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DerBerg_01_2022_RZ_DS

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TOURENBERICHT | NORWEGEN

einen heiklen Abstieg durch steile, brüchige Felsen. Durch

den Nebel ist es sehr unübersichtlich und auch feucht, das

macht die Felsen rutschig. Wir fühlen uns sehr unwohl, aber

Sichern wäre schwierig, weil alles so brüchig ist. Puh, das ist

richtig gefährlich!

„ETWAS BRÜCHIGE KLETTEREI“

Auf dem nächsten Sattel suchen wir uns eine windgeschützte

Stelle für eine Mittagspause. Der Wind hat die Wolken

weggeblasen, die Sonne scheint wieder für uns, als wäre

nichts gewesen. Einige andere Bergsteiger brechen die Tour

hier ab und steigen zum Gletscher hinab. Hey, da fehlen

noch drei Gipfel! Für uns geht’s weiter zu Sauen (2077 m)

und Kniven (2133 m), also heißt es wieder anseilen und die

eisigen Felsen hoch. Jetzt ist der letzte und auch höchste

Gipfel nicht mehr weit. Allerdings sieht der Aufstieg ziemlich

brüchig aus! Das Topo verheißt nichts Gutes: „To hamre med

litt løs klattring (grad 3), kan omgas via renne mot vest“. Frei

übersetzt: „Zu Platte mit etwas brüchiger Kletterei (3. Grad),

kann durch eine Rinne im Westen umgangen werden.“ Wir

sehen zwei Kletterer in der angeblichen 3er-Variante, die

sieht wirklich abschreckend aus und auch viel schwerer als

3, selbst wenn wir wissen, dass ein norwegischer 3er bei uns

normalerweise schon ein 4er ist.

Wir queren nach Westen und suchen die Rinne, das ist aber

auch ein Abenteuer mit bewachsenen Felsen, lose aufliegenden

Platten, Schneeresten und herablaufendem Wasser. So

oder so, der Aufstieg lohnt sich nicht und ist gefährlich. Jetzt

beneiden wir die schlauen Bergsteiger, die vorhin die Tour

abgebrochen haben ... Um fünf Uhr nachmittags sind wir

dann endlich auf dem Store Smørstabbtind (2208 m), hier

endet die Kletterei und es beginnt der Abstieg über die Normalroute.

Noch einmal volle Konzentration auf Felsen und

steilen, bewachsenen Hängen. Nach insgesamt 14 Stunden

erreichen wir unser Wohnmobil und legen erst einmal die

Füße in den kalten Fluss, dazu ein Bier und ein zufriedener

Blick nach oben. Und dann üben wir noch mal den Namen

dieser spektakulären Tour: Smørstabbtindtraversen.

Abseilen vom Veslebjørn

Vereister Fels

LITERATUR

Klatrefører for

Jotunheimen

Norsk Tindeklub 2015,

Norges Fjelltopper

over 2000 Meter – Bind I

Morten og Julia Helgesen,

Glittertind Forlag

„litt løs klattring“

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