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David | Erne |Krüger |Wabel: Körper und Kirche – Symbolische Verkörperung und protestantische Ekklesiologie (Leseprobe)

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Subjekt <strong>und</strong> <strong>Verkörperung</strong><br />

Theologie <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong> gut ohne Gottesbeweise auskommen<br />

<strong>und</strong> weil die üblichen Gotteswiderlegungen aus der Ecke des<br />

Szientismus <strong>und</strong> Naturalismus einfältig <strong>und</strong> unerheblich<br />

sind, Gr<strong>und</strong> zum Schmunzeln eher als zum Fürchten. Der<br />

szientistische Naturalismus als solcher ist einfältig <strong>und</strong> als<br />

Theorie nicht satisfaktionsfähig.<br />

Überdies lässt die Subjektivitätsthese in ihrem ersten Teil<br />

Raum für folgende Sichtweise: Da es de facto das Universum<br />

gibt, muss es auch leibliche Subjekte enthalten; daran hätte<br />

Gott nichts ändern können. Aber dass es überhaupt ein Universum<br />

gibt, ist nicht notwendig, sondern geht auf Gottes<br />

freien Rat zurück. Wenn er eine Welt schaffen wollte, musste<br />

er Menschen schaffen; aber er hätte die Welt nicht schaffen<br />

müssen, sondern für sich bleiben können.<br />

Anders steht es indes mit der zweiten Teilthese, der zufolge<br />

alle Subjektivität notwendig leiblich <strong>und</strong> innerweltlich<br />

ist. Diese Behauptung ist prima facie atheistisch <strong>–</strong> atheistisch<br />

auf den ersten <strong>und</strong> wohl auch noch auf den zweiten Blick.<br />

Wenn es eine göttliche Subjektivität gäbe, so müsste sie leiblich<br />

<strong>und</strong> innerweltlich sein. Das trifft nach christlicher Lehre<br />

auf den Sohn zu, sofern er Mensch wurde, aber nicht auf den<br />

Vater <strong>und</strong> den Heiligen Geist. Vor allem bleibt kein Raum für<br />

einen außerweltlichen Schöpfer der Welt, wenn alle Subjektivität<br />

notwendig innerweltlich <strong>und</strong> körperlich ist. Wenn sich<br />

also die Subjektivitätsthese beweisen lässt, müsste man das<br />

Tagungsthema modifizieren zu »<strong>Körper</strong> versus <strong>Kirche</strong>«. Denn<br />

wenn alle Subjekte endliche <strong>Körper</strong> sind, ist der <strong>Kirche</strong> die<br />

Gr<strong>und</strong>lage ihres Glaubens entzogen. Nicht der philosophische<br />

Naturalismus bedroht den Glauben <strong>–</strong> der ist nur ein zahnloser<br />

Papiertiger <strong>–</strong>, sondern die antinaturalistische, apriorische<br />

<strong>und</strong> hermeneutische Philosophie, zu deren Repertoire<br />

die Subjektivitätsthese gehört.<br />

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