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Michael Domsgen | Tobias Foß: Diakonie im Miteinander (Leseprobe)

Auf dem Markt unterschiedlicher Anbieter ringt auch die Diakonie mehr denn je um ihre Erkennbarkeit, christlich verankert zu sein. Wie kann sie sich als christliche Anbieterin profilieren, wenn mehr als die Hälfte der Mitarbeitenden konfessionslos ist? Wie lässt sich ein diakonisches Profil innerhalb der eigenen Mitarbeitschaft etablieren, wenn Sozialisations- und Tradierungsabbrüche von Kirche und Christentum so deutlich hervortreten? Der vorliegende Aufsatzband versucht, sich aus diakoniewissenschaftlicher, systematisch-theologischer und empirischer Sichtweise diesen Fragen anzunähern. Unterschiedliche Akteure aus Wissenschaft, Diakonie und Kirche kommen zu Wort und setzen Impulse, wie Diakonie in einer mehrheitlich konfessionslosen Gesellschaft gestaltet und verändert werden sollte.

Auf dem Markt unterschiedlicher Anbieter ringt auch die Diakonie mehr denn je um ihre Erkennbarkeit, christlich verankert zu sein. Wie kann sie sich als christliche Anbieterin profilieren, wenn mehr als die Hälfte der Mitarbeitenden konfessionslos ist? Wie lässt sich ein diakonisches Profil innerhalb der eigenen Mitarbeitschaft etablieren, wenn Sozialisations- und Tradierungsabbrüche von Kirche und Christentum so deutlich hervortreten? Der vorliegende Aufsatzband versucht, sich aus diakoniewissenschaftlicher, systematisch-theologischer und empirischer Sichtweise diesen Fragen anzunähern. Unterschiedliche Akteure aus Wissenschaft, Diakonie und Kirche kommen zu Wort und setzen Impulse, wie Diakonie in einer mehrheitlich konfessionslosen Gesellschaft gestaltet und verändert werden sollte.

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Konfessionslosigkeit und diakonisches Profil in empirischer Perspektive 27<br />

che Zusammenhänge in einen differenzierteren und relevanteren Horizont stellen.<br />

28<br />

3. <strong>Diakonie</strong> und Konfessionslosigkeit -- Ein Ausblick<br />

In Anbetracht der von mir am Gegenstand generierten Theorie komme ich zum<br />

abschließenden Ergebnis, dass christliche Vollzüge, Ausprägungen und Haltungen<br />

eine arbeitsalltägliche Relevanz aufzeigen müssen. Diese Ausrichtung von diakonischen<br />

Profilbildungsprozessen verstehe ich als conditio sine qua non. Gewiss<br />

geht es hierbei nicht darum, dass Kommunikationsbemühungen des Evangeliums<br />

einseitig unter das Joch der Funktionalität gespannt werden. Eine Gottesbeziehung<br />

reißt den Rahmen eines Nutzenkalküls auf --- Glaube hat <strong>im</strong>mer einen<br />

Überschuss. Auch in relevanztheoretischer Perspektive ist es wichtig, dass<br />

christliche Interpretationskonstellationen <strong>im</strong>mer auch als Bezugsgrößen wahrgenommen<br />

werden, die different zum Alltag sind. Ansonsten werden sie übersehen<br />

und schlichtweg nicht bemerkt. 29<br />

Dabei ist es jedoch nötig --- und hier sehe ich die grundlegende Ausrichtung<br />

für diakonische Profilbildungsprozesse ---, dass gleichzeitig eine produktive Bezogenheit<br />

auf den Arbeitsalltag der Mitarbeitenden vorhanden ist. 30 Ich bezeichne<br />

das als »lebensdienlichen Gewinn«, was mit den Worten Helmut Gollwitzers<br />

als lebensbringende »Veränderung <strong>im</strong> Diesseits« betitelt werden kann. 31 Theologisch<br />

gesehen sind Modelle nötig, die die produktive Beziehung von christlicher<br />

Lebensform mit unterschiedlichen Lebenszusammenhängen (vor allem <strong>im</strong> diesseitigen,<br />

materialistischen und gesellschaftlichen Sinne) zusammendenken. Dies<br />

hat die gegenstandsverankerte Theorie deutlich gemacht. Etwas zu dem aufgrund<br />

des sozialisatorisch bedingten Kontextes eine Distanz vorherrscht, kann<br />

tendenziell nur dann relevant sein, wenn es sich als lebensdienlich und unterstützend<br />

<strong>im</strong> Arbeitsalltag erweist. Dies gilt laut Sample auch für eine christliche<br />

Gottesbezogenheit. Demnach werden in den Interviews genau dann intensive<br />

Relevanzsetzungen vollzogen, wenn christliche Bezugsgrößen und Kommunikationszusammenhänge<br />

den Arbeitsalltag durch zwischenmenschliche Handlungsvollzüge<br />

oder durch Krafterfahrungen erleichtern. Es ist der zwischen-<br />

28<br />

Vgl. <strong>Foß</strong>, Relevanz <strong>im</strong> Arbeitsalltag, 313---319; 346---348. Dies lässt sich leicht an die<br />

empirischen Beobachtungen von Hofmann knüpfen, die von »Ankermenschen« spricht.<br />

Vgl. Hofmann, Konsequenzen, 223‒229.<br />

29<br />

»Tatsächlich dürften wir Gegenstände, die unseren situativ zugänglichen Wissensvorrat<br />

lediglich duplizieren, kaum für erheblich erachten.« (Stetter, Relevanz, 215)<br />

30<br />

Relevanztheoretisch argumentiert: »Der Gegenstand muss zum einen auf irgendeine<br />

Weise mit ihm [= dem Subjekt] ›zu tun haben‹: er muss in irgendeiner Form auf meine<br />

Situation bezogen sein. Zum anderen muss der Bezug so geartet sein, dass die Verarbeitung<br />

des Gegenstandes das System produktiv beeinflusst.« (Stetter, Relevanz, 213).<br />

31<br />

Vgl. Gollwitzer, Ich frage nach dem Sinn des Lebens, 34---64.

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