Praxismagazin Juli 2022
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Die Schulter ist das beweglichste Gelenk<br />
des menschlichen Körpers. Dabei wird<br />
der Oberarmkopf durch ein perfektes<br />
Zusammenspiel der gelenkzentrierenden<br />
Muskulatur, der sog. Rotatorenmanschette,<br />
in der Gelenkpfanne gehalten<br />
und durch sie bewegt. Das Verhältnis<br />
Oberarmkopf zu Oberarmpfanne lässt<br />
sich dabei gut vergleichen mit einem<br />
Golfball, der auf einem „tee“ sitzt. Das<br />
bedeutet, dass es praktisch kaum eine<br />
knöcherne Führung gibt – das ist anders<br />
als am Hüftgelenk, bei dem die Gelenkpfanne<br />
den Gelenkkopf über die Äquatorialebene<br />
umgreift. Somit sind Schulterinstabilitäten<br />
gerade bei Sportlern<br />
häufig und sollten sorgfältig abgeklärt<br />
und entsprechend behandelt werden.<br />
Wenn das Schultergelenk auskugelt,<br />
dann luxiert es zu 90% nach vorne unten,<br />
häufig im Rahmen von Stürzen oder<br />
während Kontaktsportarten. Die Schulter<br />
kann nicht mehr bewegt werden, ist<br />
schmerzhaft und muss rasch professionell<br />
wieder eingerenkt werden. Durch<br />
das Auskugeln reissen in der Regel vordere<br />
Gelenkkapsel und Gelenklippe – ein<br />
knorpeliger Ring der die Gelenkfläche der<br />
Pfanne vergrößert – ein und ab (Abb.1).<br />
Abb. 1: Rot schraffiert gezeichnet ist die am vorderen<br />
Pfannenrand abgerissene Gelenklippe und<br />
Kapsel<br />
Auch der Oberarmkopf dessen Knochen<br />
weicher als der der Gelenkpfanne ist erleidet<br />
dabei einen Schaden. Er ist häufig<br />
in dem Bereich, der mit der Gelenkpfanne<br />
verhakt war wie eine Eierschale<br />
eingedrückt. Das kann je nach Alter des<br />
Patienten und Ausmaß der verletzten<br />
Strukturen dazu führen dass die Schulter<br />
dauerhaft instabil wird und eine<br />
minimalinvasive Stabilisierung in arthroskopischer<br />
Technik erforderlich wird.<br />
Dabei wird die Gelenkkapsel gerafft und<br />
diese zusammen mit der verletzten Gelenklippe<br />
an die Gelenkpfanne mit Hilfe<br />
von Fadenankern festgemacht. Solche<br />
Operationen sind insbesondere bei Patienten<br />
unter 30 Jahren erforderlich da<br />
gerade sie ein hohes Risiko haben nach<br />
sogar einer einzigen Luxation eine Instabilität<br />
zu erleiden die dann in der Folge<br />
zu einer eingeschränkten Sport- und Lebensqualität<br />
und Entwicklung eines Gelenkverschleiß<br />
führen kann.<br />
Bei älter werdenden Patienten ist das Risiko<br />
hierfür deutlich geringer, hier kann<br />
oftmals durch spezifische physiotherapeutische<br />
Maßnahmen eine gute Schulterfunktion<br />
wieder erreicht werden. Im<br />
Laufe des Lebens ist die Schulter einer<br />
enormen Beanspruchung ausgesetzt<br />
und Patienten mit Schulterschmerzen<br />
sehen wir im Rahmen unserer Spezialsprechstunden<br />
häufig. Mögliche Ursache<br />
ist ein entzündeter Schleimbeutel,<br />
der als Folge eines sog. Impingementsyndroms<br />
manchmal durch gezielte<br />
krankengymnastische Beübung oder<br />
durch eine Infiltration (Spritzentherapie)<br />
behandelt werden kann.<br />
Oftmals sind aber auch anatomische Besonderheiten,<br />
Verschleißerscheinungen<br />
des Schultereckgelenks, Verkalkungen<br />
der Rotatorenmanschette, echte Sehnenrisse<br />
oder Veränderungen im Bereich<br />
der langen Bizepssehne der Grund<br />
für die Beschwerden. In diesen Fällen<br />
kann durch minimalinvasive (arthroskopisch)<br />
Techniken die Anatomie wieder<br />
hergestellt werden und dadurch die<br />
Funktion verbessert werden.<br />
Moderne Narkosen und OP-Verfahren<br />
lassen die allermeisten Eingriffe mittlerweile<br />
sogar ambulant durchführen. Patienten<br />
kommen morgens nüchtern in<br />
das ambulante OP-Zentrum Holzkirchen<br />
welches 2018 eröffnet und vom Krankenhaus<br />
Agatharied in Kooperation mit<br />
der Anästhesiegemeinschaft Bayern betrieben<br />
wird.<br />
Hier stehen zwei hochmoderne OP-Säle<br />
zur Verfügung ausgestattet mit den<br />
neuesten Arthroskopietürmen und OP-<br />
Instrumenten um hier eine Versorgung<br />
auf höchstem Niveau zu gewährleisten.<br />
Häufig werden gerissene Sehnen mit<br />
Fadenankern refixiert um diese wieder<br />
stabil am Knochen zu befestigen (Abbildung<br />
2).<br />
Abb. 2: Naht der Rotatorenmanschette mit<br />
Fadenankern<br />
Damit unmittelbar nach der Operation<br />
keine Schmerzen auftreten können<br />
durch sogenannte regionale Anästhesieverfahren<br />
bestimmte Nervenanteile<br />
gezielt blockiert werden um auch den<br />
Schmerzmittelbedarf zu senken.<br />
Diese Operationen dauern in der Regel<br />
60 Minuten, bedeuten allerdings für den<br />
Patienten eine aufwendige und zeitintensive<br />
Nachbehandlung.<br />
Schulteroperationen dauern in der<br />
Nachbehandlung häufig bis zu 6 Monate<br />
was bei der OP-Terminvereinbarung unbedingt<br />
berücksichtigt werden muss. Ist<br />
die Nachbehandlung abgeschlossen so<br />
darf mit einer verbesserten Kraftenfaltung<br />
und vor allem Schmerzfreiheit gerechnet<br />
werden.<br />
Bei Fragen kommen Sie doch<br />
einfach auf mich zu<br />
Ihr Dr. med. Philipp Minzlaff<br />
Quellen: Yamamoto, A. et al. Journal of shoulder and<br />
elbow surgery 2010 / Baumgarten, K.et al. Clinical<br />
Orthopaedics and Related Research 2010 /<br />
Mazzocca A.D. et. Al. AJSM 2005 / Nelson C.O. et al.<br />
Arthroscopy 2007<br />
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