehen,<br />

zu lesen und in ihrer schonungslosen Kraft zu erfahren.<br />

Basel — Louise Bourgeois und Jenny Holzer begrüssen die Besucher:innen im Neubau<br />

des Kunstmuseums Basel mit zwei Fotos, die auf die Kratzputzfassade des<br />

Vorraums tapeziert sind. Die gebürtige Pariserin Bourgeois ist in dem Haus an der<br />

20 th Street in New York zu sehen, in dem sie seit 1958 und bis zu ihrem Tod 2010 lebte<br />

und arbeitete. Ihr Gesicht ist mit einem Blatt Papier verdeckt. Es ist ein Fax. An wen<br />

sie 2004 die Botschaft «Be Calm» schickte, wissen wir nicht. Zusammen mit einem<br />

Foto, das Jenny Holzer (*1950) vor einer eigenen Arbeit in einer Amsterdamer Galerie<br />

zeigt, wird deutlich, was die beiden Künstlerinnen verbindet: die Arbeit mit Sprache.<br />

Holzer hat die Ausstellung in rund zwei Jahren in enger Zusammenarbeit mit dem<br />

Kunstmuseum und der Easton Foundation entwickelt. Sie greift unter anderem auf<br />

das gesamte Spektrum an Textarbeiten Bourgeois’ zurück: früheste Tagebucheinträge,<br />

Stickereien, Screenprints auf gebrauchten Textilien, Postsäcke und Kleidung, Notizen<br />

und rot pigmentierte Aquarelle. In Ergänzung zu den neun Räumen im Neubau<br />

werden Arbeiten von Bourgeois in der Passage und vier Räumen im Hauptbau im Dialog<br />

mit Sammlungswerken gezeigt. Zudem projiziert Holzer Text von Bourgois auf den<br />

LED-Fries des Museums. Die beiden Künstlerinnen waren sich von Zeit zu Zeit in New<br />

York begegnet. Sie diskutierten über Farbe und die fortwährende Herausforderung, in<br />

der künstlerischen Arbeit «richtige» Entscheidungen zu treffen. Bourgeois’ Aussage<br />

aus einem Interview mit Donald Kuspit von 1989 liest sich wie ein Hinweis darauf, die<br />

Ausstellungsräume als Installationen zu Themen wie Einsamkeit, Verlassenwerden,<br />

Repression, Sublimation, Beziehung zu Mutter und Vater, Fragen der Anerkennung<br />

des Selbst und der Anderen zu verstehen, Themen, die Bourgeois lebenslang begleiteten:<br />

«I am not interested in art history, in the academies of style, a succession of<br />

ideas. Art is not about art. Art is about life, and that sums it up.»<br />

Kunst war für Bourgeois ein Garant für «sanity», geistige Gesundheit. Holzer hat<br />

für jeden Raum eine präzise Auswahl an Arbeiten getroffen, die dieses Kunstverständnis<br />

nachvollziehbar machen. Die Schau beginnt im ersten Raum mit der ersten<br />

Grafikfolge, die Bourgeois schuf, als sie Ende der 1930er-Jahre in New York ein neues<br />

Leben als Frau und Künstlerin in Angriff nahm. Eindrücklich kulminiert die Präsentation<br />

in einem roten Raum, wo das ikonografische Gesamtrepertoire von Bourgeois<br />

zum Thema weibliche Identität und Sexualität aufgeboten wird. Stefanie Manthey<br />

→ ‹Louise Bourgeois x Jenny Holzer – The Violence of Handwriting Across a Page›, Kunstmuseum Basel,<br />

bis 15.5.; mit Künstlerbuch und AR-App zu ‹The Destruction of the Father›, 1974 ↗ kunstmuseumbasel.ch<br />

86 <strong>Kunstbulletin</strong> 4/<strong>2022</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!