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Wolf-Friedrich Schäufele: Kirchengeschichte II: Vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart (Leseprobe)

Der Band behandelt in sieben großen Kapiteln die Geschichte des Christentums vom Spätmittelalter über die Reformation im deutschsprachigen Raum und in Europa, das Konfessionelle Zeitalter, das Zeitalter von Pietismus und Aufklärung, das »lange 19. Jahrhundert« und das »kurze 20. Jahrhundert«. Die Darstellung will vor allem die großen Zusammenhänge und Entwicklungslinien erschließen. Sie soll angehenden Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Religionslehrerinnen und Religionslehrern ein historisch begründetes Verständnis jener Gestalt des Christentums eröffnen, mit der sie in ihrem Wirkungskreis aktuell zu tun haben. Zugleich vermittelt sie das zur Orientierung und für Examenszwecke nötige Grundgerüst der wichtigsten Namen und Daten.

Der Band behandelt in sieben großen Kapiteln die Geschichte des Christentums vom Spätmittelalter über die Reformation im deutschsprachigen Raum und in Europa, das Konfessionelle Zeitalter, das Zeitalter von Pietismus und Aufklärung, das »lange 19. Jahrhundert« und das »kurze 20. Jahrhundert«. Die Darstellung will vor allem die großen Zusammenhänge und Entwicklungslinien erschließen. Sie soll angehenden Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Religionslehrerinnen und Religionslehrern ein historisch begründetes Verständnis jener Gestalt des Christentums eröffnen, mit der sie in ihrem Wirkungskreis aktuell zu tun haben. Zugleich vermittelt sie das zur Orientierung und für Examenszwecke nötige Grundgerüst der wichtigsten Namen und Daten.

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1.4 Die Mystik im <strong>Spätmittelalter</strong> 25<br />

<strong>zur</strong> Einung mit dem absoluten Sein Gottes wurde hier zugleich mit starker<br />

biblischer Grundierung als ein Weg des Gehorsams in der Nachfolge<br />

Christi profiliert. Der junge Luther schätzte das Buch als ein Kompendium<br />

der Glaubenslehre in der Volkssprache und ließ es unter dem Titel<br />

»Theologia Deutsch« drucken.<br />

1.4.2 Geert Grote und die Devotio moderna<br />

Starke Impulse einer Popularisierung mystischer Frömmigkeit gingen<br />

von der in den Niederlanden entstandenen Bewegung der »Devotio<br />

moderna« (»neue Frömmigkeit«) aus. Geert Grote (gest. 1384), ein akademisch<br />

gebildeter Patriziersohn aus Deventer, hatte sich nach einem<br />

Bekehrungserlebnis durch die Lektüre mystischer Schriften für ein<br />

Leben der Innerlichkeit entschieden. Besonders prägte ihn der niederländische<br />

Mystiker Jan van Ruusbroec, den er in dessen Kloster bei Brüssel<br />

besuchte. Auf einem Mittelweg zwischen weltlicher und klösterlicher<br />

Lebensweise wollten Grote und Gleichgesinnte, die sich um ihn<br />

scharten, inmitten der pulsierenden Welt der niederländischen Städte<br />

ein Leben nach dem Vorbild der Wüstenmönche des Altertums führen.<br />

Dabei ging es ihnen nicht um das Beschreiten eines individuellen mystischen<br />

Vervollkommnungsweges, sondern um eine Erneuerung der<br />

Kirche nach apostolischem Vorbild. Grote selbst ließ sich zum Diakon<br />

weihen und wirkte <strong>bis</strong> zu seinem frühen Tod an der Pest in den südlichen<br />

Niederlanden als Bußprediger. Institutionelle Gestalt gewann<br />

Grotes »neue Frömmigkeit« in drei Gründungen: den »Brüdern vom<br />

gemeinsamen Leben« (in Deutschland nach ihrer besonderen Tracht<br />

auch »Kugelherren« oder »Nullbrüder« genannt), den »Schwestern vom<br />

gemeinsamen Leben« und der »Windesheimer Kongregation«. Während<br />

die Schwesternhäuser ähnlich strukturiert waren wie Beginenhäuser,<br />

lebten in den Bruderhäusern (Fraterhäusern), deren erstes im Pfarrhaus<br />

von Grotes Schüler Florens Radewijns in Deventer entstand, Geistliche<br />

und Laien in einer frommen Wohngemeinschaft zusammen; häufig<br />

widmeten sie sich dem Kopieren von Büchern und der Unterrichtung<br />

von Schulkindern.<br />

Mit der Gründung des Augustiner-Chorherrenstifts Windesheim<br />

bei Zwolle, das bald Zentrum einer ganzen Kongregation ähnlich ausgerichteter<br />

Männer- wie Frauenklöster wurde, entstand eine klösterlich<br />

organisierte Spielart der Devotio moderna. Die Bewegung verbreitete

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