29.07.2022 Aufrufe

Die Fehler in unserem System Wege aus der Krise

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

E<strong>in</strong> Wirtschaftssystem nützt nur dann langfristig allen an ihm Beteiligten, wenn Geld nicht als<br />

unvergänglich angesehen wird. Silvio Gesell (1862 - 1930) entwarf die Freiwirtschaft. Grund<br />

und Boden sollten Geme<strong>in</strong>schaftseigentum se<strong>in</strong>, dessen Nutzung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft zu<br />

vergüten ist. Geld sollte ständig an Kaufkraft verlieren. 83 1932 wurden <strong>in</strong> Wörgl <strong>in</strong> Tirol solche<br />

Geldsche<strong>in</strong>e <strong>aus</strong>gegeben. Sie blieben nur gültig, wenn jeden Monat e<strong>in</strong>e Marke, die 1% <strong>der</strong><br />

Nom<strong>in</strong>ale kostete, aufgeklebt wurde. In Wörgl sank die Arbeitslosenquote von 21 auf 15 %,<br />

während sie im übrigen Österreich weiter anstieg. Nach 14 Monaten verbot die<br />

österreichische Nationalbank das Freigeld. 84 Der Effekt e<strong>in</strong>es Schwundgeldes kann mit<br />

wenig Aufwand erreicht werden, wenn alle Preise und Löhne jeden 1. Jänner um<br />

beispielweise 3 % erhöht werden.<br />

Rudolf Ste<strong>in</strong>er teilt Geld <strong>in</strong> Kaufgeld, Leihgeld und Schenkungsgeld. Nach 15 Jahren – <strong>in</strong><br />

dieser Zeit hat sich das Geld bei 5 % Verz<strong>in</strong>sung verdoppelt - sollte Geld se<strong>in</strong>en Wert<br />

verlieren, wenn es nicht dem Geistesleben geschenkt wurde. 85 Ste<strong>in</strong>er wollte ke<strong>in</strong><br />

Schwundgeld. Alle Geldsche<strong>in</strong>e sollten e<strong>in</strong> Datum tragen, bis zu dem sie une<strong>in</strong>geschränkt<br />

gelten. Händler, Erzeuger und Organisationen des Geisteslebens sollten altes <strong>in</strong> neues Geld<br />

umt<strong>aus</strong>chen können – auch solches, das vor e<strong>in</strong>em Vierteljahr ungültig geworden ist.<br />

Verleiht jemand Geld, sollte er dafür e<strong>in</strong>e bestimmte Zeit lang Z<strong>in</strong>sen erhalten. Das Kapital<br />

selbst sollte nicht zurückgezahlt werden. 86<br />

Geld ist e<strong>in</strong> Symbol, e<strong>in</strong> Gutsche<strong>in</strong> für Waren und <strong>Die</strong>nstleistungen. Erst wenn es<br />

<strong>aus</strong>gegeben wird, tritt es <strong>in</strong> den Wirtschaftskreislauf e<strong>in</strong>. Daher sollte es erst dann besteuert<br />

werden. <strong>Die</strong> progressive E<strong>in</strong>kommenssteuer schürt Neid und verschleiert, dass schon heute<br />

die Konsumenten alle Steuern zahlen. Unternehmer berechnen den gewünschten Gew<strong>in</strong>n<br />

und schlagen ihn samt allen Steuern auf ihre Preise. Daher führt <strong>der</strong> Übergang von Ertragszu<br />

Ausgabensteuern zu ke<strong>in</strong>er Steigerung <strong>der</strong> Preise für die Verbraucher. Der Entfall <strong>der</strong><br />

Lohn- und E<strong>in</strong>kommenssteuern und vieler Abgaben führt zu e<strong>in</strong>er drastischen Reduzierung<br />

<strong>der</strong> Bürokratie. Konzerne könnten die e<strong>in</strong>zelnen Staaten nicht mehr gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

<strong>aus</strong>spielen. <strong>Die</strong> von Großkonzernen o<strong>der</strong> Geldgebern erwirtschafteten Gew<strong>in</strong>ne würden <strong>in</strong><br />

dem Land besteuert, <strong>in</strong> dem sie <strong>aus</strong>gegeben werden. Selbst e<strong>in</strong> Räuber müsste Steuern<br />

zahlen, wenn er se<strong>in</strong>e Beute <strong>aus</strong>gibt. Auch e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Land wie Österreich o<strong>der</strong><br />

Deutschland könnte se<strong>in</strong> Steuersystem auf re<strong>in</strong>e Verbrauchersteuern umstellen. Damit<br />

würde es Arbeitsplätze schaffen. <strong>Die</strong> Absiedlung <strong>der</strong> Industrie <strong>in</strong> Billiglohnlän<strong>der</strong> würde<br />

gestoppt und sogar rückgängig gemacht.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Umsatzsteuer wird bei jedem Verkauf e<strong>in</strong> bestimmter Prozentsatz des<br />

Verkaufspreises an das F<strong>in</strong>anzamt abgeführt. Sie begünstigt Konzerne, die viele<br />

verschiedene Rohstoffe und Halbfertigwaren selbst herstellen o<strong>der</strong> verkaufen. Um dem<br />

entgegenzuwirken kann jedes Unternehmen die Mehrwertsteuer, die es an an<strong>der</strong>e<br />

Unternehmen gezahlt hat, von se<strong>in</strong>er Mehrwertsteuer abziehen. Schließlich zahlt <strong>der</strong><br />

Konsument die Mehrwertsteuer für das fertige Produkt. Es ist nicht möglich, e<strong>in</strong>e<br />

Verbrauchersteuer nur vom Endprodukt e<strong>in</strong>zuheben. Sonst wären z.B. Autos ohne<br />

Scheibenwischer Halbfertigprodukte, für die niemand diese Steuer zu zahlen hätte.<br />

<strong>Die</strong> <strong>der</strong>zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Europäischen Union e<strong>in</strong>gehobene Mehrwertsteuer ist betrugsanfällig.<br />

Größere Anschaffungen wie Häuser werden manchmal nur teilweise offiziell abgerechnet.<br />

Der Restbetrag wird ohne Mehrwertsteuer mit Schwarzgeld beglichen. Beim Karussellbetrug<br />

werden Waren immer wie<strong>der</strong> über EU-B<strong>in</strong>nengrenzen gebracht. E<strong>in</strong>e Sche<strong>in</strong>firma zahlt ke<strong>in</strong>e<br />

Steuern und wird bald aufgelöst. Davor haben sich die Empfänger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en EU-<br />

Land die Mehrwertsteuer von ihrem F<strong>in</strong>anzamt vergüten lassen. Manche Experten wollen<br />

83 http://de.wikipedia.org/wiki/Freiwirtschaft, abgerufen am 19.08.2011<br />

84 http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%B6rgl#W.C3.B6rgler_Geldexperiment, abgerufen am 19.08.2011<br />

85 http://www.andreas-delor.com/Soziale-Dreiglie<strong>der</strong>ung.html, abgerufen am 19.08.2011<br />

86 Walter Johannes Ste<strong>in</strong>: <strong>Wege</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise, Der Europäer Dezember/Januar 2012/13, Perseus<br />

Verlag Basel<br />

22

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!