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Taxi Times DACH - 2. Quartal 2022

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EUROPÄISCHE UNION<br />

DAS DAMOKLESSCHWERT<br />

FÜR TAXIZENTRALEN<br />

Die Europäische Union will arbeits- und sozialrechtliche Regelungen für<br />

Plattformarbeitende definieren. Ein erster Gesetzentwurf könnte dabei<br />

dazu führen, dass nicht nur Uber-Fahrer als Scheinselbstständige eingestuft<br />

werden, sondern auch die Mitglieder von <strong>Taxi</strong>zentralen.<br />

Dieses Damoklesschwert, das hier eventuell über den <strong>Taxi</strong>zentralen<br />

schwebt, wurde im Mai während einer <strong>Taxi</strong>veranstaltung<br />

in Köln thematisiert. Dorthin hatte der<br />

Bundesverband <strong>Taxi</strong> und Mietwagen (BVTM) im Rahmen seiner<br />

gemeinsam mit der Deutschen Telekom ins Leben gerufenen Veranstaltungsreihe<br />

„<strong>Taxi</strong> Driving Innovation“ eingeladen und dabei das<br />

Thema Regulierung auf europäischer Ebene in den Fokus gerückt.<br />

In zwei Gesprächsrunden wurde mit Vertretern der EU und Experten<br />

über zwei Vorschläge aus der EU diskutiert. Einer davon wurde<br />

im Dezember 2021 in Form eines Gesetzentwurfes präsentiert, der<br />

andere im Februar von der EU-Kommission als unverbindliche Leitlinie<br />

veröffentlicht (zu Letzterem siehe auch S. 18).<br />

Der Gesetzentwurf vom 9. Dezember 2021 der Europäischen<br />

Union soll die arbeits- und sozialrechtliche Einstufung jener<br />

Arbeitenden definieren, die für digitale Plattformen tätig sind.<br />

Das Ziel ist, rund 5,5 Millionen Scheinselbstständige vor Ausbeutung<br />

zu schützen.<br />

Seit der Veröffentlichung wird in Brüssel über den Entwurf verhandelt.<br />

Der BVTM ist dazu mit EU-Politikern im Gespräch und hatte<br />

dazu in Köln eine Diskussionsrunde mit Experten durchgeführt. Live<br />

vor Ort waren Prof. Dr. Steffen Roth vom Institut für Wirtschaftspolitik<br />

an der Universität zu Köln, Rechtsanwalt Herwig Kollar, Präsident<br />

des BVTM, sowie Rechtsanwalt Dr. Thomas Bezani von der<br />

Wirtschaftskanzlei Görg. Online war Tobias Müllensiefen von der<br />

EU-Kommission zugeschaltet.<br />

Letzterer stellte den Gesetzentwurf vor, nannte die Hintergründe<br />

und präsentierte beeindruckende Zahlen. Aktuell seien EU-weit<br />

500 Unternehmen als digitale Plattformen identifiziert, für die<br />

28 Millionen Menschen Plattformarbeit leisten. 92 Prozent dieser<br />

Unternehmen arbeiten mit Selbstständigen, von denen wiederum<br />

5,5 Millionen als Scheinselbstständige eingestuft werden müssten.<br />

55 Prozent der Plattformarbeiter verdienen weniger als den<br />

Mindestlohn. Man habe bei Erhebungen zudem festgestellt, dass<br />

viele Arbeitende rund neun Stunden pro Woche damit verbringen,<br />

„Arbeit zu suchen“. Dazu zählt auch die Zeit, in der beispielsweise<br />

Fahrer für Uber und Free Now auf die nächste Fahrt warten.<br />

„In 12 Mitgliedstaaten der EU gibt es 120 Gerichtsentscheidungen<br />

zum Thema Beschäftigtenstatus bei Plattformarbeitenden“,<br />

berichtete Müllensiefen. „In vielen Fällen wurde Scheinselbstständigkeit<br />

festgestellt.“ All das führe zu einer Rechtsunsicherheit,<br />

und dieses Problem wolle man mit dem Entwurf angehen, der nun<br />

im EU-Parlament und im Rat beraten wird und bei dem laut Müllensiefen<br />

sicherlich noch Änderungen vorgenommen werden.<br />

20 MILLIARDEN EURO UMSATZ<br />

Dass solche Verbesserungen nötig sind, wurde während der<br />

anschließenden Diskussion deutlich, an der sich auf dem Podium<br />

der TDI ein Ökonom (Roth), ein <strong>Taxi</strong>-Experte (Kollar) sowie ein<br />

Arbeitsrechtsspezialist (Bezani) beteiligten. Prof. Dr. Roth richtete<br />

dabei den Blick auf die gesamte Plattformwirtschaft und relativier-<br />

Moderatorin Nina Nagel diskutierte mit Steffen Roth, Herwig Kollar<br />

sowie mit Dr. Thomas Bezani (v. l.). Tobias Müllensiefen von der EU-<br />

Kommission war per Videostream zugeschaltet.<br />

FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, freepik.com / Montage: Raufeld<br />

6 <strong>2.</strong> QUARTAL <strong>2022</strong> TAXI

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