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Arabische Pferde IN THE FOCUS 1/2022 (Vol. 29) - public

Zeitschrift für Liebhaber und Züchter arabischer Pferde

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Im vergangenen Jahr wurde eine neue internationale<br />

Initiative unter dem Namen<br />

„Das Manifest zum <strong>Arabische</strong>n Pferd“ („The<br />

Arabian Horse Manifesto“) ins Leben gerufen.<br />

Eine Gruppe von etwa 30 Gründungsmitgliedern<br />

aus der arabischen Welt sowie aus dem<br />

Westen hat ein Dokument formuliert, das ihre<br />

Haltung zum arabischen Pferd erklärt. Das Ergebnis<br />

wurde auf einer speziellen Website im<br />

Internet und in einem PDF veröffentlicht (siehe<br />

Kasten am Ende des Beitrags). Aber was ist<br />

das Besondere an dieser Arbeit?<br />

„Unsere Vision ist eine neue Ära des arabischen<br />

<strong>Pferde</strong>s, basierend auf der Anerkennung<br />

seiner ursprünglichen Qualitäten,<br />

dem Verständnis und dem Studium seiner<br />

Geschichte, der Achtung seiner kulturellen<br />

Werte in diesem Zusammenhang und der<br />

Nutzung moderner Wissenschaft bei der Gestaltung<br />

der Zukunft der Rasse."<br />

Das Manifest repräsentiert die gemeinsame<br />

Vision der Gründerväter und das, was<br />

ihrer Meinung nach die arabischen und<br />

beduinischen Werte rund um die arabische<br />

Rasse richtig darstellt, umrahmt von einem<br />

modernen Ansatz, der Kultur und Wissenschaft<br />

verbindet. Es versucht die kollektive<br />

Weisheit der Gemeinschaft und die vielen<br />

Erkenntnisse zu nutzen, die man aus mehr<br />

als einem Jahrhundert moderner Züchtung<br />

gezogen hat. Dieser Zeitraum umfasst ein<br />

halbes Jahrhundert offizieller Stutbuchführung<br />

sowie das Wirken internationaler Organisationen.<br />

Die Entwicklung des Textes dauerte ein ganzes<br />

Jahr und wurde unter den Gründern ausführlich<br />

diskutiert und auf verschiedenen<br />

Blogs, Social-Media-Kanälen und Kongressen<br />

öffentlich diskutiert.<br />

Die Initiative befasst sich mit den Herausforderungen<br />

der Globalisierung und der Kommerzialisierung<br />

des arabischen <strong>Pferde</strong>s. Sie<br />

würdigt dennoch seinen globalen Wert und<br />

seine interkulturelle Rolle. Die Initiative versucht<br />

jedoch, die negativen Auswirkungen<br />

zu benennen, die zu möglichen Veränderungen<br />

weg von der ursprünglichen Identität<br />

des arabischen <strong>Pferde</strong>s geführt haben. Eine<br />

wichtige Säule dieser Arbeit ist es, die Authentizität<br />

und ursprüngliche Identität der<br />

Rasse als ein kulturelles Erbe zu bewahren,<br />

das im Laufe der Geschichte durch die Traditionen<br />

der Araber- und Beduinenstämme<br />

Arabiens entstanden ist.<br />

WESTLICHE VORHERRSCHAFT<br />

Während des letzten Jahrhunderts hat die<br />

westliche Welt in fast allen Facetten des<br />

arabischen <strong>Pferde</strong>s die Initiative ergriffen.<br />

Registrierung, Wettbewerbe, schriftliche Abhandlungen<br />

und Forschung wurden hauptsächlich<br />

im Westen produziert und definiert<br />

und dann auf die arabische Welt ausgedehnt,<br />

die zu einem Anhänger dieser neuen<br />

und reimportierten Konzepte wurde. Diese<br />

Schwerpunktverlagerung von Ost nach West<br />

beinhaltete neben positiven Seiten und Folgen<br />

auch negative Auswirkungen und Herausforderungen.<br />

1/<strong>2022</strong> - www.in-the-focus.com<br />

Ein kurzer Realitätscheck zeigt eine Reihe von<br />

Problemen, denen die Rasse gegenübersteht<br />

und die derzeit ernsthafte Risiken darstellen.<br />

Dazu gehören, unter anderem eine vage<br />

Rassedefinition [Anm. d. Red.: die WAHO-Definition],<br />

ein sinkendes Verhältnis von Asil-Arabern<br />

zu anderen Araber-Populationen, sinkende<br />

Registrierungszahlen, geschlossene<br />

Stutbücher, der Verlust von Funktionalität<br />

und athletischen Eigenschaften, morphologische<br />

Veränderungen, Extremzucht und<br />

nicht zuletzt eine reduzierte genetische Vielfalt<br />

und Vitalität.<br />

DIE DREI HAUPTKOMPONENTEN<br />

Das Manifest markiert Problemfelder und<br />

legt die Grundlagen für die Bewältigung dieser<br />

Herausforderungen. Es besteht aus drei<br />

Hauptbestandteilen: aus Werten, Prinzipien<br />

und aus der Definition.<br />

Der erste Abschnitt des Manifests stellt die<br />

WERTE dar, die durch die Vorstellungen der<br />

Gründungsmitglieder in Bezug auf diese Rasse<br />

geprägt wurden und von denen angenommen<br />

wird, dass sie die gemeinsamen Werte<br />

der gesamten Gemeinschaft widerspiegeln.<br />

Sie bilden die Grundlage für den Aufbau von<br />

Vereinbarungen und einer gemeinsamen<br />

Vision zwischen uns allen. Absteigend vom<br />

Allgemeinen zum Speziellen werden die fünf<br />

wichtigsten Eigenschaften angegeben:<br />

1. Das arabische Pferd ist ein wertvolles kulturelles<br />

Erbe der Menschheit.<br />

2. Das arabische Pferd ist eine der ältesten<br />

<strong>Pferde</strong>rassen der Geschichte.<br />

3. Das arabische Pferd genießt einige einzigartige<br />

Qualitäten und Eigenschaften.<br />

4. Die ursprüngliche Heimat des arabischen<br />

<strong>Pferde</strong>s liegt in den Steppen Arabiens.<br />

5. Das arabische Pferd ist das Produkt der<br />

arabischen Beduinenkultur.<br />

Der nächste Hauptbestandteil sind die PR<strong>IN</strong>-<br />

ZIPIEN. Prinzipien sind praktikable Konzepte,<br />

die die Steuerung aller Bemühungen<br />

im Zusammenhang mit der Rasse - von der<br />

Registrierung bis zum Handel und von Wettbewerben<br />

bis zur Forschung - unterstützen.<br />

Zwölf Prinzipien werden artikuliert und in<br />

vier Kategorien eingeteilt:<br />

Identitätsprinzipien: Dazu gehören drei<br />

Grundsätze, die das <strong>Arabische</strong> Pferd mit seiner<br />

wahren Identität - die aus der arabischen<br />

Beduinenkultur stammt - in Verbindung bringen.<br />

Diese Grundsätze präsentieren die Konzepte<br />

von asil und atiq, die Schlüsselkonzepte<br />

im kulturellen Rahmen sind. Einer der drei<br />

Grundsätze ist die Kultur:<br />

„Jede Definition der arabischen Rasse muss<br />

den kulturellen Werten entsprechen, die<br />

ihr von ihren ursprünglichen Hütern, den<br />

arabischen Beduinenstämmen in Arabien,<br />

zugeschrieben wurden. Die Identität eines<br />

<strong>Pferde</strong>s als „<strong>Arabische</strong>s Pferd“ basiert auf<br />

seiner Authentizität und Reinheit, Begriffe,<br />

die beide in den arabischen Begriffen atiq<br />

(in früherer Zeit verwendet) und asil (in neuerer<br />

Zeit) enthalten sind."<br />

Wissensprinzipien: Drei zusätzliche Grundsätze,<br />

die die Basis für die Festlegung bilden,<br />

7<br />

ob ein Pferd ein „Araber“ ist, oder nicht. Information<br />

und Recherche sind hierzu die wesentlichen<br />

Mittel.<br />

Qualitätsprinzipien: Zwei Grundsätze, die<br />

die Herangehensweise und die hauptsächlichen<br />

Gesichtspunkte für die Definition der<br />

Rassemerkmale und die Erhaltung ihrer Vielfalt<br />

und Reichhaltigkeit festlegen.<br />

Erhaltungsprinzipien: Vier Grundsätze, die<br />

einen integralen Ansatz zum Erhalt dieser<br />

<strong>Pferde</strong> bieten. Dies wird durch die Anwendung<br />

moderner Wissenschaft und durch den<br />

Aufbau eines kompletten Systems für die gesicherte<br />

Identität der Rasse und ihrer Merkmale<br />

erreicht.<br />

Die dritte Komponente ist die DEF<strong>IN</strong>ITION<br />

(mit den entsprechenden Anmerkungen):<br />

Die Definition des arabischen <strong>Pferde</strong>s stellte<br />

in letzter Zeit eine Herausforderung dar,<br />

denn es gibt derzeit keine allgemein anerkannte<br />

Definition. Offizielle Definitionen<br />

durch bestehende Stutbuchorganisationen<br />

sind mehrdeutig und lassen keine eindeutigen<br />

Erhaltungsmaßnahmen zu. Einige weitverbreitete<br />

informelle Definitionen basieren<br />

nur auf dem Phänotyp. Es gab Versuche in<br />

verschiedenen Teilen der Welt, hauptsächlich<br />

im Westen, Definitionen festzulegen, die<br />

dem arabischen und beduinischen Konzept<br />

nahe kommen. Die bekanntesten Beispiele<br />

sind der Asil Club in Deutschland und Al<br />

Khamsa und die Pyramid Society in den USA.<br />

Diese Versuche waren teilweise erfolgreich,<br />

um das arabische Pferd in seiner ursprünglichen<br />

Form zu erhalten. Die <strong>Pferde</strong>, die den<br />

Definitionen dieser drei Organisationen entsprechen,<br />

die allgemein als „asil“ bezeichnet<br />

werden, stellen eine sehr kleine Minderheit<br />

dessen dar, was heute als Araber bezeichnet<br />

wird.<br />

ERHALTUNG IST ERFORDERLICH<br />

In den arabischen Ländern werden die "Asilen"<br />

aus Unwissenheit oder Gleichgültigkeit<br />

ständig mit nicht-asilen <strong>Pferde</strong>n verpaart.<br />

Einige arabische Länder haben ihre Asil-Population<br />

bereits verloren oder stehen kurz<br />

davor, sie für immer zu verlieren, wobei nur<br />

noch eine Handvoll Asil-Stuten übrig sind. In<br />

einigen großen arabischen Ländern erreicht<br />

der Anteil der Nicht-Asilen fast 60 %.<br />

Die Wissenschaft hat eine ernst zu nehmende<br />

Warnung ausgesprochen. Jüngste genetische<br />

Studien, die auf den bereits verfügbaren<br />

Kenntnissen über das Englische <strong>Vol</strong>lblut basieren,<br />

zeigten bis zu 62 % Englischen <strong>Vol</strong>lblutblutanteil<br />

bei einigen weitverbreiteten<br />

registrierten Arabern, insbesondere bei denen<br />

für den Rennsport (Flachrennen). In einer<br />

kürzlich von 19 Forschern unter der Leitung<br />

von Dr. Samantha Brooks von der Universität<br />

in Florida durchgeführten Studie kommt sie<br />

zu dem Schluss: „Wir können in der genetischen<br />

Signatur sehen, dass die Kreuzung mit<br />

Englischen <strong>Vol</strong>lblütern mehrmals stattfand,<br />

und bei einigen <strong>Pferde</strong>n geschah dies über<br />

mehrere Generationen hinweg.“ Das Phänomen,<br />

so sagt sie, zeigt sich bei vielen, vielen<br />

der registrierten sogenannten arabischen<br />

Zucht

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