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Thema<br />
Die HB9IQY-Antenne<br />
Ja, das ist so eine Sache mit dem<br />
Vorplanen für die Ferien. Cornwall,<br />
Südwestengland war angesagt.<br />
Ja, genau die Region, von der aus<br />
Marconi am 12. Dez. 1901 seine<br />
erste Transatlantikverbindung<br />
machte. So wie ich es in Erinnerung<br />
hatte, können wir bei der<br />
Wohnung eine W3DZZ oder eine<br />
FD4 installieren. Fiberglasmasten,<br />
Stahlpatte mit Rohr für Mast, Antennen,<br />
TRCV Kenwood TS-450<br />
(100W), Netzgerät mit Adapter,<br />
Mic und Zubehör eingepackt. Und<br />
los geht die Reise.<br />
Verlegenheit …<br />
Am Ferienort angekommen dann der<br />
Schreck: Es liess sich keine der vorbereiteten<br />
Antennen aufhängen. Parkplatz,<br />
Strasse…unmöglich! Irgendwie musste<br />
es doch möglich sein eine Antenne einzurichten?<br />
Die einzige Möglichkeit war,<br />
dem Fiberglasmasten eine Vertikal „zu<br />
verpassen“. Kurz überlegt, die Theorien<br />
von Ludwig HB9CWA aus der AFU-Schule<br />
durchgedacht: Das wars! Im örtlichen<br />
Autohandel von Newquai holte ich 10<br />
Meter Bronzelitze-Lautsprecherkabel,<br />
das zu einer Antenne umfunktioniert<br />
wurde. Für das Aufstellen des Fiberglas-<br />
Masts hatte ich meine Metallplatte mit<br />
Rohr dabei auf die ich mit dem PW zum<br />
Stabilisieren drauffahren konnte. Das<br />
Rohr ist so bemessen, dass man den<br />
Fiberglasmasten einfach hineinstellen<br />
kann ohne ihn aussen am Rohr befestigen<br />
zu müssen.<br />
Ich befestigte am dünnsten Element<br />
des Masts die Litze und fuhr den Mast<br />
mit Dreh-bewegungen langsam aus.<br />
Dabei wickelte ich das Kabel leicht<br />
um den Mast, damit es anliegt. Ganz<br />
ausgefahren war das Kabel noch ein<br />
bisschen zu lang, denn der unterste<br />
Teil des Masts war ja im Metallrohr. So<br />
hat die Antenne eine effektive Länge<br />
von 9,63 Meter. Ich montierte einen<br />
PL-Stecker, die Masse verband ich mit<br />
dem PW, der als Ground dienen soll. Mit<br />
10 Meter Koax RG58 ging es dann ins<br />
Haus an den TRVC mit Tuner.<br />
... und Verzweiflung<br />
Nach dem Einkauf und der ganzen<br />
Basteleien war es mittlerweile 22:00.<br />
Nun war ich gespannt ob ich überhaupt<br />
etwas höre. TRX eingeschaltet…ist da<br />
was kaputt? Ist die Antenne überhaupt<br />
10 HBradio 4 - 2011<br />
Die HB9IQY-Verlegenheits-Antenne<br />
von USKA-Präsident Dani Kägi, HB9IQY<br />
angeschlossen? Tuner in Betrieb? Ja,<br />
innert Sekunden genau getunt. Nicht<br />
ein winziger Ausschlag auf dem S-Meter.<br />
Zu Hause in der Schweiz hat es immer<br />
mindestens S1 - S3 Grundrauschen.<br />
Hier in Newquai herrschte Totenstille<br />
auf dem Band (20m). Doch keine gute<br />
Idee mit dem Selbstbau? Nochmals<br />
alles überprüft. Ich drehe übers Band.<br />
… dann ein Hotspot<br />
nach dem andern<br />
Da plötzlich eine Station mit CQ…ganz<br />
dünn, aus dem Pazifik. Ohne wirklich<br />
daran zu glauben, dass mich eine Station<br />
im Pazifik mit meinem vertikalen<br />
Bronzedraht überhaupt hören könnte,<br />
gab ich Antwort. Die Station kam sofort<br />
zurück. Ich fiel aus allen Wolken, will<br />
der mich veräppeln? Nun ging es erst<br />
richtig los. Eigentlich wollte ich ja nur<br />
noch kurz an den Funk und dann, müde<br />
von der langen Reise (immerhin 18 Std.<br />
Fahrzeit) in die Heia. Jetzt hatte mich<br />
aber das Fieber gepackt: nach 184<br />
QSOs mit dem Pazifik, USA, Kanada,<br />
Australien, Japan, Südamerika etc. etc.<br />
ging ich dann total übermüdet um fünf<br />
Uhr morgens doch noch ins Bett. Ich<br />
konnte kaum glauben dass die Antenne<br />
so gut funktioniert.<br />
Die Antenne, die nicht<br />
funktionieren darf, es<br />
aber trotzdem tut<br />
Zu Hause angekommen erzählte ich<br />
das natürlich den Kollegen in der<br />
Sektion. Der guten Ratschläge waren<br />
viele: Immer wieder höre ich, dass die<br />
Antenne mit dieser Länge, und dann<br />
auch noch gewickelt, nicht richtig<br />
funktionieren könne. Die Antenne<br />
strahle höchstens ein paar Prozente<br />
der Energie ab…der Rest werde im<br />
Tuner verbraten … 9,63 Meter bei<br />
diversen Bändern zu hochohmig.<br />
Andere empfahlen mir einen Balun<br />
dazwischen zu schalten.Die Antenne<br />
verursache wahrscheinlich zu viele<br />
Störungen…<br />
Fazit<br />
Und so getraute ich mich bis heute<br />
nicht, die gebastelte Antenne in einem<br />
Fachorgan vorzustellen. Dabei ist sie<br />
das Resultat von Funkfieber und dem<br />
unbändigen Trieb, auch an unmöglichen<br />
Orten unbedingt eine Antenne<br />
aufstellen zu wollen.<br />
Seit 14 Jahren verwende ich nun diese<br />
Antenne in unveränderter Form. Noch<br />
nie hatte ich Störungs-Reklamationen.<br />
Ich konnte auch nie in Radios oder Fernsehgeräten<br />
in der eigenen Wohnung<br />
Störungen feststellen.<br />
Versuche mit verschiedenen Balun-Typen<br />
machte die Selbstbau-Antenne immer<br />
nur zum Dummy-<br />
Load. Für den Betrieb<br />
mit dem FT-817<br />
(mit Selbstbautuner<br />
Z11) stellte ich eine<br />
zweite genau gleiche<br />
Antenne her.<br />
Ebenfalls mit einem<br />
Fiberglasmasten mit<br />
10 Meter Länge aber<br />
mit mehr Elementen<br />
in viel kürzerer<br />
Bauform. Diese<br />
Kombination hatte<br />
ich kürzlich in Friedrichshafen an der<br />
HAM-Radio im Hotel in Betrieb. Einfach<br />
die Antenne aus dem Zimmerfenster<br />
und die Masse mit einer Klemme an<br />
die Heizung angeschlossen.<br />
Ich arbeitete ganz Europa. Mit 5 Watt<br />
und einer Selbstbauantenne die eigentlich<br />
gar nicht funktionieren dürfte … Wie<br />
lernte uns Ludwig F. Drapalik schon in<br />
seiner Schule: Theorie ist Wissen, das<br />
nicht funktioniert, Praxis ist, wenn alles<br />
Funktioniert und keiner weiss warum…<br />
(Hermann Hesse)<br />
Daten der HB9IQY-Antenne<br />
Fiberglasmast 10 Meter; Bronzelitze<br />
9,63 Meter auf Mast aufgewickelt.<br />
PL-Stecker: Litze an Seele, Masse an<br />
Fahrzeug, Heizung, Metall-Bettgestell<br />
oder ähnliches. Immer Tuner verwenden.<br />
Sie lässt sich von 10 m-80 m mit einem<br />
Tuner abstimmen, sofern eine gute<br />
Masse oder Gegengewicht vorhanden ist.