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Christian Jäcklin: Was nottut (Leseprobe)

Innerhalb der Dissertation stehen zunächst die Erarbeitung, Charakterisierung und Systematisierung dreier Leitmotive im Zusammenhang mit Georg Pichts Rede von Verantwortung. Die Tragfähigkeit der drei Leitmotive »gelebte Tradition«, »Ermöglichung des Sinnes für das Zukünftige« und »Wahrnehmung dessen, was nottut« als Analyseinstrument werden im Hinblick auf ausgewählte Schriften geprüft und bieten zugleich ein Kontrastmittel, das Pichts Schulleitertätigkeit und sein religionsphilosophisches Schaffen als Philosophie im Vollzug der Verantwortung auf der Grundlage »der Magna Carta des Neuen Testaments« schärfer hervortreten lässt. Georg Pichts lebenslanges Bedürfnis, Theorie und Praxis als notwendig zu verbindende Grundlage für das menschliche Leben zu verstehen, wird damit in gleicher Weise dargestellt wie im Folgenden die Praxistauglichkeit des so genannten Dreischritts für ein Reden von Verantwortung in Hinblick auf drei konkrete Unterrichtsvorhaben für die gymnasiale Oberstufe.

Innerhalb der Dissertation stehen zunächst die Erarbeitung, Charakterisierung und Systematisierung dreier Leitmotive im Zusammenhang mit Georg Pichts Rede von Verantwortung. Die Tragfähigkeit der drei Leitmotive »gelebte Tradition«, »Ermöglichung des Sinnes für das Zukünftige« und »Wahrnehmung dessen, was nottut« als Analyseinstrument werden im Hinblick auf ausgewählte Schriften geprüft und bieten zugleich ein Kontrastmittel, das Pichts Schulleitertätigkeit und sein religionsphilosophisches Schaffen als Philosophie im Vollzug der Verantwortung auf der Grundlage »der Magna Carta des Neuen Testaments« schärfer hervortreten lässt. Georg Pichts lebenslanges Bedürfnis, Theorie und Praxis als notwendig zu verbindende Grundlage für das menschliche Leben zu verstehen, wird damit in gleicher Weise dargestellt wie im Folgenden die Praxistauglichkeit des so genannten Dreischritts für ein Reden von Verantwortung in Hinblick auf drei konkrete Unterrichtsvorhaben für die gymnasiale Oberstufe.

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20 2Darstellung der bildungstheoretischen Fragestellung bei Georg Picht<br />

Im zweiten Teil wird versucht, die Leitmotive als Instrumentarium zur<br />

Überprüfung und Kontrastierung seiner Suche nach der Einheit des Daseins in<br />

seinen theoretischen Schriften und im gemeinsamen Leben von Lehrenden und<br />

Lernenden auf dem Birklehof anzuwenden und um die Kriterien Methexis,<br />

Elengxis und Entelechie zu erweitern.<br />

Zur Einheit des Daseins gehörte für Picht in erster Linie die Verschmelzung<br />

wesentlicher Gehalte der platonischenVorstellung einer gerechten Polis mit der<br />

Vorstellung einer »Schule mit der Magna Charta des Neuen Testaments.« 1 Ein<br />

Vollzug dieser gelebten Verantwortung hatte sich konkret an der immer wieder<br />

neu zu vollziehenden Befragung des Einzelnen nach seinem Denken und Handeln<br />

(Elengxis), nach der Teilhabe des Einzelnenander Gemeinschaft (Methexis)<br />

und dem Glauben daran, sich behütet auf dem Wegzuwissen (Entelechie), zu<br />

erweisen. Dass dieser Anspruch im Zusammenhang mit heutigerBildung immer<br />

noch von bleibender Relevanz und Notwendigkeit ist, soll in diesem und den<br />

folgenden Kapiteln deutlich gemacht werden.<br />

2.1 »Deutsche Jugend 1946«<br />

Die Schrift »Deutsche Jugend 1946« 2 ist eine von Picht vorgenommene grundlegende<br />

Bestandsaufnahme der gesellschaftspolitischen Bedingungsfaktoren<br />

erzieherischen Handelns und muss daher am Beginn der Darstellung der bildungstheoretischen<br />

Fragestellung stehen. Die Jugend ist für ihn in ihrer durch die<br />

Diktatur verursachten Bedürftigkeit das Gegenüber der Erziehung, dem nun die<br />

volle Aufmerksamkeit zugelten hat. Die vermeintlich daraus resultierende Annahme,<br />

dass der Erwachsene Subjekt und Träger dieser Erziehung sei, lehnt er<br />

kategorisch ab. Der Erwachsene ist für ihn in gleicher Weise ein Lernender und<br />

Suchender nach dem, was ihn als Menschen ausmacht.<br />

Als Protestant versteht er diesen lebenslangen Wegdes Lernens und Suchens<br />

als einen Weggelebten Glaubens in Verantwortung und Freiheit. Erst in diesem<br />

Verständnis des Begleitens wird der Erwachsene zur echten Autorität. Diese sei<br />

durch die schuldhaften Verstrickungen vieler Erwachsener innerhalb des nationalsozialistischen<br />

Regimes beschädigt beziehungsweise verloren gegangen,<br />

ebenso wie der Sinn für das Zukünftige bei der Jugend. Für Pichts Vorstellung<br />

einer verantwortlichen Erziehung ist letztlich eine Praxis gefragt, die dem Sinn<br />

für das Zukünftige Freiraum gibt und damit auf das, was <strong>nottut</strong>, verweist.<br />

1<br />

2<br />

H. Becker: Georg Picht als Erzieher, 17.<br />

G. Picht: Deutsche Jugend 1946.

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