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David | Erne |Krüger |Wabel: Körper und Kirche – Symbolische Verkörperung und protestantische Ekklesiologie (Leseprobe)

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Subjekt <strong>und</strong> <strong>Verkörperung</strong><br />

Nicht durch ihre allgemeinen Züge <strong>und</strong> Relationen. Das folgt<br />

aus dem Begriff der Allgemeinheit; das Allgemeine ist eben<br />

das, was von vielen geteilt werden kann. Viele Dinge können<br />

rot sein, viele auf einem Tisch liegen, viele an etwas Weißes<br />

grenzen usw. Was die Dinge ontisch individuiert, sind, so sagt<br />

man daher nicht zu Unrecht, ihre positionalen Eigenschaften,<br />

das heißt ihre jeweiligen Stellen in Raum <strong>und</strong> Zeit. Selbst<br />

wenn das Universum als Ganzes symmetrisch wäre oder aus<br />

immer wiederkehrenden gleichen Mustern bestünde, wäre<br />

doch jedes Ding von seinen dann existierenden Duplikaten<br />

durch seine Stelle in Raum <strong>und</strong> Zeit unterschieden <strong>und</strong> individuiert.<br />

Doch hier muss man achtgeben, dass man nicht im<br />

Zirkel geht: Die Raum-Zeit-Stellen sollen die Dinge individuieren.<br />

Was aber individuiert die Raum-Zeit-Stellen? Die<br />

Dinge, die sich an ihnen befinden? Das wäre der fehlerhafte<br />

Individuationszirkel, den wir vermeiden müssen.<br />

Man kann die Sachlage anhand von Leibniz’ <strong>und</strong> Newtons<br />

Raum-Zeit-Theorien erklären. Leibniz vertrat eine relationale<br />

Theorie; das heißt, er lehrte, dass die Raum-Zeit-Stellen<br />

durch die Dinge individuiert werden, die sich an ihnen befinden.<br />

Folglich mussten die Dinge durch ihre allgemeinen<br />

Züge individuiert werden, was aber unmöglich ist. Leibniz<br />

postulierte also, um den Zirkel der Individuation zu vermeiden,<br />

das Unmögliche. Es gibt das schwache, logische Prinzip<br />

der identitas indiscernibilium, das besagt, dass dann, wenn<br />

von a nichts gilt, was nicht auch von b gilt, a <strong>und</strong> b nicht nur<br />

vollkommen gleich, sondern numerisch identisch, ein <strong>und</strong><br />

dieselbe Sache sind. Dieses schwache Prinzip ist unstrittig,<br />

eine Wahrheit der Prädikatenlogik zweiter Stufe. Aber Leibniz<br />

machte daraus ein starkes, metaphysisches Prinzip, das besagt:<br />

Wenn a <strong>und</strong> b alle allgemeinen Züge teilen, sind sie<br />

eines, nicht zwei. Aber die allgemeinen Züge individuieren<br />

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