David | Erne |Krüger |Wabel: Körper und Kirche – Symbolische Verkörperung und protestantische Ekklesiologie (Leseprobe)
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Subjekt <strong>und</strong> <strong>Verkörperung</strong><br />
ist. So bleibt die Frage der ontischen Individuation einstweilen<br />
offen.<br />
Versuchen wir uns daher zunächst an der Frage der epistemischen<br />
Individuation, <strong>und</strong> da werden wir sogleich fündig.<br />
Epistemisch individuieren wir die Dinge mühelos anhand<br />
ihrer Positionen in Raum <strong>und</strong> Zeit, indem wir von<br />
indexikalischen Denkinhalten bzw. indexikalischen Ausdrucksweisen<br />
Gebrauch machen. Dazu gehören Demonstrativa,<br />
Personalpronomina, Orts- <strong>und</strong> Zeitadverbien sowie das<br />
Tempus verbi. Dieses System der Indikatoren bildet für jedes<br />
Subjekt ein informelles egozentrisches Koordinatensystem,<br />
mit dem sich auf Beliebiges an beliebigen Raum-Zeit-Stellen<br />
des Universums eindeutig Bezug nehmen lässt. Ich weiß zwar<br />
nicht, was vor zwei Milliarden Jahren zehn Lichtjahre über<br />
meinem Scheitel geschah, aber mit eben diesem indexikalisch<br />
imprägnierten Gedankeninhalt kann ich mich eindeutig darauf<br />
beziehen, was immer es gewesen sein mag.<br />
Unsere egozentrischen indexikalischen Koordinatensysteme<br />
sind je persönlich, aber nicht logisch privat, sondern<br />
öffentlich <strong>und</strong> objektiv <strong>und</strong> können daher mühelos aufeinander<br />
bezogen <strong>und</strong> zur Einführung unpersönlicher Koordinatensysteme<br />
verwendet werden, etwa der Längen- <strong>und</strong><br />
Breitengrade zur Kartierung der Erdoberfläche oder streng<br />
mathematischer Koordinatensysteme für die Bedürfnisse der<br />
theoretischen Physik. Doch gr<strong>und</strong>legend für alle Bezugnahmen<br />
auf Einzelnes bleiben unsere informellen, egozentrischen<br />
<strong>und</strong> indexikalischen Koordinatensysteme.<br />
Betrachten wir der Einfachheit halber nur deren räumlichen<br />
Anteil. 5 Für ihn benötigen wir einen Ursprung, drei<br />
Achsen mit sechs Richtungen <strong>und</strong> ein Maß für Entfernungs-<br />
5 Eine entfaltete Theorie, die auch den zeitlichen Anteil einschließt, wurde<br />
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