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CONNECT Magazin 22-01

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36 Gastkommentar<br />

Künstliche Intelligenz:<br />

Treiber für die holistische Optimierung von Fertigung und Lieferkette<br />

Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass die Dichte der Lieferketten zwischen China und Deutschland fast einzigartig und für beide Länder<br />

von herausragender Bedeutung ist. Lieferketten bestimmen einen guten Teil des BIP eines Landes, zum Beispiel pendeln die globalen Logistikkosten<br />

in China seit 2<strong>01</strong>5 zwischen 14,9 Prozent (2<strong>01</strong>5) und 14,6 Prozent (2021) des BIP, während sie in Deutschland 2020 bei gut 8 Prozent lagen.<br />

Viele Randbedingungen für die Logistik werden lokal gesetzt und führen deshalb zu landestypischen Besonderheiten.<br />

Abb.: Travel mania, Shutterstock<br />

So dauert es nach dem „Logistics Performance<br />

Index“ der Weltbank in China sechs Tage, bis<br />

Produkte über Land zu einem Hafen (und umgekehrt)<br />

transportiert sind, während in Deutschland<br />

dafür bei fast gleicher Entfernung nur zwei<br />

Tage benötigt werden. Auffallend ist auch der<br />

Unterschied des Grades der elektronischen Abgabe<br />

und Verarbeitung von Zolldeklarationen,<br />

der in China mit 71 Prozent um 29 Prozent niedriger<br />

ist als in Deutschland. Es scheint auf globaler<br />

Ebene Verbesserungspotenzial für die<br />

Lieferketten zu geben!<br />

Dass die Lieferketten oder sogar die „Liefernetze“<br />

in den letzten beiden Jahren nicht mehr so<br />

reibungslos ineinandergriffen wie geplant, ist<br />

sicherlich nur zum Teil auf die Pandemie zurückzuführen:<br />

Es gibt auch einen permanenten<br />

Zwang zum Wandel in den Lieferketten, nicht<br />

zuletzt durch die Notwendigkeit, die Logistikkosten<br />

zu reduzieren. Deshalb wurden Firmen,<br />

die in der Vergangenheit ihre Lieferketten transparent<br />

und datenzentriert optimierten, von den<br />

durch die Pandemie aufgetretenen Problemen<br />

nicht oder kaum berührt. Diese Firmen haben die<br />

traditionelle Kontrolle von Lieferketten mit ihrem<br />

eher geringen Datenaustausch zwischen einzelnen<br />

Abschnitten durch eine dynamische Selbststeuerung<br />

ersetzt, die aufgrund der aktuellen<br />

Daten auf unvorhergesehene Änderungen autonom<br />

reagieren kann. Zusätzlich kann dieser<br />

Regelkreis durch die Analyse gesammelter Daten<br />

schon frühzeitig auf geänderte Bedingungen reagieren,<br />

zum Beispiel Produktionsengpässe durch<br />

die rechtzeitige Anpassung der Lieferkette optimieren<br />

und die Notwendigkeit für größere Lager<br />

reduzieren.<br />

Die IT-Technologie ist daher zusammen mit Methoden<br />

der künstlichen Intelligenz (KI) wie Big-<br />

Prof. Dr. Otthein Herzog war von<br />

1993 bis 2009 Professor für künstliche<br />

Intelligenz an der Universität Bremen.<br />

2<strong>01</strong>9 wurde er von einer unabhängigen<br />

Jury zu einem der „Zehn prägenden<br />

Köpfe“ der deutschen KI-Geschichte<br />

gewählt. Er ist zudem Ehrenprofessor<br />

an Tongji-Universität, Shanghai.<br />

Data-Analyse und maschinelles Lernen einer der<br />

wichtigsten Treiber für die holistische Optimierung<br />

von Fertigung und Lieferkette. Diese<br />

KI-Methoden ermöglichen erhebliche Effizienzsteigerungen<br />

durch die Realisierung der Grundprinzipien<br />

von Industrie 4.0 und den Übergang<br />

von traditionellen Lieferketten zur resilienten<br />

und flexiblen End-to-End-Logistik:<br />

• Interoperabilität zwischen Produktionsstätten,<br />

• Virtualisierung der Prozesse der realen Welt<br />

durch digitale Zwillinge und Simulation,<br />

• Dezentralisierung von Entscheidungen für die<br />

Bewältigung unvorhergesehener Ereignisse,<br />

Datensammlung und Datenanalyse in Realzeit<br />

zur Sicherung der Resilienz der Lieferkette,<br />

• Service-Orientierung in globalen Ökosystemen<br />

und<br />

• Modularität für die flexible Adaptation von<br />

Produktion und Logistik an neue Anforderungen.<br />

Die Methoden für eine optimierte Logistik werden<br />

an den Universitäten Bremen und Dortmund<br />

seit mehr als 25 Jahren erarbeitet und in die<br />

Praxis transferiert, auch mit vielen Spin-offs. In<br />

Qingdao wurde vor einigen Jahren das<br />

Deutsch-Chinesische Institut für angewandte<br />

Forschung und Promotion (IFP) als ein öffentliches<br />

Forschungsinstitut im Deutsch-Chinesischen<br />

Ökopark gegründet. Als Brücke und Plattform<br />

für den technologischen Austausch und die<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen China<br />

und Deutschland sieht sich das IFP in besonderer<br />

Verantwortung, die deutsch-chinesische Kooperation<br />

im Bereich der intelligenten Logistik<br />

in Zusammenarbeit mit der Tongji-Universität in<br />

Shanghai und den beiden deutschen Universitäten<br />

nach dem Muster der Fraunhofer-Institute<br />

zu fördern. Die Zeichen stehen also gut<br />

für die deutsch-chinesische Optimierung der<br />

Lieferketten durch künstliche Intelligenz!<br />

www.chk-de.org

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