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Arabische Pferde IN THE FOCUS 1/2022 (Vol. 29) - public

Zeitschrift für Liebhaber und Züchter arabischer Pferde

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<strong>IN</strong>TERVIEW MIT YASSIR GHANIM<br />

DAS MANIFEST ZUM ARABISCHEN PFERD (TEIL II)<br />

KRITISCH H<strong>IN</strong>TERFRAGT<br />

Zucht<br />

Die Erhaltung des authentischen <strong>Arabische</strong>n <strong>Pferde</strong>s der Beduinen als eigenständige<br />

Population ist sicherlich notwendig – über den Weg dorthin kann man<br />

sich trefflich streiten. Yasser Ghanim stand Rede und Antwort, warum das „Manifesto“<br />

nötig ist, und beantwortet unter anderem die Frage, warum beispielsweise<br />

Asil-Club und Al Khamsa nicht ausreichen.<br />

ITF: Bitte lassen Sie mich vorweg anmerken,<br />

dass ich sehr für die Erhaltung der letzten<br />

„ursprünglichen“ autochthonen Populationen<br />

arabischer <strong>Pferde</strong> bin, die gemeinhin<br />

als „Wüstenaraber“ bezeichnet werden. Sie<br />

haben aufgrund ihrer genetischen Vielfalt<br />

definitiv einen hohen Wert, und sie sind ein<br />

kulturelles Erbe. Was wir hier diskutieren,<br />

ist, WIE dies erreicht werden kann. Was also<br />

ist das Ziel des Manifests?<br />

YG: Eigentlich geht es bei unserer Initiative<br />

nicht nur um die autochthonen arabischen<br />

<strong>Pferde</strong>populationen. Wir akzeptieren arabische<br />

<strong>Pferde</strong>, egal wo sie gezüchtet wurden,<br />

solange sie unserer klaren Definition entsprechen.<br />

In Bezug auf das Manifest geht es darum,<br />

die authentische Identität der Rasse zu bewahren,<br />

so wie sie während ihrer langen<br />

Geschichte bis in die Neuzeit war. Die [arabische]<br />

Kultur ist dabei der entscheidende<br />

Faktor. Wir sehen die Rasse sowohl als ökologisches<br />

als auch als kulturelles Produkt.<br />

Wir glauben, dass die Rasse in den letzten<br />

Jahrzehnten einige große Veränderungen<br />

in ihrer Identität und in ihren Eigenschaften<br />

erfahren hat. Wir denken, dass die Rasse<br />

weitgehend kommerzialisiert und ihrer<br />

Grundwerte beraubt wurde. Das Manifest<br />

diskutiert die eigentliche Bedeutung dessen,<br />

was ein arabisches Pferd ist und wie wir es für<br />

zukünftige Generationen erhalten können.<br />

Der Interview-Partner und Autor Yassim Ghanim mit der Stute Farha Sa'faan (v. El Thay Moufid).<br />

ITF: Wie unterscheidet sich Ihre Sicht auf<br />

das arabische Pferd von der Sicht der<br />

WAHO und von der aktuellen internationalen<br />

Wahrnehmung der Rasse? Warum<br />

unterscheidet sich das arabische Pferd,<br />

wie Sie es sehen, von dem, was wir heute<br />

haben?<br />

YG: Das ist eine komplexe Frage. Es geht nicht<br />

nur um die WAHO, da gibt es viele Facetten.<br />

Erstens ist die WAHO-Definition ziemlich administrativ.<br />

Sie erlaubte seinen anfangs meist<br />

nicht-arabischen Mitgliedsländern, eigene<br />

Definitionen [dessen, was ein arabisches<br />

Pferd ist] zu besitzen. Diese Definitionen entsprachen<br />

nicht immer den Definitionen und<br />

Kriterien der arabischen und beduinischen<br />

Kultur, wie z. B. dem Fehlen von ‚Hujna’ [Unreinheit],<br />

was dazu führte, dass ein hoher<br />

Prozentsatz von <strong>Pferde</strong>n, die einheimische<br />

europäische Vorfahren in ihren Stammbäumen<br />

enthielten, trotzdem als „reinrassige<br />

Araber“ [<strong>Vol</strong>lblutaraber] bezeichnet wurden.<br />

Zweitens hat die WAHO keinen Korrekturmechanismus,<br />

um bekanntes nicht-arabisches<br />

Blut zu eliminieren. Fremdblut, durch die Einkreuzung<br />

von Englischen <strong>Vol</strong>lblut (xx)-Linien,<br />

kann heute mit den Mitteln der modernen<br />

Wissenschaft nachgewiesen werden. Jüngste<br />

genetische Studien zeigen bis zu 62 % xx-<br />

14<br />

Blut in vielen Rennlinien, was große Fragen<br />

aufwirft, ob diese <strong>Pferde</strong> weiterhin „Araber“<br />

genannt werden sollten. Drittens hat die moderne<br />

Vorstellung eines arabischen <strong>Pferde</strong>s<br />

die Bedeutung von Typ und Aussehen über<br />

den Rest der Merkmale gestellt. Es entwickelte<br />

sich ein völlig neues System, mit dem der<br />

Phänotyp des arabischen <strong>Pferde</strong>s von seinen<br />

funktionellen, mentalen und psychischen Eigenschaften,<br />

die sich im Laufe der Geschichte<br />

entwickelt haben, abgetrennt wurde. Dies<br />

hat zu großen physischen und genetischen<br />

Veränderungen in der Rasse geführt. Zusammenfassend<br />

lässt sich sagen, dass die<br />

Mainstream-Zuchtszene weltweit heute entweder<br />

aus stark mit Fremdblut verkreuzten<br />

Rennpferden oder aus stark dysfunktionalen<br />

Showpferden besteht, zu denen sowohl asile<br />

als auch nicht-asile <strong>Pferde</strong> gehören.<br />

© ARABISCHE PFERDE - <strong>IN</strong> <strong>THE</strong> <strong>FOCUS</strong> 1/<strong>2022</strong>

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