RE-SOLUT 1/2022
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HOFFENSTERCHEN
MINISTEREOANLAGE
KREISCHORVERBAND
ZWERGELSTERN
URINSEKTEN.
Sobald wir nach der Einschulung das Gehörte
niederzuschreiben versuchten, wurden zwar
die Aufgaben in den Sprachspielen schwerer,
aber die Lösungen gerieten bald schneller.
Freude hatten wir einfach immer daran, auch
in späteren Jahren, nachdem es uns von
Anfang an beim Lernen unterstützt hatte.
Hier zwei Beispiele:
APPELASISCHALASÄR
Appel aß sie, Schal(e) aß er
ALASISUPASÄR
Aal aß sie, Supp` aß er
Außer den Spielchen mit der Sprache wurde
in der Familie auch viel gesungen. Vater
spielte Gitarre und mein Bruder und ich sind
an keinem Abend ohne Singen eingeschlafen.
Da gab es Lieder aller Genres, die er uns beibrachte.
Ich habe später versucht, sie an meine jüngeren
Geschwister weiterzugeben, denn die hatten
alle drei keine Erinnerung mehr an den
Vater, der den Krieg nicht überlebt hatte.
Mein Bruder hat übrigens bei seinen drei Kindern
sehr vieles genauso gemacht wie der
Vater.
Und so wiederholen sich einige Sachen in der
Familie, obwohl ja jede Generation wieder
insgesamt durch ständige Weiterentwicklung
in viele Richtungen anders ist.
Das alles waren also die Mittel zur Unterhaltung
unserer Jugendzeit, in der man seine
Freizeit noch selbst gestalten musste. Heute
dagegen lässt man sich – Handy in der Hand
und Augen fest auf das Gerät gerichtet –
meistens unterhalten. Beim Gehen und gleichzeitigen
Stieren aufs Handy kommt es vor,
dass der entgegenkommende (meist ältere)
Mensch besonders darauf achten muss, dass
es zu keinem Zusammenstoß kommt. (Sorry,
das sollte nicht unbedingt ein Vorwurf sein,
aber es passiert wirklich oft.)
Am Beispiel des Hummers
David Foster Wallace
David Foster Wallace,
ein interessanter und
kluger, aber gleichwohl
vielleicht auch
unglücklicher Mensch.
Seine Themen waren
eher ungewöhnlich, ja
gelegentlich sogar
merkwürdig. Den Auftrag
zu einem seiner
Bücher erhielt er von
einem Feinschmecker-
Magazin. Wallace sollte
vom Hummer Festival
in Maine berichten, das seit etwas mehr
als 70 Jahren begangen wird. Auf diesem in
den USA extrem beliebten Sommerfest verkosten
die Besucher so locker 10.000 kg
Hummer, die im vermutlich größten Kochtopf
der Welt zubereitet werden.
Erfahrene Leser vertilgen das Büchlein zum
Nachmittagskaffee, hat es doch lediglich
knapp 60 Seiten Text.
Aber die haben es in sich, denn Wallace erspart
dem Leser nicht nur kritische Fragen,
nein, er spart auch nicht mit detailgenauer
Beschreibung der Hummer-Zubereitung. Hier
werden keine grünen Bohnen oder gelbe Linsen
ins siedende Wasser geworfen, sondern
lebende Hummer, die sich, so mutmaßt
Wallace, vielleicht doch eine andere Verabschiedung
von diesem Planeten gewünscht
hätten, hätte man sie gefragt und hätten sie
antworten können. Er geriert sich dabei zum
Glück nicht als Oberlehrer der Nation. Er
zeigt nicht einmal verstohlen mit seinem kleinen
Finger auf die Veranstalter oder Köche.
Immerhin lebt ein ganzer Landstrich dort vom
Hummerfang. Aber er hinterfragt, und das mit
einer Präzision und Geschicklichkeit, dass
vielleicht nicht der Appetit auf Hummer, aber
auf Bücher von David Foster Wallace
zunimmt. Bei mir war’s jedenfalls so.
(dw)
David Foster Wallace, Am Beispiel des Hummers,
Kiepenheuer & Witsch, 64 Seiten,
ISBN: 9783462041262, Preis: 6,99 Euro