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Arabische Pferde IN THE FOCUS 1/2022 (Vol. 29) - public

Zeitschrift für Liebhaber und Züchter arabischer Pferde

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Editorial<br />

FLUCHT UND<br />

VERTREIBUNG<br />

Im Zuge meiner Recherchen zur Geschichte des Gestüts Achental in<br />

diesem Heft, fiel mir auch wieder der Artikel von Eberhardt Schultz<br />

in die Hände, in dem er über seine abenteuerliche Flucht während<br />

des Zweiten Weltkriegs aus dem Wartheland (heute Polen) über<br />

Dresden und Aussig nach Ansbach erzählt. Über 700 km hatten er<br />

und der ihm anvertraute Araberhengst Towarzysz Pancerny zurückgelegt,<br />

zahlreiche gefährliche Situationen hatten sie gemeinsam<br />

gemeistert, bei denen ihnen die Granaten und Gewehrkugeln um<br />

die Ohren flogen. Keiner hätte ohne den anderen überlebt.<br />

Wir, die Nachkriegsgeneration, hat das ungeheure Glück, 77 Friedensjahre<br />

in den Staaten der Europäischen Union seit 1945 und<br />

damit die längste, ununterbrochen andauernde Friedensperiode<br />

in Europa zu erleben. Doch diese Beschaulichkeit wird seit dem 24.<br />

Februar durch die Kriegsbilder aus der Ukraine in ihren Grundfesten<br />

erschüttert. Historisch betrachtet entstanden auf dem Territorium<br />

der heutigen Ukraine einige der bedeutendsten Arabergestüte der<br />

Geschichte: Ohne Slawuta, Antoniny, Jarczowce, Bialocerkiew oder<br />

Sawran hätte es die polnische Araberzucht, wie wir sie kennen, nicht<br />

gegeben. Ohne diese, keinen Towarzysz Pancerny, der einem deutschen<br />

Soldaten die Flucht ermöglichte, und der als „Halef“ in die Geschichte<br />

der deutschen Araberzucht einging.<br />

Wie damals, sind wieder Menschen auf der Flucht. Was mich dabei<br />

zutiefst beeindruckt ist, wieviele Ukrainer ihre Haustiere mitnehmen,<br />

um sie nicht in der Ungewissheit der Kriegswirren zurückzulassen.<br />

„Die Größe einer Nation und ihr moralischer Fortschritt kann<br />

danach beurteilt werden, wie sie ihre Tiere behandelt" (Mahatma<br />

Ghandi) – nicht nur in dieser Hinsicht zeigt sich derzeit die Größe<br />

des ukrainischen <strong>Vol</strong>kes. Aber die Verzweiflung ist groß – so haben<br />

einige <strong>Pferde</strong>bsitzer ihre <strong>Pferde</strong> freigelassen, nachdem neben dem<br />

Stall eine Bombe eingeschlagen war. Andere sind mit ihren <strong>Pferde</strong>n<br />

Richtung Rumänien geflohen – sie wurden bei einem Raketenangriff<br />

getötet, wie Equiwent berichtet. Der berühmte Hengst und<br />

Springpferdevererber Cornet Obolensky und sein Sohn Comme il<br />

faut waren im Gestüt Zhashkov zuhause – nur 150 Kilometer von<br />

Kiew entfernt. Es gelang, die beiden <strong>Pferde</strong> – und andere – nach<br />

Polen zu bringen, wo sie von Helfern aus dem Westfälischen <strong>Pferde</strong>stammbuch<br />

abgeholt und nach Deutschland gebracht wurden.<br />

Wer die <strong>Pferde</strong> und <strong>Pferde</strong>halter in der Ukraine unterstützen möchte,<br />

kann dies über zwei Hilfsorganisationen tun, die "Ukrainian<br />

Equestrian Federation Charity Foundation" und "Equiwent". Es werden<br />

Hilfsgüter wie Heulage, Mischfutter und Späne benötigt, aber<br />

auch wer hier eine Unterbringung für <strong>Pferde</strong> aus der Ukraine anbieten<br />

kann, kann sich dort melden (siehe S. 41 für Kontaktdetails).<br />

FLIGHT AND<br />

EXPULSION<br />

In the course of my research on the history of the Achental stud in this issue,<br />

I came across the article by Eberhardt Schultz again, in which he told<br />

the story about his adventurous escape from Wartheland (today Poland)<br />

via Dresden and Aussig to Ansbach during the Second World War. He and<br />

the Arabian stallion Towarzysz Pancerny, who was entrusted to him, had<br />

covered more than 700 km, they had mastered numerous dangerous situations<br />

together, in which grenades and bullets flew past them. Neither<br />

would have survived without the other.<br />

We, the post-war generation, are incredibly fortunate to have experienced<br />

77 years of peace in the states of the European Union since 1945,<br />

making it the longest uninterrupted period of peace in Europe. But since<br />

February 24, this tranquillity has been shaken to its foundations by the<br />

images of war in Ukraine. From a historical point of view, some of the<br />

most important Arabian stud farms in history were established on the<br />

territory of today's Ukraine: Without Slawuta, Antoniny, Jarczowce, Bialocerkiew<br />

or Sawran, Polish Arabian breeding as we know it would not<br />

have existed. Without this, there would have been no Towarzysz Pancerny,<br />

who enabled a German soldier to escape and who went down in the<br />

history of German Arabian breeding as “Halef”.<br />

As in the past, people are fleeing again. What strikes me deeply is how<br />

many Ukrainians take their pets with them so as not to leave them behind<br />

in the turmoil of war. "The greatness of a nation and its moral progress<br />

can be judged by the way it treats its animals" (Mahatma Ghandi)<br />

- not only in this respect does the greatness of the Ukrainian people currently<br />

show. But the despair is great - that's why some horse owners have<br />

released their horses after a bomb went off next to their stable. Others<br />

fled to Romania with their horses - and were killed in a rocket attack, as<br />

Equiwent reports. Zhashkov Stud was home to the famous stallion and<br />

sire of show jumpers, Cornet Obolensky and his son Comme il faut – situated<br />

only 150 kilometers from Kyiv. It was possible to bring the two horses<br />

- and others - to Poland, where they were picked up by helpers from the<br />

Westphalian Horse Stud Book and taken to Germany.<br />

Anyone who would like to support the horses and horse owners in the<br />

Ukraine can do so through two aid organizations “Ukrainian Equestrian<br />

Federation Charity Foundation” and “Equiwent”. Aid items such as<br />

haylage, mixed feed and shavings are needed, but anyone who can offer<br />

accommodation for horses from the Ukraine can also contact them (see<br />

p. 41 for contacts).<br />

Editorial<br />

1/<strong>2022</strong> - www.in-the-focus.com<br />

Gudrun Waiditschka<br />

Chefredakteurin / Chief Editor<br />

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