VIVI D’ANGELOFOOD-FOTOGRAFINFÜR KOCHBÜCHER,FOOD-MAGAZINE UNDREPORTAGENLange schwarze Rasta, ausdrucksstarke, lebendige Augen, ein Lachen,das mitreißt und viel italienisches Temperament. So kommt ViviD’Angelo an einem Freitagvormittag zum Interview. Noch zwei Tagezuvor war sie für ein paar Tage im Allgäu. Davor in Neapel und inHamburg.18 åla Genießen Fotos: Vivi D'Angelo
Gestern war ich ziemlich platt“, erzählt die37-jährige, nimmt einen Schluck Kaffeeund relativiert: „Aber heute ist schon wiederalles gut.“ Sie ist es gewohnt viel unterwegszu sein. Vivi D´Angelo ist Fotografin, spezialisiertauf Reise- und Food-Reportagen. Ihre Fotos undFotoreportagen finden sich in zahlreichen Kochbüchernund Food-Magazinen, sie arbeite für Lebensmittelproduzentenund Köche und hat fürihre Arbeit nationale und internationale Auszeichnungenerhalten. „Gutes Essen, offene Menschenund eine spannende Geschichte. Wenn ichdas in einer Fotoreportage miteinander verbindenkann, macht mich das glücklich.“Zuhause ist sie seit zwei Jahren in Heidenheim.Corona und der Zufall lenkten ihr Leben in eine andereBahn, als sie es vorhatte. „Ich hatte in Müncheneine Wohnung, in der ich aus beruflichenGründen allerdings so gut wie nie war. Ich entschlossmich deshalb, meine Wohnung aufzugebenund nur noch unterwegs zu sein. Als ich Anfang2020 in Israel für ein Fotoshooting zu einerKochbuchproduktion war, kam der Lockdown.Glücklicherweise konnte ich aber noch mit demletzten Flieger zurück nach Deutschland.“ Ihr Planals moderne Nomadin zu leben war dahin, an Reisenwar nicht zu denken und so stand sie ohneWohnung da. Der Zufall kam zur Hilfe: „Vor Coronahatte ich am Kochbuch über Viktoria Fuchs, der Köchinund Miteigentümerin des Romatik Hotel undRestaurants Spielweg im Schwarzwald gearbeitet.Wir hatten immer noch Kontakt zueinander undso bot sie mir an, ins Hotel zu ziehen, das wegenCorona ohnehin leer stad.“ Dort ist ihr ihr heutigerLebensgefährte begegnet, der dort arbeitete. Heuteleben beide in Heidenheim, er ist Sous-Chef imGourmetrestaurant Ursprung in Königsbronn-Zang, sie hat in Heidenheim den Ort zum Heimkommengefunden. „Ich brauche einen solchenOrt. Das Nomadendasein und die Wohnungslosigkeitwaren ein Experiment, das habe ich abgeschlossen!“Ihre Kindheit verbrachte sie in Italien,der Heimat ihres Vaters; dass sie ebenso perfektDeutsch wie Italienisch spricht, verdankt sie ihrerdeutschen Mutter. Nach der Grundschule in Italienwechselte sie, genau wie ihre beiden Brüder, zur 6.Klasse auf ein deutsches Internat. „Nach dem Abiturstudierte ich in Lugano, zunächst Journalismus,dann für den Master Kulturmanagement. „Danachging ich für ein Praktikum an ein Museumnach Granada. Drei Monate waren geplant, zweiJahre sind daraus geworden. Ohne dass ich gespürthabe, wo ich beruflich hingehöre.“Zur Food-Fotografie kam sie über Umwege. Nachihrer Zeit in Spanien zog sie nach München undliebäugelte mit der Option ein Cateringunternehmenaufzubauen, wofür sie ihre selbstgebackenenKuchen fotografierte. „Eine befreundete Journalistinsah die Fotos und fand sie wohl ganz gut. Sieging auf meine Cateringidee gar nicht ein und gabmir stattdessen den Tipp, mich zum InternationalenFoodphoto Festival anzumelden, was ich tat.“Dort machte es für Vivi D´Angelo klick. „Was ichdort sah, war so schön, dass ich nicht anders konnte,als einen Workshop zu belegen, auch wenn ichdie einzige war, die mit einer kleinen Kamera ankam,während die anderen alle Monsterspiegelkamerashatten.“ Inzwischen hat auch sie eine Profiausrüstungund weist eine erstaunliche Vielzahlund Vielfalt von Bildern, Serien und Reportagenvor. 2019 gewann sie dort den ersten Preis, wo fürsie alles begann. Beim Foot-Photographie-Festivalüberzeugte sie in der Kategorie „Food-Reportage“mit den Bildern zum Buch „Bali – essen mit denGöttern“. Bilder von ihr schafften es schon auf dasCover des Magazins „Der Feinschmecker“, sie gewannenden Award „Pink Lady Food Fotografie“,für den die weltweit besten Food-Fotografen ihreBilder einreichen, ebenso wie sie schon verschiedeneKöche des Jahres porträtierte. Die Bilder fürdas Kochbuch von Andreas Widmann „natürlichschwäbisch“ waren zwar ein Auftrag aber auchEhrensache und eine große Herzensangelegenheit.„Mir ist es ein wichtiges Anliegen, vor allemjene Menschen strahlen zu lassen, die normalerweisehinter den Kulissen versteckt bleiben, dieaber hart arbeiten, damit unsere Lebensmittelüberhaupt in unsere Küchen kommen. Ich bin Fanvon allem, was Handwerk zeigt. Und für diesesBuch konnte ich viele Handwerker in Sachen Nahrungund Genuss darstellen. Das hat mich richtigbegeistert.“ Ihre Fotos habe Aussage, sind authentisch,zeigen Ausschnitte aus dem Leben von Menschenund dem, was sie bewegt. Sie setzt auf natürlichesLicht und darauf, den Augenblick einzufangen.Dass sie als Food-Fotografin mit Köstlichkeitenaller Art auf Du und Du steht, gehört fürsie dazu. Sie ist offen für alles, probiert gerne, verliertdabei aber nicht den Fokus auf die Arbeit –und die kann ganz schön kräftezehrend sein.Selbst ist sie, eigenen Angaben zufolge keine besondersgute Köchin. „Ich koche schon gerne undbin sehr neugierig, aber nur für mich alleine ist esmir zu aufwendig. Aber wenn man einen Freundhat, der ein sehr guter Koch ist, muss man dasauch nicht unbedingt“, gibt sie unumwunden undmit viel Charme zu.Nach ihrer Lieblingsküche und ihrem Lieblingsgerichtgefragt, schießt es aus ihr heraus: „Pizza!Mein Vater ist Italiener.“ Nach einem kurzen Augenblickergänzt sie diplomatisch: “Ich probiereso gut wie alles, vieles mag ich, wenige Dingemag ich nicht so gerne. Grundsätzlich mag ichalles, was mit Liebe gemacht ist und ich bin Fandes Metzgerhandwerks. So ganz konkret will ichmich nicht festlegen. Aber eine gut gemachtePizza macht mir schon besonders viel Freude“,schließt sie den Kreis und lacht.„Mir ist es ein wichtiges Anliegen, vorallem jene Menschen strahlen zu lassen,die normalerweise hinter den Kulissenversteckt bleiben.“Vivi D'Angeloåla Rubrik Fotos: Vivi D'Angelo19